BVwG W196 1424983-3

BVwGW196 1424983-325.6.2014

AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §75 Abs20
AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §75 Abs20
AsylG 2005 §8 Abs1
B-VG Art.133 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BVWG:2014:W196.1424983.3.00

 

Spruch:

W196 1425993-3/3E,

W196 1424982-3/3E,

W196 1425994-3/4E,

W196 1424983-3/4E,

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Ursula SAHLING als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.11.2013, Zl. 11 08.774/2 - BAE, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 75 Abs 20 AsylG 2005 wird das Verfahren insoweit zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Ursula SAHLING als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.11.2013, Zl. 11 05.084/2 - BAE, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 75 Abs 20 AsylG 2005 wird das Verfahren insoweit zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Ursula SAHLING als Einzelrichterin über die Beschwerde der XXXX, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.11.2013, Zl. 11 08.775/2 - BAE, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 75 Abs 20 AsylG 2005 wird das Verfahren insoweit zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag.a Ursula SAHLING als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX, StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 12.11.2013, Zl. 11 05.085/2-BAE, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß §§ 3, 8 Abs 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.

II. Gemäß § 75 Abs 20 AsylG 2005 wird das Verfahren insoweit zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Die minderjährigen Zweit- und Viertbeschwerdeführer reisten am 25.05.2011 gemeinsam mit ihrer Mutter illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellten an demselben Tag den dem gegenständlichen Beschwerdeverfahren zugrundeliegenden Antrag auf internationalen Schutz.

Der Erstbeschwerdeführer und die minderjährige Drittbeschwerdeführerin reisten am 11.08.2011 illegal in das Bundesgebiet ein und stellten an demselben Tag den dem gegenständlichen Beschwerdeverfahren zugrundeliegenden Antrag auf internationalen Schutz.

Anlässlich der Erstbefragung am 12.08.2011 gab der Erstbeschwerdeführer vor einem Organ der Polizeiinspektion Traiskirchen EAST an, sein Heimatland Anfang März gemeinsam mit seiner Tochter XXXX verlassen zu haben. Seine Gattin und seine beiden anderen Kinder seien bei der Mutter seiner Ehefrau in Grosny verblieben. Zu den Gründen für das Verlassen des Heimatlandes befragt, gab der Erstbeschwerdeführer an, wegen seines Bruders ausgereist zu sein. Dieser sei in der Heimat von den Behörden gesucht worden, sei aber bereits 2002 nach Norwegen ausgereist. Der Erstbeschwerdeführer sei in der Folge immer wieder nach dem Aufenthalt seines Bruders gefragt und darüber hinaus von den Beamten bedroht und geschlagen worden. Zuletzt seien die Beamten im Februar 2011 gekommen, woraufhin der Erstbeschwerdeführer beschlossen habe, seine Heimat zu verlassen. Er habe seine Gattin und die beiden anderen Kinder seit März 2011 nicht mehr gesehen und wisse auch nicht, wo sich diese befinden, da sie nicht erreichbar seien. Im Falle einer Rückkehr in seine Heimat befürchte der Erstbeschwerdeführer von den Beamten verschleppt und getötet zu werden. Im Jahr 2007 sei er sogar für ein halbes Jahr in Haft genommen worden.

Am 17.08.2011 wurden Konsultationen in Form von Anfragen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates (Artikel 21) mit Polen und der Slowakei geführt, wobei diese Anfragen keine Zuständigkeit der genannten Mitgliedstaaten zur Führung der Asylverfahren erbrachten.

Nach Zulassung zum Verfahren wurde der Erstbeschwerdeführer am 13.12.2011 von dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesasylamtes, Außenstelle Eisenstadt, einvernommen. Befragt, ob er in Österreich Verwandte habe, gab der Erstbeschwerdeführer an, dass sich seine Ehegattin und seine Kinder ebenfalls als Asylwerber in Österreich befänden. Es gebe darüber hinaus in Österreich keine Personen, zu denen ein Abhängigkeitsverhältnis bestehe. Auf seine wirtschaftliche Situation in der Russischen Föderation angesprochen, führte der Erstbeschwerdeführer aus, als Taxifahrer gearbeitet zu haben. Darüber hinaus habe er andere Gelegenheitsjobs ausgeübt. Ab 2007 habe seine Ehegattin in einem Kaffeehaus gearbeitet. Erneut zu den Gründen für das Verlassen des Heimatlandes befragt, gab der Erstbeschwerdeführer ergänzend an, wegen seines Bruders von der Behörde zwischen 2002 und 2011 15- bis 20mal mitgenommen und in einem Keller angehalten worden zu sein. Er sei immer wieder zum Aufenthaltsort seines Bruders befragt und darüber hinaus geschlagen und gefoltert worden. Die längste Anhaltung habe sieben oder acht Monate gedauert; er sei dann schließlich nach der Bezahlung von Lösegeld freigelassen worden. Bei der ersten Mitnahme im Jahr 2002 sei seine Ehegattin im achten Monat schwanger gewesen. Sie sei im Zuge der Mitnahme des Erstbeschwerdeführers gestoßen worden und habe daraufhin ihr Kind verfrüht auf die Welt gebracht. Die Tochter werde nun im April neun Jahre alt, spreche nicht und besuche in Österreich eine Sonderschule. Nachgefragt, ob der Beschwerdeführer Verletzungen davongetragen habe, führte er aus, blaue Flecken gehabt zu haben. Die Frage, ob er ab Ende 1999 aktiv als Widerstandskämpfer auf tschetschenischer Seite mitgewirkt habe, verneinte der Erstbeschwerdeführer. Er habe aber in beiden Kriegen Kämpfer mit Lebensmitteln unterstützt.

Mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 10.02.2012, Zl 11 05.084-BAE und Zl 11 05.085-BAE wurden die Anträge der mj Zweit- und Viertbeschwerdeführer auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I), ihnen gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation nicht zuerkannt (Spruchpunkt II) und die Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen (Spruchpunkt III).

Mit Bescheiden des Bundesasylamtes, Außenstelle Eisenstadt, vom 26.03.2012, Zl. 11 08.774-BAE und Zl 11 08.775-BAE wurden die Anträge des Erstbeschwerdeführers und der mj Drittbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I), ihnen gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation nicht zuerkannt (Spruchpunkt II) und diese gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen (Spruchpunkt III).

Gegen diese Bescheide brachten die Beschwerdeführer Beschwerde ein und wurden mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom 27.08.2012, Zl D7 425993-1/2012/3E, Zl D7 424982-1/2012/4E, Zl D7 425994-1/2012/2E und Zl D7 424983-1/2012/4E die bekämpften Bescheide behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung neuer Bescheide an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

Am 26.09.2012 fand beim Bundesasylamt, Außenstelle Eisenstadt, aufgrund der Behebung des erstinstanzlichen Bescheides durch den Asylgerichtshof eine weitere Einvernahme statt, wobei der Erstbeschwerdeführer ausführte, seine bisherigen Angaben aufrecht zu erhalten, jedoch hinzuzufügen, dass es nicht richtig sei, dass er seit dem Jahr 2007 nicht mehr mitgenommen worden sei. Er habe sich von 2007 bis 2008 in einem Minilager in einem Keller in Haft befunden, was rechtswidrig gewesen sei. Es habe dort mehrere Clans gegeben, die miteinander konkurriert hätten. Diese Anhaltung sei mit seiner Tätigkeit als Taxifahrer im Jahr 2006 und 2007 im Zusammenhang gestanden. Vor dem Jahre 2006 sei er mehrmals wegen seines Bruders mitgenommen worden, da ihm vorgeworfen worden sei, dass er ihn verstecke. Danach habe sich die Lage zunächst beruhigt. Als der Erstbeschwerdeführer dann begonnen habe, als Taxifahrer zu arbeiten, habe er Kunden auch in entlegene Bezirke befördern müssen; Mitte 2007 sei er dann festgenommen, in einen Keller verbracht und anschließend mit Schlagstöcken auf verschiedene Körperteile geschlagen worden. Man habe von ihm verlangt, seine Stammkunden zu nennen. Der Erstbeschwerdeführer habe dann mitbekommen, dass das Verfahren, das mit seinem Bruder in Zusammenhang gestanden sei, fortgesetzt werden solle. Die Leute hätten gesagt, dass sie schon etwas gegen den Erstbeschwerdeführer finden würden. Sie hätten die Absicht gehabt, ihn mit seinen Kunden in Verbindung zu bringen und ihm versprochen, ihn als Mittäter zu verurteilen. Eineinhalb bis zwei Monate nach der Freilassung sei er neuerlich abgeholt und drei bis vier Tage angehalten worden. Drei Monate später seien die Leute erneut zur Familie des Erstbeschwerdeführers nach Hause gekommen und hätten begonnen zu schießen. An jenem Tag hätten auch die Sprachprobleme der ältesten Tochter begonnen. Der Erstbeschwerdeführer sei in der Folge wieder eine Woche angehalten und dazu befragt worden, wer seine Kunden seien. Auf die Frage, warum er immer wieder mitgenommen werde, hätten ihm die Leute keine Antwort gegeben, sondern gemeint, dass er ein Bandit sei. Er sei dann bis 2011 noch zwei- bis dreimal mitgenommen und misshandelt worden. In der Folge sei er gezwungen gewesen, seine Familie zu verlassen und habe sich versteckt halten müssen. Er habe maximal eine Woche mit seiner Familie verbringen können, sodass ihn seine Kinder kaum gekannt hätten. Im Februar 2011 sei er dann das letzte Mal mitgenommen worden. Nach seiner Freilassung im Jahr 2011 sei er zum Begräbnis seiner Schwägerin gefahren und dort drei Tage verblieben. In dieser Zeit habe sich seine Tochter XXXX an ihn gewöhnt. Die Leute seien manchmal auch in die Wohnung gekommen, ohne den Erstbeschwerdeführer mitzunehmen. Nachgefragt, wo sich der Auslandspass des Erstbeschwerdeführers befinde, gab dieser zu Protokoll, diesen nur einmal gesehen zu haben und zwar, als er ihn unterschrieben habe. Seine Frau habe ihm mitgeteilt, diesen mit einer Tasche verloren zu haben. Nachgefragt, von wem er jeweils festgenommen worden sei, gab der Erstbeschwerdeführer an, dass es sich um uniformierte, maskierte Personen gehandelt habe, die zu einer Abteilung, möglicherweise von GRU oder einer anderen Sonderabteilung gehört hätten. Nochmals zu seiner achtmonatigen Festnahme befragt, führte der Erstbeschwerdeführer aus, dass ihn seine Frau für 250.000,- bis 300.000,- Rubel freigekauft habe. Nachgefragt, woher seine Frau gewusst habe, wo sich der Erstbeschwerdeführer aufhalte, führte dieser aus, dies nicht zu wissen, da es ihm seine Frau niemals verraten habe. Auf die Frage, ob er zuerst freigelassen worden sei oder zuerst das Geld bezahlt worden sei, gab der Erstbeschwerdeführer an, dass wahrscheinlich zuerst die Bezahlung erfolgt sei, weil die Leute ohne Geld nichts machen würden. Bei seiner Freilassung sei der Erstbeschwerdeführer aus der Zelle hinausgeführt und anschließend an den Stadtrand verbracht und dort freigelassen worden. Zum Gesundheitszustand befragt, führte der Erstbeschwerdeführer aus, täglich eine halbe Tablette Cypralex und Cyprexa zu nehmen. Seine Frau befinde sich ebenfalls in psychotherapeutischer Behandlung. Der Erstbeschwerdeführer legte im Rahmen der Einvernahme ein Schreiben des Dr. Josef Bieber, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin, vom 12.09.2012 über die Behandlung des Erstbeschwerdeführers wegen schwerer posttraumatischer Belastungsstörung im Ausmaß einer schweren Depression und eine psychotherapeutische Stellungnahme von Dipl. Ing. Angelika Maringer, Psychotherapeutin, vom 20.09.2012 vor, wonach der Erstbeschwerdeführer wegen posttraumatischer Belastungsstörung in regelmäßiger psychotherapeutischer Behandlung stehe und unter Schlaflosigkeit, massiven Angstzuständen, Konzentrationsstörungen und Gedächtnisproblemen leide.

Am 02.11.2012 langte beim Bundesasylamt eine Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zur medizinischen Versorgung in der Russischen Föderation ein, zu der die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 15.11.2012 eine schriftliche Stellungnahme erstatteten.

Mit Bescheiden des Bundesasylamtes, Außenstelle Eisenstadt vom 04.12.2012, Zl. 11 08.774/1-BAE, Zl 11 05.084/1-BAE, Zl 11 08.775/1-BAE und Zl 11 05.085/1-BAE wurden die Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I), diesen gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation nicht zuerkannt (Spruchpunkt II) und die Beschwerdeführer gleichzeitig gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen (Spruchpunkt III).

Gegen diesen Bescheid brachten die Beschwerdeführer Beschwerde ein.

Mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom 24.05.2013, Zl D7 425993-2/2013/3E, Zl D7 424982-2/2013/3E, Zl D7 425994-2/2013/3E und Zl D7 424983-2/2013/3E wurden die bekämpften Bescheide behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung von neuen Bescheiden an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

Am 31.07.2013 wurde der Erstbeschwerdeführer aufgrund des Erkenntnisses des Asylgerichtshofes zu einer psychiatrischen Untersuchung zum Zwecke der Einholung eines Gutachtens geladen, welches am 22.08.2013 beim Bundesasylamt einlangte. Daraus ergibt sich, dass beim Erstbeschwerdeführer aus psychiatrischer Sicht zum Untersuchungszeitpunkt im Wesentlichen ein unauffälliger psychopathologischer Querschnittsbefund bestehe. Es sei keine akute psychiatrische Erkrankung feststellbar, insbesondere sei keine psychosewertige oder psychotische psychiatrische Erkrankung fassbar. Es sei zum Untersuchungszeitpunkt keine für eine posttraumatische Belastungsstörung spezielle Symptomatik angeführt worden. Nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Symptomatik einer posttraumatischen Belastungsstörung bestanden habe, die sich unter der regelmäßigen psychotherapeutischen Behandlung stabilisiert habe. Festgestellt werde, dass beim Erstbeschwerdeführer keine psychische Störung vorliege, die ihn daran hindern würde, gleichbleibende Angaben zu machen.

Mit den angefochtenen Bescheiden des Bundesasylamtes vom 12.11.2013 wurden die Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen, den Beschwerdeführern gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation nicht zuerkannt und diese gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen.

Mit Beschwerde vom 14.11.2013 wurden die Bescheide des Bundesasylamtes vom 12.11.2013 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften im vollen Umfang angefochten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (Sachverhalt)

Die Beschwerdeführer sind Staatsangehörige der Russischen Föderation, gehören der tschetschenischen Volksgruppe an und führen die im Spruch genannten Namen.

Mit Bescheiden des Bundesasylamtes vom 10.02.2012, Zl 11 05.084-BAE und Zl 11 05.085-BAE wurden die Anträge der mj Zweit- und Viertbeschwerdeführer auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I), ihnen gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG der Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation nicht zuerkannt (Spruchpunkt II) und die Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen (Spruchpunkt III).

Mit Bescheiden des Bundesasylamtes, Außenstelle Eisenstadt, vom 26.03.2012, Zl. 11 08.774-BAE und Zl 11 08.775-BAE wurden die Anträge des Erstbeschwerdeführers und der mj Drittbeschwerdeführerin auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I), ihnen gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation nicht zuerkannt (Spruchpunkt II) und diese gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen (Spruchpunkt III).

Mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom 27.08.2012, Zl D7 425993-1/2012/3E, Zl D7 424982-1/2012/4E, Zl D7 425994-1/2012/2E und Zl D7 424983-1/2012/4E wurden die bekämpften Bescheide behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung neuer Bescheide an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

Mit Bescheiden des Bundesasylamtes, Außenstelle Eisenstadt vom 04.12.2012, Zl. 11 08.774/1-BAE, Zl 11 05.084/1-BAE, Zl 11 08.775/1-BAE und Zl 11 05.085/1-BAE wurden die Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I), diesen gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation nicht zuerkannt (Spruchpunkt II) und die Beschwerdeführer gleichzeitig gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen (Spruchpunkt III).

Mit Erkenntnissen des Asylgerichtshofes vom 24.05.2013, Zl D7 425993-2/2013/3E, Zl D7 424982-2/2013/3E, Zl D7 425994-2/2013/3E und Zl D7 424983-2/2013/3E wurden die bekämpften Bescheide behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung von neuen Bescheiden an das Bundesasylamt zurückverwiesen.

Mit den angefochtenen Bescheiden des Bundesasylamtes vom 12.11.2013 wurden die Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen, den Beschwerdeführern gemäß § 8 Abs 1 iVm § 2 Abs 1 Z 13 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Russische Föderation nicht zuerkannt und diese gemäß § 10 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation ausgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben mit ihrem Vorbringen keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention glaubhaft gemacht.

Nicht festgestellt werden konnte, dass eine Zurückweisung, Zurück- oder Abschiebung der Beschwerdeführer in die Russische Föderation eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder 13 zur Konvention bedeuten würde oder für die Beschwerdeführer als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts mit sich bringen würde.

In der Russischen Föderation leben die Großmutter, die Tanten sowie die Großcousins der minderjährigen Zweit- bis Viertbeschwerdeführer sowie eine Cousine des Erstbeschwerdeführers.

Der Erstbeschwerdeführer ist arbeitsfähig und verfügen die Beschwerdeführer über eine gesicherte Existenzgrundlage.

Beim Erstbeschwerdeführer besteht aus psychiatrischer Sicht zum Untersuchungszeitpunkt im Wesentlichen ein unauffälliger psychopathologischer Querschnittsbefund. Es ist keine akute psychiatrische Erkrankung feststellbar, insbesondere ist keine psychosewertige oder psychotische psychiatrische Erkrankung fassbar. Es ist zum Untersuchungszeitpunkt keine für eine posttraumatische Belastungsstörung spezielle Symptomatik angeführt worden. Nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Symptomatik einer posttraumatischen Belastungsstörung bestanden hat, die sich unter der regelmäßigen psychotherapeutischen Behandlung stabilisiert hat. Festgestellt wird, dass beim Erstbeschwerdeführer keine psychische Störung vorliegt, die ihn daran hindern würde, gleichbleibende Angaben zu machen.

Festgestellt wird, dass bei der Zweitbeschwerdeführerin der Verdacht einer schweren Intelligenzminderung besteht.

Festgestellt wird, dass die Drittbeschwerdeführerin und der Viertbeschwerdeführer gesund sind.

Festgestellt wird, dass der Erstbeschwerdeführer in Österreich Deutschkurse absolvierte, die Zweit- und Drittbeschwerdeführerinnen die Schule besuchen und der Viertbeschwerdeführer in den Kindergarten geht. Festgestellt wird, dass die Beschwerdeführer in Österreich kein Mitglied in einem Verein, einer Moschee oder einer Organisation sind.

Weitere Ausreisegründe und/oder Rückkehrhindernisse kamen bei Berücksichtigung sämtlicher Tatsachen nicht hervor.

Zur Situation in der Russischen Föderation / Tschetschenien wird festgestellt:

Allgemeine Sicherheitslage

Die Gewalt im Nordkaukasus, angefacht von Separatismus, interethnischen Konflikten, dschihadistischen Bewegungen, Blutfehden, Kriminalität und Exzessen durch Sicherheitskräfte geht weiter. Die Gewalt in Tschetschenien ging jedoch 2011 im Vergleich zu 2010 zurück.

(U.S. Department of State: Country Report on Human Rights Practices for 2011 - Russia, 24.5.2012)

Anders als im übrigen Nordkaukasus gingen die Angriffe bewaffneter Gruppen in Tschetschenien zurück.

(Amnesty International: Jahresbericht 2012 [Beobachtungszeitraum 2011], 24.5.2012)

In Tschetschenien ist es seit Jahresbeginn 2010 zu einem spürbaren Rückgang von Rebellen-Aktivitäten gekommen. Diese werden durch Anti-Terror Operationen in den Gebirgsregionen massiv unter Druck gesetzt (teilweise bewirkte dies ein Ausweichen der Kämpfer in die Nachbarrepubliken Dagestan und Inguschetien).

(ÖB Moskau: Asylländerbericht Russische Föderation, Stand September 2012)

Derzeit gibt es gemäß Angaben von Republiksoberhaupt Kadyrow in Tschetschenien noch 28 Polizeikontrollpunkte, die nicht unter der Kontrolle tschetschenischer Behörden sind. Diese seien von Personal aus russischen Regionen außerhalb des Nordkaukasus bemannt. 17 davon sollen nach Dagestan verlegt werden. Von den übrigen 11 größeren Kontrollpunkten seien einige an den administrativen Grenzen, einige in Grosny und einige in der Gebirgsregion.

(The Jamestown Foundation: Eurasia Daily Monitor -- Volume 9, Issue 206, 9.11.2012)

2011 gab es in Tschetschenien mindestens 201 Opfer des bewaffneten Konflikts, darunter 95 Tote und 106 Verwundete. 2010 waren es noch 250 Opfer gewesen (127 Tote, 123 Verletzte). Damit liegt Tschetschenien betreffend Opferzahlen hinter Dagestan an zweiter Stelle der nordkaukasischen Republiken. Gemäß Polizeiberichten wurden 2011 in Tschetschenien 62 Mitglieder des bewaffneten Untergrunds getötet (2010: 80), weitere 159 vermeintliche Kämpfer wurden festgenommen (2010: 166). 21 Sicherheitskräfte kamen bei Schießereien und Explosionen 2011 ums leben (2010: 44), 97 wurden verletzt (2010: 93). Des Weiteren wurden 2011 bei Terrorakten, Bombardierungen und Schießereien 12 Zivilisten getötet (2010: 3) und 9 verwundet (2010: 30).

2011 kam es in Tschetschenien zu mindestens 26 Explosionen und Terrorakten, 2010 waren es noch 37 gewesen. Unter den Explosionen und Terrorakten waren sieben Selbstmordanschläge.

(Caucasian Knot: In 2011, armed conflict in Northern Caucasus killed and wounded 1378 people, 12.1.2012, http://abhazia.eng.kavkaz-uzel.ru/articles/19641/ , Zugriff 3.12.2012)

Nach Angaben von Ramsan Kadyrow im Oktober 2012 seien noch rund 35 bis 40 Rebellen in Tschetschenien aktiv. Diese Zahl (bzw. bis maximal 70) wird von ihm seit rund sieben Jahren angegeben. Jedes Jahr wird jedoch ein drei bis viermal so hohe Anzahl an getöteten und festgenommenen Rebellen angegeben.

(The Jamestown Foundation: Eurasia Daily Monitor -- Volume 9, Issue 196, 26.10.2012)

2012 wurden zwischen Jänner und Mitte Oktober nach Angaben des Innenministeriums der Republik Tschetschenien 35 Kämpfer des bewaffneten Untergrunds in Tschetschenien getötet und weitere 80 verhaftet. Im selben Zeitraum seien 9 gemeinsame große Sonderoperationen gegen die Kämpfer durchgeführt worden.

(Caucasian Knot: The Ministry of Interior Affairs: 35 gunmen killed in Chechnya since the beginning of the year, 17.10.2012, http://www.eng.kavkaz-uzel.ru/articles/22579/ , Zugriff 3.12.2012)

Gemäß Daten aus offenen Quellen wurden 2012 bei Sondereinsätzen zwischen Jänner und September 40 Soldaten getötet und 50 verletzt.

(The Jamestown Foundation: Eurasia Daily Monitor -- Volume 9, Issue 176, 27.9.2012)

Bewegungsfreiheit / Registrierung

Die Reise bzw. der Aufenthalt von Personen aus den Krisengebieten im Nordkaukasus in anderen Teilen der Russischen Föderation ist grundsätzlich möglich, wird aber durch Transportprobleme, durch fehlende Aufnahmekapazitäten und durch antikaukasische Stimmung erschwert. In großen Städten wird der Zuzug von Personen reguliert und ist erkennbar unerwünscht. Dies beschränkt die Möglichkeit zurückgeführter Tschetschenen, sich legal dort niederzulassen. Der [deutschen] Botschaft Moskau sind Fälle von Tschetschenen in Moskau bekannt, die sich gegenüber ihren Vermietern als Tataren ausgaben, weil sie sich so weniger Schwierigkeiten bei ihrer Registrierung erhofften.

Der Menschenrechtsbeauftragte der Russischen Föderation hat bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass Tschetschenen landesweit, insbesondere in den Großstädten häufig die Registrierung verweigert wird. Die regionalen Strafverfolgungsbehörden haben grundsätzlich die Möglichkeit, auf der Grundlage von in ihrer Heimatregion erlassenen Rechtsakten auch in anderen Gebieten der Russischen Föderation Personen in Gewahrsam zu nehmen und in ihre Heimatregion zu verbringen. Kritiker, die Tschetschenien aus Sorge um ihre Sicherheit verlassen mussten, fühlen sich häufig auch in russischen Großstädten vor dem "langen Arm" des Regimes von Ramsan Kadyrow nicht sicher.

Kaukasier haben größere Probleme als Neuankömmlinge anderer Nationalität, überhaupt einen Vermieter zu finden.

Es ist grundsätzlich möglich, von und nach Tschetschenien ein- und auszureisen und sich innerhalb der Republik zu bewegen. An den Grenzen zu den russischen Nachbarrepubliken befinden sich jedoch nach wie vor Kontrollposten, die gewöhnlich eine nicht staatlich festgelegte "Ein- bzw. Ausreisegebühr" erheben.

Nach Angaben des Leiters der Pass- und Visa-Abteilung im tschetschenischen Innenministerium haben alle 770.000 Bewohner Tschetscheniens, die noch die alten sowjetischen Inlandspässe hatten, neue russische Inlandspässe erhalten. Noch nicht endgültig gelöst ist die Ausstellung von Reisepässen für die Bewohner Tschetscheniens, weil den dortigen Behörden keine Vordrucke anvertraut wurden.

Tschetschenen steht wie allen russischen Staatsbürgern das in der Verfassung verankerte Recht der freien Wahl des Wohnsitzes und des Aufenthalts in der Russischen Föderation zu. Jedoch wird der legale Zuzug an vielen Orten durch Verwaltungsvorschriften stark erschwert.

(Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation (Stand Juni 2012), 6.7.2012)

Die dauerhafte Registrierung wird laut FMS in den Inlandsreisepass gestempelt, eine vorübergehende Registrierung ist auf einem einzulegenden Blatt Papier vermerkt. Bis zu 90 Tage kann man sich ohne jegliche Registrierung an einem Ort aufhalten. Die Registrierung kann in der räumlich zuständigen Zweigstelle des FMS in Russland vorgenommen werden. Besitzt eine Person nicht die für die Registrierung notwendigen Dokumente, so kann der FMS die Identität der Person über Datenbanken verifizieren, und die notwendigen Dokumente ausgestellt werden.

Gemäß IOM besteht betreffend Zugang zur medizinischen Versorgung, Bildung oder sozialen Rechten, kein Unterschied zwischen dauerhafter und vorübergehender Registrierung.

Die vorübergehende Registrierung wurde erleichtert, indem sie nunmehr postalisch erledigt werden kann. Persönliches Erscheinen ist nun nicht mehr notwendig.

In St. Petersburg bevorzugen es viele Tschetschenen laut Elena Vilenskaya (House of Peace and Non-Violence) für 90 Tage unregistriert dort zu leben, und nach 90 Tagen neue Papiere zu suchen, die eine Ankunft vor kurzem bestätigt, wie etwa ein Zugticket.

Gemäß einem Anwalt der Memorial Migration & Rights Programme and Civic Assistance Committee (CAC) haben Tschetschenen bei einer Registrierung in St. Petersburg nicht mehr Probleme als andere russische Bürger. Gemäß Khamzat Gerikhanov (Chechen Social and Cultural Association) ist die Registrierung des Wohnsitzes kein Problem für Tschetschenen. (Danish Immigration Service: Chechens in the Russian Federation, Report from Danish Immigration Service's fact finding mission to Moscow and St. Petersburg, the Russian Federation, 12 to 29 June 2011, 11.10.2011)

Laut einer westlichen Botschaft ist eine Registrierung für alle Personen in Moskau und St. Petersburg im Vergleich zu anderen russischen Städten am schwierigsten zu erlangen. Auch die Korruptionszahlungen sind in Moskau höher. Ebenso ist es in Moskau schwieriger, eine Wohnung zu mieten, die Mieten sind zudem hoch. Auch UNHCR geht davon aus, dass die Registrierung in Moskau für jeden schwierig ist, nicht nur für Tschetschenen. In Mietanzeigen werden Zimmer oft nur für Slawen angeboten.

Gemäß Elena Vilenskaya (House of Peace and Non-Violence) ist es für Tschetschenen leichter, in kleineren Orten als Moskau und St. Petersburg zu leben, jedoch ist es in großen Städten leichter, unterzutauchen. Personen, die Kadyrow fürchten, würden ihren Aufenthalt nicht registrieren lassen. Auch in St. Petersburg werden in Mietanzeigen Wohnungen oft nur für Russen angeboten. Tschetschenen nutzen aber ihre Netzwerke, um Wohnungen zu finden.

Einer Internationalen Organisation zufolge ist es für jemanden, der einen Machtmissbrauch von lokalen Behörden in einem Föderationssubjekt fürchtet schwierig, einen sicheren Ort in einer anderen Region in Russland zu finden. Ist die Person registriert, ist es für die Behörden leichter, sie zu finden.

Laut Igor Kalyapin (Committee Against Torture) sind tschetschenische Familien, die in andere Regionen Russlands kommen, nicht automatisch schweren Rechtsverletzungen ausgesetzt. Öffentlich Bedienstete haben kein Recht, einem Tschetschenen die Registrierung zu verweigern, weshalb im Endeffekt jeder registriert wird. Tschetschenen könnten Diskriminierung durch die Behörden ausgesetzt sein, nicht aber Gewalt. Elena Vilenskaya und einer westlichen Botschaft zufolge könnten aber temporäre Registrierungen nur für drei Monate anstatt für ein Jahr ausgestellt werden, weshalb dann die betroffene Person öfter zum Amt kommen muss.

Svetlana Gannuschkina (Memorial) geht davon aus, dass der FMS die Polizei über die Registrierung eines Tschetschenen informieren muss. Zudem verheimlichen Tschetschenen oft ihre Volksgruppenzugehörigkeit, da Annoncen Zimmer oft nur für Russen und Slawen anbieten.

Mehrere Quellen (zwei westliche Botschaften, Svetlana Gannuschkina, ein ethnischer Tschetschene, die NRO Vainakh Congress) gaben an, dass im Zuge der Registrierung vermutlich Bestechungsgeld zu zahlen ist. Es kann vorkommen, dass Personen aus dem Nordkaukasus eine höhere Summe zu zahlen angehalten werden.

(Danish Immigration Service: Chechens in the Russian Federation - residence registration, racially motivated violence and fabricated criminal cases, August 2012)

Bewegungsfreiheit im Land, Auslandsreisen, Emigration und Repatriierung sind gesetzlich gewährleistet. Die Regierung schränkte die Bewegungsfreiheit im Land und Migration jedoch ein. Alle erwachsenen Staatsbürger müssen bei Inlandsreisen behördlich ausgestellte "Inlandspässe"

mit sich führen und müssen sich nach ihrer Ankunft bei den lokalen Behörden registrieren. Personen ohne Inlandspass oder ohne ordentliche Registrierung wurden von Behörden oft staatliche Dienste verwehrt. Viele regionale Regierungen schränken das Recht durch Regelungen für die Registrierung des Wohnsitzes, die an Sowjetzeiten erinnerten, ein. Personen mit dunklerer Hautfarbe aus dem Kaukasus oder afrikanischer oder asiatischer Herkunft wurden oft zur Überprüfung ihrer Dokumente herausgegriffen. Es gab glaubhafte Berichte, dass die Polizei nicht registrierte Personen willkürlich und über das gesetzlich vorgesehene Maß hinaus strafte oder Bestechungsgelder verlangte.

(U.S. Department of State: Country Report on Human Rights Practices for 2011 - Russia, 24.5.2012)

Es gibt einige Einschränkungen der Bewegungs- und Niederlassungsfreiheit. Erwachsene müssen Inlandspässe bei Reisen und um bestimmte staatliche Leistungen zu erhalten mitführen. Einige regionale Behörden haben Registrierungsvorschriften, die das Recht der Bürger ihren Wohnort frei zu wählen einschränken. Ziel hiervon sind meistens ethnische Minderheiten und Migranten aus dem Kaukasus und aus Zentralasien.

(Freedom House: Freedom in the World 2012 - Russia, März 2012)

Lage von Tschetschenen in der Russischen Föderation außerhalb der Republik Tschetschenien

Ethnische Tschetschenen und Angehöriger anderer nordkaukasischer Nationalitäten können der Russischen Föderation (Kernrussland) von Diskriminierung am Arbeitsmarkt, bei der Wohnungssuche sowie vor Gericht betroffen sein.

Was die Sicherheit von Tschetschenen in anderen Teilen der Russischen Föderation betrifft, so kann eine Beurteilung der Gefährdung nur im Einzelfall erfolgen. Dabei ist zu unterscheiden zwischen Tschetschenen, die in Tschetschenien keine Probleme hatten und etwa nur zur Arbeitssuche in einen anderen Teil der Russischen Föderation kommen (diese haben möglicherweise mit Diskriminierung und Anfeindungen aufgrund der weit verbreiteten Fremdenfeindlichkeit in Russland zu kämpfen) und Tschetschenen, die in Tschetschenien tatsächlich verfolgt werden (diese sind gegebenenfalls auch in anderen Teilen der Russischen Föderation nicht sicher).

(ÖB Moskau: Asylländerbericht Russische Föderation, Stand September 2012)

Sk-Strategy (Center for strategic studies and development of civil society in the North Caucasus) gab im Juni 2011 an, dass es unter Tschetschenen verbreitet ist, in andere Teile der Russischen Föderation zu ziehen, die Mehrheit tut dies aus wirtschaftlichen Gründen. Jene, die es sich leisten können, würden sich in Moskau oder St. Petersburg niederlassen, aber der durchschnittliche Tschetschene könne sich dies aufgrund der dortigen hohen Lebenshaltungskosten nicht leisten. Die meisten durchschnittlichen Tschetschenen ließen sich typischerweise in Städten mit weniger Einwohnern nieder und bevorzugten hier Hafenstädte, wie Murmansk, Arkhangelsk und Städte in der Region Leningrad. In kleineren Städten gibt es weniger Wettbewerb um Arbeitsplätze und tschetschenische Migranten fänden daher leichter Arbeit. Hafenstädte haben öfter eine heterogene Bevölkerung, das heißt, eine Migrantengemeinde. Von einem solchen kosmopolitischen Klima können tschetschenische Migranten profitieren.

Eine westliche Botschaft gab an, dass es in Moskau und St. Petersburg, aber auch in anderen Städten in ganz Russland eine große tschetschenische Bevölkerung gibt.

Khamzat Gerikhanov (Chechen Social and Cultural Assosiation) gab an, dass sein Verein in 60 Regionen in Russland Zweigstellen hat. Jede Zweigstelle erfasst 10.000 bis 20.000 Tschetschenen. Die meisten tschetschenischen Einwohner gibt es in Moskau und St. Petersburg, und in vielen der diese beiden Städte umgebenden Regionen. Beträchtliche tschetschenische Gemeinschaften gibt es auch in den Städten und Regionen im südlichen Russland, darunter in Volgograd, Saratov, Samara und Astrakhan. Von den rund 100.000 Tschetschenen, die 1996 nach Moskau flohen, halten sich heutzutage noch rund 25.000 in der Region Moskau auf. Diese haben dort eine dauerhafte Registrierung. Zusätzlich lebt eine große Gruppe von Tschetschenen in Moskau und der Region Moskau, die nicht registriert ist, oder nur vorübergehend registriert ist. Ein großer Anteil der außerhalb Tschetscheniens lebenden Tschetschenen hätte keine Registrierung und arbeitet im Handel auf Märkten und in Cafes.

Gemäß Elena Vilenskaya (House of Peace and Non-Violence) umfasst die tschetschenische Gemeinde in der Region St. Petersburg 20.000 bis 30.000 Personen. Viele würden auch zu Besuchen oder um Schulen oder Universitäten zu besuchen nach St. Petersburg kommen. Obwohl Rassismus gegenüber Kaukasiern in St. Petersburg vorkomme, ist dieser "nicht unerträglich".

Ein ethnischer Tschetschene in St. Petersburg schätzte die Anzahl der Tschetschenen in St. Petersburg selbst auf 13.000. Ein anderer Tschetschene in Moskau gab an, dass die sozioökonomische Lage in Moskau zwar besser sei als in Tschetschenien, aber dass viele Tschetschenen es dennoch schwer hätten, Arbeit zu finden.

Einem Vertreter einer NRO zufolge könnte es für einen Tschetschenen schwer sein, in einen anderen Teil der Russischen Föderation zu ziehen, wenn man dort keinerlei Verwandte hat. Jedoch gibt es Tschetschenen in fast allen Regionen Russlands. Das Bestehen einer tschetschenischen Gemeinschaft in einer Region kann Neuankömmlingen zur Unterstützung oder zum Schutz gereichen, es sei denn, es handelt sich um einen Clan-Konflikt.

Laut SOVA leben viele Tschetschenen in der Region Stavropol, es gibt viele tschetschenische Studenten an der Universität der Stadt Stavropol. Dies führte bereits zu kleineren Spannungen im Süden der Region. Betreffend rassistisch motivierter Gewalt gibt es keine allein Tschetschenen betreffenden Daten, Tschetschenen gehören hier zur Gruppe der Kaukasier. Es gibt keine Hinweise, dass Tschetschenen mehr als andere ethnische Gruppen aus dem Kaukasus Hassverbrechen zum Opfer fallen. Untererfassung von Hassverbrechen ist gemäß SOVA ein Thema und dürfte im Steigen begriffen sein. Im Verlauf der letzten 10 Jahre konzentrierten sich ultranationalistische Banden bei rassistisch motivierter Gewalt immer mehr auf Zentralasiaten, nicht zuletzt weil sich Kaukasier dieser Gewalt zunehmend widersetzten.

IOM bestätigte, dass die Grenze zwischen Tschetschenien und dem restliche Russland völlig offen ist. Zudem gab IOM an, dass es in Russland einen politischen Willen zur Bekämpfung von Hassverbrechen, Diskriminierung und Korruption zu geben scheint. Einer westlichen Botschaft zufolge schenken Strafgerichte heutzutage Hassverbrechen mehr Aufmerksamkeit.

Swetlana Gannuschkina und Oleg Orlov (Memorial) gehen davon aus, dass Tschetschenen in andere Regionen Russlands ziehen können, und einige tun dies auch. Ist eine Person nicht offenkundig kritisch gegenüber Kadyrow, so kann diese überall in der Russischen Föderation leben, ohne Angst haben zu müssen getötet oder in die Republik Tschetschenien zurückgeschickt zu werden. Wird eine Person aber tatsächlich von Kadyrow gesucht, so könnte dieser die Person überall in der Welt, auch in Kopenhagen, Wien, Dubai oder Moskau finden. Laut einem Anwalt von Memorial könnten Personen in Verbindung mit Oppositionsführern mit hohem Bekanntheitsgrad, aktive Rebellenkämpfer oder bekannte und tatverdächtige Terroristen der Bedrohung einer Entführung oder Tötung durch tschetschenische Behörden ausgesetzt sein. Khamzat Gerikhanov (Chechen Social and Cultural Association) betrachtet es als unmöglich für die tschetschenischen Behörden, einen low-profile-Unterstützer der Rebellen in anderen Teilen der Russischen Föderation außerhalb Tschetscheniens zu finden.

(Danish Immigration Service: Chechens in the Russian Federation, Report from Danish Immigration Service's fact finding mission to Moscow and St. Petersburg, the Russian Federation, 12 to 29 June 2011, 11.10.2011)

Im Mai/Juni 2012 schätzte eine westliche Botschaft die Anzahl der Tschetschenen in Moskau auf Hunderttausende. Außerhalb Tschetscheniens leben die meisten Tschetschenen in Moskau und der Region Stawropol, eine größere Anzahl an Tschetschenen kann in St. Petersburg, Jaroslawl, Wolgograd und Astrachan gefunden werden. Abdullah Istamulov (SK-Strategy) schätzt die Zahl der in Moskau lebenden Tschetschenen auf 100.000 bis 200.000, rund 70.000 Tschetschenen seien in Moskau registriert, rund 50.000 in Jaroslawl. Die NRO Vainakh Congress schätzt die Zahl der Tschetschenen in der Region St. Petersburg auf 20.000 bis 30.000.

Alexander Verkhovsky von SOVA gab an, dass die Haltung gegenüber Personen aus dem Nordkaukasus negativer wird. Russen haben verschiedene Gründe, warum ihnen Personen aus dem Nordkaukasus unbehaglich seien: Diese werden als anders oder als gewalttätig betrachtet, oder man hat Angst vor terroristischen Aktivitäten. In großen Städten werden sie zudem als Konkurrenten auf dem Arbeitsmarkt betrachtet. Gemäß SOVA gab es seit 2008 einen Rückgang rassistisch motivierter Übergriffe. 2008 fielen 116 Personen rassistisch motivierten Morden zum Opfer, 2011 waren es 23. 2007 hatte es 623 Berichte über rassistisch motivierte Übergriffe gegeben, 2011 waren es 183. Die meisten Opfer stammten aus Zentralasien, Personen aus dem Kaukasus lagen bei den Opferzahlen an zweiter Stelle. Wenngleich die Berichterstattung über solche Verbrechen lückenhaft ist, kann dennoch aufgrund der von der Organisation gesammelten Information von einem tatsächlichen Rückgang von Hassverbrechen ausgegangen werden. Der Rückgang der Zahlen liegt gemäß Alexander Verkhovsky daran, dass der Druck der Behörden auf Neonazi-Gruppen erhöht wurde und dass diese Gruppen nunmehr eher auf politischer Ebene partizipieren. 2011 wurden 189 Personen für gewalttätige Hassverbrechen verurteilt (2010: 297, 2009: 130).

Gemäß Khamzat Gerikhanov (Chechen Social and Cultural Association) ist die negative Stimmung nicht nur gegen Tschetschenen, sondern gegen Personen aus dem Kaukasus insgesamt gerichtet. Eine zunehmende Anzahl von jungen Kaukasiern studiert an Universitäten in Moskau, diese würden ihre ethnische Zugehörigkeit und Kultur offen zur Schau stellen; gelegentlich käme es zu (auch physischen) Auseinandersetzungen.

Einer Internationalen Organisation zufolge sind Moskau und St. Petersburg nicht mit anderen Städten Russlands vergleichbar, da dort die Menschen mehr Vorurteile gegenüber Migranten haben. Nicht nur Tschetschenen sind in den großen Städten Diskriminierung ausgesetzt. Die Internationale Organisation geht jedoch nicht davon aus, dass im Allgemeinen diese Diskriminierung eine Verfolgung darstellt.

Laut Igor Kalyapin (Committee Against Torture) ist Diskriminierung von Tschetschenen durch Behörden (etwa Polizisten) nicht auf einen Erlass oder Befehl der Regierung zurückzuführen, sondern auf persönliche Vorurteile und das Misstrauen einzelner.

Mehrere Quellen (Khamzat Gerikhanov, Mohammed-Aref Abazovich Bekaev - ein tschetschenischer Rechtsanwalt in Moskau, zwei westliche Botschaften, Alexander Verkhovsky) gaben an, dass Tschetschenen heutzutage weniger oft für Personenkontrollen herausgegriffen werden, als etwa Zentralasiaten.

Zumindest gelegentlich kommt es nach Aussage mehrerer Quellen (Svetlana Gannuschkina - Memorial, Khamzat Gerikhanov, Mohammed-Aref Bekaev, eine westliche Botschaft, ethnische Tschetschenen) vor, dass Tschetschenen Drogen oder Waffen untergeschoben werden, um einen Strafrechtsfall zu fabrizieren. Jedoch kommen solche Fälle falscher Anschuldigungen weniger oft vor als vor einigen Jahren und sind nicht systematisch; betroffen von solchen Praktiken sind nicht nur Tschetschenen.

Nur sehr wenige Tschetschenen finden mehreren Quellen (Abdullah Istamulov, Mohammed-Aref Bekaev, Khamzat Gerikhanov, eine westliche Botschaft) zufolge außerhalb Tschetscheniens einen Arbeitsplatz im öffentlichen Dienst und bei der Polizei.

(Danish Immigration Service: Chechens in the Russian Federation - residence registration, racially motivated violence and fabricated criminal cases, August 2012)

Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die tschetschenischen Behörden Unterstützter und Familienmitglieder einzelner Kämpfer auf dem gesamten Territorium der Russischen Föderation suchen und/oder finden würden, was aber bei einzelnen bekannten oder hochrangigen Kämpfern sehr wohl der Fall sein kann.

(BAA/Staatendokumentation: Analyse der Staatendokumentation - Russische Föderation - Unterstützer und Familienmitglieder (mutmaßlicher) Widerstandskämpfer in Tschetschenien, 20.4.2011)

Die tschetschenische Diaspora in allen russischen Großstädten ist in den letzten Jahren stark angewachsen (200.000 Tschetschenen leben allein in Moskau). Der Kontrolldruck gegenüber kaukasisch aussehenden Personen ist aus Angst vor Terroranschlägen und anderen extremistischen Straftaten erheblich. Russische Menschenrechtsorganisationen berichten von häufig willkürlichem Vorgehen der Miliz gegen Kaukasier allein wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit. Kaukasisch aussehende Personen stünden unter einer Art Generalverdacht. Personenkontrollen und Hausdurchsuchungen (häufig ohne Durchsuchungsbefehle) finden weiterhin statt.

(Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation (Stand Juni 2012), 6.7.2012)

Grundversorgung/Wirtschaft

Dank einer hohen finanziellen Förderung durch die Russische Föderation kam der Wiederaufbau Tschetscheniens nach dem Krieg zügig voran. Die hohe Erwerbslosigkeitsrate stellte weiterhin ein Problem dar.

(Amnesty International: Jahresbericht 2012 [Beobachtungszeitraum 2011], 24.5.2012)

Der tschetschenische Präsident Ramsan Kadyrow führt die Republik weiterhin mit Hilfe umfangreicher föderaler Subventionen. Sein verschwenderischer Lebensstil und seine extravagante Geburtstagsfeier 2011 führten zu Protesten in anderen Teilen Russlands. Trotz seiner Abhängigkeit von föderalen Mitteln arbeitet Kadyrow mit größerer Autonomie als andere regionale Oberhäupter. Putin besuchte Tschetschenien im Dezember 2011 und machte klar, dass er seinen Verbündeten weiter zu unterstützen gedenkt.

(Freedom House: Nations in Transit 2012 - Russia, 6.6.2012)

Die durch den Wiederaufbau herbeigeführten Veränderungen deuten Prosperität an, aber der Anschein kann irreführend sein. Die Wirtschaft im Nordkaukasus, darunter auch Tschetschenien, ist unterentwickelt und wird weitgehend von Moskau subventioniert. Die Produktivität liegt unter dem russischen Durchschnitt, die Gehälter sind niedrig und die Arbeitslosigkeit hoch. Zudem gibt es größere Investitionshindernisse, darunter die anhaltende niederschwellige Gewalt, vermintes Land und weit verbreitete Korruption.

Trotz der Bemühungen die notwendige Infrastruktur zu verbessern, haben die meisten gewöhnlichen Bürger keinen Nutzen aus den Wiederaufbaubemühungen in Tschetschenien gezogen. Für den Wiederaufbau wurden ausländische Arbeiter und Firmen herangezogen; Fabriken und andere Initiativen, die Arbeitsplätze in größerem Umfang schaffen könnten, wurden nicht wiederhergestellt. Deshalb sind viele gewöhnliche Bürger weiterhin von Sozialbehilfen als Haupteinkommensquelle abhängig. Die Lebensqualität ist weiterhin schlecht, es besteht ein Mangel an leistbarem Wohnraum und medizinischen Einrichtungen, sowie eingeschränkter Zugang zu Wasser, Sanitäranlagen und anderen Betriebsmitteln und eine ungeeignete Transportinfrastruktur. Wo Bildung verfügbar ist, sind die Standards niedrig.

Dennoch gibt es Grund für Optimismus. Laut Aleksandr Khloponin [Bevollmächtigter Vertreter des Präsidenten im Föderationskreis Nordkaukasus] dauerte es mehr als zehn Jahre, um die Sicherheitslage in Tschetschenien zu verbessern, die Infrastruktur und Wohnraum wieder aufzubauen, vermisste Personen zu suchen, ethnische Gruppen zusammenzubringen und vieles anderes. Um diese Bemühungen weiterführen zu können, wurde 2010 eine "Strategie für die sozioökonomische Entwicklung des Föderationskreises Nordkaukasus bis 2025" beschlossen. Diese sieht für die kommenden Jahre größere Investitionen in den Bereichen Landwirtschaft, Lebensmittelverarbeitung, Baumaterialien, Tourismus, Industrieanlagen und Logistik vor. Jedoch wird es noch mehr Zeit brauchen, um die Situation für jedermann zu verbessern. Die Arbeitslosigkeit anzupacken ist sowohl für die föderale als auch die regionale Regierung die erste Priorität. In Tschetschenien ist die Arbeitslosigkeit von 45% 2010 auf 30% im August 2011 gesunken.

(Council of Europe - Parliamentary Assembly: The situation of IDPs and returnees in the North Caucasus region, 5.3.2012)

Im März 2012 wurde eine neue Entminungskampagne in Tschetschenien gestartet. Geplant ist, die Entminung bis 2015 abgeschlossen zu haben. Nach Angaben des tschetschenischen Landwirtschaftsministeriums sind rund 14.000 ha Land, nach Angaben des tschetschenischen Notfallministeriums rund 24.000 ha Land, und nach Angaben des russischen Militärs insgesamt rund 16.000 ha von Minen, Landminen und anderen Sprengkörpern zu räumen.

(Caucasian Knot: Sappers report demining 300 hectares in Chechnya, 11.6.2012, http://chechnya.eng.kavkaz-uzel.ru/articles/21275/ , Zugriff 4.12.2012 / Caucasian Knot: Demining of Chechnya to be over in 2015, local MfE asserts, 13.4.2012, http://www.eng.kavkaz-uzel.ru/articles/20736/ , Zugriff 4.12.2012 / Caucasian Knot: Over 500 hectares demined during six months in Chechnya, 22.9.2012, http://www.eng.kavkaz-uzel.ru/articles/22312/ , Zugriff 4.12.2012)

Die materiellen Lebensumstände für die Mehrheit der tschetschenischen Bevölkerung haben sich dank großer Zuschüsse aus dem russischen Föderalen Budget nach Angaben von internationalen Hilfsorganisationen seit 2007 deutlich verbessert - ausgehend von sehr niedrigem Niveau. Die Durchschnittslöhne in Tschetschenien liegen spürbar über denen in den Nachbarrepubliken. Die Staatsausgaben in Tschetschenien sind pro Einwohner doppelt so hoch wie im Durchschnitt des südlichen Föderalen Bezirks. Die ehemals zerstörte Hauptstadt Tschetscheniens Grosny ist inzwischen dank föderaler Gelder fast vollständig wieder aufgebaut. Gleichwohl bleibt Arbeitslosigkeit und daraus resultierende Armut der Bevölkerung das größte soziale Problem.

Der Schulbesuch ist grundsätzlich möglich und findet unter zunehmend günstigen materiellen Bedingungen statt. Nach Angaben der VN entspricht die Anzahl der Lehrer wieder dem Niveau vor den Tschetschenienkriegen, allerdings sei die Versorgung mit Lernmitteln häufig noch unzureichend.

Wohnraum bleibt ein großes Problem. Nach Schätzungen der VN wurden in den Tschetschenienkriegen seit Anfang der neunziger Jahre über 150.000 private Häuser sowie ca. 73.000 Wohnungen zerstört. Die Auszahlung von Kompensationsleistungen für kriegszerstörtes Eigentum ist noch nicht abgeschlossen. Problematisch ist auch in diesem Zusammenhang die Korruption (man geht davon aus, dass 30-50% gewährter Kompensationssummen gleich wieder als Schmiergelder gezahlt werden müssen).

(Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation (Stand Juni 2012), 6.7.2012)

In Tschetschenien ist ein im Vergleich zu anderen Regionen der Russischen Föderation übermäßig hoher Anteil der Bevölkerung im semi-formellen und informellen Sektor tätig. Im Zeitraum zwischen 2006 und 2008 ist jedoch bereits ein Anstieg an legalen Kleinunternehmen zu beobachten. Dem föderalen Statistikamt zufolge waren zwischen Februar und November 2002 49,2% der Bevölkerung im informellen Sektor tätig, und bezogen einen Großteil ihres Einkommens aus diesen Tätigkeiten. Des Weiteren sind die so genannten "Arbeiten im Haushalt" - Produktion entweder für den Eigenverbrauch oder zum Verkauf auf dem Markt - weit verbreitet. Diese Art der Beschäftigung steht den föderalen Statistiken zufolge in Tschetschenien an dritter Stelle.

(IOM - International Organisation for Migration: Study on the Situation and Status of Russian Nationals from the Chechen Republic receiving Basic Welfare Support in Austria, 2009)

Die Arbeitslosigkeit in der Nord-Kaukasus-Region ist die höchste in Russland. Die Gesamtzahl der Arbeitslosen beträgt ca. 18% der wirtschaftlich aktiven Bevölkerung. Die Arbeitslosenquote in Tschetschenien liegt bei 42%. Die durchschnittliche Arbeitslosigkeit in Russland liegt bei 8,2%.

Das höchste monatliche Durchschnittseinkommen wird in Moskau (RUB 33.358) und in den erdöl- und erdgasfördernden autonomen Gebieten registriert. Die niedrigsten Durchschnittseinkommen werden in den südlichen Bundesdistrikten verzeichnet (RUB 13,275). Der Durchschnittsgehalt lag in Tschetschenien laut Bundesstatistikdienst Ende 2011 bei RUB 13.919 RUB und somit über jenem der nordkaukasischen Nachbarrepubliken. Durchschnittlich kostet ein Quadratmeter Wohnraum in Tschetschenien 41.489 RUB. Die Mietkosten in Grosny belaufen sich auf RUB 6.000 bis 10.000 für eine Ein- bis Dreizimmerwohnung.

(IOM: Länderinformationsblatt Russische Föderation, Juni 2012)

Die durchschnittliche monatliche Miete für eine 4-Zimmer-Wohnung in Grosny beläuft sich auf 15.000 - 20.000 RUB (ca. 380 - 506 EUR), für eine 3-Zimmer-Wohnung auf 10.000 - 15.000 RUB (ca. 253 - 380 EUR), für eine 2-Zimmer-Wohnung auf 7.000 - 10.000 RUB (ca. 177 - 253 EUR) und für eine 1-Zimmer-Wohnung auf 5.000 - 6.000 RUB (ca. 127 - 152 EUR).

Die Kosten für die Wohnungseinrichtung (inklusive Tisch, Stühle, Betten, Sofa, Kleiderschrank, Kücheneinrichtung) belaufen sich auf 80.000 - 95.000 RUB (ca. 2.025 - 2.405 EUR). Die Schulmaterialien für ein Kind (Schuluniform, Schulbücher und Schreibmaterial) kosten ungefähr 5.000 RUB (ca. 127 EUR)

(BAMF: IOM Individualanfrage ZC96, 16.5.2012)

Die durchschnittlichen monatlichen Lebenshaltungskosten in Grosny betragen laut statistischen Angaben der Russischen Föderation vom Dezember 2011 pro Person ca. 6.559 RUB (ca. 158 EUR).

Die durchschnittlichen monatlichen Mietkosten für einen kleinen Laden (ca. 15-20m²) in Grosny liegen, je nach Lage, Größe und Qualität des Ladenlokals, zwischen 7.000 und 15.000 RUB (ca. 168-360 EUR).

(BAMF: IOM Individualanfrage ZC7, 18.01.2012)

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz ist im Nordkaukasus, darunter auch in Tschetschenien, aktiv. Seit 2005 unterstützt das IKRK mikroökonomische Projekte: Über ein Programm können Haushalte kleine Familienbetriebe in der Landwirtschaft und der Viehzucht, im Handwerk, Handel oder anderen Dienstleistungen eröffnen, und über Berufsausbildung Fertigkeiten erlernen. Zudem führt das IKRK Programme durch, um - insbesondere in abgelegenen Dörfern - die Wasserversorgung und Kanalisation zu verbessern. Des Weiteren betreibt das IKRK Spielzimmer für Kinder.

(ReliefWeb: Russian Federation/Northern Caucasus: ICRC responds to long-lasting needs, 24.4.2012, http://reliefweb.int/node/492154 , Zugriff 4.12.2012)

Heutzutage zeigt die Hauptstadt Grosny wenige Anzeichen fast 15 Jahre Krieg miterlebt zu haben. Großflächige Kampfhandlungen sind lange vorbei, das Militär ist weniger präsent und die Stadt wurde wieder aufgebaut. Firmen aus der Türkei und den Vereinigten Arabischen Emiraten bauten neue Parks, breite Alleen, mehrstöckige Wohnhausgruppen und Sportstadien. Zerstörte Infrastruktur wie Straßen, Wasserrohre, Schulen und medizinische Einrichtungen wurden wieder aufgebaut. Andere Regionen Tschetscheniens haben ebenfalls vom Wiederaufbau profitiert, wenngleich diese Pläne bescheidener waren. Dies ist eine beachtliche Leistung der tschetschenischen Regierung. Jedoch scheint es, dass viele Gelder in große Vorzeigeprojekte flossen.

(Council of Europe - Parliamentary Assembly: The situation of IDPs and returnees in the North Caucasus region, 5.3.2012)

Sozialstaatliche Leistungen

Laut einer Studie von IOM 2009 stellen sozialstaatliche Leistungen einen beträchtlichen Teil des Einkommens eines durchschnittlichen tschetschenischen Haushaltes, insbesondere bei den schwächsten sozialen Gruppen, dar. Abhängig von der Lage der Familie machten 2008 staatliche Unterstützungsleistungen bis zu einem Drittel der Haushaltseinkommen aus.

Während das Sozialversicherungssystem (Pensionen, Krankheit, Mutterschaft, Arbeitslosigkeit) föderal reguliert wird, werden die meisten der beitragsfreien Leistungen ("leistungsabhängige" Beihilfen beispielsweise für Invalide, Jugendliche, Obdachlose, Kindergeld) regional umgesetzt. Die durchschnittliche Höhe dieser Unterstützungsleistungen belief sich 2008 auf 300 Rubel. Leistungsabhängige Beihilfen wurden 2008 an insgesamt 134.647 Personen ausgezahlt, die drei größten Gruppen waren die folgenden:

68.200 Invalide, 33.350 behinderte/kranke Kinder, 28.605 Kriegsveteranen.

(IOM - International Organisation for Migration: Study on the Situation and Status of Russian Nationals from the Chechen Republic receiving Basic Welfare Support in Austria, 2009)

Medizinische Versorgung

Medizinische Grundversorgung ist in Tschetschenien flächendeckend gewährleistet. Spezialisierte Kliniken sind nur in der Hauptstadt Grosny verfügbar, was aber in Anbetracht der Größe der Republik (ungefähr der Steiermark) zu verstehen ist. Grundsätzlich ist medizinische Versorgung kostenlos, auf die allseits verbreitete Korruption muss aber auch hier hingewiesen werden. Für Behandlungen, die in Tschetschenien nicht verfügbar sind, besteht die Möglichkeit, zur Behandlung nach Stawropol (Distanz zu Grosny ca. 450 km), nach Moskau, oder in andere russische Städte zu reisen. Kriegsbedingt herrscht noch immer ein Mangel an qualifiziertem medizinischem Personal, was man jedoch durch Ausbildungsmaßnahmen, aber auch durch die Bewerbung einer Rückkehr von Fachkräften aus anderen Teilen Russlands und aus dem Ausland zu verbessern bemüht ist.

Es gibt insgesamt nach Auskunft des Gesundheitsministers ca. 368 medizinische Einrichtungen, wie (Rajon- und Republiks‑)Krankenhäuser und Polykliniken. Die Polykliniken sind Ambulanzen, in denen (Vorsorge‑)Untersuchungen und ambulante Behandlungen durchgeführt werden. Der Auskunft des Gesundheitsministeriums zufolge gibt es in jeder Siedlung der Republik medizinische Einrichtungen. Es gibt in Tschetschenien unter anderem 22 Rajons- und 32 Republikseinrichtungen für medizinische Behandlung und Prophylaxe, sowie in Grosny allein weitere 26 medizinische Einrichtungen.

Es gibt mindestens drei Krankenhäuser für psychisch Kranke, sowie weitere Krankenhäuser, die sich mit Personen, die an der Schwelle zu psychischen Krankheiten stehen, beschäftigen. Das Republikskrankenhaus für psychisch Kranke "Samaschki" beispielsweise hat 180 Betten, das Republikskrankenhaus für psychisch Kranke "Darbanchi" 250 Betten. Das "Republikszentrum für medizinisch-psychologische Rehabilitation von Kindern" hat 120 Betten. Des Weiteren gibt es eine "Republiksfürsorgestelle für Psychoneurologie" mit 80 Betten. Im "Psychoneurologischen Kinderhaus Nr. 2 der Stadt Grosny" gibt es 120 Betten, behandelt werden dort Kinder bis zu zehn Jahren mit beispielsweise Down Syndrom, Zerebralparese oder Autismus. In der Klinik arbeiten neben Kinderärzten und Krankenschwestern auch Neurologen, Psychiater, Physiotherapeuten, Logotherapeuten oder Masseure.

(BAA Staatendokumentation: Bericht zum Forschungsaufenthalt Russland 2011, Dezember 2011)

Das russische Gesundheitswesen besteht aus ärztlicher Grundversorgung, Sekundärversorgung und spezialisierten Diensten. Der Krankenhaussektor ist sehr groß. Dem Gesetz nach sollte die Gesundheitsversorgung kostenlos sein und unabhängig davon, wo eine Person seine dauerhafte Registrierung hat. Jedoch sind in der Realität inoffizielle Zahlungen für medizinische Versorgung weit verbreitet und es kann schwierig werden, außerhalb des Ortes der dauerhaften Registrierung Behandlungen zu erhalten. Das Gesundheitswesen in Tschetschenien ist mittlerweile weitgehend wieder aufgebaut. Die Krankenhäuser sind neu und die Ausstattung ist modern, jedoch wird die Qualität der Versorgung als niedrig beschrieben. Dies liegt vor allem am Mangel an medizinischem Personal.

(Landinfo: Tsjetsjenia og Ingusjetia: Helsetjenester, 26.6.2012, http://www.landinfo.no/asset/ 2219/1/2219_1.pdf, Zugriff 4.12.2012)

Die Anzahl der Ärzte pro 10.000 Einwohner in Tschetschenien entwickelte sich von 17,7 im Jahr 2004 über 22,5 im Jahr 2007 auf 28,6 im Jahr 2010. Die Anzahl der Pflegekräfte ("weiteres medizinisches Personal") pro 10.000 Einwohner entwickelte sich von 56,5 im Jahr 2004 über 66,7 im Jahr 2007 auf 74,2 im Jahr 2010. Die Anzahl der Krankenhausbetten pro 10.000 Einwohner entwickelte sich von 61,3 im Jahr 2004 über 73,2 im Jahr 2007 auf 83,5 im Jahr 2010. 2010 gab es in Tschetschenien 81 ambulante Polykliniken (2004: 68, 2007: 73)

(Rosstat Tschetschenien/??????????????? ????? ??????????? ?????? ??????????????? ?????????? ?? ????????? ??????????: ???????? ?????????? ???????????????, ohne Datum, http://chechenstat.gks.ru/digital/region13/Lists/List/AllItems.aspx?PageView=Shared , Zugriff 3.12.2012)

Gemäß IOM Moskau ist de facto eine dauerhafte oder vorübergehende Registrierung notwendig, um sich legal in einem Gebiet aufzuhalten und Zugang u. a. zum Gesundheitswesen zu haben. Russische Bürger haben die gleichen Rechte auf Zugang zu medizinischer Hilfe in allen Regionen des Landes. Ist eine Person nicht registriert, so erhält sie medizinische Notfallhilfe, für andere Behandlungen muss man in das Gebiet gehen, in dem man registriert ist. Die Faustregel lautet, dass man kostenlose medizinische Hilfe dort bekommt, wo man registriert ist. Andererseits kann eine Person, wenn sie die Kosten selbst zahlen kann, unabhängig von der Registrierung überall die notwendige Hilfe bekommen. Die ethnische Zugehörigkeit spielt im Rahmen des Zugangs zur Gesundheitsfürsorge keine Rolle. Die Registrierung einer Person ist in Zusammenhang mit der medizinischen Versorgung daher wichtig, weil Krankenhäuser die Kosten einer Behandlung nur bei registrierten Bürgern zurückerstattet bekommen.

Gemäß Elena Vilenskaya (House of Peace and Non-Violence) haben Krankenhäuser und Kliniken in Russland Quoten für bestimmte Behandlungen bei Bürgern aus anderen Regionen der Russischen Föderation. Um eine Behandlung in einem Krankenhaus oder einer Klinik außerhalb der Region, in der man dauerhaft registriert ist, zu erhalten, benötigt die betreffende Person eine Garantie der Region in der sie registriert ist, dass die regionale Gesundheitsbehörde die Kosten der Behandlung rückerstatten wird. In Tschetschenien könnten hierfür Bestechungsgelder verlangt werden. In einigen seltenen Fällen wird eine Garantie ohne Bezahlung von Bestechungsgeldern gegeben. Medizinische Grundversorgung und Notfallhilfe wird unabhängig von einer solchen Garantie oder Versicherung gewährt.

(Danish Immigration Service: Chechens in the Russian Federation, Report from Danish Immigration Service's fact finding mission to Moscow and St. Petersburg, the Russian Federation, 12 to 29 June 2011, 11.10.2011)

Korruption ist u. a. auch im Gesundheitswesen verbreitet.

(Schweizerische Flüchtlingshilfe: Nordkaukasus: Sicherheits- und Menschenrechtslage, 12.9.2011)

PTSD (PTBS) ist in Tschetschenien ambulant und stationär durch Psychiater behandelbar, beispielsweise bei der Psychoneurologischen Republiksausgabestelle in Grosny oder im Psychiatrischen Republikskrankenhaus Samashki in Atschoj-Martan.

(SOS International (via MedCOI): BMA 4433, 31.10.2012)

In Tschetschenien betreiben Ärzte ohne Grenzen (MSF) ein Programm für Psychosoziale Unterstützung für von Gewalt betroffene Einwohner und Binnenflüchtlinge. 2010 konzentrierte sich dieses Programm auf die Beratung von Personen, die in den Berggebieten wohnen, da dort gewalttätige Vorfälle häufiger sind.

Seit 2005 betreibt MSF gynäkologische und pädiatrische Kliniken in zwei Bezirken von Grosny. Diese konzentrieren sich auf die Fürsorge von besonders schutzbedürftigen Gruppen, wie etwa Mütter von großen Familien mit niedrigem Einkommen. Zudem stiftete MSF Medikamente und medizinische Vorräte an das Mutter-Kind-Zentrum in Grosny und an medizinische Einrichtungen in Schatoi, Scharoi und Itum-Kale. Im August 2010 eröffnete MSF gynäkologische und pädiatrische Kliniken in zwei ländlichen Orten im Norden Tschetscheniens (Bezirke Naur und Schelkow).

2010 spielte MSF eine starke Rolle dabei, die Entwicklung von Kapazitäten im tschetschenischen Tuberkuloseprogramm zu unterstützen. Der Fokus lag darauf, die Qualität der TB-Arzneiausgaben und -Laboratorien zu verbessern. 2010 entdeckte MSF unter seinen Patienten einen bedeutenden Anteil von multiresistenter TBC, weshalb 2011 das Programm auch auf die Behandlung dieser MDR-TB ausgeweitet werden sollte.

(Médecins Sans Frontières: IAR 2010 - Russian Federation, 2.8.2011, http://www.msf.org/msf/articles/ 2011/08/iar-2010---russian-federation.cfm, Zugriff 3.12.2012)

Ende 2010 begann MSF aufgrund der Unzulänglichkeit der diesbezüglichen Gesundheitsversorgung in einer Intensivstation im Notfallkrankenhaus in Grosny ein Kardiologie- und Intensivprogramm zur Behandlung von Herznotfällen in Grosny, und behandelte bereits in den ersten Monaten fast 700 Patienten. (Médecins Sans Frontières:

Chechnya: MSF treats cardiac emergencies, 25.1.2012, http://www.msf.org/msf/articles/2012/01/chechnya-msf-treats-cardiac-emergencies.cfm ,

Zugriff 3.12.2012)

Behandlung nach Rückkehr

Zur Lage von ethnischen Tschetschenen in der Russischen Föderation außerhalb der Republik Tschetschenien

Es liegen keine gesicherten Erkenntnisse vor, ob Russen mit tschetschenischer Volkszugehörigkeit nach ihrer Rückführung besonderen Repressionen ausgesetzt sind. Solange die Konflikte im Nordkaukasus, einschließlich der Lage in Tschetschenien, nicht endgültig gelöst sind, ist davon auszugehen, dass abgeschobene Tschetschenen besondere Aufmerksamkeit durch russische Behörden erfahren. Dies gilt insbesondere für solche Personen, die sich gegen die gegenwärtigen Machthaber engagiert haben bzw. denen ein solches Engagement unterstellt wird, oder die im Verdacht stehen, einen fundamentalistischen Islam zu propagieren.

(Auswärtiges Amt: Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Russischen Föderation (Stand Juni 2012), 6.7.2012)

Laut einem Vertreter der Internetzeitschrift "Kaukasischer Knoten" können Rückkehrer nach Tschetschenien mit verschiedenen Problemen konfrontiert sein. Einerseits stehen Rückkehrer, ebenso wie die restliche Bevölkerung vor den alltäglichen Problemen der Region. Dies betrifft in erster Linie die hohe Arbeitslosigkeit, die Wohnungsfrage und die Beschaffung von Dokumenten sowie die Registrierung. Viele Häuser wurden für den Neubau von Grosny abgerissen und der Kauf einer Wohnung ist für viele (auch im Fall von Kompensationszahlungen) unerschwinglich, die Arbeitslosigkeit ist um einiges höher als in den offiziellen Statistiken angegeben und bei der Beschaffung von Dokumenten werden oft Schmiergeldzahlungen erwartet. Darüber hinaus stellen Rückkehrer eine besonders verwundbare Gruppe dar, da sie ein leichtes Opfer im Antiterrorkampf darstellen. Um die Statistiken zur Verbrechensbekämpfung aufzubessern, werden zum Teil Strafverfahren fabriziert und ehemaligen Flüchtlingen angelastet. Andererseits können Rückkehrer auch ins Visier staatlicher Behörden kommen, weil vermutet wird, dass sie tatsächlich einen Grund zur Flucht aus Tschetschenien hatten, d.h. Widerstandskämpfer waren oder welche kennen. Manchmal werden Rückkehrer gezwungen, für staatliche Behörden zu spionieren. Eine allgemein gültige Aussage über die Gefährdung von Personen nach ihrer Rückkehr nach Tschetschenien kann nicht getroffen werden, da dies stark vom Einzelfall und von der individuellen Situation des Rückkehrers abhängt.

(ÖB Moskau: Asylländerbericht Russische Föderation, Stand September 2012)

IOM Wien führt von 1.7.2010 bis 30.6.2013 (mit Verlängerungsmöglichkeit) das Projekt "Unterstützung der Freiwilligen Rückkehr und Reintegration von Rückkehrenden in die Russische Föderation/Republik Tschetschenien" durch. Im Rahmen des Projekts werden Russische Staatsangehörige aus der Republik Tschetschenien, die freiwillig in ihre Heimat zurückkehren möchten, nicht nur bei der Rückkehr, sondern auch bei ihrer Reintegration im Herkunftsland unterstützt. Sie erhalten nach ihrer Rückkehr Unterstützung von einer lokalen Partnerorganisation (NGO Vesta), die sie rechtlich und sozial berät und gemeinsam mit ihnen individuelle Reintegrationsmaßnahmen (z.B. Weiterbildungskurse, Geschäftsgründung, Erwerb von Werkzeug oder Materialien, etc.) auswählt. Diese Reintegrationsmaßnahmen werden in Form von Sachleistungen im Wert von bis zu max. EUR 2.000 unterstützt (pro Familie kann nur eine Person - in der Regel der Haushaltsvorstand - teilnehmen). Zusätzlich werden die Rückkehrer/innen bei der Deckung der Lebenserhaltungskosten während der ersten sechs Monate nach der Rückkehr mit EUR 500,- pro Fall unterstützt.

Die Reintegrationsunterstützung kann z.B. für die folgenden Maßnahmen genutzt werden: Berufsausbildung; Ankauf von für die Ausübung eines Berufes benötigtem Werkzeug und geeigneter Ausrüstung; Unterstützung bei der Gründung eines Kleinunternehmens (in Sachleistungen); Organisation von Kinderbetreuung und medizinischer Versorgung für Rückkehrer mit besonderen Bedürfnissen.

Zielgruppe des Projekts sind Asylwerber/innen, Asylberechtigte, subsidiär Schutzberechtigte sowie nicht oder nicht mehr aufenthaltsberechtigte Personen, die freiwillig aus Österreich in die Russische Föderation / Republik Tschetschenien zurückkehren möchten. Im Rahmen des Projekts werden im Zeitraum von 1. Juli 2012 bis 30. Juni 2013 bis zu 95 Teilnehmer/innen (pro Familie ist nur eine Person teilnahmeberechtigt) mit den benötigten Mitteln und Know-how ausgestattet, um sich in der Republik Tschetschenien eine neue wirtschaftliche Existenz aufzubauen.

(IOM Wien: Unterstützung der Freiwilligen Rückkehr und Reintegration von Rückkehrenden in die Russische Föderation/Republik Tschetschenien, ohne Datum,

http://www.iomvienna.at/index.php?option=com_content&view=article&id=545:unterstuetzung-der-freiwilligen-rueckkehr-und-reintegration-von-rueckkehrenden-in-die-russische-foederation-republik-tschetschenien&catid=92:unterstuetzte-freiwillige-rueckkehr-aus-oesterreich&Itemid=143&lang=de , Zugriff 4.12.2012)

2. Beweiswürdigung

Die Identität des Erstbeschwerdeführers ergibt sich aus dem vorgelegten russischen Führerschein, jene der Zweit- bis Viertbeschwerdeführer aus den vorgelegten Geburtsurkunden.

Bei den Feststellungen zur gesundheitlichen Verfassung des Erstbeschwerdeführers folgte das erkennende Gericht einerseits seinen diesbezüglich glaubwürdigen Angaben und andererseits dem eingeholten psychiatrisch-neurologischen Gutachten des Univ. Prof. Dr. med. Georg Pakesch vom 06.08.2013. Das Gutachten ist ausführlich, widerspruchsfrei, schlüssig sowie nachvollziehbar aufgebaut und legt, auch in Zusammenschau mit den vorgelegten ärztlichen Befunden und Krankenhausberichten, ein übereinstimmendes Bild der gesundheitlichen Verfassung des Erstbeschwerdeführers dar. Dem Einwand des Erstbeschwerdeführers in der Beschwerde, wonach das erstattete Gutachten nicht objektiv sei und der Sachverständige unsachliche, wertende Ausdrucksweisen verwendet habe, kann nicht gefolgt werden. Das erkennende Gericht hat keinerlei Anlass, die Angaben im gerichtsmedizinischen Gutachten in Zweifel zu ziehen. Diese sind von einem unabhängigen Sachverständigen erstellt worden, der den zu beurteilenden Fragen mit keinem persönlichen Interesse entgegengetreten ist.

Die Feststellung, wonach bei der Zweitbeschwerdeführerin, der Verdacht auf eine schwere Intelligenzminderung besteht, beruht auf den vorgelegten ärztlichen Befunden des Ambulatoriums Sonnenschein vom 08.03.2012 und vom 02.10.2012.

Dass die Drittbeschwerdeführerin und der Viertbeschwerdeführer gesund sind, ergibt sich aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben ihrer Mutter.

Das Datum der Antragstellungen und die Ausführungen zum bisherigen Verfahrensgang ergeben sich aus dem Akteninhalt.

Die Feststellungen zur Integration der Beschwerdeführer in Österreich ergeben sich einerseits aus ihren diesbezüglich glaubwürdigen Angaben und andererseits aus den im Verfahren vorgelegten Dokumenten und Abfragen aus den entsprechenden amtlichen österreichischen Registern.

Die Feststellungen zur Russischen Föderation / Tschetschenien ergeben sich aus den angefochtenen Bescheiden vom 12.11.2013. Sie gründen sich auf die oben angeführten, unbedenklichen, seriösen und aktuellen Quellen, deren Inhalt schlüssig und widerspruchsfrei ist und von den Beschwerdeführern weder im Verfahren vor dem Bundesasylamt noch in der Beschwerde bestritten wurde.

Für die minderjährigen Zweit- bis Viertbeschwerdeführer wurden keine eigenen Fluchtgründe geltend gemacht, welche einer Beweiswürdigung zu unterziehen wären, sondern lediglich auf die Fluchtgründe ihrer Eltern verwiesen.

Die Feststellung, wonach das Fluchtvorbringen des Erstbeschwerdeführers nicht glaubwürdig ist, beruht auf folgenden Erwägungen:

Gemäß der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es Aufgabe des Asylwerbers durch ein in sich stimmiges und widerspruchsfreies Vorbringen, allenfalls durch entsprechende Bescheinigungsmittel, einen asylrelevanten Sachverhalt glaubhaft zu machen (vgl VwGH 25.03.1999, 98/20/0559).

Der Verwaltungsgerichtshof hat in mehreren Erkenntnissen betont, dass die Aussage des Asylwerbers die zentrale Erkenntnisquelle darstellt und daher der persönliche Eindruck des Asylwerbers für die Bewertung der Glaubwürdigkeit seiner Angaben von Wichtigkeit ist (vgl VwGH 24.06.1999, 98/20/0453; 25.11.1999, 98/20/0357).

Bereits das Bundesasylamt hat in seiner Beweiswürdigung dargelegt, dass die vom Erstbeschwerdeführer präsentierte Fluchtgeschichte bzw Bedrohungssituation aufgrund zahlreicher Widersprüche nicht glaubhaft sei und somit als nicht den Tatsachen entsprechend gewertet werden müsse. Dem Beschwerdevorbringen, wonach die belangte Behörde die Angaben der Beschwerdeführer nicht als Gesamtes gewürdigt, sondern lediglich nach Widersprüchen und Ungereimtheiten in den Aussagen der Beschwerdeführer zueinander und zu den vorangegangenen Einvernahmen gesucht habe, kann nicht gefolgt werden, handelt es sich dabei um bloße unsubstantiierte, nicht nachvollziehbare Behauptungen und Unterstellungen, für die sich keine begründeten Hinweise finden lassen. Die vom Bundesasylamt vorgenommene Beweiswürdigung ist im Sinne der allgemeinen Denklogik und der Denkgesetze in sich schlüssig und stimmig. Sie steht auch im Einklang mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Behörden einen Sachverhalt grundsätzlich nur dann als glaubwürdig anerkennen, wenn der Asylwerber während des Verfahrens im Wesentlichen gleich bleibende Angaben macht, wenn diese Angaben wahrscheinlich und damit einleuchtend erscheinen und wenn erst sehr spät gemachte Angaben nicht den Schluss aufdrängten, dass sie nur der Asylerlangung um jeden Preis dienen sollten, der Wirklichkeit aber nicht entsprechen. Als glaubhaft können Fluchtgründe im Allgemeinen nicht angesehen werden, wenn der Asylwerber die nach seiner Meinung einen Asyltatbestand begründenden Tatsachen im Laufe des Verfahrens unterschiedlich oder sogar widersprüchlich darstellt, wenn seine Angaben mit den der Erfahrung entsprechenden Geschehnisabläufen nicht vereinbar und daher unwahrscheinlich erscheinen oder wenn er maßgebliche Tatsachen erst sehr spät im Laufe des Asylverfahrens vorbringt (vgl VwGH, 06.03.1996, 95/20/0650). Das Bundesasylamt hat die Beschwerdeführer im gegenständlichen Asylverfahren ausführlich befragt und ihnen immer wieder die Möglichkeit geboten, ihre Angaben zu ergänzen bzw sonstige Aussagen zu tätigen. Betrachtet man die Protokolle der Einvernahmen, so ergibt sich daraus, dass die Beschwerdeführer in sämtlichen Einvernahmen die Gelegenheit hatten, frei und ohne Zwischenfragen, ihre Fluchtgründe darzustellen. Widersprüche in ihren Angaben wurden den Beschwerdeführern zwecks Parteiengehör ordnungsgemäß vorgehalten und sind zahlreiche Nachfragen zur Klärung des Sachverhaltes getätigt worden. Es konnten somit im vorliegenden Fall diesbezüglich keine Versäumnisse der belangten Behörde festgestellt werden und kommt auch das erkennende Gericht nach gesamtheitlicher Würdigung zu dem Ergebnis, dass der vom Erstbeschwerdeführer angegebene Fluchtgrund wegen mangelnder Plausibilität nicht den Tatsachen entspricht. Auch kamen im Verfahren zahlreiche Ungereimtheiten und Widersprüche zustande, die der Erstbeschwerdeführer trotz expliziten Nachfragens nicht nachvollziehbar aufzuklären vermochte. Die Beschwerdeführer haben darüber hinaus während des gesamten Verfahrens keinerlei Beweismittel zur Untermauerung ihres Vorbringens vorlegen können.

Zuzustimmen ist zunächst den Ausführungen der belangten Behörde, wonach es keineswegs nachvollziehbar erscheint, dass der Erstbeschwerdeführer bis zum Jahr 2011 in der Russischen Föderation verblieben ist. Nach seinen eigenen Angaben habe sein Bruder Tschetschenien bereits im Jahr 2002 verlassen und habe der Erstbeschwerdeführer seit diesem Zeitpunkt in ständiger Furcht vor Mitnahmen, Anhaltungen und Folterungen gelebt.

Wäre der Erstbeschwerdeführer tatsächlich einer asylrelevanten Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat ausgesetzt gewesen, hätte er sicherlich anders gehandelt und wäre nicht, selbst nach Ausstellung des Reisepasses, noch mehrere Jahre im Herkunftsstaat verblieben. Schon das Verhalten des Erstbeschwerdeführers im Zusammenhang mit den Modalitäten seiner Ausreise legt daher den Verdacht nahe, dass es im Herkunftsstaat gar keine asylrelevanten Probleme gegeben hat. Seine Rechtfertigung, wonach er früher keine finanziellen Möglichkeiten zur Ausreise gehabt habe, ist als bloße Schutzbehauptung zu werten, insbesondere in Zusammenschau mit den Angaben seiner Ehegattin, wonach sie bereits im Jahre 2008 ausreisen habe wollen und daher den Auslandsreisepass ständig bei sich gehabt habe. Darüber hinaus ist der Erklärungsversuch des Erstbeschwerdeführers in keiner Weise mit seinen Ausführungen, wonach seine Ehegattin im Jahr 2008 zwecks Beschaffung des Lösegeldes ihr Auto verkauft und anschließend 250.000,- bis 300.000,- Rubel für seine Freilassung bezahlt habe, in Einklang zu bringen, schließlich hätten die Beschwerdeführer das Auto auch schon zu einem früheren Zeitpunkt verkaufen und so ihre Ausreise finanzieren können.

Völlig widersprüchlich gestalteten sich auch die Schilderungen des Erstbeschwerdeführers zu seiner Freilassung: In der Einvernahme vom 26.09.2012 gab der Erstbeschwerdeführer an, nach acht Monaten aus der Haft entlassen worden zu sein, weil seine Frau 250.000,- bis 300.000,- Rubel bezahlt habe, wobei die Bezahlung des Lösegeldes zuerst erfolgt sei. Er sei aus der Zelle hinausgeführt und an den Stadtrand gebracht worden, wo er freigelassen worden und anschließend nach Hause gegangen sei. Mit diesen Angaben verstrickte sich der Erstbeschwerdeführer in einen gravierenden Widerspruch, zumal er in seiner Einvernahme vom 13.12.2011 behauptete, im Zuge seiner Freilassung und von seinen Verfolgern nach Hause gebracht worden zu sein, wo diese die sofortige Bezahlung des Lösegeldes verlangt hätten. Der Versuch des Erstbeschwerdeführers, den Widerspruch aufzulösen, indem er abstritt, derartige Angaben in seiner Befragung vom 13.12.2011 getätigt zu haben, konnte das erkennende Gericht nicht im Geringsten überzeugen, zumal der Erstbeschwerdeführer in seiner Einvernahme vom 13.12.2011 auf Vorhalt, dass sein Verhalten ungeschickt gewesen sei, hätte er doch, wenn er zunächst freigelassen worden sei, auch vor der Bezahlung abreisen können, neuerlich ausführte, diese Möglichkeit nicht gehabt zu haben, weil ihn seine Verfolger nach Hause gebracht und dort die sofortige Bezahlung des Lösegeldes verlangt hätten. Im Einklang mit den Überlegungen des Bundesasylamtes hinsichtlich der divergierenden Angaben des Erstbeschwerdeführers zu seiner Freilassung ist festzuhalten, dass eine dermaßen unterschiedliche Darstellung der Ereignisse im Herkunftsstaat nicht gerade darauf hinweist, dass der Erstbeschwerdeführer tatsächlich Erlebtes zur Begründen seines Antrages auf internationalen Schutz geltend gemacht hat. Hätte der Erstbeschwerdeführer tatsächlich dermaßen einschneidende Erlebnisse gehabt, wäre es ihm möglich gewesen, zumindest in wesentlichen Grundzügen gleichbleibende Angaben zu seiner Freilassung zu machen.

Divergenzen traten auch im Hinblick auf die Frage, woher seine Ehegattin den Aufenthaltsort des Erstbeschwerdeführers während seiner achtmonatigen Anhaltung kannte: So gab der Erstbeschwerdeführer in seiner Einvernahme vom 13.12.2011 auf Vorhalt ("V: Es ist nicht nachvollziehbar, wie es Ihren Verwandten möglich war, den Aufenthaltsort herauszufinden, wenn nicht einmal Sie wissen, wo das war. Erklären Sie das.") zu Protokoll, dass er zunächst freigelassen worden und erst anschließend die Bezahlung erfolgt sei. Auf nochmalige dezidierte Nachfrage, wie ihn seine Frau freikaufen habe freikaufen können, wenn sie seinen Aufenthaltsort nicht gekannt habe, führte der Erstbeschwerdeführer dann in gänzlichem Widerspruch zu seinen zuvor getätigten Angaben in der Einvernahme vom 26.09.2012 aus, dass er seine Ehegattin danach gefragt habe, sie es ihm jedoch niemals verraten habe ("A: Ich fragte sie danach, jedoch erklärte sie es mir nicht. Sie hat es mir niemals verraten.").

Auch ist dem Bundesasylamt beizupflichten, wenn es auf folgenden Widerspruch hinweist: Der Erstbeschwerdeführer gab in seiner Einvernahme vom 13.12.2011 zu Protokoll, dass sich seine allererste Festnahme im Jahr 2002 zugetragen habe, als seine Frau im achten Monat schwanger gewesen sei. Seine Tochter Rajana sei daraufhin zu früh auf die Welt gekommen. Bereits diese Ausführungen deuten daraufhin, dass das Vorbringen des Erstbeschwerdeführers nicht den Tatsachen entspricht, wurde die Tochter der Beschwerdeführer doch erst im April 2003 geboren, sodass es schlicht unmöglich ist, dass seine Frau im Jahr 2002 bereits im achten Monat schwanger war. Wenn der Erstbeschwerdeführer in der Beschwerde vorbringt, die erste und die zweite Festnahme verwechselt zu haben, so ist auf die zutreffenden Ausführungen der belangten Behörde zu verweisen, wonach eine falsche Protokollierung in der Einvernahme vom 13.12.2011 auszuschließen ist, behauptete der Erstbeschwerdeführer doch auch in seiner Einvernahme vom 26.09.2012, dass sich seine erste Festnahme im Jahre 2002, drei bis vier Monate nach der Hochzeit zugetragen habe. Diese Angaben stehen überdies auch im Einklang mit den Schilderungen seiner Ehefrau, die ebenfalls zu Protokoll gab, dass die erste Mitnahme des Erstbeschwerdeführers im Jahr 2002 stattgefunden habe.

Wie die belangte Behörde bereits hervorgehoben hat, ist es auch nicht plausibel und äußerst lebensfremd, wenn der Erstbeschwerdeführer in seiner Einvernahme vom 26.09.2012 einerseits ausführte, seine Kinder kaum gekannt zu haben, weil er sich die meiste Zeit versteckt gehalten habe, andererseits jedoch behauptete, dass sich seine Tochter XXXX in den drei Tagen bei den Begräbnisfeierlichkeiten so schnell an ihn gewöhnt gewohnt habe, dass er gezwungen gewesen sei, sie zu seiner Cousine mitzunehmen.

Im Übrigen darf nicht übersehen werden, dass der Erstbeschwerdeführer zunächst immer nur davon sprach, seine Heimat wegen seines Bruders verlassen zu haben und erstmals in der Einvernahme vom 26.09.2012 zu Protokoll gab, dass die Anhaltungen teilweise nicht mit seinem Bruder, sondern mit seiner Tätigkeit als Taxifahrer im Zusammenhang gestanden seien: Gab er in seiner Einvernahme vom 13.12.2011 noch an, dass die achtmonatige Anhaltung wegen seines Bruders erfolgt sei ("Im Dezember 2007 wurde ich erneut mitgenommen. Mir wurde ein Sack über den Kopf gestülpt. Ich glaube, dass ich in eine Art Keller gebracht wurde. In diesem Keller musste ich mindestens ein halbes Jahr verbringen. Ich wurde dort auch gefoltert. Das alles hatte mit meinem jüngeren Bruder zu tun. Ich war sieben oder acht Monate im Keller."), führte er in seiner Einvernahme vom 26.09.2012 dann aus, dass die Mitnahme im Dezember 2007 erfolgt sei, weil seine Verfolger erfahren haben wollen, wer seine Stammkunden seien ("Mitte Dezember 2007 wurde ich festgenommen. Ich wurde in einen Keller gebracht. Ich wurde gefoltert und unmenschlich behandelt. Ich wurde mit Schlagstöcken geschlagen auf verschiedene Körperteile. Man wollte von mir wissen, wer meine Stammkunden sind."). Für das erkennende Gerichts ist kein Grund ersichtlich, warum der Erstbeschwerdeführer diesen Umstand völlig unerwähnt ließ und erst in dem fortgeschrittenen Stadium des Verfahrens erwähnte, dass nicht sämtliche Mitnahmen wegen seines Bruders erfolgt seien.

Wie bereits das Bundesasylamt zutreffend feststellte, deutet auch die offenbar problemlose Reisepassausstellung durch die tschetschenischen Behörden im Jahr 2006/2007 nicht auf ein seitens dieser bestehendes reales und intensives Interesse an der Person des Erstbeschwerdeführers hin. Der Erklärungsversuch, wonach die Beschwerdeführer ihre Reisepässe über Bekannte gegen Bezahlung von Geld haben ausstellen lassen, vermochte das erkennende Gericht nicht zu überzeugen. Insbesondere sind diese Angaben nicht mit den Ausführungen des Erstbeschwerdeführers, wonach er den Reisepass beim Föderalen Migrationsdienst, welche für die Ausstellung der Pässe zuständig sei, unterschrieben habe, in Einklang zu bringen.

Festzuhalten ist, dass auch die Ehefrau des Erstbeschwerdeführers das Vorbringen ihres Ehegatten nicht glaubwürdig zu untermauern vermochte, sondern eklatante Widersprüche zwischen den Angaben des Erstbeschwerdeführers und jenen seiner Ehefrau zu Tage traten:

Zunächst tätigten die Beschwerdeführer divergierende Angaben hinsichtlich der Festnahmen des Erstbeschwerdeführers: Während der Erstbeschwerdeführer in seiner Einvernahme vom 26.09.2012 auf die Frage, ob er immer zu Hause festgenommen worden sei, zu Protokoll gab, immer in der Wohnung, wo er wohnte, von maskierten uniformierten Männern festgenommen worden zu sein, behauptete seine Ehefrau, dass der Erstbeschwerdeführer auch auf der Straße oder bei der Arbeit festgenommen worden sei. Mit den Angaben seiner Ehefrau konfrontiert ("F: Warum gab Ihre Frau heute an, dass Sie auch auf der Straße mitgenommen wurden oder bei der Arbeit?"), änderte der Erstbeschwerdeführer schließlich seine Angaben und gab an: "Ich wurde auch auf der Straße mitgenommen. Sie suchten mich auch bei der Arbeit."

Auch der Zeitpunkt des Krankenhausaufenthaltes wurde im Verfahrenslauf von den Beschwerdeführern massiv widersprüchlich dargestellt: Behauptete der Erstbeschwerdeführer, dass sich seine Frau 2005 oder 2006 wegen ihrer Steine in der Galle oder Niere im Krankenhaus befunden habe und der sie einige Male besucht habe, sprach seine Ehefrau hingegen davon, ungefähr im November 2010 im Krankenhaus gewesen zu sein. Darüber hinaus verneinte sie die Frage, ob sie ihr Ehegatte während ihres Krankenhausaufenthaltes besucht habe.

Insgesamt gelang es dem Erstbeschwerdeführer nicht, individuelle und konkrete Verfolgungsgründe glaubhaft zu machen, zumal er keine schlüssige oder nachvollziehbare Verfolgungssituation schildern konnte. Überdies ergaben sich im Vorbringen zahlreiche beträchtliche Widersprüche, die in ihrer Summe jedenfalls zur Annahme der Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens zwingen. Die mangelnde Plausibilität der Angaben sowie die aufgezeigten massiven Unstimmigkeiten in seinen Angaben erscheinen in hohem Maße unverständlich und bekräftigen das erkennende Gericht in der Annahme, dass es sich beim Fluchtvorbringen lediglich um ein gedankliches Konstrukt zwecks Asylerlangung handelt. Es ist daher nicht glaubhaft, dass der Erstbeschwerdeführer in seinem Heimatland wohlbegründete Furcht im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention zu gewärtigen hatte bzw sich solche pro futuro ergibt.

Was das in der Beschwerde zitierte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13.09.2013, U 1685/2012, betrifft, so ist dazu anzumerken, dass die belangte Behörde im vorliegenden Fall auch auf das eigentliche Fluchtvorbringen und nicht bloß auf Nebenumstände eingegangen ist, sodass aus der zitierten Entscheidung für den gegenständlichen Fall nichts zu gewinnen ist.

Wenn der Erstbeschwerdeführer in der Beschwerde moniert, die belangte Behörde habe das Vorbringen, wonach sein Bruder den ehemaligen Rebellen zugerechnet werde, in der Beweiswürdigung in keinem Wort erwähnt, so ist dazu anzumerken, dass auch das erkennende Gericht keinen Grund sieht, darauf näher einzugehen, gab doch der Erstbeschwerdeführer in seiner Einvernahme vom 26.09.2012 an, dass er vor dem Jahre 2006 mehrmals wegen seines Bruders festgenommen worden sei, weil ihm vorgeworfen worden sei, dass er diesen versteckt halte, sich die Lage danach aber beruhigt habe und die anschließenden Festnahmen wegen seiner Tätigkeit als Taxifahrer erfolgt seien.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Gemäß § 75 Abs 19 AsylG 2005 sind alle mit Ablauf des 31.12.2013 beim Asylgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren vom Bundesverwaltungsgericht zu Ende zu führen.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 i.d.F. BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg cit). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Artikel 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Ad I.)

Gemäß § 3 Abs 1 AsylG hat die Behörde einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß § 4, 4a oder 5 zurückzuweisen ist, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die "begründete Furcht vor Verfolgung". Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine "Verfolgungsgefahr", wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr dar, wobei hierfür dem Wesen nach einer Prognose zu erstellen ist. Besteht für den Asylwerber die Möglichkeit, in einem Gebiet seines Heimatstaates, in dem er keine Verfolgung zu befürchten hat, Aufenthalt zu nehmen, so liegt eine so genannte inländische Fluchtalternative vor, welche die Asylgewährung ausschließt (vgl VwGH E 24.03.1999, Zl. 98/01/0352).

Wie im Rahmen der Beweiswürdigung umfassend dargestellt wurde, kommt dem Vorbringen des Erstbeschwerdeführers, wonach dieser asylrelevant verfolgt wurde, keine Glaubwürdigkeit zu und ist es dem Erstbeschwerdeführer somit nicht gelungen, eine konkret und gezielt gegen seine Person gerichtete aktuelle Verfolgung maßgeblicher Intensität, welche ihre Ursache in einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe hätte, glaubhaft zu machen. Es haben sich im gesamten Verfahren keine Hinweise darauf ergeben, dass der Erstbeschwerdeführer in seinem Heimatland einer relevanten Verfolgung von staatlicher Seite oder von Privaten ausgesetzt gewesen wäre bzw dass die Gefahr im Falle einer Rückkehr in die Russische Föderation, Opfer einer derartigen Verfolgung zu werden, im konkreten Fall mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit bestünde.

Da die minderjährigen Zweit- bis Viertbeschwerdeführer keine eigenen Fluchtgründe vorgebracht haben und auch sonst keine Verfolgung der Zweit- bis Viertbeschwerdeführer festgestellt werden konnte, liegen die Voraussetzungen für die Gewährung von Asyl auch bei ihnen nicht vor.

Die Beschwerde war somit aus den dargelegten Gründen gemäß § 3 Abs 1 AsylG 2005 abzuweisen.

Gemäß § 8 Abs 1 AsylG 2005 hat die Behörde einem Fremden den Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z1), wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK (Recht auf Leben), Art 3 EMRK (Verbot der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung) oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 (Abschaffung der Todesstrafe) zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung nach § 7 zu verbinden (Abs 2 leg cit). Anträge auf internationalen Schutz sind bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht (Abs 3 leg cit).

Unter "realer Gefahr" ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen im Zielstaat zu verstehen (vgl VwGH 99/20/0573, 19.02.2004).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (vgl VwGH 26.06.1997, Zl. 95/18/1293 und 17.07.1997, Zl. 97/18/0336).

Gemäß Art 2 EMRK wird das Recht jedes Menschen auf das Leben gesetzlich geschützt.

Gemäß Art 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Für die Gewährung von Abschiebeschutz ist die maßgebliche Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Verletzung der Menschenrechte gefordert. Es müssen stichhaltige Gründe für die Annahme sprechen, dass eine Person einem realen Risiko einer unmenschlichen Behandlung ausgesetzt wäre, konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass gerade die betroffene Person einer derartigen Gefahr ausgesetzt sein würde. Die bloße Möglichkeit eines realen Risikos oder Vermutungen genügen hingegen nicht.

Weder aus den Angaben des Erstbeschwerdeführers noch aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist im konkreten Fall ersichtlich, dass jene gemäß der Judikatur des EGMR geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegen würde, um die Außerlandesschaffung eines Fremden im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art 3 EMRK erscheinen zu lassen (VwGH vom 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443).

Für die Russische Föderation kann nicht festgestellt werden, dass in diesem Herkunftsstaat eine dermaßen schlechte wirtschaftliche Lage bzw allgemeine Situation herrschen würde, die für sich genommen bereits die Zulässigkeit der Rückbringung in den Herkunftsstaat iSd § 8 Abs 1 AsylG 2005 als unrechtmäßig erscheinen ließe. Auch ist kein kennzeichnender Grad willkürlicher Gewalt aufgrund eines bewaffneten Konflikts gegeben, der ein so hohes Niveau erreicht, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass die Beschwerdeführer bei einer Rückkehr allein durch ihre Anwesenheit tatsächlich Gefahr laufen würden, einer individuellen Bedrohung des Lebens ausgesetzt zu sein. Die Abschiebung der Beschwerdeführer würde sie jedenfalls nicht in eine "unmenschliche Lage" wie etwa Hungertod, unzureichende oder gar keine medizinische Versorgung, massive Beeinträchtigung der Gesundheit oder gar Verlust des Lebens, versetzen.

Es ist auch nicht davon auszugehen, dass die Beschwerdeführer nach ihrer Rückkehr in die Russische Föderation in eine ausweglose Lebenssituation geraten könnten, zumal es sich bei dem Erstbeschwerdeführer um einen gesunden Mann ohne erkennbare Einschränkung der Erwerbsfähigkeit handelt. Der Erstbeschwerdeführer gab an, in der Russischen Föderation als Taxifahrer tätig gewesen zu sein und darüber hinaus Gelegenheitsjobs, zum Beispiel auf der Baustelle, ausgeübt zu haben. Weiters gilt es zu bedenken, dass der Erstbeschwerdeführer bis zum Alter von 47 Jahren in seinem Heimatland aufhältig war, dort also den überwiegenden Teil seines Lebens verbracht hat, die russische Sprache beherrscht und mit den dort herrschenden Gepflogenheiten vertraut ist. Dem Erstbeschwerdeführer kann es daher zugemutet werden, das für sich zum Überleben Notwendige durch eigene Arbeit zu bestreiten. Sollte der Erstbeschwerdeführer nicht dazu in der Lage sein, seinen Lebensunterhalt zu verdienen, bestünde für ihn immer noch die Möglichkeit, staatliche Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen. Eine völlige Perspektivenlosigkeit für die Beschwerdeführer kann somit nicht erkannt werden. Ziel des Refoulementschutzes ist es nicht, Menschen vor unangenehmen Lebenssituationen zu beschützen, sondern einzig und allein Schutz vor exzeptionellen Lebenssituationen zu geben.

Auch gaben die Beschwerdeführer zu Protokoll, in der Russischen Föderation nach wie vor über familiäre Anknüpfungspunkte zu verfügen, sodass davon auszugehen ist, dass die Familienangehörigen bzw Verwandten der Beschwerdeführer diesen im Falle der Rückkehr, zumindest anfänglich, unterstützend zur Seite stehen und diesen die Wiedereingliederung in das vorhandene familiäre und soziale Umfeld erleichtern werden.

Was die minderjährigen, sich im Alter zwischen sechs und elf Jahren befindenden Zweit- bis Viertbeschwerdeführer betrifft, ist überdies festzuhalten, dass sich diese in einem sehr lern- und anpassungsfähigen Alter befinden und in Begleitung ihrer Eltern in ihren Herkunftsstaat zurückkehren, wodurch ihnen die neuerliche Eingliederung in die Russische Föderation erleichtert wird (vgl VwGH 17.12.2007, 2006/01/0216 und EGMR 26.01.1999, Beschwerde Nr. 43.279/98, Sarumi, wo der EGMR Kindern im Alter von sieben und elf Jahren eine Anpassungsfähigkeit, die eine Rückkehr mit ihren Eltern aus England, wo sie geboren wurden, nach Nigeria keine unbillige Härte erscheinen ließ, attestierte).

Was den Gesundheitszustand des Erstbeschwerdeführers betrifft, ist festzuhalten, dass bei diesem zwar keine akute psychiatrische Erkrankung feststellbar ist, dieser aber angab, täglich vor dem Schlafengehen eine halbe Tablette Cypralex und Cyprexa einzunehmen. Aus der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 02.11.2012 ergibt sich, dass Escitalopran (Cipralex), Mirtazapine, alternative Antidepressiva wie Fluoxetine, Paroxetine, Sertraline, Venlafaxine, Duloxetine, Clomipramine sowie Olanzapine (Zyprexa) und alternative atypische Neuroleptika wie Risperidone und Quetiapine in Tschetschenien verfügbar sind. Auch wird in den Länderinformationen dargelegt, dass in Tschetschenien eine flächendeckende medizinische Versorgung gewährleistet und eine Behandlung von psychischen Krankheiten möglich ist.

Sowohl die Behandlung als auch eine notwendige medikamentöse Therapie stehen dem Erstbeschwerdeführer also in der Russischen Föderation gegebenenfalls zur Verfügung.

Was den Gesundheitszustand der minderjährigen Zweitbeschwerdeführerin betrifft, ist festzuhalten, dass bei dieser der Verdacht einer schweren Intelligenzminderung besteht, das erkennende Gericht jedoch auch unter dem Gesichtspunkt ihres Gesundheitszustandes entscheidungsgegenwärtig nicht zu erkennen vermag, warum dieser einer Überstellung in die Russische Föderation entgegenstehen sollte. Aus den Länderfeststellungen ergibt sich, dass es in der Russischen Föderation mehrere Republikskrankenhäuser, eine Republiksführsorgestelle sowie ein psychoneurologisches Kinderhaus gibt, wo neben Kinderärzten und Krankenschwestern auch Neurologen, Psychiater, Physiotherapeuten, Logotherapeuten und Masseure beschäftigt sind.

Die Beurteilungskriterien des VfGH und EGMR bei Vorliegen von Krankheiten im Zusammenhang mit Art 3 EMRK gestalten sich wie folgt:

Der EGMR hat in Bensaid v. Vereinigtes Königreich, 6.2.2001, der Abschiebung einer an Schizophrenie leidenden Person als zulässig erklärt. Der EGMR sprach dabei aus, dass bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung eine Verletzung des Art 3 EMRK liegen kann, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände glaubhaft gemacht sind.

In Hukic v. Schweden, 27.9.2005, stellt der Gerichtshof fest, dass es betreffend das Down Syndrom Behandlungsmöglichkeiten in Bosnien-Herzegowina gebe. Dass diese nicht denselben Standard hätten als in Schweden und kostenintensiv seien, könne nicht als Verletzung von Art 3 EMRK angesehen werden. Das Down Syndrom könne auch von der Schwere her nicht mit dem Fall D. v. Vereinigtes Königreich verglichen werden. Betreffend eine mit AIDS infizierte Person sprach der Gerichtshof in Ndangova v. Schweden am 22.6.2004 aus, dass die Krankheit noch gar nicht ausgebrochen sei und damit mit dem Fall D.

v. Vereinigtes Königreich nicht zu vergleichen sei. Außerdem habe der Antragsteller familiäre Beziehungen im Heimatland, eine adäquate Behandlungsmöglichkeit sei gegeben. Dass diese mit erheblichen Kosten verbunden sei und dass es für den Betreffenden Schwierigkeiten geben werde, vom Land aus zur Behandlung zu gelangen und die Umstände schwieriger als in Schweden seien, führe nicht zu einer Verletzung von Art 2 oder 3 der Konvention.

Dem Umstand schließlich, dass die Zweitbeschwerdeführerin auch unter medizinischen Gesichtspunkten im Heimatland schwierigere Verhältnisse vorfinden würde als in Österreich, kommt unter dem Blickwinkel des Art 3 MRK keine entscheidende Bedeutung zu (vgl insbesondere das Urteil des EGMR vom 6.2.2001, Beschwerde Nr. 44599/98, Case of Bensaid v. The United Kingdom) (VwGH 07.10.2003, 2002/01/0379).

Das erkennende Gericht verweist in diesem Zusammenhang auch auf das Erkenntnis des VfGH v. 06.03.2008, Zl. B 2400/07-9, wo das Höchstgericht eine "hohe Schwelle" des Art 3 EMRK konstatiert, d.h. nur bei Vorliegen von außergewöhnlichen Umständen führt die Abschiebung zu einer Verletzung des Art 3 EMRK, etwa wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt wird unter qualvollen Umständen zu sterben.

In der Beschwerdesache AMEGNIGAN gg. Niederlande, 25.11.2004, Rs 25629/04, stellte der EGMR fest, dass in Togo eine grundsätzliche adäquate Behandlung der noch nicht ausgebrochenen AIDS-Erkrankung gegeben ist und erklärte die Abschiebung des Beschwerdeführers für zulässig.

In der Entscheidung RAMADAN & AHJREDINI gg. Niederlande vom 10.11.2005, Rs 35989/03 wurde die Abschiebung der Beschwerdeführer nach Mazedonien für zulässig erklärt, da Psychotherapie eine gängige Behandlungsform in Mazedonien ist und auch verschiedene therapeutische Medizin verfügbar ist, auch wenn sie nicht dem Standard in den Niederlanden entsprechen möge.

In der Beschwerdesache NDANGOYA gg. Schweden, 22.06.2004, Rs 17868/03, sprach der EGMR aus, dass in Tansania Behandlungsmöglichkeiten auch unter erheblichen Kosten für die in 1-2 Jahren ausbrechende AIDS-Erkrankung des Beschwerdeführers gegeben seien; es lagen auch familiäre Bezüge vor, weshalb die Abschiebung für zulässig erklärt wurde.

Dass sich der Gesundheitszustand durch die Abschiebung verschlechtert ("mentaler Stress" ist nicht entscheidend), ist vom Antragsteller konkret nachzuweisen, bloße Spekulationen über die Möglichkeit sind nicht ausreichend. In der Beschwerdesache OVDIENKO gg. Finnland vom 31.05.2005, Nr. 1383/04, wurde die Abschiebung des Beschwerdeführers, der seit 2002 in psychiatrischer Behandlung war und der selbstmordgefährdet ist, für zulässig erklärt; mentaler Stress durch eine Abschiebungsdrohung in die Ukraine ist kein ausreichendes "real risk".

Auch Abschiebungen psychisch kranker Personen nach mehreren Jahren des Aufenthalts im Aufenthaltsstaat können in Einzelfällen aus öffentlichen Interessen zulässig sein (vgl PARAMSOTHY gg. Niederlande, 10.11.2005, Rs 14492/05; mit diesem Judikat des EGMR wurde präzisiert, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach neunjährigem Aufenthalt in den Niederlanden, welcher unter posttraumatischem Stresssyndrom leidet und bereits einen Selbstmordversuch hinter sich hat, zulässig ist, da spezielle Programme für Behandlungen von traumatisierten Personen und verschiedene therapeutische Medizin in Sri Lanka verfügbar sind, auch wenn sie nicht den selben Standard haben sollten wie in den Niederlanden).

Die dargestellten Entscheidungen zeigen deutlich, dass bei Vorliegen von Erkrankungen im Allgemeinen nur solche relevant sind, die bekanntermaßen zu einem lebensbedrohlichen Zustand führen und grundsätzlich keine Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bestehen (Behandlungsmöglichkeiten beispielsweise für AIDS in Tansania sowie Togo, für Down-Syndrom in Bosnien-Herzegowina, für psychische Erkrankungen im Iran und in Russland bejaht).

Aus dieser Rechtsprechung ergeben sich folgende Judikaturlinien:

Zusammenfassend ist nochmals festzuhalten, dass sich aus den erwähnten Entscheidungen des EGMR ergibt, dass im Allgemeinen kein Fremder ein Recht hat, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw in einem bestimmten Teil des Zielstaates gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art 3 EMRK.

Auf Grundlage der oben dargestellten Frage der Vereinbarkeit der Abschiebung Kranker in einen anderen Staat mit Art 3 EMRK ergangenen Rechtsprechung des EGMR und des damit einhergehenden Beurteilungsmaßstabes gelangt das Bundesverwaltungsgericht zu dem Schluss, dass der gegenständliche Fall nicht mit dem Fall D. v. the United Kingdom - in welchem die unmenschliche Behandlung nicht bloß darin zu sehen war, dass sich der Beschwerdeführer in den letzten Stadien einer tödlich verlaufenden Krankheit befand, sondern in den besonderen Umständen, mit denen der Beschwerdeführer im Fall der Abschiebung konfrontiert gewesen wäre, nämlich im Risiko eines Todes unter qualvollen Umständen ohne jegliche Aussicht auf medizinische Behandlung oder familiäre Begleitung - vergleichbar ist.

Unter Zugrundelegung der obigen Ausführungen, wonach die Entwicklungsstörung der minderjährigen Zweitbeschwerdeführerin auch im Herkunftsland behandelt werden kann, handelt es sich im Lichte der dargestellten Judikatur bei den Erkrankungen der minderjährigen Zweitbeschwerdeführerin jedenfalls nicht um eine dermaßen schwere, akut lebensbedrohliche und zudem im Herkunftsstaat nicht behandelbare Erkrankung, die zu einer Überschreitung der hohen Eingriffsschwelle des Art 3 EMRK führen könnten. Dass die Behandlung in der Russischen Föderation nicht dem österreichischen Niveau entspricht, es dort nicht genügend Therapien und Einrichtungen gibt und darüber hinaus im Herkunftsland keine Musik- und Ergotherapie angeboten wird, vermag zur Gewährung des subsidiären Schutzes nicht auszureichen. Schlechtere Behandlungsmöglichkeiten und weniger günstige Verhältnisse im Herkunftsstaat als jene, die die Zweitbeschwerdeführerin in Österreich genießt, sind kein Abschiebehinderns. Die minderjährige Zweitbeschwerdeführerin, die bis zu ihrem neunten Lebensjahr in der Russischen Föderation aufhältig war, leidet an keiner die hohe Schwelle des Art 3 EMRK überschreitenden, lebensbedrohlichen Krankheit und ist nicht davon auszugehen, dass ihr Gesundheitszustand wegen ihrer Überstellung in die Russische Föderation lebensbedrohend beeinträchtigt werden würde oder sie durch der Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben.

Sonstige außergewöhnliche Umstände, die eine Abschiebung unzulässig machen könnten, sind im gegenständlichen Verfahren weder hervorgetreten, noch wurde ein derartiges Abschiebehindernis vorgebracht.

Es ergibt sich somit kein reales Risiko, dass es durch die Rückführung der Beschwerdeführer in die Russische Föderation zu einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe kommen würde.

Ad II.)

§ 75 Abs 20 AsylG lautet:

Bestätigt das Bundesverwaltungsgericht in den Fällen des Abs 18 und 19 in Bezug auf Anträge auf internationalen Schutz

1. den abweisenden Bescheid des Bundesasylamtes,

2. jeden weiteren einer abweisenden Entscheidung folgenden zurückweisenden Bescheid gemäß § 68 Abs 1 AVG des Bundesasylamtes,

3. den zurückweisenden Bescheid gemäß § 4 des Bundesasylamtes,

4. jeden weiteren einer zurückweisenden Entscheidung gemäß § 4 folgenden zurückweisenden Bescheid gemäß § 68 Abs 1 AVG des Bundesasylamtes,

5. den Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem der Status des Asylberechtigten gemäß § 7

aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten

kommt, oder

6. den Bescheid des Bundesasylamtes, mit dem der Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 aberkannt wird,

so hat das Bundesverwaltungsgericht in jedem Verfahren zu entscheiden, ob in diesem Verfahren die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig ist oder das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt zurückverwiesen wird. Wird das Verfahren zurückverwiesen, so sind die Abwägungen des Bundesverwaltungsgerichtes hinsichtlich des Nichtvorliegens der dauerhaften Unzulässigkeit der Rückkehrentscheidung für das Bundesamt nicht bindend. In den Fällen der Z 5 und 6 darf kein Fall der §§ 8 Abs 3a oder 9 Abs 2 vorliegen.

§ 9 Abs 1 bis 3 BFA-VG lautet:

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

der Grad der Integration,

die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

Gemäß Art 8 Abs 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art 8 Abs 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.

Das Recht auf Achtung des Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK schützt das Zusammenleben der Familie. Es umfasst jedenfalls alle durch Blutsverwandtschaft, Eheschließung oder Adoption verbundene Familienmitglieder, die effektiv zusammenleben; das Verhältnis zwischen Eltern und minderjährigen Kindern auch dann, wenn es kein Zusammenleben gibt (EGMR 27.10.1994, Kroon u.a. gg. die Niederlande, ÖJZ 1995, 296; siehe auch VfGH 28.06.2003, G 78/00).

Nach der Rechtsprechung des EGMR garantiert die Konvention Fremden kein Recht auf Einreise und Aufenthalt in einem Staat. Unter gewissen Umständen können von den Staaten getroffene Entscheidungen auf dem Gebiet des Aufenthaltsrechts (z.B. eine Ausweisungsentscheidung) aber in das Privatleben eines Fremden eingreifen. Dies beispielsweise dann, wenn ein Fremder den größten Teil seines Lebens in dem Gastland zugebracht oder besonders ausgeprägte soziale oder wirtschaftliche Bindungen im Aufenthaltsstaat vorliegen, die sogar jene zum eigentlichen Herkunftsstaat an Intensität deutlich übersteigen (vgl EGMR 08.04.2008, Nnyanzi gg. das Vereinigte Königreich, Appl. 21.878/06; 04.10.2001, Fall Adam, Appl. 43.359/98, EuGRZ 2002, 582; 09.10.2003, Fall Slivenko, Appl. 48.321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.06.2005, Fall Sisojeva, Appl. 60.654/00, EuGRZ 2006, 554).

Zur Gewichtung der öffentlichen Interessen ist insbesondere das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 17.03.2005, G 78/04, zu erwähnen. Demnach ist das Gewicht der öffentlichen Interessen im Verhältnis zu den privaten Interessen bei der Ausweisung von Fremden, die sich etwa jahrelang legal in Österreich aufgehalten haben, und Asylwerbern/ Asylwerberinnen, die an sich über keinen Aufenthaltstitel verfügen und denen bloß während des Verfahrens Abschiebeschutz zukommt, unterschiedlich zu beurteilen.

Im Falle einer bloß auf die Stellung eines Asylantrags gestützten Aufenthalts wurde in einer rezenten Entscheidung des EGMR (N. gegen United Kingdom vom 27.05.2008, Nr. 26565/05) auch ein Aufenthalt in der Dauer von zehn Jahren nicht als allfälliger Hinderungsgrund gegen eine Ausweisung unter dem Aspekt einer Verletzung von Art. 8 EMRK thematisiert.

In seiner davor erfolgten Entscheidung Nnyanzi gegen United Kingdom vom 08.04.2008 (Nr. 21878/06) kommt der EGMR zu dem Ergebnis, dass bei der vorzunehmenden Interessensabwägung zwischen dem Privatleben des Asylwerbers und dem staatlichen Interesse eine unterschiedliche Behandlung von Asylwerbern, denen der Aufenthalt bloß aufgrund ihres Status als Asylwerber zukommt, und Personen mit rechtmäßigem Aufenthalt gerechtfertigt sei, da der Aufenthalt eines Asylwerbers auch während eines jahrelangen Asylverfahrens nie sicher ist. So spricht der EGMR in dieser Entscheidung ausdrücklich davon, dass ein Asylwerber nicht das garantierte Recht hat, in ein Land einzureisen und sich dort niederzulassen. Eine Abschiebung ist daher immer dann gerechtfertigt, wenn diese im Einklang mit dem Gesetz steht und auf einem in Art 8 Abs 2 EMRK angeführten Grund beruht. Insbesondere ist nach Ansicht des EGMR das öffentliche Interesse jedes Staates an einer effektiven Einwanderungskontrolle jedenfalls höher als das Privatleben eines Asylwerbers; auch dann, wenn der Asylwerber im Aufnahmestaat ein Studium betreibt, sozial integriert ist und schon 10 Jahre im Aufnahmestaat lebte.

Beim Topos des Privatlebens spielt die zeitliche Komponente eine zentrale Rolle, da abseits familiärer Umstände erst nach einigen Jahren eine Integration im Aufenthaltsstaat anzunehmen sein wird, die von Art 8 EMRK geschützt ist (Vgl Thym, EuGRZ, 2006, 541 ff).

Wie schon erwähnt, mindert die Tatsache, dass der Aufenthalt nur aufgrund einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung rechtmäßig ist, das Gewicht der privaten Interessen, die aus einer in dieser Zeit vollzogenen Integration resultieren. Mit Zunahme der Aufenthaltsdauer tritt aber auch der Aspekt des aufenthaltsrechtlichen Status zunehmend in den Hintergrund, sodass in diesem Zeitraum entstandene persönliche oder gar familiäre Bindungen sich auf die Interessenabwägung mitunter entscheidend zugunsten einer Abstandnahme von der Ausweisung auswirken können. Dies setzt naturgemäß voraus, dass keine besonderen Umstände zulasten des/der Asylwerbers/Asylwerberin hinzukommen, wie z.B. strafgerichtliche Verurteilungen.

Private Interessen am Verbleib im Bundesgebiet können facettenreich sein. Tendenziell ist eine (regelmäßige) Erwerbstätigkeit und vor allem die damit verbundene Selbsterhaltungsfähigkeit ein wichtiger Aspekt. Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20.04.2006, 2005/18/0560, dürfte mitentscheidend gewesen sein, dass der Beschwerdeführer seit fast fünf Jahren ununterbrochen, noch dazu beim selben Dienstgeber, legal beschäftigt war. Für die wirtschaftliche Integration ist nicht maßgeblich, ob es sich um eine qualifizierte Tätigkeit handelt. Hingegen erachtet der Verwaltungsgerichtshof die Integration als stark gemindert, wenn Unterstützungszahlungen karitativer Einrichtungen oder bloße Gelegenheitsarbeiten den Unterhalt gewährleisten oder erst gegen Ende des mehrjährigen Aufenthalts die Tätigkeit als landwirtschaftlicher Hilfsarbeiter ins Treffen geführt werden kann und bis dahin Sozialhilfe bezogen wurde (vgl VwGH 11.10.2005, 2002/21/0124; VwGH 22.06.2006, 2006/21/0109; VwGH 05.07.2005, 2004/21/0124 ua).

Als eine berufliche und soziale Verfestigung, die eine "gelungene Integration" erkennen lässt, wertete der Verwaltungsgerichtshof den Fall eines als Fliesenleger tätigen (ehemaligen) Asylwerbers, der über gute Deutsch-Kenntnisse, einen großen Freundes- und Kollegenkreis verfügte und mit einer Österreicherin im gemeinsamen Haushalt wohnte, wobei auch seine Schwester, eine österreichische Staatsbürgerin, mit ihrer Familie im Bundesgebiet lebte. Aspekte zugunsten des/der Fremden können daher neben Verwandten und Freunden im Inland auch Sprachkenntnisse und ausreichender Wohnraum sein. In Anbetracht der meistens nicht sehr langen Aufenthaltsdauer und des "abgeschwächten" Aufenthaltsrechts werden strafgerichtliche Verurteilungen die Interessenabwägung erheblich zu ungunsten der privaten Interessen verschieben. Weitgehende Unbescholtenheit gilt hingegen als wichtiges Element für die Annahme sozialer Integration (vgl VwGH 05.07.2005, 2004/21/0124 u. a.; sowie Marx, Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs 5 AufenthG wegen Verwurzelung, ZAR, 2006, 261 ff).

Zugunsten minderjähriger Asylwerber/Asylwerberinnen beziehungsweise minderjähriger Familienangehöriger ist der Schulbesuch und ein besonderer Schulerfolg oder eine Berufsausbildung zu berücksichtigen. Im Hinblick auf die Aufenthaltsdauer wird bei Kindern häufig schon eine kürzere Zeit als bei Erwachsenen ausreichen, um eine Verwurzelung im Gastland festzustellen. Auch kommt bei Kindern dem Bezug von Sozialhilfeleistungen (durch ihre Eltern) keine entscheidende Bedeutung zu, auch wenn zur Beurteilung einer Verfestigung in Österreich und der Frage einer Reintegration im Heimatstaat alle Umstände - und damit auch die familiären Verhältnisse - zu berücksichtigen sind (vgl VfSlg 16.657/2002; VwGH 19.10.1999, 99/18/0342 u.a.).

Der Aspekt der Bindungen zum Heimatstaat steht in direkter Beziehung zur Integration im Bundesgebiet: Je länger der Aufenthalt im Gastland, desto stärker wird der Verlust an Bindungen zum Heimatland sein. Mit der Abnahme von Bindungen zum Herkunftsstaat wird in der Regel auch der Integrationsgrad im Bundesgebiet zunehmen. Das Fehlen jeglicher Verwandter und sonstiger Bezugspersonen im Heimatland wird ebenso wie der zwischenzeitlich eingetretene Verlust der Sprache des Heimatlandes für die Frage der Zumutbarkeit einer Reintegration maßgebliche Bedeutung erlangen (Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art 8 MRK, ÖJZ 2007/74, 858 f.).

Vor dem Hintergrund der in § 9 Abs 3 BFA-VG normierten Integrationstatbestände, die zur Beurteilung eines schützenswerten Privat- und Familienlebens iSd Art 8 EMRK zu berücksichtigen sind, ist in der gegenständlichen Rechtssache der Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführer durch die in Art 8 Abs 2 EMRK angeführten öffentlichen Interessen gerechtfertigt:

Hinsichtlich des Familienlebens ist auszuführen, dass die Beschwerdeführer im Verfahren angaben, neben der Ehefrau des Erstbeschwerdeführers bzw der Mutter der minderjährigen Zweit- bis Viertbeschwerdeführer in Österreich keine familiären Beziehungen oder verwandtschaftlichen Bindungen zu haben. Da die Rückführung der Ehefrau / Mutter der Beschwerdeführer ebenfalls mit heutigem Tage als zulässig erachtet wird, werden der Erstbeschwerdeführer sowie die minderjährigen Zweit- bis Viertbeschwerdeführer gemeinsam mit ihrer Ehefrau / Mutter in die Russische Föderation zurückkehren, sodass ein Eingriff in das Familienleben jedenfalls zu verneinen ist.

Es bleibt also zu prüfen, ob mit der Abschiebung der Beschwerdeführer ein unzulässiger Eingriff in ihr Privatleben erfolgte:

Was den Erstbeschwerdeführer betrifft, so ist festzuhalten, dass dieser seit August 2011 im Bundesgebiet aufhältig ist. Dass er einer legalen regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachgeht, wurde im Verfahren nicht geltend gemacht. Der Beschwerdeführer besuchte zwar Deutschkurse, ist nach der Stellungnahme des Vereins Wohnen vom 27.11.2013 sehr hilfsbereit und auch immer wieder unterstützend bei Veranstaltungen des Vereins Wohnen tätig. Allein aus diesem Umstand kann jedoch nicht auf das Vorliegen einer hinreichenden Integration geschlossen werden. Die bisherige Aufenthaltsdauer des Erstbeschwerdeführers beträgt noch nicht einmal drei Jahre und ist somit zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch zu kurz, um bereits jetzt von einer außergewöhnlichen schützenswerten dauernden Integration zu sprechen. Darüber hinaus geht der Erstbeschwerdeführer keiner geregelten Arbeit nach, ist also zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht selbsterhaltungsfähig, sondern auf staatliche Unterstützungsleistungen angewiesen. In Anbetracht des Umstandes, dass der Antrag auf internationalen Schutz unbegründet ist und die Beschwerdeführer zur Antragstellung illegal in das Bundesgebiet eingereist waren, sind gravierende öffentliche Interessen festzustellen, die für eine Rückkehrentscheidung sprechen. Diese überwiegen in ihrer Gesamtheit das private Interesse der Beschwerdeführer am weiteren Verbleib, selbst wenn sie unbescholten sind und sie mittlerweile Deutschkenntnisse erworben haben.

Was die minderjährigen Zweit- bis Viertbeschwerdeführer betrifft, ist festzuhalten, dass der Viertbeschwerdeführer den Kindergarten, die Drittbeschwerdeführerin die Volksschule und die Zweitbeschwerdeführerin die Allgemeine Sonderschule in St. Pölten - Nord besucht. Dazu wird ausgeführt, dass der Kindergarten- bzw Schulbesuch kein besonderes Zeichen von Integration ist. Es fällt zwar bei der Abwägung ins Gewicht, kann aber einen Verbleib der Familie in Österreich nicht rechtfertigen, weil ebenso zu berücksichtigen ist, dass sich die Kinder in einem anpassungsfähigen Alter befinden (vgl VwGH vom 17.12.2007, Zl 2006/01/0216 bis 0219). Außerdem würde die Rückkehr gemeinsam mit ihren Eltern erfolgen und erscheint daher als zumutbar.

Private Interessen von Fremden am Verbleib im Gastland sind jedenfalls weniger stark zu gewichten, wenn diese während eines noch nicht abgeschlossenen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz begründet werden, da der Antragsteller zu diesem Zeitpunkt nicht von vornherein von einem positiven Ausgang des Verfahrens ausgehen konnte und sein Status bis zum Abschluss des Verfahrens ungewiss ist. Aus all diesen Gründen kann vom Bundesverwaltungsgericht die Rückkehrentscheidung nicht für auf Dauer unzulässig entschieden werden.

Gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Der Sachverhalt ist zusammengefasst, wie dargestellt, aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen. Es ergab sich sohin auch kein Hinweis auf die Notwendigkeit, den maßgeblichen Sachverhalt mit den Beschwerdeführern zu erörtern (vgl VwGH 23.01.2003, 2002/20/0533, VwGH 01.04.2004, 2001/20/0291).

Was das Vorbringen der Beschwerdeführer in der Beschwerde betrifft, so findet sich in diesem kein Tatsachenvorbringen, welches zu einem anderen Verfahrensausgang führen könnte. Es hat sich daher aus Sicht des erkennenden Gerichtes keine Notwendigkeit ergeben, den als geklärt erscheinenden Sachverhalt mit den Beschwerdeführern näher zu erörtern.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im vorliegenden Fall erweist sich die ordentliche Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG insofern als nicht zulässig, als der gegenständliche Fall ausschließlich tatsachenlastig ist, sodass dieser keinerlei Rechtsfragen - schon gar nicht von grundsätzlicher Bedeutung - aufwirft. Wie der rechtlichen Beurteilung unzweifelhaft zu entnehmen ist, weicht die gegenständliche Entscheidung, insbesondere zum Vorliegen einer asylrelevanten Verfolgung, zu Art 8 EMRK, zur Frage der Integration sowie zum Erfordernis einer mündlichen Verhandlung, weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshofes ab, noch fehlt es zu irgendeinem Sachverhaltsaspekt des gegenständlichen Falles an einer Rechtsprechung und kann auch nicht davon gesprochen werden, dass die Rechtsprechung in Bezug auf den gegenständlichen Fall als uneinheitlich zu beurteilen wäre. Es liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der im vorliegenden Fall zu lösenden Rechtsfragen vor.

Die oben in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des VwGH und VfGH ist zwar zu früheren Rechtslagen ergangen, sie ist jedoch nach Ansicht des erkennenden Gerichts auf die inhaltlich meist völlig gleichlautenden Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar.

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