VfGH G297/2020 ua, V502/2020

VfGHG297/2020 ua, V502/202017.6.2021

Aufhebung bestimmter Wortfolgen des ZahnärzteG, des ZahnärztekammerG und der Zahnärzteausweisverordnung; Verfassungswidrigkeit der Übertragung der Zuständigkeit zur Führung der Zahnärzteliste, zur Ausstellung des Zahnärzteausweises und zur Erlassung der Zahnärzteausweisverordnung an die Österreichische Zahnärztekammer mangels Zustimmung der Länder; Gesetzwidrigkeit von Teilen der Zahnärzteausweisverordnung wegen Aufhebung der gesetzlichen Grundlage

Normen

B-VG Art10 Abs1 Z12
B-VG Art102 Abs4
B-VG Art120b Abs2
B-VG Art139 Abs1 Z1
B-VG Art140 Abs1 Z1 lita
B-VG Art140 Abs5 / Fristsetzung
ZahnärztekammerG §11, §20, §106, §107
ZahnärzteG §11, §14, §15
ZahnärzteausweisV §1, §3
ZahnärzteausweisV Anlage1
VfGG §7 Abs1, §62 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2021:G297.2020

 

Spruch:

I. 1. Die Wendung " und eine Liste der zur Berufsausübung berechtigten Angehörigen des zahnärztlichen Berufs (Zahnärzteliste) zu führen" in §11 Abs1 des Bundesgesetzes über die Ausübung des zahnärztlichen Berufs und des Dentistenberufs (Zahnärztegesetz – ZÄG) in der Stammfassung BGBl I Nr 126/2005,

§15 Abs1 und Abs3 ZÄG jeweils in der Stammfassung BGBl I Nr 126/2005,

die Wortfolge " durch die Österreichische Zahnärztekammer" in §11 Abs3 des Bundesgesetzes über die Standesvertretung der Angehörigen des zahnärztlichen Berufs und des Dentistenberufs (Zahnärztekammergesetz – ZÄKG) in der Stammfassung BGBl I Nr 154/2005,

die Wortfolge " des zahnärztlichen Berufs und" in §20 Abs1 Z1 ZÄKG in der Stammfassung BGBl I Nr 154/2005,

die Wendung " Zahnärzte- und" in §20 Abs1 Z4 ZÄKG in der Stammfassung BGBl I Nr 154/2005 sowie

die Wendung " Zahnärzte- und" in §20 Abs4 Z1 ZÄKG in der Stammfassung BGBl I Nr 154/2005

werden als verfassungswidrig aufgehoben.

2. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 30. November 2022 in Kraft.

3. Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Kraft.

4. Der Bundeskanzler ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt I verpflichtet.

II. 1. §1, die Wendung "§1 oder" in §3 Abs1, die Wendung " §1 Abs2 und 3 oder" in §3 Abs1 Z2, die Wendung " 1 und" in §3 Abs3 sowie die Anlage 1 der Verordnung der Österreichischen Zahnärztekammer über Form und Inhalt des Zahnärzte- und Dentistenausweises (Zahnärzteausweisverordnung), in Kraft getreten mit 28. Juli 2006, veröffentlicht auf der Webseite der Österreichischen Zahnärztekammer (www.zahnaerztekammer.at ), werden als gesetzwidrig aufgehoben.

2. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 30. November 2022 in Kraft.

3. Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt II verpflichtet.

 

III. Hinsichtlich §11 ZÄG, BGBl I Nr 126/2005, idF BGBl I Nr 37/2018, §15 ZÄG, BGBl I Nr 126/2005, idF BGBl I Nr 37/2018 sowie §11 Abs3 ZÄKG in der Stammfassung BGBl I Nr 154/2005 wird der Antrag im Übrigen

und

hinsichtlich §106 ZÄKG in der Stammfassung BGBl I Nr 154/2005 sowie §107 ZÄKG, BGBl I Nr 154/2005, idF  BGBl I Nr 38/2012 wird der Antrag zur Gänze

abgewiesen.

IV. Hinsichtlich §20 Abs1 Z1 und Z4 sowie Abs4 Z1 ZÄKG, jeweils in der Stammfassung BGBl I Nr 154/2005 und der Zahnärzteausweisverordnung wird der Antrag im Übrigen

sowie

hinsichtlich §20 Abs3 und §111 Z1 ZÄKG jeweils in der Stammfassung BGBl I Nr 154/2005 und §63 ZÄG in der Stammfassung BGBl I Nr 126/2005 wird der Antrag zur Gänze

zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 lita und Art139 Abs1 Z1 B‑VG gestützten Antrag begehrt das Bundesverwaltungsgericht, der Verfassungsgerichtshof möge folgende Bestimmungen als verfassungs- bzw gesetzwidrig aufheben (ohne die im Original enthaltenen Hervorhebungen):

"[…] §11 Abs3, §20 Abs1 Z1 und Z4, Abs3, Abs4 Z1, §§106, 107, 111 Z1 Zahnärztekammergesetz; §§11, 15 Abs1, Abs2 und Abs3, 63 Zahnärztegesetz; sowie die Verordnung der Österreichischen Zahnärztekammer über Form und Inhalt des Zahnärzte- und Dentistenausweises (Zahnärzteausweisverordnung), in Kraft getreten mit 28.07.2006, veröffentlicht auf der Webseite der Österreichischen Zahnärztekammer (www.zahnaerztekammer.at ) samt Anlagen;

 

in eventu […] §11 Abs3, §20 Abs1 Z1 und Z4, Abs4 Z1, §§106, 107, 111 Z1 Zahnärztekammergesetz; §§11, 15 Abs1, Abs2 und Abs3, 63 Zahnärztegesetz; sowie die Verordnung der Österreichischen Zahnärztekammer über Form und Inhalt des Zahnärzte- und Dentistenausweises (Zahnärzteausweisverordnung), in Kraft getreten mit 28.07.2006, veröffentlicht auf der Webseite der Österreichischen Zahnärztekammer (www.zahnaerztekammer.at ) samt Anlagen;

 

in eventu […] §11 Abs3, §20 Abs1 Z1 und Z4, Abs4 Z1, §§106 und 107 Zahnärztekammergesetz; §11 Abs1, §15 Abs1, Abs2 und Abs3 Zahnärztegesetz; sowie die Verordnung der Österreichischen Zahnärztekammer über Form und Inhalt des Zahnärzte- und Dentistenausweises (Zahnärzteausweisverordnung), in Kraft getreten mit 28.07.2006, veröffentlicht auf der Webseite der Österreichischen Zahnärztekammer (www.zahnaerztekammer.at ) samt Anlagen;

 

in eventu […] §11 Abs3, §20 Abs1 Z1 und Z4, Abs4 Z1 Zahnärztekammergesetz; §§11, 15 Abs1, Abs2 und Abs3 Zahnärztegesetz; sowie die Verordnung der Österreichischen Zahnärztekammer über Form und Inhalt des Zahnärzte- und Dentistenausweises (Zahnärzteausweisverordnung), in Kraft getreten mit 28.07.2006, veröffentlicht auf der Webseite der Österreichischen Zahnärztekammer (www.zahnaerztekammer.at ) samt Anlagen;

 

in eventu […] §11 Abs3, §20 Abs1 Z1 und Z4, Abs4 Z1 Zahnärztekammergesetz; §§11 Abs1, 15 Abs1, Abs2 und Abs3 Zahnärztegesetz; sowie die Verordnung der Österreichischen Zahnärztekammer über Form und Inhalt des Zahnärzte- und Dentistenausweises (Zahnärzteausweisverordnung), in Kraft getreten mit 28.07.2006, veröffentlicht auf der Webseite der Österreichischen Zahnärztekammer (www.zahnaerztekammer.at ) samt Anlagen;

 

in eventu […] §11 Abs3, §20 Abs1 Z1 und Z4, Abs4 Z1 Zahnärztekammergesetz; §§11, 15 Abs1, Abs2 und Abs3 Zahnärztegesetz;

 

in eventu […] §11 Abs3, §20 Abs1 Z1 und Z4, Abs4 Z1 Zahnärztekammergesetz; §§11 Abs1, 15 Abs1, Abs2 und Abs3 Zahnärztegesetz;

 

in eventu […] §11 Abs3, §20 Abs1 Z1 und Z4, §106 Zahnärztekammergesetz; §11, §15 Abs1 Zahnärztegesetz;

 

in eventu […] §11 Abs3, §20 Abs1 Z1 und Z4, §106 Zahnärztekammergesetz; §11, §15 Abs1 und Abs2 Zahnärztegesetz;

 

in eventu […] §11 Abs3, §20 Abs1 Z1 und Z4, §106 Zahnärztekammergesetz; §11 Abs1, §15 Abs1 Zahnärztegesetz;

 

in eventu […] §11 Abs3, §20 Abs1 Z1 und Z4 Zahnärztekammergesetz; §11, §15 Abs1 und Abs2 Zahnärztegesetz;

 

sowie in eventu […] §11 Abs3, §20 Abs1 Z1 und Z4 Zahnärztekammergesetz; §11 Abs1, §15 Abs1 Zahnärztegesetz;

 

in eventu […] §11 Abs3, §20 Abs1 Z1 und Z4, §106 Zahnärztekammergesetz; §11 Abs1, §15 Abs1 und Abs2 Zahnärztegesetz;

 

in eventu […] §11 Abs3, §20 Abs1 Z1 und Z4 Zahnärztekammergesetz; §11, §15 Abs1 und Zahnärztegesetz;

 

sowie in eventu […] §11 Abs3, §20 Abs1 Z1 und Z4 Zahnärztekammergesetz; §11 Abs1, §15 Abs1 und Abs2 Zahnärztegesetz."

 

II. Rechtslage

1. §11 bis §15 des Bundesgesetzes über die Ausübung des zahnärztlichen Berufs und des Dentistenberufs (Zahnärztegesetz – ZÄG), BGBl I 126/2005, idF BGBl I 57/2008 (betreffend §12 und §14 leg. cit.) bzw idF BGBl I 32/2014 (betreffend §13 leg. cit.) bzw idF BGBl I 37/2018 (betreffend §11 und §15 leg. cit.) sowie §63 ZÄG in der Stammfassung BGBl I 126/2005 lauten – auszugsweise – wie folgt (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"4. Abschnitt

Zahnärzteliste

Führung der Zahnärzteliste

 

§11. (1) Die Österreichische Zahnärztekammer hat in Zusammenarbeit mit den Landeszahnärztekammern die Anmeldungen für die Ausübung des zahnärztlichen Berufs entgegenzunehmen und eine Liste der zur Berufsausübung berechtigten Angehörigen des zahnärztlichen Berufs (Zahnärzteliste) zu führen.

 

(2) Die Zahnärzteliste hat folgende Daten zu enthalten:

1. Eintragungsnummer;

2. Vor- und Familiennamen, gegebenenfalls Geburtsname;

2a. akademischer Grad;

3. Geburtsdatum und Geburtsort;

4. Staatsangehörigkeit;

5. Nachweis der abgeschlossenen zahnmedizinischen Hochschulausbildung;

6. Hauptwohnsitz;

7. Zustelladresse;

8. Berufssitze, Dienstorte oder bei Wohnsitzzahnärzten Wohnsitz einschließlich der beabsichtigten Tätigkeit;

9. Ordinationstelefonnummer und E-Mail-Adresse;

10. Beginn und Ende der zahnärztlichen Tätigkeit;

11. Berufs- und Ausbildungsbezeichnungen;

12. Amtstitel, verliehene Titel und ausländische Titel und Würden samt Nachweis der Berechtigung zu deren Führung;

13. auf die gegenwärtige zahnärztliche Verwendung hinweisende Zusätze;

14. von der Österreichischen Zahnärztekammer verliehene oder anerkannte Diplome über die erfolgreiche Absolvierung einer fachlichen Fort- oder Weiterbildung;

15. Verträge mit Sozialversicherungsträgern und Krankenfürsorgeanstalten;

16. Einstellung, Unterbrechung, Entziehung, Untersagung, Einschränkung und Wiederaufnahme der Berufsausübung;

17. Eröffnung, Erweiterung und Schließung von Gruppenpraxen sowie Beginn und Ende der Beteiligung an einer solchen;

18. Beginn und Ende einer zahnärztlichen Nebentätigkeit;

 

(3) Die unter Abs2 Z1 bis 2a sowie 8 bis 19 angeführten Daten sind öffentlich. Jeder ist berechtigt, in den öffentlichen Teil der Zahnärzteliste Einsicht zu nehmen sowie gegen Kostenersatz Kopien zu erhalten.

 

(4) Angehörige des zahnärztlichen Berufs können darüber hinaus

1. zahnmedizinische Tätigkeitsbereiche,

2. sonstige die Berufsausübung betreffende besondere Kenntnisse und Fertigkeiten sowie

3. über die Ordinationstelefonnummer hinausgehende Kommunikationseinrichtungen

in die Zahnärzteliste eintragen lassen. Diese Daten dürfen bei Auskünften aus der Zahnärzteliste bekannt gegeben sowie in Zahnärzteverzeichnissen veröffentlicht werden.

 

(5) Die Zahnärzteliste ist nach

1. Angehörigen des zahnärztlichen Berufs,

2. Angehörigen des Dentistenberufs und

3. außerordentlichen Kammermitgliedern

zu gliedern.

 

(6) Die Daten gemäß Abs2 sind bis zum Ablauf von 20 Jahren nach der Streichung aus der Zahnärzteliste aufzubewahren.

 

Eintragung in die Zahnärzteliste

 

§12. (1) Personen, die den zahnärztlichen Beruf in Österreich auszuüben beabsichtigen und die Erfordernisse gemäß §6 Abs1 Z1 bis 5 erfüllen, haben sich vor Aufnahme ihrer zahnärztlichen Tätigkeit bei der Österreichischen Zahnärztekammer im Wege der örtlich zuständigen Landeszahnärztekammer mittels eines von der Österreichischen Zahnärztekammer hiefür aufzulegenden Formblatts und unter eigenhändiger Unterschriftsleistung oder mittels elektronischer Signatur anzumelden und die erforderlichen Personal- und Ausbildungsnachweise vorzulegen.

 

(2) Personen gemäß Abs1, die die Ausübung des zahnärztlichen Berufs im Rahmen eines Dienstverhältnisses anstreben und unter die Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, BGBl Nr 218/1975, fallen, haben bei der Anmeldung gemäß Abs1 zusätzlich die Erfüllung der ausländerbeschäftigungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Beschäftigung in Österreich nachzuweisen.

 

(3) – (6) […]

 

(7) Erfüllt die betreffende Person die Erfordernisse gemäß Abs1 und 2, so hat die Österreichische Zahnärztekammer sie in die Zahnärzteliste einzutragen. Die zahnärztliche Tätigkeit darf erst nach Erhalt der Bestätigung über die Eintragung in die Zahnärzteliste aufgenommen werden.

 

(8) Die Österreichische Zahnärztekammer hat innerhalb eines Monats den Empfang der Unterlagen zu bestätigen und mitzuteilen, welche Unterlagen fehlen, und die Anmeldung ohne unnötigen Aufschub,

1. in Fällen, in denen auf Grund der Richtlinie 2005/36/EG keine automatische Anerkennung vorgesehen ist (§9 Abs1 Z4 und 5) spätestens innerhalb von vier Monaten,

2. in allen anderen Fällen spätestens innerhalb von drei Monaten

nach vollständiger Vorlage der Unterlagen zu erledigen. Diese Frist wird im Falle eines Ersuchens gemäß Abs5 bis zu dem Zeitpunkt gehemmt, in dem die Auskünfte der ersuchten ausländischen Stelle einlangen. In diesem Fall hat die Österreichische Zahnärztekammer das Verfahren unverzüglich nach Einlangen der Auskünfte oder, sofern die Auskünfte nicht innerhalb von drei Monaten nach Übermittlung des Ersuchens gemäß Abs5 einlangen, unverzüglich nach Ablauf der drei Monate fortzusetzen.

 

(9) Die Österreichische Zahnärztekammer hat jede Eintragung in die Zahnärzteliste ohne Verzug im Wege der jeweiligen Landeszahnärztekammer dem nach dem gewählten Berufssitz, Dienstort oder Wohnsitz zuständigen Landeshauptmann mitzuteilen.

 

Versagung der Eintragung

 

§13. Erfüllt die betreffende Person die Erfordernisse gemäß §12 Abs1 und 2 nicht, so hat die Österreichische Zahnärztekammer die Eintragung in die Zahnärzteliste mit Bescheid zu versagen.

 

Änderungsmeldungen

 

§14. (1) Angehörige des zahnärztlichen Berufs haben der Österreichischen Zahnärztekammer im Wege der örtlich zuständigen Landeszahnärztekammer folgende schriftliche Meldungen zu erstatten:

1. jede Namensänderung und Änderung der Staatsangehörigkeit;

2. jeden Wechsel des Hauptwohnsitzes sowie der Zustelladresse;

3. jede Änderung der Ordinationstelefonnummer und E-Mail-Adresse;

4. jede Eröffnung, Verlegung und Auflassung eines Berufssitzes;

5. jede Eröffnung, Erweiterung und Schließung von Gruppenpraxen sowie Beginn und Ende der Beteiligung an einer solchen;

6. die Berufseinstellung (§43) sowie die Berufsunterbrechung (§44);

7. die Aufnahme und Beendigung einer zahnärztlichen Tätigkeit außerhalb des ersten Berufssitzes (§27);

8. die Aufnahme und Beendigung einer zahnärztlichen Nebentätigkeit;

9. die Wiederaufnahme der Berufsausübung gemäß §45 Abs4.

Die Meldungen gemäß Z1 bis 3 haben binnen einer Woche, die übrigen Meldungen im vorhinein zu erfolgen.

 

(2) Die Österreichische Zahnärztekammer hat

1. die erforderlichen Änderungen und Ergänzungen in der Zahnärzteliste vorzunehmen und

2. diese ohne Verzug dem örtlich zuständigen Landeshauptmann mitzuteilen.

 

Zahnärzteausweis

 

§15. (1) Die Österreichische Zahnärztekammer hat Angehörigen des zahnärztlichen Berufs, die in die Zahnärzteliste eingetragen sind, einen mit ihrem Lichtbild versehenen Berufsausweis (Zahnärzteausweis) auszustellen.

 

(2) Der Zahnärzteausweis hat insbesondere

1. den bzw die akademischen Grad bzw Grade,

2. den bzw die Vor- und Familiennamen;

3. das Geschlecht,

4. das Geburtsdatum und den Geburtsort,

5. die Staatsangehörigkeit,

6. das Bild,

7. die Unterschrift und

8. die Eintragungsnummer

des/der Berufsangehörigen sowie das Datum der Ausstellung des Ausweises zu enthalten.

 

(3) Die Österreichische Zahnärztekammer hat nähere Bestimmungen über Form und Inhalt des Zahnärzteausweises durch Verordnung festzulegen.

 

[…]

 

Dentistenausweis

 

§63. (1) Die Österreichische Zahnärztekammer hat Angehörigen des Dentistenberufs, die in die Zahnärzteliste als Dentisten/Dentistinnen eingetragen sind, einen mit ihrem Lichtbild versehenen Berufsausweis (Dentistenausweis) auszustellen, der die in §15 Abs2 genannten Daten zu enthalten hat.

 

(2) Die Österreichische Zahnärztekammer hat nähere Bestimmungen über Form und Inhalt des Dentistenausweises durch Verordnung festzulegen.

 

(3) Angehörigen des Dentistenberufs nach den Bestimmungen des Dentistengesetzes – DentG, BGBl Nr 90/1949, ausgestellte Berufsausweise gelten bis zur Ausstellung eines Dentistenausweises gemäß Abs1 als Dentistenausweise nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes."

 

2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Standesvertretung der Angehörigen des zahnärztlichen Berufs und des Dentistenberufs (Zahnärztekammergesetz – ZÄKG) lauten in der Stammfassung BGBl I 154/2005 (betreffend §11, §20, §106 und §111 leg. cit.) bzw idF BGBl I 38/2012 (betreffend §107 leg. cit.) – auszugsweise – wie folgt (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"Rechte der Kammermitglieder

 

§11. (1) – (2) […]

 

(3) Jedes Kammermitglied hat Anspruch auf Ausstellung eines Zahnärzteausweises durch die Österreichische Zahnärztekammer.

 

[…]

 

Übertragener Wirkungsbereich

 

§20. (1) Im übertragenen Wirkungsbereich hat die Österreichische Zahnärztekammer folgende Aufgaben wahrzunehmen:

1. Führung der Liste der zur Berufsausübung berechtigten Angehörigen des zahnärztlichen Berufs und des Dentistenberufs (Zahnärzteliste);

2. – 3. […]

4. Ausstellung der Zahnärzte- und Dentistenausweise;

5. – 11. […]

 

(2) […]

 

(3) Die Österreichische Zahnärztekammer kann auch ein Dienstleistungsunternehmen mit der Führung der Zahnärzteliste (Abs1 Z1) beauftragen. In diesem Fall unterliegt auch der/die Dienstleister/Dienstleisterin der Verschwiegenheitspflicht gemäß §4.

 

(4) Weiters obliegt der Österreichischen Zahnärztekammer im übertragenen Wirkungsbereich die Erlassung folgender Vorschriften:

1. Vorschriften über Form und Inhalt des Zahnärzte- und Dentistenausweises (Zahnärzteausweisverordnung);

2. – 4. […]

 

[…]

 

2. Abschnitt

Weisungs- und Aufsichtsrechte

Weisungsrecht

 

§106. Die Österreichische Zahnärztekammer ist im übertragenen Wirkungsbereich an die Weisungen des/der Bundesministers/Bundesministerin für Gesundheit und Frauen gebunden.

 

Rechtsakte im übertragenen Wirkungsbereich

 

§107. (1) Die Erlassung der Vorschriften der Österreichischen Zahnärztekammer im übertragenen Wirkungsbereich gemäß §20 Abs4 unterliegen den Weisungen des/der Bundesministers/Bundesministerin für Gesundheit und Frauen.

 

(2) Die Rechtsakte gemäß Abs1 sind vor Beschlussfassung dem/der Bundesminister/Bundesministerin für Gesundheit und Frauen zur Prüfung vorzulegen und können vom/von der Bundesminister/Bundesministerin für Gesundheit und Frauen zur Verbesserung zurückgestellt werden, insbesondere wenn sie bestehenden Vorschriften widersprechen.

 

(3) Die beschlossenen Rechtsakte gemäß Abs1 sind unter Hinweis auf die Beschlussfassung im Volltext im Internet allgemein zugänglich oder im offiziellen Publikationsorgan der Österreichischen Zahnärztekammer kundzumachen und treten, soweit sie keinen späteren In-Kraft-Tretens-Zeitpunkt vorsehen, nach Ablauf des Tags der Kundmachung in Kraft.

 

[…]

 

4. Abschnitt

Sonderbestimmungen für Dentisten/Dentistinnen

Rechte und Pflichten

 

§111. Abweichend von den §§11 und 12 gelten für Kammermitglieder, die als Dentisten/Dentistinnen in die Zahnärzteliste eingetragen sind, folgende Sonderregelungen:

1. Sie haben Anspruch auf Ausstellung eines Dentistenausweises.

2. – 4. […]"

 

3. §88 des Bundesgesetzes über die Organisation der Universitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002 – UG), BGBl I 120/2002, lautet in der hier maßgeblichen Fassung BGBl I 129/2017 wie folgt:

"Führung akademischer Grade

 

§88. (1) Personen, denen von einer anerkannten inländischen oder ausländischen postsekundären Bildungseinrichtung ein akademischer Grad verliehen wurde, haben das Recht, diesen in der in der Verleihungsurkunde festgelegten, auch abgekürzten, Form zu führen, wobei der akademische Grad einschließlich eines geschlechtsspezifischen Zusatzes geführt werden darf.

 

(1a) Personen, denen von einer inländischen postsekundären Bildungseinrichtung oder einer anerkannten postsekundären Einrichtung einer anderen Vertragspartei des EU-Beitrittsvertrages oder einer anderen Vertragspartei des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ein akademischer Grad verliehen wurde, haben das Recht, die Eintragung dieses akademischen Grades in abgekürzter Form ohne Zusatz gemäß Abs1 in öffentliche Urkunden zu verlangen.

 

(2) 'Mag.', 'Dr.' und 'Dipl.-Ing.' ('DI') sind im Falle der Führung dem Namen voranzustellen, die übrigen akademischen Grade sind dem Namen nachzustellen."

 

4. Die Verordnung der Österreichischen Zahnärztekammer über Form und Inhalt des Zahnärzte- und Dentistenausweises (Zahnärzteausweisverordnung) vom 21. Juli 2006, veröffentlicht auf der Webseite der Österreichischen Zahnärztekammer (www.zahnaerztekammer.at ) lautet wie folgt (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"Verordnung der Österreichischen Zahnärztekammer über Form und Inhalt des Zahnärzte- und Dentistenausweises (Zahnärzteausweisverordnung)

 

Auf Grund der §§15 Abs3 und 63 Abs2 Zahnärztegesetz (ZÄG), BGBl I Nr 126/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I Nr 80/2006, in Verbindung mit §20 Abs4 Zahnärztekammergesetz (ZÄKG), BGBl I Nr 154/2005, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl I Nr 80/2006, hat der Bundesausschuss der Österreichischen Zahnärztekammer am 21. Juli 2006 folgende Zahnärzteausweisverordnung beschlossen:

 

Zahnärzteausweis

 

§1. (1) Die Österreichische Zahnärztekammer hat Angehörigen des zahnärztlichen Berufs einen Zahnärzteausweis nach dem Muster der Anlage 1 als Karte auf Kunststoffbasis auszustellen. Die äußeren Merkmale des Trägermaterials des Zahnärzteausweises haben der ISO-Norm 7810 zu entsprechen.

 

(2) Die Vorderseite des Zahnärzteausweises hat zu enthalten:

1. den Aufdruck 'Österreichische Zahnärztekammer', 'Austrian Dental Chamber', 'Zahnärzteausweis',

2. die Eintragungsnummer in der Zahnärzteliste,

3. den bzw die akademischen Grad bzw Grade,

4. den bzw die Vor- und Zunamen,

5. die Berufsbezeichnung 'Zahnarzt'/'Zahnärztin' bzw 'Facharzt für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde'/'Fachärztin für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde',

6. das Ausstellungsdatum,

7. die Unterschrift,

8. das Lichtbild,

9. für außerordentliche Kammermitglieder den Aufdruck 'AO'.

 

(3) Die Rückseite des Zahnärzteausweises hat zu enthalten:

1. das Geburtsdatum,

2. den Geburtsort,

3. das Geschlecht,

4. die Staatsangehörigkeit,

5. das Ersuchen, einen in Verlust geratenen Zahnärzteausweis an die Österreichische Zahnärztekammer zu übermitteln.

 

Dentistenausweis

 

§2. (1) Die Österreichische Zahnärztekammer hat Angehörigen des Dentistenberufs einen Dentistenausweis nach dem Muster der Anlage 2 als Karte auf Kunststoffbasis auszustellen. Die äußeren Merkmale des Trägermaterials des Dentistenausweises haben der ISO-Norm 7810 zu entsprechen.

 

(2) Die Vorderseite des Dentistenausweises hat zu enthalten:

1. den Aufdruck 'Österreichische Zahnärztekammer', 'Austrian Dental Chamber', 'Dentistenausweis',

2. die Eintragungsnummer in der Zahnärzteliste,

3. den bzw die allfälligen akademischen Grad bzw Grade,

4. den bzw die Vor- und Zunamen,

5. die Berufsbezeichnung 'Dentist'/'Dentistin',

6. das Ausstellungsdatum,

7. die Unterschrift,

8. das Lichtbild,

9. für außerordentliche Kammermitglieder den Aufdruck 'AO'.

 

(3) Die Rückseite des Dentistenausweises hat zu enthalten:

1. das Geburtsdatum,

2. den Geburtsort,

3. das Geschlecht,

4. die Staatsangehörigkeit,

5. das Ersuchen, einen in Verlust geratenen Dentistenausweis an die Österreichische Zahnärztekammer zu übermitteln.

 

Änderungen im Berufsausweis

 

§3. (1) Der/Die Inhaber/Inhaberin eines Berufsausweises gemäß §§1 oder 2 hat binnen vier Wochen bei der Österreichischen Zahnärztekammer die Ausstellung eines neuen Berufsausweises zu beantragen,

1. bei Änderungen des bzw der Vor- und Zunamen oder der Staatsangehörigkeit,

2. wenn Angaben gemäß §1 Abs2 und 3 oder §2 Abs2 und 3 nicht mehr eindeutig lesbar sind oder

3. wenn das Foto nicht mehr erkennbar ist oder den/die Ausweisinhaber/Ausweisinhaberin nicht mehr einwandfrei erkennen lässt.

 

(2) Bei Änderungen des bzw der akademischen Grades bzw Grade kann der/die Ausweisinhaber/Ausweisinhaberin die Ausstellung eines neuen Berufsausweises bei der Österreichischen Zahnärztekammer beantragen.

 

(3) Die Österreichische Zahnärztekammer hat in den Fällen des Abs1 und 2 den bisherigen Berufsausweis einzuziehen und zu vernichten. Bei Vorlage einer Verlust- oder Diebstahlsanzeige hat die Einziehung zu entfallen.

 

In-Kraft-Treten

 

§4. Diese Verordnung tritt nach Ablauf des Tages der Kundmachung im Internet in Kraft.

 

Anlage 1

Zahnärzteausweis

(Darstellung nicht in Originalgröße)

 

Vorderseite

[Abbildung]

 

Rückseite

[Abbildung]

 

Anlage 2

Dentistenausweis

(Darstellung nicht in Originalgröße)

 

Vorderseite

[Abbildung]

 

Rückseite

[Abbildung]"

 

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Dem Antrag des Bundesverwaltungsgerichtes liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Mit Bescheid der Österreichischen Zahnärztekammer vom 30. April 2019 wurde der Antrag der – nunmehr – vor dem Bundesverwaltungsgericht beschwerdeführenden Partei auf Eintragung des akademischen Grades "Doktor" in der Abkürzung "Dr." in die Zahnärzteliste und in den Zahnärzteausweis gemäß §11 ZÄG iVm §88 Abs1a UG iVm §20 Abs1 Z1 und Abs2 Z1 ZÄKG – mit näherer Begründung – abgewiesen. Dagegen richtet sich die – entsprechend der Rechtsmittelbelehrung – an das Bundesverwaltungsgericht erhobene Beschwerde vom 28. Mai 2019, mit der die beschwerdeführende Partei begehrt, den Bescheid aufzuheben und ihrem Antrag vollinhaltlich stattzugeben. Aus Anlass der Behandlung dieser Beschwerde sind beim Bundesverwaltungsgericht unter anderem Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des Systems der im übertragenen Wirkungsbereich durch die Österreichische Zahnärztekammer zu vollziehenden Regelungen betreffend die Führung der Zahnärzteliste und die Ausstellung der Zahnärzteausweise entstanden.

2. Das Bundesverwaltungsgericht führt in seinem Antrag zur Begründung des Anfechtungsumfanges – auf das Wesentliche zusammengefasst – das Folgende aus:

2.1. Es müsse klären, ob der Bundesgesetzgeber für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Nichteintragung eines akademischen Grades in die Zahnärzteliste und den Zahnärzteausweis eine Zuständigkeit in unmittelbarer Bundesverwaltung vorgesehen habe. Hiefür habe es die §§11, 20, 106 und 107 ZÄKG, die §§11 und 15 ZÄG sowie die Zahnärzteausweisverordnung jeweils im angefochtenen Umfang anzuwenden. Aus dem Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 24. Februar 2020, G249/2019 ua, ergebe sich, dass §13 ZÄG nicht präjudiziell, hingegen §11 ZÄG iVm §20 ZÄKG betreffend die Führung der Zahnärzteliste sowie §15 ZÄG iVm §11 ZÄKG betreffend die Ausstellung des Zahnärzteausweises präjudiziell seien. Aus prozessualer Vorsicht und mit Blick auf den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Juni 2018, G177/2017 ua, würden in eventu §106 und §107 ZÄKG angefochten, auch wenn sich aus VfSlg 20.323/2019 ergebe, dass die Verfassungskonformität durch die Aufhebung der Normen betreffend die Zuständigkeitszuweisung hergestellt werden könne. Vor allem mit Blick auf den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 10. März 2020, E4643/2018, ergebe sich, dass die angefochtenen Bestimmungen in untrennbarem Zusammenhang stünden und präjudiziell seien. Die §§20 Abs3 und 111 Z1 ZÄKG sowie die §§15 Abs2 und 63 ZÄG fechte das Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf die im "Vorverfahren" [Anm: VfGH 24.2.2020, G249/2019 ua] ergangenen Stellungnahmen der Zahnärztekammer an.

2.2. Weiters erörtert das Bundesverwaltungsgericht sein Bedenken, dass sich seine Zuständigkeit gemäß Art131 Abs2 erster Satz B‑VG nur dann ergebe, wenn eine Angelegenheit in unmittelbarer Bundesverwaltung im Sinne des Art102 Abs2 B‑VG erledigt werde. Nunmehr sei die belangte Behörde jedoch ein Organ eines im Vollzugsbereich des Bundes eingerichteten Selbstverwaltungskörpers, dem der Bundesgesetzgeber gemäß Art120b Abs2 B‑VG Aufgaben staatlicher Verwaltung – konkret die Eintragung des Doktortitels in die Zahnärzteliste und den Zahnärzteausweis – übertragen habe.

2.3. Schließlich begründet es den Antrag, auch die Zahnärzteausweisverordnung zur Gänze aufzuheben, mit einem Verweis auf den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 10. März 2020, E4643/2018.

3. Seine Bedenken in der Sache, die es zur Antragstellung beim Verfassungsgerichtshof bestimmt haben, legt das Bundesverwaltungsgericht wie folgt dar:

3.1. Mit Blick auf VfSlg 20.323/2019 und den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 10. März 2020, E4643/2018, hege es das Bedenken, dass die angefochtenen Bestimmungen des ZÄG und des ZÄKG – mangels Zustimmung der Länder gemäß Art102 Abs4 B‑VG – einen Eingriff in das System der mittelbaren Bundesverwaltung gemäß Art102 B‑VG darstellen würden:

Sowohl die Führung der Zahnärzteliste (§11 Abs1 ZÄG und §20 Abs1 Z1 ZÄKG) als auch die Ausstellung der Zahnärzte- und Dentistenausweise (§15 Abs1 ZÄG und §20 Abs1 Z4 ZÄKG) sowie die Erlassung der Zahnärzteausweisverordnung (§15 Abs3 ZÄG und §20 Abs4 Z1 ZÄKG) würden von der Österreichischen Zahnärztekammer im übertragenen Wirkungsbereich wahrgenommen.

Die hier maßgeblichen Bestimmungen würden sich auf die Kompetenztatbestände "Gesundheitswesen" gemäß Art10 Abs1 Z12 B‑VG sowie "Einrichtung beruflicher Vertretungen, soweit sie sich auf das ganze Bundesgebiet erstrecken" gemäß Art10 Abs1 Z8 B‑VG stützen, die jeweils nicht in Art102 Abs2 B‑VG aufgelistet seien. Gemäß Art102 Abs4 B‑VG dürfe die Begründung einer Zuständigkeit von eigenen Bundesbehörden in diesen Angelegenheiten daher nur mit Zustimmung der beteiligten Länder erfolgen (vgl VfSlg 20.323/2019; VfGH 10.3.2020, E4643/2018). Die angefochtenen Bestimmungen des ZÄG und des ZÄKG, die einen Eingriff in das System der mittelbaren Bundesverwaltung gemäß Art102 B‑VG bewirken, seien bei Zutreffen dieser Bedenken sohin verfassungswidrig, zumal hier in Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung der Landeshauptmann schlechthin umgangen werde und die für eine derartige Konstellation erforderliche Zustimmung der beteiligten Länder gemäß Art102 Abs4 B‑VG – soweit ersichtlich – nicht erfolgt sei. Eine Einbindung des Landeshauptmannes sei den Bestimmungen nicht zu entnehmen, vielmehr sei bei der Besorgung von Angelegenheiten des übertragenen Wirkungsbereiches gemäß §106 ZÄKG ausdrücklich eine Weisungsbindung ausschließlich gegenüber dem Bundesminister vorgesehen. Bei Zutreffen dieser Bedenken sei auch die Zahnärzteausweisverordnung von einer unzuständigen Behörde erlassen worden bzw entbehre sie der gesetzlichen Grundlage und sei daher zur Gänze gesetzwidrig.

3.2. Daraus ergebe sich für den vorliegenden Beschwerdefall:

"Die Österreichische Zahnärztekammer vollzieht als Bundesbehörde eine Angelegenheit, die nicht in Art102 Abs2 B‑VG genannt ist, ohne Weisungsbefugnis des Landeshauptmannes, weshalb eine Zustimmung der beteiligten Länder gemäß Art102 Abs1 bzw Abs4 B‑VG erfolgen hätte müssen.

 

Das ZÄG und das ZÄKG stützen sich, soweit es die in Rede stehende Führung der Zahnärzteliste sowie die Ausstellung von Zahnärzteausweisen betrifft, auf den Kompetenztatbestand 'Gesundheitswesen ...' in Art10 Abs1 Z12 B‑VG (vgl VfSlg 4413/1963). Für diese Angelegenheiten ergibt sich weder aus Art102 Abs2 B‑VG noch aus einer anderen bundesverfassungsgesetzlichen Bestimmung die Zulässigkeit einer Besorgung unmittelbar durch Bundesbehörden. Eine Zustimmung der Länder liegt, soweit ersichtlich, nicht vor. Die vorliegende Angelegenheit wäre demnach in mittelbarer Bundesverwaltung zu besorgen.

 

Es ergeben sich daher zusammenfassend Bedenken dahin, dass die von §§11, 15 Abs1 und 3 ZÄG, §§20 Abs1 Z1, Z4 und Abs4 Z1, 106, 107 ZÄKG bewirkte einfachgesetzliche Rechtslage einen verfassungswidrigen Verstoß gegen das Gebot der Besorgung der in Rede stehenden Angelegenheiten der Vollziehung des ZÄG und ZÄKG in mittelbarer Bundesverwaltung bewirkt, zumal der Verfassungsgerichtshof in einem ähnlich gelagerten Fall betreffend das ÄrzteG ausgesprochen hat, dass Angelegenheiten des 'Gesundheitswesens' nicht in unmittelbarer, sondern in mittelbarer Bundesverwaltung zu vollziehen sind; dass eine Zuständigkeitsübertragung nach der gemäß Art102 Abs1 B‑VG in Angelegenheiten, die nicht in Art102 Abs2 B‑VG genannt sind, Bundesbehörden mit der Vollziehung in Weisungsunterworfenheit unter den Landeshauptmann betraut werden, nur mit Zustimmung der beteiligten Länder kundgemacht werden; und dass die (alleinige) Weisungsbefugnis des Bundesministers einer verfassungskonformen Interpretation — im Sinne einer unausgesprochenen Weisungsbefugnis des zuständigen Landeshauptmanns — nicht zugänglich ist (VfGH 13.03.2019, G242/2018-16).

 

Zusammenfassend ist der einschreitende Einzelrichter des Bundesverwaltungsgerichts der Auffassung, dass eine verfassungskonforme Auslegung der in Rede stehenden Bestimmungen des ZÄG und ZÄKG nicht möglich ist."

 

4. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der sie mit näherer Begründung beantragt, der Verfassungsgerichtshof möge den Antrag des Bundesverwaltungsgerichtes als unzulässig zurückweisen, in eventu aussprechen, dass die angefochtenen Bestimmungen nicht als verfassungswidrig aufgehoben werden. Sie gesteht jedoch zu, dass es sich bei der Führung der Zahnärzteliste wie bei der Ausstellung des Zahnärzteausweises um Angelegenheiten des übertragenen Wirkungsbereiches der Österreichischen Zahnärztekammer handle. Für den Fall der Aufhebung stelle die Bundesregierung den Antrag, der Verfassungsgerichtshof wolle gemäß Art140 Abs5 B‑VG für das Außerkrafttreten eine Frist von achtzehn Monaten bestimmen, "weil das System der Führung der Zahnärzteliste grundsätzlich überdacht und völlig neu geregelt werden müsse."

5. Die Österreichische Zahnärztekammer hat ebenfalls eine Äußerung erstattet, in der sie die Zulässigkeit des Antrages des Bundesverwaltungsgerichtes bestreitet und beantragt, den Antrag zurück-, in eventu abzuweisen.

6. Der Verfassungsgerichtshof hat die Länder eingeladen, eine Äußerung zu erstatten; davon haben das Land Tirol, das Land Vorarlberg sowie das Land Kärnten Gebrauch gemacht. Das Land Tirol und das Land Vorarlberg haben sich in der Sache den Bedenken des Bundesverwaltungsgerichtes angeschlossen. Das Land Tirol und das Land Kärnten gaben ferner an, eine Zustimmung gemäß Art102 Abs4 B‑VG zu den angefochtenen Bestimmungen sei – soweit ersichtlich – nicht erteilt worden.

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit des Antrages

 

1.1. Zum Sachverhalt des beim Bundesverwaltungsgericht anhängigen Verfahrens:

Vorauszuschicken ist, dass dem aus einem Haupt- und vierzehn Eventualanträgen bestehenden Antrag auf Aufhebung näher bezeichneter Bestimmungen des ZÄG, des ZÄKG sowie der Zahnärzteausweisverordnung ein Verfahren zugrunde liegt, mit dem der Antrag einer bereits in die Zahnärzteliste eingetragenen Zahnärztin, einen bei einer nichtösterreichischen Universität erworbenen Titel ergänzend in die Zahnärzteliste und in den Zahnärzteausweis einzutragen, von der Österreichischen Zahnärztekammer gemäß §11 ZÄG iVm §88 Abs1a UG und §20 Abs1 Z1 ZÄKG als unbegründet abgewiesen wurde.

1.2. Das Zahnärztegesetz

Gemäß §11 Abs1 ZÄG obliegt der Österreichischen Zahnärztekammer die Führung der Zahnärzteliste; Abs2 par. cit. listet sodann sämtliche Daten auf, die in der Zahnärzteliste einzutragen sind, so auch gemäß Z2a den akademischen Grad. Die Eintragung in die Zahnärzteliste sowie die Versagung der Eintragung selbst sind in §12 und §13 ZÄG geregelt.

Gemäß §14 Abs2 Z2 ZÄG hat die Österreichische Zahnärztekammer "Änderungen und Ergänzungen in der Zahnärzteliste vorzunehmen".

Auf Basis der Eintragung verpflichtet §15 ZÄG die Österreichische Zahnärztekammer, den in die Zahnärzteliste eingetragenen Zahnärzten einen Ausweis auszustellen, der gemäß Abs2 Z1 par. cit. "den bzw die akademischen Grad bzw Grade" zu enthalten hat. §15 Abs3 ZÄG ermächtigt zur Erlassung einer Verordnung betreffend nähere Bestimmungen über Form und Inhalt des Zahnärzteausweises.

1.3. Das Zahnärztekammergesetz

Das ZÄKG regelt im 1. Abschnitt des 2. Hauptstückes jene Aufgaben der Österreichischen Zahnärztekammer, die im eigenen, und jene, die im übertragenen Wirkungsbereich wahrzunehmen sind.

Gemäß §20 Abs1 Z1 ZÄKG ist die Führung der Zahnärzteliste, gemäß §20 Abs1 Z4 ZÄKG die Ausstellung der Zahnärzteausweise und gemäß §20 Abs4 Z1 ZÄKG auch ausdrücklich die Erlassung der Zahnärzteausweisverordnung dem übertragenen Wirkungsbereich zugeordnet.

Gemäß §20 Abs2 Z1 ZÄKG ist für Verfahren gemäß Abs1 par. cit. – also auch für solche zur Eintragung von Änderungen in der Zahnärzteliste – das AVG anzuwenden.

Dass die Österreichische Zahnärztekammer im übertragenen Wirkungsbereich an die Weisungen des Bundesministers gebunden ist, ergibt sich schließlich ausdrücklich aus §106 und §107 ZÄKG.

1.4. Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass das ZÄG und das ZÄKG ein in sich geschlossenes System ergeben, weshalb die die Führung der Zahnärzteliste regelnden Bestimmungen und die sich daraus ergebenden Konsequenzen – wie etwa die Anwendung der Bestimmungen betreffend die Ausstellung des Zahnärzteausweises – einen Regelungszusammenhang aufweisen.

Der Verfassungsgerichtshof geht des Weiteren davon aus, dass mit der "Führung der Zahnärzteliste" auch bzw gerade die Verpflichtung verbunden ist, über Anträge, die eine Ergänzung einer Eintragung betreffen, zu entscheiden.

1.5. Zur Zulässigkeit:

1.5.1. Das Bundesverwaltungsgericht begehrt in seinem Hauptantrag, "§11 Abs3, §20 Abs1 Z1 und Z4, Abs3, Abs4 Z1, §§106, 107, 111 Z1 Zahnärztekammergesetz; §§11, 15 Abs1, Abs2 und Abs3, 63 Zahnärztegesetz; sowie die Verordnung der Österreichischen Zahnärztekammer über Form und Inhalt des Zahnärzte- und Dentistenausweises (Zahnärzteausweisverordnung), in Kraft getreten mit 28.07.2006, veröffentlicht auf der Webseite der Österreichischen Zahnärztekammer (www.zahnaerztekammer.at ) samt Anlagen" als verfassungswidrig aufzuheben.

1.5.2. Die Bundesregierung zieht in ihrer Äußerung die Präjudizialität der sich an Dentisten richtenden §111 Z1 ZÄKG und §63 ZÄG in Zweifel, zumal die vor dem Bundesverwaltungsgericht beschwerdeführende Partei Zahnärztin sei. Ferner sei von §20 Abs3 ZÄKG, der eine Möglichkeit zur Übertragung der Führung der Zahnärzteliste einräumt, bislang kein Gebrauch gemacht worden, diese Bestimmung könne daher denkunmöglich angewendet werden.

1.5.3. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iSd Art139 Abs1 Z1 B‑VG bzw des Art140 Abs1 Z1 lita B‑VG nur dann wegen Fehlens der Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die – angefochtene – generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl etwa VfSlg 10.640/1985, 12.189/1989, 15.237/1998, 16.245/2001 und 16.927/2003).

Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die für das antragstellende Gericht offenkundig keine Voraussetzung seiner Entscheidung im Anlassfall bilden und die somit nicht präjudiziell sind (insofern ist der Antrag zu weit gefasst), die mit den präjudiziellen (und nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes den Sitz der Verfassungswidrigkeit bildenden) Bestimmungen aber vor dem Hintergrund der Bedenken in einem Regelungszusammenhang stehen, so ist zu differenzieren: Sind diese Bestimmungen von den den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichtes bildenden präjudiziellen Bestimmungen offensichtlich trennbar, so führt dies zur teilweisen Zurückweisung des Antrages. Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die mit den präjudiziellen, den Sitz der verfassungsrechtlichen Bedenken des antragstellenden Gerichtes bildenden Bestimmungen in einem so konkreten Regelungszusammenhang stehen, dass es nicht von vornherein auszuschließen ist, dass ihre Aufhebung im Fall des Zutreffens der Bedenken erforderlich sein könnte (sind diese Bestimmungen also nicht offensichtlich trennbar), so ist der Antrag insgesamt zulässig (VfSlg 20.111/2016). Dies gilt nach dem vorhin Gesagten aber keinesfalls dann, wenn Bestimmungen mitangefochten werden (etwa alle eines ganzen Gesetzes), gegen die gar keine konkreten Bedenken vorgebracht werden und zu denen auch kein konkreter Regelungszusammenhang dargelegt wird (VfSlg 19.894/2014; VfGH 29.9.2015, G324/2015; 15.10.2016, G183/2016 ua).

1.5.4. Da §111 Z1 ZÄKG nur Regelungen betreffend Dentisten und Dentistinnen und §63 ZÄG bloß Bestimmungen betreffend die Ausstellung eines Dentistenausweises enthält, das antragstellende Gericht jedoch über die (ergänzende) Eintragung eines akademischen Grades einer Zahnärztin zu entscheiden hat, ist es denkunmöglich, dass es diese – von ihm mitangefochtenen – Bestimmungen anzuwenden hat. Denkunmöglich ist folglich auch die Anwendung der Zahnärzteausweisverordnung, soweit sie Bestimmungen über Form und Inhalt der Dentistenausweise enthält.

Dasselbe gilt auch für §20 Abs1 Z1 ZÄKG, §20 Abs1 Z4 ZÄKG und §20 Abs4 Z1 ZÄKG, soweit sich diese Bestimmungen auf Dentisten beziehen, da sie vom Bundesverwaltungsgericht in diesem Umfang denkmöglich nicht anzuwenden sind.

Der Antrag ist daher nur im Hinblick auf die Wortfolge " des zahnärztlichen Berufs und" in §20 Abs1 Z1 ZÄKG, die Wendung " Zahnärzte- und" in §20 Abs1 Z4 ZÄKG sowie die Wendung " Zahnärzte- und" in §20 Abs4 Z1 ZÄKG zulässig.

Ferner hat das Bundesverwaltungsgericht §20 Abs3 ZÄKG denkmöglich nicht anzuwenden, zumal die Österreichische Zahnärztekammer von der Möglichkeit zur Beauftragung eines Dienstleistungsunternehmens mit der Führung der Zahnärzteliste bislang nicht Gebrauch gemacht hat.

In diesem Umfang ist der Hauptantrag schon deshalb zurückzuweisen.

1.5.5. Im Übrigen ist der Hauptantrag zulässig:

1.5.6. Eine zu weite Fassung des Antrages macht diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Zunächst ist ein Antrag nicht zu weit gefasst, soweit das Gericht solche Normen anficht, die denkmöglich eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bilden und damit präjudiziell sind; dabei darf aber nach §62 Abs1 VfGG nicht offen bleiben, welche Gesetzesvorschrift oder welcher Teil einer Vorschrift nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes aus welchem Grund aufgehoben werden soll (siehe mwN VfGH 2.3.2015, G140/2014 ua; vgl auch VfGH 10.12.2015, G639/2015; 15.10.2016, G103-104/2016 ua). Ist ein solcher Antrag in der Sache begründet, hebt der Verfassungsgerichtshof aber nur einen Teil der angefochtenen Bestimmungen als verfassungswidrig auf, so führt dies — wenn die sonstigen Prozessvoraussetzungen vorliegen — im Übrigen zur teilweisen Abweisung des Antrages (VfSlg 19.746/2013; VfGH 5.3.2014, G79/2013 ua).

Der Verfassungsgerichtshof entscheidet daher – vor dem Hintergrund der Bedenken und der Erforderlichkeit, die den Sitz der Bedenken bildenden Bestimmungen (bei geringstmöglichem Eingriff in den Gehalt der Rechtsordnung) zu ermitteln – über die Frage, ob gegebenenfalls auch Bestimmungen aufzuheben sind, die nicht präjudiziell sind, aber mit präjudiziellen Bestimmungen in einem untrennbaren Zusammenhang stehen (vgl zB VfSlg 19.939/2014, 20.086/2016), nicht im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit des Antrages, sondern im Einzelnen erst dann, wenn der Verfassungsgerichtshof, erweist sich der Antrag als begründet, den Umfang der aufzuhebenden Bestimmungen abzugrenzen hat.

1.5.7. Dem vom Bundesverwaltungsgericht zu beurteilenden Fall liegt die Frage zugrunde, ob die Nichteintragung eines akademischen Grades in die Zahnärzteliste (§11 ZÄG) und den Zahnärzteausweis (§15 ZÄG und §1 Zahnärzteausweisverordnung) durch die Österreichische Zahnärztekammer zu Recht erfolgte. Gemäß §11 Abs3 ZÄKG hat jedes Kammermitglied Anspruch auf Ausstellung eines Zahnärzteausweises durch die Österreichische Zahnärztekammer. Gemäß §20 Abs1 Z1 und Z4 ZÄKG nimmt die Österreichische Zahnärztekammer diese Angelegenheiten im übertragenen Wirkungsbereich wahr, sie ist gemäß §106 ZÄKG an die Weisungen des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz gebunden. Gemäß §15 Abs3 ZÄG iVm §20 Abs4 Z1 ZÄKG hat die Österreichische Zahnärztekammer im übertragenen Wirkungsbereich eine Zahnärzteausweisverordnung zu erlassen, die Vorschriften über Form und Inhalt der Zahnärzteausweise normiert. Gemäß §107 ZÄKG unterliegt sie auch hiebei den Weisungen des Bundesministers. Zur Beantwortung der Frage, ob die Österreichische Zahnärztekammer bei Wahrnehmung dieser Aufgaben in unmittelbarer Bundesverwaltung tätig wird, woraus sich gemäß Art131 Abs2 B‑VG die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes ergebe, geht das Bundesverwaltungsgericht zutreffend davon aus, dass es §11 Abs3, §20 Abs1 Z1 und Z4, Abs4 Z1 ZÄKG, §11 und §15 ZÄG sowie die Zahnärzteausweisverordnung anzuwenden hat. Dem Bundesverwaltungsgericht ist auch nicht entgegenzutreten, wenn es §106 und §107 ZÄKG unter Hinweis auf den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Juni 2018, G177/2017 ua, als in einem Regelungszusammenhang stehend (mit-)anficht.

Vor dem Hintergrund der Bedenken des Bundesverwaltungsgerichtes ist der Hauptantrag betreffend §11 Abs3 ZÄKG, die Wortfolge " des zahnärztlichen Berufs und" in §20 Abs1 Z1 ZÄKG, die Wendung " Zahnärzte- und" in §20 Abs1 Z4 ZÄKG, die Wendung " Zahnärzte- und" in §20 Abs4 Z1 ZÄKG, §106 und §107 ZÄKG, §11 und §15 ZÄG sowie die Zahnärzteausweisverordnung, insoweit sie ihre gesetzliche Ermächtigung in §15 Abs3 ZÄG findet, daher zulässig, weshalb auf alle weiteren Eventualanträge – mit denen jeweils ein engerer Anfechtungsumfang gewählt wurde – nicht mehr einzugehen ist.

2. In der Sache

2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B‑VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

2.2. Das Bundesverwaltungsgericht hegt im Antrag auf das Wesentliche zusammengefasst das Bedenken, eine verfassungsrechtlich gebotene Zustimmung der beteiligten Länder gemäß Art102 Abs4 B‑VG zur Übertragung der Zuständigkeit zur Führung der Zahnärzteliste gemäß §11 Abs1 ZÄG und zur Ausstellung des Zahnärzteausweises gemäß §15 Abs1 ZÄG bzw zur Erlassung der Zahnärzteausweisverordnung gemäß §15 Abs3 ZÄG – Angelegenheiten des Kompetenztatbestandes "Gesundheitswesen" gemäß Art10 Abs1 Z12 B‑VG – auf die Österreichische Zahnärztekammer im übertragenen Wirkungsbereich unter Weisungsbefugnis des zuständigen Bundesministers gemäß §106 bzw §107 ZÄKG sei nicht erfolgt. Träfe dieses Bedenken zu, wären die in Prüfung bezogenen Bestimmungen verfassungswidrig (vgl VfSlg 20.323/2019; VfGH 12.6.2020, G252/2019 ua).

2.3. Damit ist das Bundesverwaltungsgericht im Recht:

2.3.1. Wie der Verfassungsgerichtshof zum ÄrzteG 1998 bereits mehrfach ausgesprochen hat (vgl insbesondere VfSlg 20.323/2019; VfGH 12.6.2020, G252/2019), ist Art102 B‑VG auf die Übertragung von Aufgaben staatlicher Verwaltung auf Selbstverwaltungskörper anwendbar.

2.3.2. Die Führung der Zahnärzteliste gemäß §11 Abs1 ZÄG, die Ausstellung des Zahnärzteausweises gemäß §15 Abs1 ZÄG und die Erlassung der Zahnärzteausweisverordnung gemäß §15 Abs3 ZÄG sind Angelegenheiten des Kompetenztatbestandes "Gesundheitswesen" gemäß Art10 Abs1 Z12 B‑VG, die in mittelbarer Bundesverwaltung zu vollziehen sind. Gemäß §20 Abs1 Z1 und Z4 sowie Abs4 Z1 ZÄKG obliegen diese Aufgaben nach dem derzeit geltenden Regelungsregime jedoch der Österreichischen Zahnärztekammer, die in diesen Angelegenheiten gemäß §106 ZÄKG und §107 ZÄKG an die Weisungen des Bundesministers für Gesundheit gebunden ist.

2.3.3. Da zur Übertragung der Zuständigkeiten zur Führung der Zahnärzteliste gemäß §11 Abs1 ZÄG und zur Ausstellung des Zahnärzteausweises gemäß §15 Abs1 ZÄG bzw zur Erlassung der Zahnärzteausweisverordnung gemäß §15 Abs3 ZÄG eine Zustimmung der Länder gemäß Art102 Abs4 B‑VG nicht erfolgte, ist dies verfassungswidrig (vgl erneut VfSlg 20.323/2019; VfGH 12.6.2020, G252/2019 ua).

2.3.4. Der Verfassungsgerichtshof hat den Umfang der zu prüfenden und allenfalls aufzuhebenden Bestimmungen derart abzugrenzen, dass einerseits nicht mehr aus dem Rechtsbestand ausgeschieden wird, als Voraussetzung für den Anlassfall ist, dass aber andererseits der verbleibende Teil keine Veränderung seiner Bedeutung erfährt; da beide Ziele gleichzeitig niemals vollständig erreicht werden können, ist in jedem Einzelfall abzuwägen, ob und inwieweit diesem oder jenem Ziel der Vorrang vor dem anderen gebührt (VfSlg 7376/1974, 16.929/2003, 16.989/2003, 17.057/2003, 18.227/2007, 19.166/2010, 19.698/2012).

2.3.5. Für die Entscheidung des dem Antrag zugrunde liegenden Falles genügt es zur Beseitigung der Verfassungswidrigkeit, die Wendung " und eine Liste der zur Berufsausübung berechtigten Angehörigen des zahnärztlichen Berufs (Zahnärzteliste) zu führen" in §11 Abs1 ZÄG in der Stammfassung BGBl I 126/2005, §15 Abs1 und 3 ZÄG jeweils in der Stammfassung BGBl I 126/2005, die Wortfolge " durch die Österreichische Zahnärztekammer" in §11 Abs3 ZÄKG in der Stammfassung BGBl I 154/2005, die Wortfolge " des zahnärztlichen Berufs und" in §20 Abs1 Z1 ZÄKG in der Stammfassung BGBl I 154/2005, die Wendung " Zahnärzte- und" in §20 Abs1 Z4 ZÄKG in der Stammfassung BGBl I 154/2005 sowie die Wendung " Zahnärzte- und" in §20 Abs4 Z1 ZÄKG in der Stammfassung BGBl I 154/2005 als verfassungswidrig aufzuheben.

2.3.6. Die angefochtene Zahnärzteausweisverordnung findet – sofern sie Bestimmungen über Form und Inhalt des Zahnärzteausweises enthält – ihre gesetzliche Grundlage in §15 Abs3 ZÄG. Wie soeben dargelegt, wird §15 Abs3 ZÄG als verfassungswidrig aufgehoben. Die Zahnärzteausweisverordnung ist sohin im Hinblick auf die Angelegenheiten der Zahnärzte so zu beurteilen, als ob sie ohne gesetzliche Grundlage erlassen worden wäre.

§1, die Wendung "§1 oder" in §3 Abs1, die Wendung " §1 Abs2 und 3 oder" in §3 Abs1 Z2, die Wendung " 1 und" in §3 Abs3 sowie die Anlage 1 der Verordnung der Österreichischen Zahnärztekammer über Form und Inhalt des Zahnärzte- und Dentistenausweises (Zahnärzteausweisverordnung), in Kraft getreten mit 28. Juli 2006, veröffentlicht auf der Webseite der Österreichischen Zahnärztekammer (www.zahnaerztekammer.at ) werden sohin als gesetzwidrig aufgehoben.

V. Ergebnis

1. Die Wendung " und eine Liste der zur Berufsausübung berechtigten Angehörigen des zahnärztlichen Berufs (Zahnärzteliste) zu führen" in §11 Abs1 ZÄG in der Stammfassung BGBl I 126/2005, §15 Abs1 und Abs3 ZÄG jeweils in der Stammfassung BGBl I 126/2005, die Wortfolge " durch die Österreichische Zahnärztekammer" in §11 Abs3 ZÄKG in der Stammfassung BGBl I 154/2005, die Wortfolge " des zahnärztlichen Berufs und" in §20 Abs1 Z1 ZÄKG in der Stammfassung BGBl I 154/2005, die Wortfolge " Zahnärzte- und" in §20 Abs1 Z4 ZÄKG in der Stammfassung BGBl I 154/2005 sowie die Wendung " Zahnärzte- und" in §20 Abs4 Z1 ZÄKG in der Stammfassung BGBl I 154/2005 werden als verfassungswidrig aufgehoben.

2. §1, die Wendung "§1 oder" in §3 Abs1, die Wendung " §1 Abs2 und 3 oder" in §3 Abs1 Z2, die Wendung " 1 und" in §3 Abs3 sowie die Anlage 1 der Verordnung der Österreichischen Zahnärztekammer über Form und Inhalt des Zahnärzte- und Dentistenausweises (Zahnärzteausweisverordnung), in Kraft getreten mit 28. Juli 2006, veröffentlicht auf der Webseite der Österreichischen Zahnärztekammer (www.zahnaerztekammer.at ), werden als gesetzwidrig aufgehoben.

3. Hinsichtlich §11 ZÄG, BGBl I 126/2005, idF BGBl I 37/2018, §15 ZÄG, BGBl I 126/2005, idF BGBl I 37/2018 sowie §11 Abs3 ZÄKG in der Stammfassung BGBl I 154/2005 wird der Antrag im Übrigen und hinsichtlich §106 ZÄKG in der Stammfassung BGBl I 154/2005 sowie §107 ZÄKG, BGBl I 154/2005, idF BGBl I 38/2012 wird der Antrag zur Gänze abgewiesen.

4. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

5. Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Gesetzesstellen gründet sich auf Art140 Abs5 dritter und vierter Satz B‑VG.

6. Die Bestimmung einer Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Verordnungsstellen gründet sich auf Art139 Abs5 letzter Satz B‑VG.

7. Der Ausspruch, dass frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten, beruht auf Art140 Abs6 erster Satz B‑VG.

8. Die Verpflichtung des Bundeskanzlers zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche erfließt aus Art140 Abs5 erster Satz B‑VG und §64 Abs2 VfGG iVm §3 Z3 BGBlG.

9. Die Verpflichtung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung und der damit im Zusammenhang stehenden sonstigen Aussprüche erfließt aus Art139 Abs5 erster Satz B‑VG und §59 Abs2 VfGG iVm §4 Abs1 Z4 BGBlG.

10. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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