VfGH G48/2018 ua

VfGHG48/2018 ua4.10.2018

Abweisung eines Parteiantrages auf Aufhebung von Bestimmungen betreffend die Unabhängigkeit von Sachverständigen und die Relevanz von Privatgutachten im Hauptverfahren nach der StPO sowie die StGB-Bestimmung betreffend die Untreue; kein Verstoß gegen das Recht auf ein faires Verfahren durch Beiziehung einer Person mit besonderem Fachwissen zur Befragung eines vom Gericht bestellten Sachverständigen; kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz und gegen das Bestimmtheitsgebot durch die Regelung der Untreue im StGB

Normen

B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
B-VG Art7, Art 18 Abs1
EMRK Art6 Abs1 und Abs3 litd, Art7
StPO §222 Abs3, §249 Abs3, §252 Abs1 und Abs2
StGB §153
StGG Art2
VfGG §7 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2018:G48.2018

 

Spruch:

I. Soweit sich der Antrag gegen §222 Abs3 der Strafprozeßordnung 1975 (StPO), BGBl Nr 631/1975 idF BGBl I Nr 71/2014, §249 Abs3 der Strafprozeßordnung 1975 (StPO), BGBl Nr 631/1975 idF BGBl I Nr 71/2014, §252 Abs1 und 2 der Strafprozeßordnung 1975 (StPO), BGBl Nr 631/1975 idF BGBl I Nr 93/2007, sowie §153 des Bundesgesetzes vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB), BGBl Nr 60/1974 idF BGBl I Nr 154/2015, richtet, wird er abgewiesen.

II. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe

I. Antrag

Mit dem vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG gestützten Antrag begehrt der Antragsteller,

"1. §55 Abs1 und Abs2 StPO,

2. in eventu die Wortfolge 'Soweit dies nicht offensichtlich ist, ist zu begründen, weswegen das Beweismittel geeignet sein könnte, das Beweisthema zu klären' in §55 Abs1 Satz 1 StPO und in der Wortfolge 'das beantragte Beweismittel nicht geeignet ist, eine erhebliche Tatsache zu beweisen, oder' in §55 Abs2 Z2 StPO;

 

3. §101 Abs2 StPO,

4. In eventu die Wortfolge 'Abgesehen von den in den §§149 Abs3 und 165 Abs2 vorgesehen Fällen hat die Staatsanwaltschaft gerichtliche Beweisaufnahmen zu beantragen, wenn an solchen wegen der Bedeutung der aufzuklärenden Straftat und der Person des Tatverdächtigen ein besonderes öffentliches Interesse besteht' in §101 Abs2 Satz 2 StPO;

 

5. §104 Abs1 StPO und §101 Abs3 StPO,

6. In eventu die Wortfolge 'nach den dafür maßgebenden Bestimmungen' in §104 Abs1 StPO, sowie in der Wortfolge ', wobei für den Fall der Beweisaufnahme durch Sachverständige §55 mit der Maßgabe gilt, dass mangelhafte Begründung der Eignung, das Beweisthema zu klären, zur Unterlassung der Beweisaufnahme nur berechtigt, wenn der Antrag zur Verzögerung gestellt wurde' in §104 Abs1 Satz 1 StPO,

7. In eventu die Wortfolge 'Bewilligt das Gericht eine Maßnahme, so entscheidet die Staatsanwaltschaft über die Durchführung' in §101 Abs3 Satz 2 StPO;

 

8. §126 Abs5 StPO,

9. In eventu die Wortfolge 'binnen 14 Tagen', in der Wortfolge 'Zustellung (Abs3),' und die Wortfolge 'auch die Bestellung im Rahmen gerichtlicher Beweisaufnahme verlangen und eine' in §126 Abs5 StPO;

 

10. §222 Abs3 und 249 Abs3 StPO,

11. In eventu die Wortfolge '; stützt sich die Anklageschrift auf Befund und Gutachten eines Sachverständigen, so kann der Gegenäußerung eine Stellungnahme samt Schlussfolgerungen einer Person mit besonderem Fachwissen zur Begründung eines Beweisantrages nach Abs1 angeschlossen werden' in §222 Abs3 StPO

12. In eventu die Wortfolge 'Diese darf den Verteidiger bei der Fragestellung unterstützen oder selbst Fragen zu Befund und Gutachten an den Sachverständigen richten.' in §249 Abs3 StPO;

 

13. §252 Abs1 [und] Abs2 StPO,

14. In eventu die Wortfolge 'Gutachten von Sachverständigen' in §252 Abs1 StPO;

15. In eventu die Wortfolge 'und Befunde' in §252 Abs2 StPO;

 

16. §153 StGB zur Gänze,

17. In eventu §153 Abs1 und Abs2 StGB

18. In eventu §153 Abs1 StGB

 

als verfassungswidrig aufzuheben".

 

II. Rechtslage

1. Die §§55, 101, 104, 126, 222, 238, 249 und 252 Strafprozeßordnung 1975 (StPO), BGBl 631/1975, idF BGBl I 26/2016 lauten (die mit dem Hauptantrag angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"3. HauptstückBeschuldigter und Verteidiger

 

[...]

 

2. AbschnittDer Beschuldigte

 

[...]

 

Beweisanträge

 

§55. (1) Der Beschuldigte ist berechtigt, die Aufnahme von Beweisen zu beantragen. Im Antrag sind Beweisthema, Beweismittel und jene Informationen, die für die Durchführung der Beweisaufnahme erforderlich sind, zu bezeichnen. Soweit dies nicht offensichtlich ist, ist zu begründen, weswegen das Beweismittel geeignet sein könnte, das Beweisthema zu klären.

 

(2) Unzulässige, unverwertbare und unmögliche Beweise sind nicht aufzunehmen. Im Übrigen darf eine Beweisaufnahme auf Antrag des Beschuldigten nur unterbleiben, wenn

1. das Beweisthema offenkundig oder für die Beurteilung des Tatverdachts ohne Bedeutung ist,

2. das beantragte Beweismittel nicht geeignet ist, eine erhebliche Tatsache zu beweisen, oder

3. das Beweisthema als erwiesen gelten kann.

 

(3) Im Ermittlungsverfahren kann die Aufnahme eines Beweises der Hauptverhandlung vorbehalten werden. Dies ist unzulässig, wenn das Ergebnis der Beweisaufnahme geeignet sein kann, den Tatverdacht unmittelbar zu beseitigen, oder die Gefahr des Verlustes des Beweises einer erheblichen Tatsache besteht.

 

(4) Die Kriminalpolizei hat im Ermittlungsverfahren den beantragten Beweis aufzunehmen oder den Antrag mit Anlassbericht (§100 Abs2 Z2) der Staatsanwaltschaft vorzulegen. Die Staatsanwaltschaft hat ihrerseits die Beweisaufnahme zu veranlassen oder den Beschuldigten zu verständigen, aus welchen Gründen sie unterbleibt.

 

[...]

 

7. HauptstückAufgaben und Befugnisse der Kriminalpolizei, der Staatsanwaltschaft und des Gerichts

 

[...]

 

3. Abschnitt

Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren

 

Aufgaben

 

§101. (1) Die Staatsanwaltschaft leitet das Ermittlungsverfahren und entscheidet über dessen Fortgang und Beendigung. Gegen ihren erklärten Willen darf ein Ermittlungsverfahren weder eingeleitet noch fortgesetzt werden.

 

(2) Die Staatsanwaltschaft stellt die erforderlichen Anträge bei Gericht, soweit ihre Anordnungen einer gerichtlichen Bewilligung bedürfen. Abgesehen von den in den §§149 Abs3 und 165 Abs2 vorgesehenen Fällen hat die Staatsanwaltschaft gerichtliche Beweisaufnahmen zu beantragen, wenn an solchen wegen der Bedeutung der aufzuklärenden Straftat und der Person des Tatverdächtigen ein besonderes öffentliches Interesse besteht.

 

(3) Die Staatsanwaltschaft hat ihre Anträge nach Abs2 zu begründen und sie dem Gericht samt den Akten zu übermitteln. Bewilligt das Gericht eine Maßnahme, so entscheidet die Staatsanwaltschaft über die Durchführung. Wenn die Voraussetzungen, unter denen der Antrag bewilligt wurde, weggefallen sind oder sich derart geändert haben, dass die Durchführung rechtswidrig, unverhältnismäßig oder nicht mehr zweckmäßig wäre, hat die Staatsanwaltschaft von ihr abzusehen und das Gericht hievon zu verständigen.

 

(4) Die Staatsanwaltschaft prüft die Berichte der Kriminalpolizei und trifft die erforderlichen Anordnungen. Soweit dies aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen erforderlich ist, kann sie jederzeit weitere Ermittlungen und die Ausübung von Zwang durch die Kriminalpolizei anordnen.

 

[...]

 

4. Abschnitt

Gericht im Ermittlungsverfahren

 

Gerichtliche Beweisaufnahme

 

§104. (1) Das Gericht hat die Tatrekonstruktion nach den Bestimmungen des §150 und die kontradiktorische Vernehmung von Zeugen und Beschuldigten nach den Bestimmungen des §165 durchzuführen sowie in den Fällen der §§101 Abs2 und 126 Abs5 die beantragten Beweise nach den dafür maßgebenden Bestimmungen aufzunehmen, wobei für den Fall der Beweisaufnahme durch Sachverständige §55 mit der Maßgabe gilt, dass mangelhafte Begründung der Eignung, das Beweisthema zu klären, zur Unterlassung der Beweisaufnahme nur berechtigt, wenn der Antrag zur Verzögerung gestellt wurde. Das Gericht hat den Antrag mit Beschluss abzuweisen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für solche Beweisaufnahmen nicht vorliegen.

 

(2) Soweit sich im Rahmen einer gerichtlichen Beweisaufnahme Umstände ergeben, die für die Beurteilung des Tatverdachts bedeutsam sind, kann das Gericht von Amts wegen oder auf Antrag weitere Beweise selbst aufnehmen. Gleiches gilt, wenn dies erforderlich ist, um die Gefahr abzuwenden, dass ein Beweismittel für eine erhebliche Tatsache verloren geht. In diesen Fällen hat das Gericht die Staatsanwaltschaft von der Beweisaufnahme zu verständigen. Die Protokolle über die Beweisaufnahmen hat das Gericht der Staatsanwaltschaft unverzüglich zu übermitteln. Das Gericht kann die Staatsanwaltschaft auch auf die Notwendigkeit der Durchführung bestimmter weiterer Ermittlungen aufmerksam machen.

 

[...]

 

8. HauptstückErmittlungsmaßnahmen und Beweisaufnahme

 

[...]

 

3. AbschnittSachverständige und Dolmetscher, Leichenbeschau und Obduktion

 

[...]

 

Sachverständige und Dolmetscher

 

§126. (1) Sachverständige sind zu bestellen, wenn für Ermittlungen oder für Beweisaufnahmen besonderes Fachwissen erforderlich ist, über welches die Strafverfolgungsbehörden durch ihre Organe, besondere Einrichtungen oder bei ihnen dauernd angestellte Personen nicht verfügen. Dolmetscher sind im Rahmen der Übersetzungshilfe und dann zu bestellen, wenn eine Person vernommen wird, die der Verfahrenssprache nicht kundig ist (§56), oder für die Ermittlungen wesentliche Schriftstücke in die Verfahrenssprache zu übersetzen sind.

 

(2) Als Sachverständige sind vor allem Personen zu bestellen, die in die Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste (§2 Abs1 des Bundesgesetzes über die allgemein beeideten und gerichtlichen zertifizierten Sachverständigen und Dolmetscher – SDG, BGBl Nr 137/1975) eingetragen sind. Werden andere Personen bestellt, so sind sie zuvor über ihre wesentlichen Rechte und Pflichten zu informieren.

 

(2a) Als Dolmetscher ist von der Staatsanwaltschaft oder vom Gericht eine vom Bundesministerium für Justiz oder in dessen Auftrag von der Justizbetreuungsagentur zur Verfügung gestellte geeignete Person zu bestellen. Zur Gewährleistung der Übersetzungshilfe durch die Kriminalpolizei hat diese eine vom Bundesministerium für Inneres oder in dessen Auftrag von einem Dienstleister zur Verfügung gestellte geeignete Person zu bestellen. Für diese Dolmetscher gilt §127 Abs1 nicht.

 

(2b) Steht eine geeignete Person nach Abs2a nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung oder besteht Grund zur Annahme, dass hinsichtlich aller nach Abs2a in Betracht kommenden Personen einer der Gründe des Abs4 vorliegt, so kann auch eine andere geeignete Person als Dolmetscher bestellt werden. Dabei ist vorrangig eine in die Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste (§2 Abs1 SDG) eingetragene Person zu bestellen, im Übrigen jedoch nach Abs2 letzter Satz vorzugehen. Wird eine solche Person durch die Kriminalpolizei als Dolmetscher bestellt, so richtet sich ihr Anspruch auf Abgeltung nach §53b des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG), BGBl Nr 51/1991.

 

(2c) Bei der Wahl von Sachverständigen oder Dolmetschern und der Bestimmung des Umfangs ihres Auftrags ist nach den Grundsätzen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit vorzugehen.

 

(3) Sachverständige sind von der Staatsanwaltschaft, für gerichtliche Ermittlungen oder Beweisaufnahmen (§§104, 105) und für das Hauptverfahren (§210 Abs2) jedoch vom Gericht zu bestellen. Werden Angehörige des wissenschaftlichen Personals einer Universitätseinheit als Sachverständige bestellt, so ist eine Ausfertigung des Auftrags auch dem Leiter der Einheit zuzustellen. Dem Beschuldigten ist eine Ausfertigung der Bestellung samt einer Information über seine Rechte nach Abs5 zuzustellen.

 

(4) Für Sachverständige und Dolmetscher gelten die Befangenheitsgründe des §47 Abs1 sinngemäß. Soweit sie befangen sind oder ihre Sachkunde in Zweifel steht, sind sie von der Staatsanwaltschaft, im Fall einer Bestellung durch das Gericht von diesem, von Amts wegen oder auf Grund von Einwänden (Abs5) ihres Amtes zu entheben, bei Vorliegen eines Befangenheitsgrundes gemäß §47 Abs1 Z1 und 2 bei sonstiger Nichtigkeit. Im Hauptverfahren kann die Befangenheit eines Dolmetschers nicht bloß mit der Begründung geltend gemacht werden, dass er bereits im Ermittlungsverfahren tätig gewesen ist.

 

(5) Im Ermittlungsverfahren hat der Beschuldigte das Recht, binnen 14 Tagen ab Zustellung (Abs3), Kenntnis eines Befangenheitsgrundes oder Vorliegen begründeter Zweifel an der Sachkunde des Sachverständigen einen Antrag auf dessen Enthebung zu stellen, er kann auch die Bestellung im Rahmen gerichtlicher Beweisaufnahme verlangen und eine andere, nach den Kriterien der Sachkunde (Abs2) besser qualifizierte Person zur Bestellung vorschlagen. Will die Staatsanwaltschaft dem Begehren auf Umbestellung keine Folge geben oder wurde gerichtliche Beweisaufnahme verlangt, so hat sie den Antrag unverzüglich samt einer Stellungnahme dem Gericht vorzulegen. Wurde der Sachverständige durch das Gericht bestellt, so entscheidet es über einen Antrag nach dem ersten Satz mit Beschluss.

 

[...]

 

4. TEILHaupt- und Rechtsmittelverfahren

 

[...]

 

13. HauptstückVorbereitungen zur Hauptverhandlung

 

[...]

 

§222. (1) Beweise, die nicht bereits nach der Anklageschrift oder dem über den Einspruch ergangenen Beschluss aufzunehmen sind, sollen Beteiligte des Verfahrens so rechtzeitig beantragen (§55 Abs1), dass die Beweisaufnahme noch zum Termin der Hauptverhandlung vorgenommen werden kann. Der Antrag ist in so vielen Ausfertigungen einzubringen, dass jedem der Beteiligten eine Ausfertigung zugestellt werden kann.

 

(2) Ist dem Antrag stattzugeben, so hat der Vorsitzende die Liste der neuen Beweismittel samt jeweiligem Beweisthema den übrigen Beteiligten längstens drei Tage vor der Hauptverhandlung mitzuteilen. Im gegenteiligen Fall hat der Vorsitzende die Entscheidung über den Beweisantrag einer erneuten Antragstellung in der Hauptverhandlung vorzubehalten (§238) und davon den Antragsteller und die übrigen Beteiligten durch Zustellung einer Ausfertigung des Antrags (Abs1 letzter Satz) zu verständigen.

 

(3) Dem Verteidiger steht es auch frei, eine schriftliche Gegenäußerung (§244 Abs3) zur Anklageschrift einzubringen, in die er die Anträge gemäß Abs1 aufzunehmen hat. Für eine solche Gegenäußerung gilt Abs1; stützt sich die Anklageschrift auf Befund und Gutachten eines Sachverständigen, so kann der Gegenäußerung eine Stellungnahme samt Schlussfolgerungen einer Person mit besonderem Fachwissen zur Begründung eines Beweisantrags nach Abs1 angeschlossen werden.

 

[...]

 

14. Hauptstück

Hauptverhandlung vor dem Landesgericht als Schöffengericht und Rechtsmittel gegen dessen Urteile

 

I. Hauptverhandlung und Urteil

 

[...]

 

2. Amtsverrichtungen des Vorsitzenden und des Schöffengerichts während der Hauptverhandlung

 

[...]

 

§238. (1) Über Beweisanträge (§55 Abs1 und 2), die in der Hauptverhandlung gestellt werden, entscheidet das Schöffengericht mit Beschluss (§40 Abs2 und §116 Abs4 Geo), soweit ihnen der Vorsitzende (§254) nicht Folge zu geben gedenkt.

 

(2) Nach Abs1 ist auch vorzugehen, wenn von den Beteiligten des Verfahrens in der Hauptverhandlung sonst gegensätzliche Anträge gestellt werden oder der Vorsitzende einem unbestrittenen Antrag eines Beteiligten nicht Folge zu geben gedenkt.

 

(3) Der Beschluss ist samt seinen Entscheidungsgründen sofort, jedenfalls jedoch vor Schluss der Verhandlung mündlich zu verkünden. Den Beteiligten steht ein selbständiges, die weitere Verhandlung hemmendes Rechtsmittel gegen ihn nicht zu (§86 Abs3).

 

 

[...]

 

5. Beweisverfahren

 

[...]

 

§249. (1) Außer dem Vorsitzenden sind auch die übrigen Mitglieder des Schöffengerichts, die Beteiligten des Verfahrens und Opfer sowie deren Vertreter befugt, an jede zu vernehmende Person, nachdem sie das Wort hiezu vom Vorsitzenden erhalten haben, Fragen zu stellen. Bei großem Verfahrensumfang ist dies nach Tunlichkeit zu thematisch zusammenhängenden Abschnitten zu gewähren.

 

(2) Der Vorsitzende hat unzulässige Fragen zurückzuweisen; Fragen, die sonst unangemessen erscheinen, kann er untersagen.

 

(3) Der Angeklagte kann zur Befragung eines Sachverständigen eine Person mit besonderem Fachwissen beiziehen, der ein Sitz neben dem Verteidiger zu gestatten ist. Diese darf den Verteidiger bei der Fragestellung unterstützen oder selbst Fragen zu Befund und Gutachten an den Sachverständigen richten.

 

[...]

 

§252. (1) Protokolle über die Vernehmung von Mitbeschuldigten und Zeugen, Protokolle über die Aufnahme von Beweisen, Amtsvermerke und andere amtliche Schriftstücke, in denen Aussagen von Zeugen oder Mitbeschuldigten festgehalten worden sind, Gutachten von Sachverständigen sowie Ton- und Bildaufnahmen über die Vernehmung von Mitbeschuldigten oder Zeugen dürfen bei sonstiger Nichtigkeit nur in den folgenden Fällen verlesen oder vorgeführt werden.

1. wenn die Vernommenen in der Zwischenzeit gestorben sind; wenn ihr Aufenthalt unbekannt oder ihr persönliches Erscheinen wegen ihres Alters, wegen Krankheit oder Gebrechlichkeit oder wegen entfernten Aufenthaltes oder aus anderen erheblichen Gründen füglich nicht bewerkstelligt werden konnte;

2. wenn die in der Hauptverhandlung Vernommenen in wesentlichen Punkten von ihren früher abgelegten Aussagen abweichen;

2a. wenn Zeugen die Aussage berechtigt verweigern (§§156, 157 und 158) und die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte Gelegenheit hatten, sich an einer gerichtlichen Vernehmung zu beteiligen (§§165, 247);

3. wenn Zeugen, ohne dazu berechtigt zu sein, oder wenn Mitangeklagte die Aussage verweigern; endlich

4. wenn über die Vorlesung Ankläger und Angeklagter einverstanden sind.

 

(2) Amtsvermerke über einen Augenschein (§149 Abs2) und Befunde, gegen den Angeklagten früher ergangene Straferkenntnisse sowie Urkunden und Schriftstücke anderer Art, die für die Sache von Bedeutung sind, müssen vorgelesen werden.

 

(2a) Anstelle der Vorlesung oder Vorführung (Abs1 und 2) kann der Vorsitzende den erheblichen Inhalt der Aktenstücke vortragen, soweit die Beteiligten des Verfahrens zustimmen und die Aktenstücke sowohl allen Mitgliedern des Schöffengericht als auch den Beteiligten zugänglich sind.

 

(3) Nach jeder Vorlesung und jedem Vortrag (Abs2a) ist der Angeklagte zu befragen, ob er darüber etwas zu bemerken habe. Er kann dabei auch auf andere Teile der vorgetragenen Aktenstücke eingehen und die Vorlesung dieser oder anderer Aktenstücke verlangen, die für die Sache von Bedeutung sind.

 

(4) Die Bestimmungen des Abs1 dürfen bei sonstiger Nichtigkeit nicht umgangen werden."

 

2. §153 des Bundesgesetzes vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB), BGBl 60/1974, idF BGBl I 136/2004 lautete:

"Untreue

 

§153. (1) Wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, wissentlich mißbraucht und dadurch dem anderen einen Vermögensnachteil zufügt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

 

(2) Wer durch die Tat einen 3 000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren, wer einen 50 000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführt, mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen."

 

3. §153 des Bundesgesetzes vom 23. Jänner 1974 über die mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlungen (Strafgesetzbuch – StGB), BGBl 60/1974, idF BGBl I 154/2015 – in Kraft getreten am 1. Jänner 2016 – lautet (die mit dem Hauptantrag angefochtene Bestimmung ist hervorgehoben):

"Untreue

 

§153. (1) Wer seine Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, wissentlich missbraucht und dadurch den anderen am Vermögen schädigt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.

 

(2) Seine Befugnis missbraucht, wer in unvertretbarer Weise gegen solche Regeln verstößt, die dem Vermögensschutz des wirtschaftlich Berechtigten dienen.

 

(3) Wer durch die Tat einen 5 000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren, wer einen 300 000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführt, mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen."

 

III. Anlassverfahren, Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Mit Urteil vom 28. Juli 2017 verurteilte das Landesgericht Salzburg als Schöffengericht unter anderem den Antragsteller (der im strafgerichtlichen Verfahren als Sechstbeschuldigter geführt wurde) gemäß §153 Abs3 zweiter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren wegen des Verbrechens der Untreue als Beteiligter nach §12 dritter Fall, §153 Abs1 und 3 zweiter Fall StGB.

2. Während des diesem Urteil vorangegangenen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens hatte der Antragsteller mit Schriftsatz vom 8. April 2014 zum einen gegen die seitens der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption (WKStA) am 12. Februar 2014 erfolgte Zurückstellung der von der Stadt Salzburg vorgelegten Privatgutachten, zum anderen gegen die am 17. März 2014 erfolgte Einschränkung des Gutachtensauftrages (an den von der WKStA mit 14. Juni 2013 bestellten Sachverständigen) und die damit erfolgte Beschneidung des Fragerechts in Bezug auf den Beweisantrag des Antragstellers vom 13. November 2013 Einsprüche wegen Rechtsverletzung gemäß §106 Abs1 Z1 und 2 StPO erhoben.

Mit Beschluss vom 29. September 2016 wies das Landesgericht für Strafsachen Wien die Einsprüche des Antragstellers hinsichtlich der Zurückstellung der Privatgutachten mangels Verletzung subjektiver Rechte des Antragstellers zurück, hinsichtlich der Einschränkung des Gutachtensauftrages durch die WKStA und der damit verbundenen Beschneidung des Fragerechts mit näherer Begründung ab.

3. Mit Schriftsatz vom 18. November 2015 hatte der Antragsteller ebenfalls im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren unter Vorlage des bereits angeführten Schriftsatzes vom 8. April 2014 sowie mehrerer Privatgutachten einen Antrag auf gerichtliche Beweisaufnahme durch einen Sachverständigen gemäß §104 Abs1 und §126 Abs5 StPO zur Beantwortung mehrerer Fragen des Antragstellers gestellt.

Diesen Antrag wies das Landesgericht für Strafsachen Wien mit Beschluss vom 13. Oktober 2016 zurück, weil dem – erst lange nach der Sachverständigenbestellung durch die WKStA am 14. Juni 2013 als Beschuldigter geführten – Antragsteller nicht das Recht zukomme, binnen 14 Tagen ab Zustellung der Sachverständigenbestellung die Bestellung eines Sachverständigen im Rahmen gerichtlicher Beweisaufnahme gemäß §126 Abs5 StPO zu verlangen.

4. Die aus Anlass der gegen diese Beschlüsse des Landesgerichtes für Strafsachen Wien erhobenen Beschwerden gestellten Anträge gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG wies der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 8. Juni 2017, G357/2016, G375/2016, mangels Vorliegens einer "in erster Instanz entschiedenen Rechtssache" iSd Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG als unzulässig zurück.

5. Aus Anlass der gegen das (unter Punkt III.1. genannte) Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 28. Juli 2017 erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung stellt der Antragsteller den vorliegenden Antrag gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG, in dem er die Verfassungswidrigkeit der unter Punkt I. genannten Bestimmungen der Strafprozessordnung und des Strafgesetzbuches wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Waffengleichheit gemäß Art6 Abs1 EMRK, das Recht gemäß Art6 Abs3 litd EMRK, Fragen an die Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung der Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen wie die der Belastungszeugen zu erwirken, das Klarheitsgebot gemäß Art7 EMRK, das Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gemäß Art7 B‑VG, das Legalitätsprinzip gemäß Art18 B‑VG, das "Willkürverbot gemäß Art18 B‑VG" sowie gegen das gewaltentrennende Grundprinzip der Bundesverfassung behauptet:

5.1. §55 Abs1 und 2 StPO sowie §104 Abs1 StPO iVm §101 Abs3 StPO beeinträchtigten die Waffengleichheit zwischen Staatsanwalt und Beschuldigtem. Im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft sei der Beschuldigte an die strengen Beweisantragsregeln des §55 StPO gebunden und müsse den Nachweis der Erheblichkeit des beantragten Beweises erbringen. Die Staatsanwaltschaft könne hingegen jede Erkundungsbeweisaufnahme durchführen, in deren Rahmen sie ohne Begründungserfordernis Sachverständige mit Ermittlungen beauftragen dürfe. Darüber hinaus sei es im Hinblick auf Art7 B‑VG sachlich nicht gerechtfertigt und führe zu einer Bevorzugung der Staatsanwaltschaft, dass die strengen Erfordernisse des §55 StPO bei gerichtlicher Beweisaufnahme durch Sachverständige nur eingeschränkt gälten. Das Gesamtkonzept des §55 StPO führe dazu, dass das Gericht einen einseitig aufbereiteten Akteninhalt vorfinde; dies widerspreche insbesondere dem Recht auf rechtliches Gehör gemäß Art6 EMRK und bedeute für den Beschuldigten einen im Hauptverfahren nicht mehr aufzuholenden strukturellen Nachteil.

5.2. §101 Abs2 StPO, den die Staatsanwaltschaft zu Unrecht nicht angewendet habe, sei im vorliegenden Fall einschlägig und verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz. Im Anlassverfahren sei zumindest hinsichtlich jener Beschuldigten, die politische Funktionen innehatten, zweifellos ein "besonderes öffentliches Interesse" iSd §101 Abs2 StPO vorgelegen, weshalb die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf gerichtliche Beweisaufnahme stellen hätte müssen. Es sei iSd Art7 B‑VG sachlich nicht gerechtfertigt, dass der Umfang der prozessualen Rechte des Beschuldigten im Ermittlungsverfahren von der Öffentlichkeitswirksamkeit der "Person des Tatverdächtigen" oder der "Bedeutung der aufzuklärenden Straftat" abhänge. Ob ein öffentliches Interesse vorliege, sei von überwiegend zufälligen Kriterien – wie dem Vorliegen medialer Berichterstattung – abhängig, welche der Beschuldigte nicht beeinflussen könne. Sohin habe eine öffentlichkeitswirksame Person ex lege einen "garantierten" Zugang zu einem erhöhten Rechtsschutz durch gerichtliche Beweisaufnahme.

5.3. §101 Abs3 zweiter Satz StPO ("Bewilligt das Gericht eine Maßnahme, so entscheidet die Staatsanwaltschaft über die Durchführung.") sei im Zusammenschau mit der Wortfolge "die Bestellung" in §126 Abs5 StPO verfassungswidrig. Dem Gericht komme demnach nur die Bestellung des Sachverständigen zu, über die Durchführung der Beweisaufnahme entscheide jedoch alleine die Staatsanwaltschaft. Das Wesen der gerichtlichen Beweisaufnahme bestehe jedoch gerade darin, dass das Gericht die Beweise aufnehme. Dem Gericht müsse sohin eine umfassende Anordnungs-, Leitungs- und Kontrollfunktion zukommen, um ein gleichförmiges Fragerecht des Anklägers und des Verteidigers an den Sachverständigen zu gewährleisten. Folglich liege ein Verstoß gegen das gewaltentrennende Grundprinzip der Bundesverfassung, das Prinzip der Waffengleichheit gemäß Art6 Abs1 EMRK sowie eine Verletzung des Art6 Abs3 litd EMRK vor.

5.4. §126 Abs5 StPO sei zudem verfassungswidrig, weil es allein vom Zeitpunkt der im Ermessen der Staatsanwaltschaft stehenden Zuerkennung des Beschuldigtenstatus abhänge, ob der Beschuldigte von der staatsanwaltschaftlichen Sachverständigenbestellung verständigt werde und er in der Folge die Bestellung eines Sachverständigen im Rahmen gerichtlicher Beweisaufnahme verlangen könne. Es fehle zudem ein effektiver Rechtsschutz, weil eine Ermessensentscheidung des Staatsanwaltes gemäß §106 Abs1 letzter Satz StPO nicht gerichtlich relevierbar sei. Es sei gleichheitswidrig, dass dem später eintretenden Beschuldigten das Recht auf gerichtliche Beweisaufnahme durch einen Sachverständigen verwehrt sei. Die Wortfolge "binnen 14 Tagen ab Zustellung" verstoße darüber hinaus auch gegen das "Willkürverbot gemäß Art18 B‑VG" sowie gegen Art6 Abs1 und Abs3 litd EMRK, weil die Staatsanwaltschaft durch Nichtzustellung oder Verzögerung der Zustellung einer Ausfertigung der Bestellung an den Beschuldigten darüber disponieren könne, ob der Beschuldigte ein Recht auf gerichtliche Beweisaufnahme durch einen Sachverständigen habe oder nicht.

5.5. §222 Abs3 StPO schreibe die langjährige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fest, wonach Privatgutachten keine relevanten Beweismittel seien. Privatgutachten seien im gesamten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren irrelevant, weil sie erst im Rahmen der Gegenäußerung zur Anklage und nur zur Begründung eines Beweisantrages angeschlossen werden dürften. Die angefochtene Bestimmung verstoße aus diesem Grund gegen das "Willkürverbot gemäß Art18 B‑VG" sowie gegen Art6 Abs1 und 3 litd EMRK.

5.6. Gerade in Wirtschaftsstrafverfahren sei es trotz der Beiziehung einer "Person mit besonderem Fachwissen" gemäß §249 Abs3 StPO durch die bloß erlaubte mündliche Konfrontation in der Hauptverhandlung unmöglich, umfangreiche schriftliche Gutachten zu widerlegen bzw formale Mängel iSd §127 Abs3 StPO aufzuzeigen und die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen zu bewirken. §249 Abs3 StPO verletze aus diesem Grund insbesondere Art6 Abs1 und 3 litd EMRK.

5.7. §252 Abs1 und 2 StPO bevorzuge darüber hinaus die von der Staatsanwaltschaft bestellten Gutachten, weil diese im Gegensatz zu Privatgutachten im Rahmen der Hauptverhandlung unter den Bedingungen des §252 Abs1 und 2 StPO verlesen werden müssten. Aus diesem Grund liege ein Verstoß gegen den Grundsatz der Waffengleichheit gemäß Art6 Abs1 EMRK, Art6 Abs3 litd EMRK, den Gleichheitsgrundsatz, das Legalitätsprinzip gemäß Art18 B‑VG sowie das "Willkürverbot gemäß Art18 B‑VG" vor.

5.8. §153 StGB – dessen konkrete Fassung der Antragsteller (wie auch bei den übrigen angefochtenen Bestimmungen) nicht anführt – sei im Hinblick auf Art18 B‑VG und Art7 EMRK zu unbestimmt. Diese Unbestimmtheit werde insbesondere bei gegenläufigen Interessen offenkundig. Der Antragsteller sei wegen Beitragstäterschaft zu einer "fremden" Untreue (hinsichtlich des Landes Salzburg) verurteilt worden, weil er einen Nachteil von seinem Machtgeber (der Stadt Salzburg) abzuwenden versucht habe. Auf Grund der sehr weiten und unbestimmten gesetzlichen Regelung habe die strafrechtliche Judikatur eine ausufernde Auffassung des Begriffes des "Befugnismissbrauchs" und des "Vermögensnachteils" durchgesetzt. Der Oberste Gerichtshof gehe in einer den äußersten möglichen Wortsinn überschreitenden Judikatur auch davon aus, dass auf den durch das Strafrechtsänderungsgesetz 2015, BGBl I 112/2015, eingeführten Begriff des "Vermögensschadens" weiterhin die Judikatur zum bisherigen Begriff des "Vermögensnachteils" anwendbar sei. Bei risikobehafteten Geschäften könne zudem kaum gegen das Vorliegen eines bedingten Schädigungsvorsatzes argumentiert werden.

6. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie zunächst die Zulässigkeit des Antrages bestreitet:

§101 Abs2 und 3 StPO sei im zugrunde liegenden Verfahren nicht präjudiziell. §55 Abs1, §101 Abs2 sowie §252 Abs1 und 2 StPO seien wegen des untrennbaren Zusammenhanges mit anderen Bestimmungen der Strafprozessordnung zu eng abgegrenzt; sowohl für einen Fortführungsantrag gemäß §195 StPO als auch für Beweisanträge im Zwischenverfahren gemäß §222 Abs1 StPO und in der Hauptverhandlung gemäß §238 Abs1 StPO gälten die inhaltlichen Anforderungen des §55 Abs1 StPO. In §100 Abs2 Z1 StPO betreffend Berichte der Kriminalpolizei an die Staatsanwaltschaft über den Verdacht einer Straftat von "besonderem öffentlichen Interesse" werde zur Definition des "besonderen öffentlichen Interesses" auf §101 Abs2 zweiter Satz StPO verwiesen. Gemäß §242 Abs2 StPO sei über eine allfällige Verlesung der im Ermittlungsverfahren abgelegten Aussagen "gemäß §252 [StPO] zu entscheiden", der im Einzelnen regle, welche Schriftstücke unter welchen Voraussetzungen verlesen oder vorgeführt werden dürften bzw verlesen werden müssten. Im Falle der Aufhebung des §55 Abs1, §101 Abs2 sowie §252 Abs1 und 2 StPO wären die in den verweisenden Bestimmungen enthaltenen Tatbestandsmerkmale unklar.

7. Die Bundesregierung tritt in ihrer Äußerung den Bedenken des Antragstellers in der Sache im Wesentlichen wie folgt entgegen:

7.1. Das Prinzip der Waffengleichheit stelle nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sowie des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte einen der Wesenszüge des fairen Verfahrens iSd Art6 EMRK dar. Es verlange ein Gleichgewicht in Bezug auf die prozessualen Rechte sämtlicher Beteiligter eines Strafprozesses; im gerichtlichen Strafprozess müsse jeder Partei angemessene Gelegenheit eingeräumt werden, ihren Fall einschließlich aller ihrer Beweise unter solchen Bedingungen zu präsentieren, die keinen wesentlichen Nachteil gegenüber der Gegenpartei bedeuteten (VfSlg 19.959/2015, Rz 34 unter Verweis auf VfSlg 19.730/2012 mwN; EGMR 4.4.2013, Fall C.B. gegen Österreich, Appl 30.465/06, Z37). Das in Art6 Abs3 litd EMRK normierte Recht eines Angeklagten, "Fragen an die Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung der Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen wie die der Belastungszeugen zu erwirken", sei eine spezielle Ausformung der umfassenden Garantie gemäß Art6 Abs1 EMRK (VfSlg 19.959/2015, Rz 37) und gelte nur in Bezug auf die Hauptverhandlung.

7.2. Das Vorbringen des Antragstellers hinsichtlich des §55 Abs1 und 2, §104 Abs1 (iVm §101 Abs3) und §126 Abs5 StPO erweise sich als unbegründet. Seit Inkrafttreten des Strafprozessreformgesetzes, BGBI. I 19/2004, mit 1. Jänner 2008 werde das strafrechtliche Ermittlungsverfahren selbständig von der Staatsanwaltschaft geführt. Im Hinblick auf die Leitung des Ermittlungsverfahrens durch die Staatsanwaltschaft würden Sachverständige im Ermittlungsverfahren grundsätzlich von der Staatsanwaltschaft bestellt (§126 Abs3 StPO). Unter den Voraussetzungen des §104 Abs1 StPO könnten Sachverständige im Ermittlungsverfahren im Rahmen gerichtlicher Beweisaufnahme vom Gericht bestellt werden. Das Gericht werde dabei stets auf einen entsprechenden Antrag hin tätig, der von der Staatsanwaltschaft (nach §104 Abs1 in Bezug auf die Tatrekonstruktion und die kontradiktorische Vernehmung von Zeugen oder gemäß §101 Abs2 StPO) oder vom Beschuldigten (gemäß §126 Abs5 StPO) gestellt werden könne. Das Ermittlungsverfahren diene gemäß §91 Abs1 StPO dazu, Sachverhalt und Tatverdacht durch Ermittlungen soweit zu klären, dass die Staatsanwaltschaft über Anklage, Rücktritt von der Verfolgung oder Einstellung des Verfahrens entscheiden könne und im Fall der Anklage eine zügige Durchführung der Hauptverhandlung ermöglicht werde. Die Ermittlung sei entweder als Erkundigung oder als Beweisaufnahme durchzuführen (§91 Abs2 StPO). Mit Einbringen der Anklage beginne das Hauptverfahren, dessen Leitung dem Gericht obliege (§210 Abs2 StPO). Entgegen der offenbaren Auffassung des Antragstellers stehe daher die Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren dem Beschuldigten nicht als Verfahrensbeteiligte bzw Anklagevertreterin gegenüber. Diese Rolle erhalte sie erst nach Einbringung der Anklage (VfSlg 19.959/2015, Rz 31). Schon aus diesem Grund könne sich weder aus Art6 Abs1 noch aus Art6 Abs3 litd EMRK die Verpflichtung ergeben, den Beschuldigten und die Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Beweisaufnahme bzw der Einholung von Sachverständigengutachten im Ermittlungsverfahren gleichzustellen oder ausschließlich eine gerichtliche Beweisaufnahme zu ermöglichen.

7.3. Auf das Bedenken des Antragstellers, die Bestellung von Sachverständigen durch die Staatsanwaltschaft sei per se bedenklich im Hinblick auf Art6 EMRK, sei dem Antragsteller entgegen zu halten, dass er den die Bestellung von Sachverständigen durch die Staatsanwaltschaft regelnden §126 Abs3 StPO nicht angefochten habe. Im Übrigen entspreche die grundsätzliche Befugnis der Staatsanwaltschaft gemäß §126 Abs3 StPO zur Bestellung von Sachverständigen im Ermittlungsverfahren bzw die Beschränkung der gerichtlichen Sachverständigenbestellung auf Ausnahmefälle der Funktion der Staatsanwaltschaft als Leiterin des Ermittlungsverfahrens und ihrer Verpflichtung zur amtswegigen Sachverhaltsaufklärung. Die einschlägigen Bestimmungen der Strafprozessordnung enthielten in diesem Zusammenhang ausreichende verfahrensrechtliche Vorkehrungen, damit der Beschuldigte die Bestellung eines "Sachverständigen seines Vertrauens" erwirken, auf die Tätigkeit des von der Staatsanwaltschaft bestellten Sachverständigen einwirken, dessen Befangenheit oder Zweifel an dessen Sachkunde geltend machen und allenfalls auch die (gerichtliche) Bestellung eines anderen Sachverständigen durchsetzen könne.

So könne ein Beschuldigter gemäß §55 StPO bei der Staatsanwaltschaft die Aufnahme von Beweisen beantragen und dabei geltend machen, dass ein Sachverständigengutachten eingeholt werden müsse oder dass ein bereits vorhandener Gutachtensauftrag durch Fragen, die er für entscheidungserheblich halte, erweitert oder abgeändert werden müsse. Gegen die Ablehnung eines solchen Antrages durch die Staatsanwaltschaft stehe ihm das Rechtsmittel des Einspruchs wegen Rechtsverletzung gemäß §106 Abs1 Z1 StPO zur Verfügung. Dass der Antragsteller dabei die Begründungsanforderungen des §55 Abs1 StPO einzuhalten habe, erweise sich im Hinblick auf den Zweck des Beweisantragsrechts als gerechtfertigt, räume dieses dem Beschuldigten doch die Möglichkeit ein, eine Beweisaufnahme über die Pflicht der Staatsanwaltschaft zur amtswegigen Sachverhaltsaufklärung hinaus geltend zu machen. Ein solcher Beweisantrag ermögliche dem Beschuldigten eine Einflussnahme auf die Stoffsammlung und erweitere insofern die Verpflichtung der Staatsanwaltschaft bzw des Gerichtes zur Sachverhaltsaufklärung. Der Beschuldigte habe damit die Möglichkeit, seine eigene Einschätzung der Beweisrelevanz eines Beweismittels in das Verfahren einzubringen. Im Hinblick darauf begegne es keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn der Beschuldigte diesbezüglich auch die Beweisrelevanz und damit Grund und Zweck der Erweiterung der Verpflichtung zur amtswegigen Sachverhaltsaufklärung konkret darlegen müsse. Abgesehen davon dürfe die Beweisaufnahme auf Grund eines Antrages auf gerichtliche Beweisaufnahme durch Sachverständige nur aus den in §55 Abs2 StPO aufgezählten Gründen unterbleiben. Der Beweisantrag werde dabei nicht umfassend geprüft. Es sei vielmehr zu prüfen, ob der beantragten Beweisaufnahme rechtliche oder faktische Hindernisse entgegenstünden und ob dem Beweisantrag eindeutig jegliche Beweisrelevanz fehle. Hinsichtlich der Beurteilung der Geeignetheit des Beweismittels beschränke sich nämlich die Nachprüfung gemäß §55 Abs2 Z2 StPO auf eine Plausibilitätskontrolle; nur wenn die Behauptung der Beweisrelevanz (in einem hinreichend konkretisierten Antrag) abwegig bzw gänzlich unplausibel erscheine, dürfe der Beweisantrag abgewiesen werden.

Abgesehen davon sei auch ein Antrag auf Aufnahme weiterer Beweise, der nicht die Anforderungen des §55 Abs1 StPO erfülle (also insbesondere nicht hinreichend konkretisiert sei), nicht unbeachtlich, sondern von der Staatsanwaltschaft bzw dem Gericht als "Antrag auf Erkundungsbeweis" zu behandeln. Mit einem solchen Antrag könne daher insbesondere die Umsetzung der Verpflichtung zur amtswegigen Sachverhaltsaufklärung geltend gemacht werden. Diese Möglichkeit sei vor allem im Stadium des Ermittlungsverfahrens von Bedeutung, weil es dabei auf Grund noch ungeklärter Sachlage oftmals nicht möglich erscheine, bereits einen hinreichend konkretisierten Beweisantrag zu stellen, diesen also – den Anforderungen des §55 StPO entsprechend – zu begründen. Insofern erweise sich auch das Vorbringen des Antragstellers, dass einem Beschuldigten im Gegensatz zur Staatsanwaltschaft wegen des Begründungserfordernisses nach §55 Abs1 StPO keine Möglichkeit einer Erkundungsbeweisführung zukomme, als unbegründet.

7.4. Soweit der Antragsteller "die Rechtslage" deshalb im Hinblick auf Art6 EMRK für bedenklich erachte, weil derselbe Sachverständige, dessen sich die Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren bediene, regelmäßig vom Gericht im Hauptverfahren bestellt werde, lege er nicht näher dar, wie dieses Bedenken durch die Aufhebung der bekämpften Normen beseitigt werden könne. Allenfalls könnten diese Bedenken als Vollzugsbedenken verstanden werden, welche jedoch nicht mit Antrag nach Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG geltend gemacht werden könnten. Im Übrigen habe der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Urteil vom 1. Juni 2017 im Fall J.M. ua gegen Österreich, Appl 61.503/14, eine Verletzung des Art6 EMRK in einem strafgerichtlichen Verfahren durch die Heranziehung eines Sachverständigen im Hauptverfahren, der bereits im Ermittlungsverfahren bestellt worden war, verneint. Zwar sei dieses Urteil auf Grundlage der Rechtslage vor Einführung des Rechtes des Beschuldigten gemäß §126 Abs5 StPO durch das Strafprozessrechtsänderungsgesetz 2014, BGBl I 71/2014, ergangen und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte habe betont, es sei nicht seine Aufgabe, die relevante Rechtslage abstrakt zu prüfen (EGMR 1.6.2017, J.M. ua gegen Österreich, Appl 61.503/14, Z 117). Da der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte jedoch eine Verletzung des Art6 EMRK insbesondere im Hinblick auf die einem Angeklagten nach der Strafprozessordnung zur Verfügung stehenden Verfahrensgarantien zur Gewährleistung der Unparteilichkeit eines Sachverständigen verneint habe (EGMR 1.6.2017, J.M. ua gegen Österreich, Appl 61.503/14, Z 125-128), gehe die Bundesregierung davon aus, dass die geltende Rechtslage ebenfalls mit Art6 EMRK vereinbar sei. Weiters ergebe sich aus VfSlg 19.959/2015, dass die Beiziehung eines Sachverständigen im Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft nicht per se zur Folge habe, dass dieser in der Hauptverhandlung nicht mehr als Sachverständiger bestellt werden dürfe. Vielmehr müsse das Gericht im Rahmen einer Einzelfallprüfung eine allfällige Befangenheit anhand des §47 Abs1 Z3 iVm §126 Abs4 erster Satz StPO (Vorliegen von Gründen, die geeignet sind, die volle Unvoreingenommenheit und Unparteilichkeit des Sachverständigen in Zweifel zu ziehen) beurteilen.

7.5. Habe die Staatsanwaltschaft gemäß §126 Abs3 StPO einen Sachverständigen bestellt, könne der Beschuldigte gemäß §126 Abs5 StPO unmittelbar gegen die Bestellung der betreffenden Person vorgehen und deren Voreingenommenheit, Parteilichkeit oder Befangenheit sowie deren mangelnde Sachkunde geltend machen. Zunächst habe der Beschuldigte das Recht, binnen 14 Tagen ab Zustellung der Ausfertigung der Bestellung des Sachverständigen durch die Staatsanwaltschaft (gemäß §126 Abs3 StPO) Einwendungen gegen den Sachverständigen zu erheben und bei der Staatsanwaltschaft einen Antrag auf dessen Enthebung zu stellen. Gegen die Ablehnung eines solchen Antrages durch die Staatsanwaltschaft könne der Beschuldigte Einspruch wegen Rechtsverletzung gemäß §106 Abs1 Z1 StPO erheben. Im Rahmen eines solchen Antrages könne der Beschuldigte auch eine andere, nach den Kriterien der Sachkunde gemäß §126 Abs2 StPO besser qualifizierte Person zur Bestellung vorschlagen. Wolle die Staatsanwaltschaft diesem Begehren keine Folge geben, habe sie den Antrag unverzüglich samt einer Stellungnahme dem Gericht vorzulegen. Daneben könne der Beschuldigte gemäß §126 Abs5 StPO iVm §104 Abs1 StPO auch direkt beim Gericht die Bestellung eines Sachverständigen im Rahmen gerichtlicher Beweisaufnahme beantragen und dabei eine andere, nach den Kriterien der Sachkunde besser qualifizierte Person zur Bestellung vorschlagen. Das Verlangen nach gerichtlicher Aufnahme des Sachverständigenbeweises beseitige die Bestellung des Sachverständigen durch die Staatsanwaltschaft, ohne dass es seiner Enthebung bedürfe und bewirke die Zuständigkeit des Ermittlungsrichters zur Aufnahme des Sachverständigenbeweises einschließlich der Bestellung des Sachverständigen.

In diesem Zusammenhang wende sich der Antragsteller auch dagegen, dass die Entscheidungsbefugnis des Gerichtes über einen Antrag auf Beweiserhebung durch einen Sachverständigen im Vergleich zu jener der Staatsanwaltschaft beschränkt sei, weil das Gericht solchen Anträgen grundsätzlich, sofern sie nicht zur Verzögerung gestellt worden seien, ungeprüft stattgeben müsse. Diesen Bedenken sei zunächst entgegen zu halten, dass sich dieser Unterschied bei der Beweiserhebung durch das Gericht zugunsten des Beschuldigten bzw Angeklagten auswirke. Im Übrigen hätten Staatsanwaltschaft und Gericht im Ermittlungsverfahren unterschiedliche Funktionen, sodass es von vornherein nicht gleichheitswidrig erscheine, wenn unterschiedliche verfahrensrechtliche Voraussetzungen für die Entscheidung über Anträge auf Sachverständigenbeweise bestünden.

7.6. Art6 EMRK räume der Verteidigung kein absolutes Recht auf Beiziehung einer bestimmten Person als Sachverständiger ein. Es könne vielmehr dem nationalen Richter die Entscheidung überlassen werden, ob ein bestimmter Sachverständiger qualifiziert sei und ob seine Einbeziehung in den Prozess zur Lösung des Falles beitrage (vgl EGMR 11.12.2008, Fall Mirilashvili gegen Russland, Appl 6293/04, Z 191). Diese Regelungen stellten daher nicht nur im Sinne der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu Art6 EMRK sicher, dass ein Sachverständiger sowohl vom Entscheidungsorgan als auch von den Parteien in vergleichbarer Weise unabhängig sei wie das Entscheidungsorgan selbst. Sie gewährleisteten außerdem, dass ein Sachverständiger über die erforderliche Sachkunde verfüge.

Da aus Art6 EMRK kein Recht eines Beschuldigten auf Bestellung der von ihm vorgeschlagenen Person zum Sachverständigen folge, bestehe auch kein subjektives Recht auf Entscheidung über den Vorschlag und kein Anspruch auf Begründung, weshalb die vorgeschlagene Person nicht zum Sachverständigen bestellt worden sei (vgl auch OGH 6.3.2017, 17 Os 19/16x). Die angefochtene Bestimmung verstoße daher nicht gegen das rechtliche Gehör gemäß Art6 EMRK.

Dass dem Beschuldigten hinsichtlich der Person des Sachverständigen kein zwingendes Mitspracherecht zukomme, sei – insbesondere im Hinblick darauf, dass das diesbezügliche Auswahlermessen der Staatsanwaltschaft bzw des Gerichtes innerhalb der Kriterien der Unparteilichkeit und erforderlichen Sachkunde auszuüben sei – auch nicht unsachlich; vielmehr sichere dies die notwendige Objektivität eines Sachverständigen (§127 Abs2 StPO). Der behauptete Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz liege somit ebenfalls nicht vor.

7.7. Die Verknüpfung der in §126 Abs5 StPO normierten 14-tägigen Frist mit der Zustellung einer Ausfertigung über die Bestellung des Sachverständigen sei sachlich gerechtfertigt. Nach dem auf Art6 Abs1 EMRK basierenden Beschleunigungsgebot des §9 StPO verfüge jeder Beschuldigte über einen Anspruch auf Beendigung des Verfahrens innerhalb angemessener Frist. Diesen Anforderungen könne nicht hinreichend entsprochen werden, wenn jedem Beschuldigten unabhängig vom Zeitpunkt seiner Einbeziehung in das Ermittlungsverfahren das Recht nach §126 Abs5 StPO eingeräumt wäre. Aus diesem Grund sei nach §126 Abs3 StPO die Zustellung einer Ausfertigung der Bestellung des Sachverständigen samt der Information über die Rechte gemäß §126 Abs5 StPO – und damit auch die 14-tägige Frist gemäß §126 Abs5 StPO – unmittelbar mit dem Bestellungsvorgang selbst verknüpft. Personen, die erst in einem späteren Stadium des Verfahrens zu Beschuldigten würden, sei die Ausfertigung der Bestellung samt Information gemäß §126 Abs3 StPO nicht zuzustellen, sodass ihnen auch das Recht, binnen 14 Tagen nach Zustellung die gerichtliche Beweisaufnahme zu verlangen, nicht zukomme. Die Regelung stelle eine zügige Verfahrensführung sicher. Erhalte der Beschuldigte erst nach Ablauf der Frist des §126 Abs5 StPO Kenntnis von einer allfälligen Befangenheit oder der mangelnden Sachkunde des bestellten Sachverständigen, könne er somit zwar keinen Enthebungsantrag gemäß §126 Abs5 StPO stellen, jedoch der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht entsprechende Einwände vorbringen. Staatsanwaltschaft und Gericht seien nämlich gemäß §126 Abs4 StPO verpflichtet, auftretende Zweifel an der Sachkunde wie auch Zweifel an der Unbefangenheit des Sachverständigen von Amts wegen wahrzunehmen und den Sachverständigen seines Amtes zu entheben, bei Vorliegen eines Befangenheitsgrundes gemäß §47 Abs1 Z1 und 2 StPO bei sonstiger Nichtigkeit. Im Hinblick darauf, dass Befangenheit oder mangelnde Sachkunde des Sachverständigen den Sachverständigenbeweis zu einer rechtswidrigen Ermittlungsmaßnahme machten bzw das Vorliegen eines Befangenheitsgrundes gemäß §47 Abs1 Z1 und 2 StPO zur Nichtigkeit des Urteils führen könne, habe die Staatsanwaltschaft bzw das Gericht ein besonderes Interesse daran, entsprechenden Einwänden nachzugehen. Tue die Staatsanwaltschaft dies nicht, könne gegen die Beiziehung des Sachverständigen Einspruch wegen Rechtsverletzung gemäß §106 Abs1 Z2 StPO erhoben werden. Vor diesem Hintergrund könne der Beschuldigte auch nach Ablauf der Frist gemäß §126 Abs5 StPO die Enthebung eines befangenen oder nicht hinreichend qualifizierten Sachverständigen erwirken. Die Verknüpfung des Rechts nach §126 Abs5 StPO mit dem Bestellungsvorgang des Sachverständigen führe daher zu keiner unverhältnismäßigen Einschränkung der Rechte des Beschuldigten.

Sollte der Verfassungsgerichtshof entgegen der Auffassung der Bundesregierung die diesbezüglichen verfassungsrechtlichen Bedenken des Antragstellers teilen, lasse der Wortlaut des §126 Abs3 und 5 StPO nach Auffassung der Bundesregierung eine verfassungskonforme Interpretation zu. In diesem Sinne könnte §126 Abs3 StPO so ausgelegt werden, dass auch später in das Ermittlungsverfahren einbezogenen Beschuldigten eine Ausfertigung der Bestellung samt einer Information über deren Rechte nach Abs5 leg.cit. zugestellt werden könne. Somit hätten auch diese das Recht gemäß §126 Abs5 StPO, "binnen 14 Tagen ab Zustellung (Abs3), Kenntnis eines Befangenheitsgrundes oder Vorliegen begründeter Zweifel an der Sachkunde des Sachverständigen einen Antrag auf dessen Enthebung zu stellen (oder die) Bestellung im Rahmen gerichtlicher Beweisaufnahme (zu) verlangen".

7.8. Mit dem Verlangen eines Beschuldigten auf Bestellung des Sachverständigen im Rahmen gerichtlicher Beweisaufnahme gemäß §126 Abs5 StPO gingen – entgegen der offenbaren Auffassung des Antragstellers – alle Bestellungs- und Führungskompetenzen auf das Gericht über und die Staatsanwaltschaft werde – in Bezug auf diese Beweisaufnahme – zur Partei des Verfahrens (mit denselben Rechten wie sie die Verteidigung habe). Entgegen den Ausführungen des Antragstellers komme dem Gericht im Fall der gerichtlichen Aufnahme des Sachverständigenbeweises daher nicht nur dessen Bestellung zu; es habe vielmehr auch die vom Antragsteller geforderte Führungs-, Leitungs- und Kontrollfunktion wahrzunehmen. Die diesbezüglich vorgebrachten Bedenken des Antragstellers erwiesen sich daher von vornherein als unbegründet.

7.9. §222 Abs3 und §249 Abs3 StPO regelten die Beiziehung von "Personen mit besonderem Fachwissen" durch einen Beschuldigten, §252 Abs1 und 2 StPO regle die Verlesung unter anderem von Gutachten von Sachverständigen im Hauptverfahren. Unter einer "Person mit besonderem Fachwissen" im Sinne dieser Bestimmung seien Privatgutachter zu verstehen, bei ihren Schlussfolgerungen handle es sich um Privatgutachten. Der Beschuldigte könne in jedem Verfahrensstadium Privatgutachter zu seiner Unterstützung hinzuziehen; etwa für die Formulierung von Einwendungen gegen die Bestellung eines Sachverständigen, die Erhebung eines Anklageeinspruchs, die Erhebung eines Einspruchs wegen Rechtsverletzung gemäß §106 StPO, die Befassung des von der Staatsanwaltschaft bestellten Sachverständigen mit seinem Standpunkt oder die Formulierung von Beweisanträgen. Sofern etwa eine Stellungnahme sowie Schlussfolgerungen eines Privatgutachters Grundlage für die Darlegung der Beweisrelevanz eines gemäß §55 Abs1 StPO beantragten Beweismittels seien, seien sie bei der Entscheidung über den Beweisantrag jedenfalls zu beachten. Stütze sich die Anklageschrift auf Befund und Gutachten eines Sachverständigen, so könne einer Gegenäußerung gemäß §222 Abs3 StPO eine Stellungnahme samt Schlussfolgerungen einer "Person mit besonderem Fachwissen" zur Begründung eines Beweisantrags nach §222 Abs1 StPO angeschlossen werden. Auf diese Weise könnten Gutachten von Privatgutachtern – entgegen den Behauptungen des Antragstellers – auch zum Gegenstand des Gerichtsakts werden. Im Übrigen sei dies im Hinblick auf die gesetzlich sichergestellte Qualifikation, Objektivität und Unabhängigkeit, über die Sachverständige iSd Strafprozessordnung im Unterschied zu Privatsachverständigen verfügten, gerechtfertigt. Es ergebe sich weder aus Art6 Abs1 noch aus Art6 Abs3 litd EMRK die Verpflichtung, den Beschuldigten und die Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Beweisaufnahme bzw der Einholung von Sachverständigengutachten im Ermittlungsverfahren gleichzustellen oder nur eine Beweisaufnahme durch das Gericht zu ermöglichen. Weiters folge aus Art6 EMRK nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte keine Verpflichtung, die verpflichtende Anordnung von Sachverständigengutachten (oder anderen Ermittlungsmaßnahmen) wegen eines entsprechenden Antrages einer Partei vorzusehen. Die Bedenken des Antragstellers gegen die §§222 Abs3, 249 Abs3 und 252 Abs1 und 2 StPO erwiesen sich insofern als unbegründet.

7.10. Der Verfassungsgerichtshof habe in seinem Beschluss vom 27. Februar 2017, G60/2016, zum einen bestätigt, dass §153 StGB im Hinblick auf die Erfordernisse der subjektiven Tatseite den Anforderungen des Bestimmtheitsgebotes entspreche und mit Rücksicht auf das Ziel des Schutzes des Machtgebers vor rechtswidriger Vermögensschädigung durch den Machthaber innerhalb des rechtspolitischen Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers liege und nicht unsachlich sei. Zum anderen wende sich der Antragsteller mit seinem Vorbringen betreffend §153 StGB im Ergebnis nicht gegen die gesetzliche Bestimmung, sondern gegen deren Vollziehung durch die Gerichte bzw insbesondere den Obersten Gerichtshof. Zulässiger Prüfungsgegenstand eines verfassungsgerichtlichen Verfahrens gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG sei aber ausschließlich die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der einer gerichtlichen Entscheidung zugrunde liegenden gesetzlichen Bestimmungen (vgl VfGH 23.2.2017, G274/2016; 25.9.2017, G403/2016 ua mwN). Der Verfassungsgerichtshof sei auf Grund des Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG nicht für die Korrektur allfälliger Vollziehungsfehler der ordentlichen Gerichte zuständig, selbst wenn diese in die Verfassungssphäre reichen sollten (vgl VfSlg 20.001/2015). Im Übrigen sei den Bedenken des Antragstellers gegen §153 StGB betreffend die Aspekte des "Untreueschadens" und des Befugnismissbrauchs mit dem Strafrechtsänderungsgesetz 2015, BGBl I 112/2015, Rechnung getragen worden. Dies ergebe sich aus dem Bericht des Justizausschusses (AB 728 BIgNR 25. GP, 9 ff.) und den darauf gegründeten Einführungserlass zum Strafrechtsänderungsgesetz 2015, GZ BMJ-S318.034/0041-IV/2015. Der Oberste Gerichtshof nehme hinsichtlich der Ausführungen zum Begriff des Vermögensschadens ausdrücklich auf diesen Bericht des Justizausschusses Bezug (OGH 11.10.2017, 13 Os 55/17p). Vor diesem Hintergrund liege die behauptete Verfassungswidrigkeit des §153 StGB nicht vor.

 

IV. Erwägungen

1. Zur Zulässigkeit

1.1. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auch auf Antrag einer Person, die als Partei einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, aus Anlass eines gegen diese Entscheidung erhobenen Rechtsmittels.

Nach §62a Abs1 erster Satz VfGG idF BGBl I 78/2016 kann eine Person, die als Partei in einer von einem ordentlichen Gericht in erster Instanz entschiedenen Rechtssache wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, einen Antrag stellen, das Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben.

1.2. Ein auf Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG gestützter Antrag auf Aufhebung eines Gesetzes oder von bestimmten Stellen eines solchen kann gemäß §62 Abs2 VfGG nur dann gestellt werden, wenn das Gesetz vom Gericht in der anhängigen Rechtssache unmittelbar anzuwenden bzw die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes eine Vorfrage für die Entscheidung der beim Gericht anhängigen Rechtssache ist oder nach Ansicht des Antragstellers wäre. Eine Antragstellung gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG setzt daher voraus, dass die angefochtene Bestimmung eine Voraussetzung der Entscheidung des ordentlichen Gerichtes im Anlassfall bildet (vgl VfSlg 20.010/2015, 20.029/2015).

1.3. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 13.965/1994 mwN, 16.542/2002, 16.911/2003), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Aus dieser Grundposition folgt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Umfang der in Prüfung gezogenen Norm nicht zu eng gewählt werden darf (vgl VfSlg 16.212/2001, 16.365/2001, 18.142/2007, 19.496/2011). Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des Antragstellers teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.684/2012, 19.903/2014, 20.070/2016; VfGH 13.10.2016, G640/2015; 12.12.2016, G105/2016).

Unzulässig ist der Antrag etwa dann, wenn der im Falle der Aufhebung im begehrten Umfang verbleibende Teil einer Gesetzesstelle als sprachlich unverständlicher Torso inhaltsleer und unanwendbar wäre (VfSlg 16.279/2001, 19.413/2011; VfGH 19.6.2015, G211/2014; 7.10.2015, G444/2015; 10.10.2016, G662/2015), der Umfang der zur Aufhebung beantragten Bestimmungen so abgesteckt ist, dass die angenommene Verfassungswidrigkeit durch die Aufhebung gar nicht beseitigt würde (vgl zB VfSlg 18.891/2009, 19.933/2014), oder durch die Aufhebung bloßer Teile einer Gesetzesvorschrift dieser ein völlig veränderter, dem Gesetzgeber überhaupt nicht mehr zusinnbarer Inhalt gegeben würde (VfSlg 18.839/2009, 19.841/2014, 19.972/2015; VfGH 15.10.2016, G339/2015).

Unter dem Aspekt einer nicht trennbaren Einheit in Prüfung zu ziehender Vorschriften ergibt sich ferner, dass ein Prozesshindernis auch dann vorliegt, wenn es auf Grund der Bindung an den gestellten Antrag zu einer in der Weise isolierten Aufhebung einer Bestimmung käme, dass Schwierigkeiten bezüglich der Anwendbarkeit der im Rechtsbestand verbleibenden Vorschriften entstünden, und zwar in der Weise, dass der Wegfall der angefochtenen (Teile einer) Bestimmung den verbleibenden Rest unverständlich oder auch unanwendbar werden ließe. Letzteres liegt dann vor, wenn nicht mehr mit Bestimmtheit beurteilt werden könnte, ob ein der verbliebenen Vorschrift zu unterstellender Fall vorliegt (VfSlg 16.869/2003 mwN).

Hingegen macht eine zu weite Fassung des Antrages diesen nicht in jedem Fall unzulässig. Soweit alle vom Antrag erfassten Bestimmungen präjudiziell sind oder der Antrag mit solchen untrennbar zusammenhängende Bestimmungen erfasst, führt dies – ist der Antrag in der Sache begründet – im Fall der Aufhebung nur eines Teiles der angefochtenen Bestimmungen im Übrigen zu seiner teilweisen Abweisung (vgl VfSlg 19.746/2013, 19.905/2014; VfGH 8.10.2015, G154/2015; VfSlg 20.073/2016; VfGH 30.11.2016, G286/2016). Umfasst der Antrag auch Bestimmungen, die im Verfahren vor dem ordentlichen Gericht nicht präjudiziell sind, führt dies – wenn die angefochtenen Bestimmungen insoweit trennbar sind – im Hinblick auf diese Bestimmungen zur partiellen Zurückweisung des Antrages (VfSlg 20.070/2016; VfGH 12.12.2016, G63/2016; soweit diese Voraussetzungen vorliegen, führen zu weit gefasste Anträge also nicht mehr – vgl noch VfSlg 14.342/1995, 15.664/1999, 15.928/2000, 16.304/2001, 16.532/2002, 18.235/2007 – zur Zurückweisung des gesamten Antrages).

1.4. Der vorliegende Antrag wurde aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung gegen das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 28. Juli 2017 gestellt. Mit diesem Urteil wurde die Rechtssache in erster Instanz durch ein ordentliches Gericht entschieden (Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG).

Der Antragsteller ist Partei des Verfahrens vor dem ordentlichen Gericht, womit er zur Antragstellung gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG berechtigt ist.

Dem Erfordernis der Einbringung aus Anlass eines Rechtsmittels hat der Antragsteller jedenfalls dadurch Rechnung getragen, dass er den vorliegenden Antrag gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG und das Rechtsmittel gegen das – am 13. Dezember 2017 dem Antragsteller zugestellte – Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 28. Juli 2017 am selben Tag erhoben und eingebracht hat (vgl VfSlg 20.074/2016).

Im Übrigen geht der Verfassungsgerichtshof auf Grund des im vorgelegten Gerichtsakt befindlichen Beschlusses des Landesgerichtes Salzburg vom 19. Dezember 2017 betreffend Verlängerung der Rechtsmittelfrist iSd §285 Abs2 StPO auf zehn Wochen davon aus, dass das am 21. Februar 2018 erhobene Rechtsmittel rechtzeitig und zulässig ist.

1.4.1. Für den Verfassungsgerichtshof besteht kein Zweifel, dass im gerichtlichen Anlassverfahren die Bestimmungen des §55 Abs1 und 2, §222 Abs3, §249 Abs3 und §252 Abs1 und 2 StPO sowie des §153 StGB angewendet wurden.

1.4.2. Die ebenfalls angefochtenen Bestimmungen des §101 Abs2 und 3, §104 Abs1 und §126 Abs5 StPO sind hingegen im erstinstanzlichen gerichtlichen Anlassverfahren nicht angewendet worden und sind auch nicht im Rechtsmittelverfahren (vgl dazu zB VfSlg 20.074/2016, 20.152/2017; VfGH 27.6.2018, G28/2018) anwendbar: §101 Abs2 und 3 StPO wie auch §104 Abs1 StPO sind von vornherein nur im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren anzuwenden. §101 (Abs1 und 2) StPO betrifft die Tätigkeit der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren, §104 (Abs1) StPO die Tätigkeit des Gerichtes im Ermittlungsverfahren. Da das Urteil des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht vom 28. Juli 2017, mit dem der Antragsteller verurteilt wurde, Anlass für den (Partei-)Antrag gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG ist, scheidet von vornherein die Anfechtung von Bestimmungen aus, die ausschließlich im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren, nicht aber (auch) im Hauptverfahren anwendbar sind. Die Anfechtung des §101 Abs2 und 3 StPO ist daher ebenso wenig zulässig wie jene des §104 Abs1 StPO.

Dasselbe gilt sinngemäß für §126 Abs5 StPO, der ebenso (nur) eine Regelung für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren aufstellt, die nicht (auch) im Hauptverfahren anwendbar ist. Die Anfechtung des §126 Abs5 StPO ist somit nicht zulässig.

1.4.3. Ungeachtet der Präjudizialität des §55 Abs1 und 2 StPO ist dessen Anfechtung aus Anlass einer Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung gegen ein schöffengerichtliches (erstinstanzliches) Urteil mit (Partei-)Antrag gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG unzulässig. Wie die Bundesregierung zutreffend einwendet, sind die Bestimmungen des §55 (Abs1 und 2) im schöffengerichtlichen Anlassverfahren nur auf Grund des Verweises in §238 Abs1 StPO anwendbar. Da es der Antragsteller unterlassen hat, §238 Abs1 StPO mitanzufechten, erweist sich somit der Antrag auf Aufhebung des §55 Abs1 und 2 StPO als unzulässig (vgl zB VfGH 13.10.2016, G640/2015 ua).

1.5. Im Antrag werden die Fassungen der Bestimmungen des §222 Abs3, §249 Abs3 und §252 Abs1 und 2 StPO nicht ausdrücklich angegeben. Für den Verfassungsgerichtshof besteht allerdings kein Zweifel, dass §222 Abs3 und §249 Abs3 StPO idF BGBl I 71/2014 sowie §252 Abs1 und 2 StPO idF BGBl I 93/2007 angefochten werden, weil die Anklage am 1. Februar 2017 erhoben wurde bzw die Hauptverhandlung am 6. Juni 2017 begann und danach jeweils keine Änderung dieser angefochtenen Bestimmungen erfolgt ist.

Der Antragsteller gibt in seinem Antrag weiters nicht ausdrücklich an, in welcher Fassung er §153 StGB anfechten möchte. In Zusammenschau mit der erstinstanzlichen Entscheidung des Landesgerichtes Salzburg als Schöffengericht und den Ausführungen des Antragstellers in seinem Antrag besteht allerdings für den Verfassungsgerichtshof kein Zweifel, dass der Antragsteller §153 StGB idF BGBl I 154/2015 bekämpft (vgl VfSlg 19.583/2011, 20.039/2016), sodass der diesbezügliche Antrag zulässig ist.

1.6. Da sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, ist der Antrag auf Aufhebung des §222 Abs3, §249 Abs3, §252 Abs1 und 2 StPO und des §153 StGB zulässig. Die Anfechtung des §55 Abs1 und 2, §101 Abs2 und 3, §104 Abs1 und §126 Abs5 StPO erweist sich hingegen als unzulässig.

1.7. Auf die einzelnen Eventualanträge ist nicht weiter einzugehen, weil diese allesamt nur Teile der mit dem (zum Teil zulässigen und zum Teil unzulässigen) Hauptantrag bekämpften Bestimmungen anfechten.

2. In der Sache

Der Verfassungsgerichtshof hat sich in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes gemäß Art140 B‑VG auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken zu beschränken (vgl VfSlg 12.691/1991, 13.471/1993, 14.895/1997, 16.824/2003). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Gründen verfassungswidrig ist (VfSlg 15.193/1998, 16.374/2001, 16.538/2002, 16.929/2003).

Soweit zulässig, ist der Antrag nicht begründet.

2.1. §222 Abs3 und §249 Abs3 StPO

2.1.1. Nach Auffassung des Antragstellers schreibt §222 Abs3 StPO die langjährige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fest, wonach Privatgutachten keine relevanten Beweismittel seien. Privatgutachten seien im gesamten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren irrelevant, weil sie erst im Rahmen der Gegenäußerung zur Anklage und nur zur Begründung eines Beweisantrages angeschlossen werden dürften. Die angefochtene Bestimmung verstoße aus diesem Grund gegen das "Willkürverbot gemäß Art18 B‑VG" sowie gegen Art6 Abs1 und 3 litd EMRK.

Gerade in Wirtschaftsstrafverfahren sei es trotz der Beiziehung einer "Person mit besonderem Fachwissen" gemäß §249 Abs3 StPO durch die bloß erlaubte mündliche Konfrontation in der Hauptverhandlung unmöglich, umfangreiche schriftliche Gutachten zu widerlegen bzw formale Mängel iSd §127 Abs3 StPO aufzuzeigen und die Beiziehung eines weiteren Sachverständigen zu bewirken. §249 Abs3 StPO verletze aus diesem Grund insbesondere Art6 Abs1 und 3 litd EMRK.

2.1.2. Zunächst ist für den Verfassungsgerichtshof nicht nachvollziehbar, inwiefern die angefochtene Bestimmung des §222 Abs3 StPO gegen das "Willkürverbot gemäß Art18 B‑VG" verstoßen könnte. Entgegen der Auffassung des Antragstellers kann nämlich die Frage, ob die Gerichte eine Gesetzesbestimmung richtig anwenden oder nicht, kein Gegenstand eines Antrages nach Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG sein (vgl zB VfGH 2.7.2015, G145/2015; 26.2.2016, G179/2015 ua.; 25.9.2017, G403/2016 ua.; 18.6.2018, G39/2018).

Inhaltlich ist festzuhalten, dass die (Ir-)Relevanz von Privatgutachten als Beweismittel im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nicht Gegenstand des §222 Abs3 StPO ist und daher diesbezügliche Bedenken von vornherein ins Leere gehen. Dazu kommt, dass §222 Abs3 StPO gerade die Möglichkeit eröffnet, eine schriftliche Gegenäußerung (§244 Abs3 StPO) zur Anklageschrift einzubringen, in die der Verteidiger des Angeklagten "die Anträge gemäß Abs1 aufzunehmen hat. Für eine solche Gegenäußerung gilt Abs1; stützt sich die Anklageschrift auf Befund und Gutachten eines Sachverständigen, so kann der Gegenäußerung eine Stellungnahme samt Schlussfolgerungen einer Person mit besonderem Fachwissen zur Begründung eines Beweisantrags nach Abs1 angeschlossen werden". Für den Verfassungsgerichtshof ist nicht erkennbar, inwieweit diese Regelung, die gerade die Möglichkeit eröffnet, Beweisanträge gemäß §222 Abs1 iVm §55 Abs1 StPO zu stellen, welche auf Privatgutachten gestützt werden können, gegen Art6 Abs1 und Abs3 litd EMRK verstößt (vgl dazu allgemein auch EGMR 1.6.2017, J.M. ua gegen Österreich, Appl 61.503/14).

Der Verfassungsgerichtshof teilt auch die vom Antragsteller gegen §249 Abs3 StPO dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht. Diese Bestimmung, die es dem Angeklagten ermöglicht, zur Befragung eines (vom Gericht bestellten) Sachverständigen "eine Personen mit besonderem Fachwissen" beizuziehen, verstößt nicht gegen Art6 Abs1 und Abs3 litd EMRK; diese Bestimmung gewährleistet vielmehr Verteidigungsrechte des Angeklagten im strafgerichtlichen Hauptverfahren.

Im Übrigen obliegt es den Gerichten, die Bestimmungen des §222 Abs3 und §249 Abs3 StPO in einer dem Art6 Abs1 und Abs3 litd EMRK entsprechenden Weise anzuwenden.

2.2. §252 Abs1 und 2 StPO

2.2.1. Nach Auffassung des Antragstellers bevorzuge §252 Abs1 und 2 StPO darüber hinaus die von der Staatsanwaltschaft bestellten Gutachten, weil diese im Gegensatz zu Privatgutachten im Rahmen der Hauptverhandlung unter den Bedingungen des §252 Abs1 und 2 StPO verlesen werden müssten. Aus diesem Grund liege ein Verstoß gegen den Grundsatz der Waffengleichheit gemäß Art6 Abs1 und Abs3 litd EMRK, den Gleichheitsgrundsatz, das Legalitätsprinzip gemäß Art18 B‑VG sowie das "Willkürverbot gemäß Art18 B‑VG" vor.

2.2.2. Der vom Antragsteller geltend gemachte Verstoß des §252 Abs1 und 2 StPO gegen Art6 Abs1 und 3 litd EMRK sowie den Gleichheitsgrundsatz (Art2 StGG und Art7 B‑VG) liegt nicht vor:

2.2.2.1. Das Prinzip der Waffengleichheit stellt nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sowie des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte einen der Wesenszüge des fairen Verfahrens iSd Art6 EMRK dar, weshalb der Gesetzgeber verhalten ist, den gerichtlichen Strafprozess so auszugestalten, dass jeder Partei angemessene Gelegenheit eingeräumt wird, ihren Fall einschließlich aller ihrer Beweise unter solchen Bedingungen zu präsentieren, die keinen wesentlichen Nachteil gegenüber der Gegenpartei bedeuten (vgl u.a. VfSlg 19.730/2012 mwN; EGMR https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=44&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True.2013 , Fall C.B. gegen Österreich, Appl 30.465/06, Zhttps://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=37&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True ).

Wenngleich Art6 EMRK den Sachverständigenbeweis nicht ausdrücklich erwähnt – Art6 Abs3 litd EMRK garantiert die Waffengleichheit beim Zeugenbeweis –, ergeben sich auch für diesen aus dem angeführten Grundrecht abzuleitende, den Gesetzgeber bindende Vorgaben:

So müssen entsprechende Regelungen sicherstellen, dass ein Sachverständiger grundsätzlich sowohl vom Entscheidungsorgan als auch von den Parteien in vergleichbarer Weise unabhängig ist wie das Entscheidungsorgan selbst; ferner ist das Verfahren so auszugestalten, dass die Möglichkeit besteht, die Bestellung anderer Sachverständiger zu erwirken, die nicht in einem auch nur anscheinsmäßigen Abhängigkeitsverhältnis zu einer Verfahrenspartei stehen oder die – gleichsam compensando – das "Vertrauen der Gegenpartei" genießen (vgl mwN Grabenwarter, Art6 EMRK, in: Korinek/Holoubek [Hrsg.], Österreichisches Bundesverfassungsrecht, 2007, Rz 99).

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat wiederholt ausgesprochen, dass die in Art6 Abs1 EMRK in der spezifischen Ausformung des Art6 Abs3 litd EMRK verankerten Garantien auch in Ansehung des Sachverständigenbeweises zum Tragen kommen, wobei die prozessuale Stellung des Sachverständigen während des gesamten Verfahrens sowie die Art und Weise seiner Funktionsausübung zu berücksichtigen sind (EGMR 28.8.1991, Fall Brandstetter gegen Österreich, Appl 11.170/84 ua, Z 42; EGMR 10.7.2012, Fall Gregacevic gegen Kroatien,Appl 58.331/09, Z 67). Das nationale Recht muss hinreichende Schutzvorkehrungen bieten, die sicherstellen, dass die Fairness des Verfahrens und das Prinzip der Waffengleichheit garantiert sind (EGMR, Fall C.B. gegen Österreich, Z39 f.; EGMR 11.12.2008, Fall Mirilashvili gegen Russland, http://hudoc.echr.coe.int/eng# {"appno":["6293/04"]}, Z 190).

Diesen Anforderungen steht §252 Abs1 und 2 StPO nicht entgegen:

Wie bereits unter Punkt IV.2.1.2. ausgeführt, stehen dem Angeklagten im strafgerichtlichen Hauptverfahren hinreichende Möglichkeiten zur Verfügung, gegen Gutachten durch vom Gericht bestellte Sachverständige vorzugehen. Dazu kommt, dass keine Bestimmung der Strafprozessordnung 1975 eine Abhängigkeit des vom Gericht bestellten Sachverständigen vom Gericht oder den Parteien des Strafverfahrens im Rahmen des strafgerichtlichen Hauptverfahrens nahelegt. Es finden sich auch keine Regelungen in der Strafprozessordung 1975, welche einen vergleichbaren Inhalt wie die vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis VfSlg 19.959/2015 als verfassungswidrig aufgehobene Bestimmung des §126 Abs4 StPO idF BGBl I 19/2004 (kein Ablehnungsrecht des Angeklagten im Zusammenhang mit der Heranziehung des von der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren bestellten Sachverständigen durch das Gericht im Hauptverfahren) haben.

Aus den im Zusammenhang mit dem Grundsatz der Waffengleichheit gemäß Art6 Abs1 und 3 litd EMRK angeführten Gründen ist auch kein Verstoß des §252 Abs1 und 2 StPO gegen den Gleichheitsgrundsatz erkennbar.

2.2.2.2. Der Verfassungsgerichtshof kann auch nicht die Auffassung des Antragstellers teilen, dass §252 Abs1 und 2 StPO gegen das Bestimmtheitsgebot des Art18 B‑VG verstößt (vgl VfSlg 13.785/1994, https://www.ris.bka.gv.at/Ergebnis.wxe?Abfrage=Vfgh&Sammlungsnummer=20130&SkipToDocumentPage=True&SucheNachRechtssatz=False&SucheNachText=True ; VfGH 26.9.2017, G39/2017; 6.3.2018, G129/2017; 14.3.2018, G248/2017 ua mwN).

2.3. §153 StGB

2.3.1. §153 StGB idF BGBl I 154/2015 sei nach Auffassung des Antragstellers im Hinblick auf Art18 B‑VG und Art7 EMRK zu unbestimmt. Diese Unbestimmtheit werde insbesondere bei gegenläufigen Interessen offenkundig. Der Antragsteller sei wegen Beitragstäterschaft zu einer "fremden" Untreue (hinsichtlich des Landes Salzburg) verurteilt worden, weil er einen Nachteil von seinem Machtgeber (der Stadt Salzburg) abzuwenden versucht habe. Auf Grund der sehr weiten und unbestimmten gesetzlichen Regelung habe die strafrechtliche Judikatur eine ausufernde Auffassung des Begriffes des "Befugnismissbrauchs" und des "Vermögensnachteils" durchgesetzt. Der Oberste Gerichtshof gehe in einer den äußersten möglichen Wortsinn überschreitenden Judikatur auch davon aus, dass auf den durch das Strafrechtsänderungsgesetz 2015, BGBl I 112/2015, eingeführten Begriff des "Vermögensschadens" weiterhin die Judikatur zum bisherigen Begriff des "Vermögensnachteils" anwendbar sei. Bei risikobehafteten Geschäften könne zudem kaum gegen das Vorliegen eines bedingten Schädigungsvorsatzes argumentiert werden.

Der Antragsteller äußert zum einen verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Auslegung der angefochtenen Bestimmung durch den Obersten Gerichtshof. Er macht damit Vollzugsmängel geltend. Solche Bedenken sind allerdings unzulässig, weil der Verfassungsgerichtshof nach Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG über die "Verfassungswidrigkeit […] von Gesetzen" entscheidet. Die Entscheidung eines Gerichtes ist nicht Prüfungsgegenstand in Verfahren nach Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG (vgl VfGH 2.7.2015, G145/2015; 26.2.2016, G179/2015 ua.; 25.9.2017, G403/2016 ua, 18.6.2018, G39/2018).

Soweit sich der Antragsteller gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes wendet, ist ihm Folgendes zu entgegnen: Das in Art18 Abs1 B‑VG verankerte Bestimmtheitsgebot gebietet, dass Gesetze einen Inhalt haben müssen, durch den das Verhalten der Behörde oder des Gerichts vorherbestimmt ist. Dass der Gesetzgeber bei der Beschreibung und Formulierung dieser Kriterien unbestimmte Gesetzesbegriffe verwendet, dadurch zwangsläufig Unschärfen in Kauf nimmt und von einer exakten Determinierung des Behördenhandelns Abstand nimmt, kann im Hinblick auf den Regelungsgegenstand erforderlich sein, steht aber grundsätzlich in Einklang mit Art18 Abs1 B‑VG und Art7 EMRK (vgl VfSlg 13.785/1994 mwN; im Hinblick auf Art49 GRC vgl EuGH 18.7.2013, Rs. C‑501/11 P, Schindler/Kommission, Rz 57 mwN, zu Art7 EMRK vgl EGMR 8.1.2007, Fall Witt gegen Deutschland, Appl 18.397/03).

Vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ist für den Verfassungsgerichtshof kein Verstoß des §153 StGB gegen Art18 B‑VG und Art7 EMRK erkennbar.

V. Ergebnis

1. Die ob der Verfassungsmäßigkeit des §222 Abs3 StPO, BGBl 631/1975 idF BGBl I 71/2014, §249 Abs3 StPO, BGBl 631/1975 idF BGBl I 71/2014, §252 Abs1 und 2 StPO, BGBl 631/1975 idF https://www.ris.bka.gv.at/eli/bgbl/I/2007/93 , sowie §153 StGB, BGBl 60/1974 idF BGBl I 154/2015, erhobenen Bedenken treffen nicht zu. Der Antrag ist daher insoweit abzuweisen.

2. Im Übrigen ist der Antrag als unzulässig zurückzuweisen.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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