VfGH G36/2016

VfGHG36/201613.10.2016

Zurückweisung eines Parteiantrags auf Aufhebung von Bestimmungen des StGB betreffend die Anhaltung im Maßnahmenvollzug mangels Präjudizialität bzw wegen eines zu engen Anfechtungsumfanges angesichts der geltend gemachten Bedenken

Normen

B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
StGB §21, §25, §47
StVG §158, §166
VfGG §62 Abs1
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
StGB §21, §25, §47
StVG §158, §166
VfGG §62 Abs1

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. 1. Der in der Justizanstalt Garsten angehaltene Antragsteller wurde mit Urteil des Landesgerichtes Linz als Geschworenengericht vom 27. Mai 2003, Z 34 Hv 3/03z, wegen der jeweils in vielfachen Angriffen begangenen Verbrechen des teils schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach §§206 Abs1 und 3, 207 Abs1, 2 und 3 StGB, der Vergewaltigung nach §201 Abs1, 2 und 3 StGB, der schweren Nötigung nach §§105 Abs1, 106 Abs1 Z1 und 2 StGB und anderer Delikte zu einer Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von zwölf Jahren, zehn Monaten und zehn Tagen verurteilt; unter einem wurde gemäß §21 Abs2 StGB seine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet. Die vorbeugende Maßnahme wird seit 19. November 2003 vollzogen. Zufolge Anrechnung der Unterbringung gemäß §§23 Abs3, 24 Abs1 StGB auf die Freiheitsstrafe fiel das urteilsmäßige Strafende auf den 8. Juli 2015.

Am 23. April 2015 beantragte der Antragsteller seine bedingte Entlassung aus der Maßnahme, weil die Gefährlichkeit, gegen die sich die Maßnahme richtet, nicht mehr bestehe. Das Landesgericht Steyr als Vollzugsgericht wies den Antrag nach Einholung eines Sachverständigengutachtens mit Beschluss vom 27. Jänner 2016, Z 19 BE 18/15d-24, mit der Begründung ab, dass die Notwendigkeit der Fortsetzung der Unterbringung weiterhin gegeben sei (§25 Abs3 und §47 Abs2 StGB).

Gegen diesen Beschluss erhob der Antragsteller am 10. Februar 2016 Beschwerde, die laut Mitteilung des Oberlandesgerichtes Linz vom 29. Februar 2016 rechtzeitig eingebracht wurde und auch sonst zulässig ist.

2. Ebenfalls am 10. Februar 2016 stellte der Antragsteller beim Verfassungsgerichtshof den vorliegenden, auf Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG gestützten Antrag, §47 Abs1 und 2 und §21 Abs1 und 2 des Strafgesetzbuches (StGB), BGBl 60/1974, wegen Verstoßes gegen das Grundrecht auf Achtung der persönlichen Freiheit gemäß dem Bundesverfassungsgesetz zum Schutz der persönlichen Freiheit sowie die Art5 EMRK und 6 GRC als verfassungswidrig aufzuheben.

Dies im Wesentlichen mit der Begründung, dass die Anordnung der Unterbringung in einer Anstalt für zurechnungsfähige geistig abnorme Rechtsbrecher "gesetzlich nicht in ein freiheitsorientiertes und therapiegerichtetes Gesamtkonzept eingebettet" sei: Die verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Ausgestaltung des Maßnahmenvollzuges würden auf Grund dieses normativen Regelungsdefizits strukturell nicht gewahrt. Der Maßnahmenvollzug gemäß §21 Abs2 StGB werde den inhaltlichen Vorgaben des Rechtes auf persönliche Freiheit insofern nicht gerecht, als der Grundrechtseingriff nicht hinreichend determiniert sei, der Gesetzgeber die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nicht nur als ultima ratio vorgesehen habe, die Unterbringung zwingend zeitlich unbefristet angeordnet werde und lediglich eine bedingte Entlassung aus der Maßnahme (nicht aber die Aufhebung der Maßnahme selbst) möglich sei.

3. Die Bundesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie primär die Zurückweisung des Antrages begehrt, jedoch auch den Bedenken mit näherer Begründung entgegentritt.

II. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen der mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahmen stellen sich – überblicksmäßig – wie folgt dar (die angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

1. Das StGB unterscheidet im Dritten, mit "Strafen, Verfall und vorbeugende Maßnahmen" überschriebenen Abschnitt in den §§21 bis 23 zwischen drei Arten von mit Freiheitsentzug verbundenen vorbeugenden Maßnahmen:

§21 StGB (Abs1 und 2 idF BGBl 60/1974, Abs3 idF BGBl I 111/2010) regelt die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher und differenziert zwischen zurechnungsunfähigen (Abs1) und – wie im Fall des Antragstellers – zurechnungsfähigen (Abs2) Rechtsbrechern; er lautet:

"Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher

§21. (1) Begeht jemand eine Tat, die mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist, und kann er nur deshalb nicht bestraft werden, weil er sie unter dem Einfluß eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes (§11) begangen hat, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht, so hat ihn das Gericht in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher einzuweisen, wenn nach seiner Person, nach seinem Zustand und nach der Art der Tat zu befürchten ist, daß er sonst unter dem Einfluß seiner geistigen oder seelischen Abartigkeit eine mit Strafe bedrohte Handlung mit schweren Folgen begehen werde.

(2) Liegt eine solche Befürchtung vor, so ist in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher auch einzuweisen, wer, ohne zurechnungsunfähig zu sein, unter dem Einfluß seiner geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad eine Tat begeht, die mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist. In einem solchen Fall ist die Unterbringung zugleich mit dem Ausspruch über die Strafe anzuordnen.

(3) Als Anlasstaten im Sinne der Abs1 und 2 kommen mit Strafe bedrohte Handlungen gegen fremdes Vermögen nicht in Betracht, es sei denn, sie wurden unter Anwendung von Gewalt gegen eine Person oder unter Drohung mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben (§89) begangen.

§22 StGB sieht die Unterbringung von dem Missbrauch eines berauschenden Mittels oder Suchtmittels ergebenen Tätern bei Vorliegen dort näher geregelter Voraussetzungen in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher vor; §23 leg.cit. legt die Voraussetzungen für die Unterbringung in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter fest und richtet sich gegen jene Hang- und Berufsverbrecher, deren bisherige Verurteilungen nicht ausgereicht haben, um deren für die Allgemeinheit gefährliche Charakterveranlagung zu beseitigen.

§25 StGB lautet:

"Dauer der mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahmen

§25. (1) Vorbeugende Maßnahmen sind auf unbestimmte Zeit anzuordnen. Sie sind so lange zu vollziehen, wie es ihr Zweck erfordert. Die Unterbringung in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher darf jedoch nicht länger als zwei Jahre dauern, die Unterbringung in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter nicht länger als zehn Jahre.

(2) Über die Aufhebung der vorbeugenden Maßnahme entscheidet das Gericht.

(3) Ob die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher oder in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter noch notwendig ist, hat das Gericht von Amts wegen mindestens alljährlich zu prüfen.

(4) Ob die Unterbringung in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher aufrechtzuerhalten ist, hat das Gericht von Amts wegen mindestens alle sechs Monate zu prüfen."

Im Fünften, mit "Bedingte Strafnachsicht und bedingte Entlassung, Weisungen und Bewährungshilfe" überschriebenen Abschnitt regelt §45 StGB die bedingte Nachsicht von vorbeugenden Maßnahmen; §47 StGB (idF BGBl 60/1974) legt unter der Überschrift "Entlassung aus einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme" Folgendes fest:

"§47. (1) Aus einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher sind die Eingewiesenen stets nur unter Bestimmung einer Probezeit bedingt zu entlassen. Aus einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher und aus einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter sind die Eingewiesenen unbedingt zu entlassen, wenn die Anhaltezeit (§25 Abs1) abgelaufen ist oder im Fall der Anhaltung in einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher eine Fortsetzung oder Ergänzung der Entwöhnungsbehandlung keinen Erfolg verspräche, sonst unter Bestimmung einer Probezeit nur bedingt.

(2) Die bedingte Entlassung aus einer mit Freiheitsentziehung verbundenen vorbeugenden Maßnahme ist zu verfügen, wenn nach der Aufführung und der Entwicklung des Angehaltenen in der Anstalt, nach seiner Person, seinem Gesundheitszustand, seinem Vorleben und nach seinen Aussichten auf ein redliches Fortkommen anzunehmen ist, daß die Gefährlichkeit, gegen die sich die vorbeugende Maßnahme richtet, nicht mehr besteht.

(3) Wird der Rechtsbrecher aus einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher oder aus einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher vor Ablauf der Strafzeit bedingt oder unbedingt entlassen, so ist nach §24 Abs1 letzter Satz vorzugehen.

(4) Die Entscheidung, daß die Überstellung des Rechtsbrechers in die Anstalt für gefährliche Rückfallstäter nicht mehr notwendig ist (§24 Abs2), steht einer bedingten Entlassung aus der Anstalt für gefährliche Rückfallstäter gleich."

2. Der Vollzug der Unterbringung nach den §§21 bis 23 StGB richtet sich nach dem Vierten Teil des Strafvollzugsgesetzes (§§157 bis 178a StVG). Die Unterbringung geistig abnormer Rechtsbrecher ist in den dafür besonders bestimmten Anstalten oder dafür besonders bestimmten Außenstellen der Anstalten zum Vollzug von Freiheitsstrafen zu vollziehen (§158 Abs1 StVG). Die Unterbringung nach §21 Abs2 StGB darf auch in besonderen Abteilungen der Anstalten zum Vollzug von Freiheitsstrafen vollzogen werden (§158 Abs5 StVG). Ziel der Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher ist die Abhaltung des Angehaltenen von der Begehung weiterer Straftaten unter dem Einfluss seiner geistigen oder seelischen Abartigkeit sowie die Besserung seines psychischen Zustandes, soweit, dass die Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen nicht mehr zu erwarten ist (§164 Abs1 StVG). Nach §21 Abs2 StGB Untergebrachte sind zur Erreichung der Vollzugszwecke entsprechend ihrem Zustand ärztlich, insbesondere psychiatrisch, psychotherapeutisch, psychohygienisch und erzieherisch zu betreuen (§166 Z1 StVG). Eine Anhörung des Untergebrachten durch das Gericht vor der Entscheidung über die bedingte Entlassung (§152a leg.cit.) hat mindestens einmal innerhalb von zwei Jahren stattzufinden (§167 Abs1 letzter Satz StVG).

III. Der Antrag ist aus folgenden Gründen unzulässig:

1.1. Ein Antrag auf Aufhebung eines Gesetzes oder von bestimmten Stellen eines solchen gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG kann gemäß §62 Abs2 VfGG nur gestellt werden, wenn das Gesetz vom Gericht in der anhängigen Rechtssache unmittelbar anzuwenden bzw. wenn die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes eine Vorfrage für die Entscheidung der beim Gericht anhängigen Rechtssache ist oder nach Ansicht der Antragsteller wäre. Eine Antragstellung gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG setzt daher voraus, dass die angefochtenen Gesetzesbestimmungen in der vor dem ordentlichen Gericht entschiedenen Rechtssache präjudiziell sind (vgl. zB VfGH 7.10.2015, G224/2015 ua.; 19.11.2015, G498/2015 ua.).

1.2. Die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Verfassungsmäßigkeit zu prüfenden Gesetzesbestimmung sind, wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch für auf Antrag eingeleitete Gesetzesprüfungsverfahren schon wiederholt dargelegt hat (VfSlg 19.832/2013, 19.892/2014; VfGH 9.12.2015, G165/2015), notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Gesetzesteil nicht einen völlig veränderten Inhalt bekommt und dass andererseits die mit der aufzuhebenden Gesetzesstelle untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen auch erfasst werden.

Aus dieser Grundposition folgt, dass im Gesetzesprüfungsverfahren der Anfechtungsumfang der in Prüfung gezogenen Norm bei sonstiger Unzulässigkeit des Prüfungsantrages nicht zu eng gewählt werden darf (vgl. VfSlg 19.684/2012, 19.746/2013; VfGH 9.10.2015, G152/2015). Dagegen macht eine zu weite Fassung des Antrages diesen, soweit die Präjudizialität für den gesamten Antrag gegeben ist, nicht zur Gänze unzulässig, sondern führt, ist der Antrag in der Sache begründet, im Falle der Aufhebung nur eines Teiles der angefochtenen Bestimmungen zu seiner teilweisen Abweisung (vgl. VfSlg 19.684/2012, 19.746/2013; VfGH 9.12.2015, G433/2015).

1.3. Der Antragsteller hat all jene Normen anzufechten, welche für die Beurteilung der allfälligen Verfassungswidrigkeit der Rechtslage eine untrennbare Einheit bilden. Es ist dann Sache des Verfassungsgerichtshofes, darüber zu befinden, auf welche Weise eine solche Verfassungswidrigkeit – sollte der Verfassungsgerichtshof die Auffassung des Antragstellers teilen – beseitigt werden kann (VfSlg 16.756/2002, 19.496/2011, 19.933/2014).

Ein Gesetzesprüfungsantrag ist unter anderem nur dann zulässig, wenn die behauptete Verfassungswidrigkeit mit einer gänzlichen oder teilweisen Aufhebung der angefochtenen Norm beseitigt würde (vgl. etwa VfSlg 16.191/2001, 19.178/2010 und VfGH 2.7.2015, G303/2015).

1.4. Gemäß §62 Abs1 VfGG hat der Antrag, ein Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben, die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken im Einzelnen darzulegen. Werden mehrere Bedenken vorgetragen und mehrere Gesetzesstellen bekämpft, so ist es Sache des Antragstellers, die jeweiligen Bedenken den verschiedenen Aufhebungsbegehren zuzuordnen (VfSlg 19.317/2011).

2.1. Mit dem hier maßgeblichen, dem Parteiantrag zugrunde liegenden Beschluss vom 27. Jänner 2016 hat das Landesgericht Steyr gemäß §25 Abs3 StGB ausgesprochen, dass die weitere Anhaltung des Antragstellers in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß §21 Abs2 StGB, in die er im Jahr 2003 mit dem eingangs erwähnten Urteil des Landesgerichtes Linz eingewiesen wurde, wegen des Fortbestandes seiner spezifischen Gefährlichkeit notwendig sei, weshalb sein auf bedingte Entlassung aus der Maßnahme gerichtete Antrag gemäß §47 Abs2 StGB abgewiesen wurde.

Gegenstand des Anlassverfahrens ist sohin nicht der seinerzeitige Ausspruch der Einweisung auf Grundlage des §21 Abs2 StGB im eingangs erwähnten Urteil des Landesgerichtes Linz bzw. dessen Rechtmäßigkeit. Die vom Antragsteller angefochtene Vorschrift des §21 StGB ist somit – abgesehen davon, dass im Urteil nur dessen Abs2 zum Tragen kam – im hier relevanten Verfahren vor dem Landesgericht Steyr als Vollzugsgericht betreffend die bedingte Entlassung aus der Maßnahme, in welchem der bekämpfte Beschluss über die Notwendigkeit der weiteren Anhaltung gefasst wurde und der Anlass für die Einbringung des vorliegenden Parteiantrages gab, nicht präjudiziell; in Ansehung des §21 StGB ist der Antrag daher schon aus diesem Grund unzulässig.

2.2. Der Antrag erweist sich aber auch hinsichtlich des §47 Abs1 und 2 StGB als nicht zulässig:

Angesichts der geltend gemachten Bedenken (s. Pkt. I.2.) braucht im gegebenen Zusammenhang die Frage, ob – neben §47 Abs2 leg.cit. – allenfalls auch §47 Abs1 erster Satz StGB (der eine Entlassung aus der Maßnahme nur in Form der bedingten Entlassung vorsieht) vom Landesgericht Steyr bei seiner Entscheidung über die Erforderlichkeit der Fortsetzung der Unterbringung (mit)angewendet wurde, (der zweite, die Entlassung aus einer Anstalt für entwöhnungsbedürftige bzw. für gefährliche Rückfallstäter betreffende Satz bildet keinesfalls eine Grundlage für die Entscheidung der ordentlichen Gerichte im Anlassfall) nicht abschließend beantwortet zu werden, weil der Sitz der behaupteten Verfassungswidrigkeit vor dem Hintergrund der vorgetragenen Bedenken jedenfalls nicht (allein) in den angefochtenen Vorschriften des §47 StGB liegt; die Bedenken richten sich nämlich primär gegen die Ausgestaltung des Maßnahmenvollzuges, während §47 leg.cit. lediglich die Voraussetzungen und Bedingungen für die Entlassung aus einer mit Freiheitentziehung verbundenen Maßnahme zum Gegenstand hat.

Da sich die Bedenken des Antragstellers der Sache nach – jedenfalls auch – gegen die in §25 Abs1 StGB erster Satz normierte Dauer der Anordnung vorbeugender Maßnahmen iSd §21 Abs2 StGB auf unbestimmte Zeit sowie gegen Bestimmungen über den Maßnahmenvollzug im StVG, insbesondere gegen dessen §§158 und 166 wenden, würde durch die Aufhebung des §47 Abs1 erster Satz und Abs2 StGB die behauptete Verfassungswidrigkeit nicht beseitigt werden. Eigenständige, gegen §47 Abs1 erster Satz und Abs2 gerichtete Bedenken werden nicht vorgebracht.

Wenn aber die zur Aufhebung beantragten Bestimmungen bzw. deren Umfang – wie hier – so abgesteckt sind, dass die behauptete Verfassungswidrigkeit trotz der begehrten Aufhebung bestehen bliebe (vgl. zB VfSlg 19.413/2011, 19.496/2011, 19.517/2011; VfGH 26.11.2015, G197/2015), macht dies einen Antrag ebenso unzulässig wie die fehlende Darlegung von Bedenken gegen die angefochtene(n) Bestimmung(en) (VfSlg 16.923/2003, 18.540/2008).

2.3. Der Antrag ist daher zur Gänze zurückzuweisen.

Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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