VfGH G303/2015

VfGHG303/20152.7.2015

Unzulässigkeit eines Parteiantrags; keine Beseitigung der behaupteten Verfassungswidrigkeit einer Regelung des BSVG über die Pensionsteilung zugunsten eines Ehegatten bei Aufhebung der angefochtenen Norm

Normen

B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
BSVG §71 Abs4, Abs7 Z1
B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
B-VG Art140 Abs1 / Prüfungsumfang
BSVG §71 Abs4, Abs7 Z1

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

1. Mit Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der Bauern vom 2. Dezember 2014 wurde auf Antrag der Ehegattin des nunmehrigen Antragstellers ausgesprochen, dass die Erwerbsunfähigkeitspension des Antragstellers gemäß §71 Abs4 des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes (im Folgenden: BSVG) geteilt werde. Die vom Antragsteller gegen diesen Bescheid an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht erhobene Klage wurde mit Urteil vom 24. April 2015 als unbegründet abgewiesen. Gegen dieses Urteil erhob der Antragsteller Berufung an das Oberlandesgericht Graz und stellte zudem gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG beim Verfassungsgerichtshof den Antrag, §71 Abs7 Z1 BSVG als verfassungswidrig aufzuheben.

2. §71 Abs4 und Abs7 Z1 BSVG, BGBl 559/1978, lauten in der derzeit geltenden (und im gerichtlichen Ausgangsverfahren anzuwendenden) Fassung wie folgt:

"§71. (1-3) […]

(4) Von der dem Anspruchsberechtigten gebührenden Pension (Pensionssonderzahlung) ist die Hälfte dem Ehegatten/der Ehegattin oder dem/der eingetragenen PartnerIn des Pensionsberechtigten auszuzahlen, sofern dieser den land(forst)wirtschaftlichen Betrieb mit dem Pensionsberechtigten auf gemeinsame Rechnung und Gefahr in der Mindestdauer von 120 Kalendermonaten geführt bzw. mindestens in diesem Ausmaß im Betrieb des Pensionsberechtigten hauptberuflich mitgearbeitet hat.

(5-6) […]

(7) Ein Auszahlungsanspruch nach Abs4 besteht nicht, wenn und solange der Ehegatte/die Ehegattin oder der/die eingetragene PartnerIn des Pensionsberechtigten

1. auf Grund dieses oder eines anderen Bundesgesetzes in einer Pensionsversicherung pflichtversichert ist oder auf Grund einer solchen Pflichtversicherung eine Leistung aus einem Versicherungsfall des Alters oder der geminderten Arbeitsfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit bezieht;".

3. Der Antragsteller wendet sich gegen die gesetzliche Regelung eines Anspruchs auf "Pensionsteilung" zugunsten jenes Ehegatten, der mit dem anderen entweder durch 120 Monate einen landwirtschaftlichen Betrieb auf gemeinsame Rechnung und Gefahr geführt oder mindestens in diesem Ausmaß im Betrieb des Pensionsberechtigten hauptberuflich mitgearbeitet hat. Er hält es für verfassungswidrig, wenn – wie im Falle seiner Erwerbsunfähigkeitspension – ein Teilungsanspruch der Ehefrau besteht, obwohl diese künftig einen eigenen Pensionsanspruch haben wird, aber das Pensionsalter noch nicht erreicht hat. Demgegenüber bestehe der Auszahlungsanspruch nach §71 Abs4 BSVG gemäß §71 Abs7 Z1 leg.cit. nur dann nicht, wenn der andere Teil auf Grund dieses oder eines anderen Bundesgesetzes in einer Pensionsversicherung pflichtversichert ist oder auf Grund einer solchen Pflichtversicherung bereits eine eigene Pensionsleistung bezieht. Damit sei der Teilungsanspruch in unsachlicher Weise davon abhängig, ob ein Pensionsanspruch früher als der andere anfalle: Diesfalls werde der frühere Pensionsbezieher so lange in seinem Pensionsanspruch verkürzt, als nicht die Pensionsleistung beim anderen Teil anfalle, ohne dann aber selbst am Wert des Pensionsanspruches des anderen Teils in einer vergleichbaren Weise teilzuhaben. §71 Abs7 Z1 BSVG sei daher als verfassungswidrig aufzuheben.

4. Ein Gesetzesprüfungsantrag ist u.a. nur dann zulässig, wenn für den Fall einer gänzlichen oder teilweisen Aufhebung der angefochtenen Norm die behauptete Verfassungswidrigkeit beseitigt würde (vgl. etwa VfSlg 19.178/2010). Dies ist aber hier nicht der Fall:

4.1. Die Bedenken des Antragstellers richten sich zwar gegen eine seiner Meinung nach zu enge Formulierung des §71 Abs7 Z1 BSVG, dessen ungeachtet stellt diese vom Antragsteller allein angefochtene Norm nur eine Ausnahme von der Regel des §71 Abs4 BSVG dar, welche der Antragsteller – seinen Bedenken zufolge – insofern für zu weit gehend hält, als sie auch in dem von ihm beschriebenen Fall eine Pensionsteilung zulässt. Würde aber die behauptetermaßen zu eng gefasste Ausnahmebestimmung aufgehoben, so würde dadurch die vom Antragsteller angenommene Verfassungswidrigkeit insofern sogar noch intensiviert, als die Pensionsteilung ungeachtet des Bestehens einer Pflichtversicherung bzw. eines Pensionsbezuges durchzuführen wäre; die Verfassungswidrigkeit würde aber nicht beseitigt werden.

4.2. Da der Antragsteller nur §71 Abs7 Z1 BSVG angefochten hat, mit dessen (gänzlicher oder teilweiser) Aufhebung nach dem Gesagten jedoch die behauptete Verfassungswidrigkeit nicht beseitigt werden könnte, erweist sich der Antrag als unzulässig.

5. Der Antrag ist daher zurückzuweisen.

6. Dieser Beschluss konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.

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