Vertreterpauschale für einen angestellten GmbH-Geschäftsführer
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2008/15/0231 eingebracht (Amtsbeschwerde). Mit Erk. v. 28.6.2012 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren nicht durch BE erledigt.
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des PS, vom 15. November 2007 gegen die Bescheide des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr vom 16. Oktober 2007 betreffend Einkommensteuer für 2005 und 2006 entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben. Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert.
Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der inm den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden angeführten Abgaben betragen:
Bemessungsgrundlage | Abgabe | |||
Jahr | Art | Höhe | Art | Höhe |
2005 | Einkommen | 288.319,88 € | Einkommensteuer | 136.650,92 € |
anrechenbare Lohnsteuer | - 138.032,59 € | |||
ergibt folgende festgesetzte Einkommensteuer (Gutschrift) | - 1.381,67 € | |||
Bemessungsgrundlage | Abgabe | |||
Jahr | Art | Höhe | Art | Höhe |
2006 | Einkommen | 190.541,24 € | Einkommensteuer | 87.574,39 € |
anrechenbare Lohnsteuer | - 89.155,79 € | |||
ergibt folgende festgesetzte Einkommensteuer (Gutschrift) | - 1.581,40 € |
Die Berechnung der Bemessungsgrundlagen und der Höhe der Abgaben sind den als Anlage angeschlossenen Berechnungsblättern zu entnehmen, die einen Bestandteil dieses Bescheidspruches bilden.
Entscheidungsgründe
(1) Der Berufungswerber (im Folgenden: Bw.) erzielt ua. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Geschäftsführer zweier im metallverarbeitenden Gewerbe tätigen Gesellschaften mit beschränkter Haftung (P-GmbH und seit Oktober 2006 R-GmbH), an denen er selbst keine Anteile hält. In den Steuererklärungen machte er hinsichtlich dieser Einkünfte keine Werbungskosten geltend.
(2) Am 18. April 2007 beantragte der Bw. gemäß § 303 Abs. 1 lit b BAO die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer für 2000 bis 2004 mit der Begründung, dass seinerseits bislang die Geltendmachung des Werbungskostenpauschales laut § 1 Z 9 der zu § 17 Abs. 6 EStG 1988 ergangenen Verordnung, BGBl II 2001/382 (Im Folgenden: "VO") für die Berufsgruppe Vertreter (im Folgenden: "Vertreterpauschale") unterblieben sei.
(3) Das Finanzamt richtete daraufhin einen Vorhalt an den Bw., in dem es um eine genaue Arbeitsplatzbeschreibung, der Vorlage von Dienstverträgen sowie der Erbringung von Nachweisen über durchgeführte Kundenbetreuungen und den Abschluss von Auftragsgeschäften ersuchte.
(4) In der Vorhaltsbeantwortung führte der Bw. aus, dass aus Arbeitsplatzbeschreibungen seiner Dienstgeber hervorgehe, dass er den überwiegenden Teil, dh. zwei Drittel, seiner Gesamtarbeitszeit, im Außendienst für Kundenbetreuung und Abschluss von Auftragsgeschäften verwende. Aus den Geschäftsordnungen seiner Dienstgeber, der P-GmbH und der R-GmbH, gehe hervor, dass es jeweils zwei Geschäftsführer gebe, die sich die Unternehmensleitung teilten, wobei er alleine für die Kundenbetreuung und dabei ausdrücklich für die spartenübergreifende Großkundenbetreuung zuständig sei. Weitere Aufgabengebiete der Geschäftsführung seien Einkaufskoordination inklusive Logistik, Vertriebskoordination sowie Forschung, Entwicklung und Marketing. Laut VwGH-Erkenntnis vom 24.2.2005, 2003/15/0044, sei es unsachlich, die Subsumption unter eine bestimmte Gruppe von Steuerpflichtigen deshalb vorzunehmen, weil in völlig untergeordnetem Ausmaß zusätzlich eine andere Tätigkeit ausgeübt werde. Das Vertreterpauschale sei daher auch für Geschäftsführer anwendbar, wenn eine Vertretungstätigkeit ausgeübt werde und "nebenbei" die Geschäftsführungstätigkeit. Aus beiliegenden Liste von Großkunden und dem dazugehörigem Jahresumsatz sei ersichtlich, dass der Bw. überwiegend und weltweit im Außendienst bei Kunden tätig sei, da nur er alleine die die Kunden betreue. Die Geschäftsführungstätigkeit nehme deshalb nur einen minimalen Teil der Gesamtarbeitszeit ein. Dem angeforderten Nachweis über Kundenbetreuungen und Abschluss von Auftragsgeschäften werde damit entsprochen. Das gesamte Tätigkeitsbild des Bw. entspreche dem eines Vertreters: er sei überwiegend im Außendienst tätig und komme zusätzlich seinen Geschäftsführerpflichten nach, die allerdings im Verhältnis zur Gesamtarbeitszeit in "völlig untergeordnetem Ausmaß" anfielen und er sei im Namen und für Rechnung seines Arbeitgebers tätig.
(5) Der Vorhaltsbeantwortung waren angeschlossen:
- Auszüge aus den Geschäftsführerverträgen;
- Arbeitsplatzbeschreibungen;
- Übersicht über Großkunden, die exklusiv vom Bw. betreut würden;
- Tätigkeitsbereich des Bw. (Auszug aus der Homepage des Dienstgebers);
- Geschäftsordnungen für die Geschäftsführung der beiden Dienstgeber.
(6) Mit Eingabe vom 13. September 2007 wurde die Vorhaltsbeantwortung folgendermaßen ergänzt: Für die Anwendung der VO müsse der Arbeitnehmer ausschließlich eine Vertretertätigkeit ausüben. Der Bw. sei für die Vertriebskoordination Europa und die spartenübergreifende Großkundenbetreuung bzw. für Verkauf und Vertrieb zuständig. Es seien bereits Dienstgeberbestätigungen vorgelegt worden, die die Vertretertätigkeit und das zeitliche Ausmaß bestätigten. In Anbetracht der Betriebsgrößen und der Tatsache, dass es einen zweiten Geschäftsführer gebe, seien diese Bestätigungen zulässige Beweismittel. Als weitere Beweismittel würden Kundenbestätigungen von Großkunden vorgelegt, die exklusiv vom Bw. betreut würden. Daraus gehe hervor, dass er direkt vor Ort beim Kunden tätig werde und für dessen Betreuung zuständig sei. Es seien bereits Bestätigungen vorgelegt worden, die das Ausmaß der Vertretertätigkeit mit zwei Drittel der Gesamtarbeitszeit bestätigten. Als weiteres Beweismittel würde eine Übersicht über Dienstreisen vorgelegt. Bei einer angenommenen Gesamtarbeitszeit von rund 225 Tagen betrage deren Hälfte 112,5 Tage. Der Bw. sei 127 Tage im Außendienst tätig, sodass das Erfordernis "mehr als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit" erfüllt sei. Bei einer überwiegend im Außendienst ausgeübten Vertretertätigkeit seien Innendiensttätigkeiten für konkrete Aufträge und geschäftliche Leitungstätigkeiten unschädlich. Bei beiden Arbeitgebern gebe es einen zweiten Geschäftsführer. Die Geschäftsführung werde nach Bereichen aufgeteilt. Die Geschäftsordnungen zählten zwar eine Reihe von Tätigkeiten auf, die in den Geschäftsführungsbereich des Bw. fielen, in der Praxis sei er aber überwiegend vor Ort beim Kunden tätig. Die Geschäftsführungstätigkeit nehme daher nur einen zeitlich untergeordneten Teil ein, der nicht schädlich für die Anwendung des Pauschales sei.
(7) Der Antrag auf Wiederaufnahme wurde in weiterer Folge vom Finanzamt im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, dass der Bw. zwar "regelmäßig Kunden im Außendienst betreue", er aber als Geschäftsführer im nicht untergeordnetem Ausmaß auch Aufgaben, wie Unternehmensstrategie, Finanz-, Rechnungswesen und Controlling, Risikomanagement, Verkauf/Vertrieb, Beschaffung, Logistik und Versand sowie Marketing und externe Kommunikation erfüllen müsse.
(8) Die gegen den Abweisungsbescheid erhobene Berufung wurde mit in weiterer Folge zurückgenommen und seitens des Unabhängigen Finanzsenats mit Bescheid vom 9. Mai 2008, GZ RV/0197-L/08 für gegenstandslos erklärt.
(9) In den Einkommensteuererklärungen für 2005 und 2006 beantragte der Bw. als Werbungskosten ebenfalls das Vertreterpauschale im Ausmaß von jährlich 2.180 Euro. Der Einkommensteuererklärung für 2005 war eine Bestätigung seines Dienstgebers beigelegt, wonach der Bw. "in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer rund zwei Drittel seiner Arbeitszeit im Außendienst zur Kundenbetreuung und dem Abschluss von Auftragsgeschäften verwendet", jener für 2006 eine entsprechende Bestätigung, dass der Bw. "schwerpunktmäßig und überwiegend (rund zwei Drittel der Arbeitszeit) im Außendienst mit der Betreuung unserer Kunden und dem Abschluss von Geschäften betraut war".
(10) In den Einkommensteuerbescheiden für 2005 und 2006 wurde das Vertreterpauschale im Wesentlichen mit der Begründung nicht anerkannt, dass ein als Vertreter tätiger Arbeitnehmer ausschließlich Vertretertätigkeit ausüben müsse. Zur Vertretertätigkeit gehöre sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst. Der Bw. sei als Geschäftsführer tätig gewesen. In der Geschäftsordnung seines Arbeitgebers sei festgehalten, dass er für Unternehmensstrategie, Finanz- und Rechnungswesen und Controlling, Risikomanagement, Verkauf und Vertrieb, Beschaffung, Logistik und Versand sowie Marketing und externe Kommunikation zuständig sei. Da er als Geschäftsführer diese Aufgaben in nicht untergeordnetem Ausmaß erfülle, könne das Vertreterpauschale nicht gewährt werden.
(11) Dagegen erhob der Bw Berufung mit folgender Begründung: Seine Tätigkeit entspreche der eines Vertreters. Er sei angestellter Geschäftsführer im Außendienst bei der P-GmbH bzw. bei der R-GmbH. Gemäß der VO müssten folgende Voraussetzungen erfüllt sein, um das Werbungskostenpauschale beanspruchen zu können: Arbeitnehmer bzw. unselbständige Tätigkeit, ausschließlich Vertretertätigkeit, dazu gehöre Außendienst und für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst und von der Gesamtarbeitszeit müsse mehr als die Hälfte im Außendienst erbracht werden. Er sei bei beiden Gesellschaften als angestellter Geschäftsführer und somit als Arbeitnehmer tätig; zu seinen Tätigkeiten gehörten Anbahnung von Aufträgen, Entgegennahme von Bestellungen, Abschluss von Verträgen und Kundenbetreuung und laufende Betreuung der Kundenprojekte. Bei beiden Gesellschaften übe nur er die oa. Tätigkeiten aus. Laut der beiliegenden Geschäftsordnung des Arbeitgebers sei er ausdrücklich für die spartenübergreifende Großkundenbetreuung zuständig. Auch diversen veröffentlichten Unterlagen (Homepage, Jahresabschluss) sei zu entnehmen, dass beide Gesellschaften überwiegend exportorientiert seien. Zusätzlich zu den Dienstgeberbestätigungen, die bereits bestätigen, dass der Bw. überwiegend im Außendienst tätig ist, werde als weiteres Beweismittel eine Übersicht über Dienstreisen zu Kunden aus dem Jahr 2005 vorgelegt, woraus Reisedauer, Ab- und Rückreise sowie Reiseziel zu entnehmen sei. Rechne man bei einer fünftätigen Arbeitswoche mit durchschnittlich 45 Arbeitswochen im Jahr, betrage die jährliche Gesamtarbeitszeit rund 225 Tage und die Hälfte der Gesamtarbeitszeit somit 112,5 Tage. Mit 127 Tagen im Außendienst erfülle der Bw. daher auch das Erfordernis "mehr als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit im Außendienst". Der VwGH habe im Erkenntnis vom 24.2.2005, 2003/15/0044, festgestellt, dass der Begriff "Vertreter" nach den Erfahrungen des täglichen Lebens und nach der Verkehrsauffassung zu verstehen sei. Die entsprechende Verordnung definiere den Begriff nicht. Nach Auffassung des VwGH seien daher weder Innendiensttätigkeiten für konkrete Aufträge - zB. Abrechungen mit Kunden, Nachweis des Arbeitseinsatzes, Einholung von Weisungen, Entgegennahme von Waren - schädlich für die Vertretertätigkeit, noch Tätigkeiten der Auftragsdurchführung. Daher sei auch die laufende Projektbetreuung Teil seiner Vertreterarbeit. Voraussetzung sei, dass der Kundenverkehr im Außendienst in Form von Vertragsabschlüssen im Namen und für Rechnung des Auftraggebers im Vordergrund stehe. Weiters werde in diesem Erkenntnis festgestellt, dass weiterhin eine Vertretertätigkeit vorliege, wenn in völlig untergeordnetem Ausmaß zusätzlich eine andere Tätigkeit ausgeübt werde. Im Fall des Bw. werde zusätzlich eine Geschäftsführertätigkeit ausgeübt. Der Bw. sei als Arbeitnehmer seit 1982 (P-GmbH) bzw. seit 2006 (R-GmbH) im Vertrieb beschäftigt. Als angestellter Geschäftsführer sei er seit 2000 (P-GmbH) bzw. 2006 (R-GmbH) tätig. Die v-Gruppe - dazu gehörten beide Gesellschaften - sei eine Unternehmensgruppe, die sich auf Herstellung, Weiterverarbeitung und Vertrieb von Präzisionsstahlrohrprodukten spezialisiert habe. Ihr Schwerpunkt liege auf der Automobilzulieferer-/Automobilindustrie sowie im Bereich Maschinenbau und Hydraulik/Pneumatik. Die Unternehmensgruppe sei weltweit an zehn Produktions- und zwei Vertriebsstandorten tätig, in Österreich am Produktionsstandort Krieglach, Sitz der P-GmbH, und am Vertriebsstandort Linz, Sitz der R-GmbH. In Linz würden sechs Mitarbeiter beschäftigt, in Krieglach 270 Mitarbeiter, davon 51 Angestellte. Bei beiden Gesellschaften gebe es jeweils zwei Geschäftsführer, die das Unternehmen entweder gemeinsam oder zusammen mit einem Prokuristen vertreten würden. Am Vertriebsstandort Linz sei der Bw. einer von sechs Angestellten. Ausschließlich er übe eine Außendiensttätigkeit aus. Die anderen Angestellten seien ebenfalls im Vertrieb tätig, allerdings am Firmensitz Linz. Laut Geschäftsordnung würden Führungsaufgaben auf beide Geschäftsführer aufgeteilt. Er sei für die Geschäftsführungsbereiche Einkaufskoordination inkl. Logistik, Vertriebskoordination Europa, Forschung & Entwicklung und Marketing zuständig. In der Praxis sei er allerdings fast ausschließlich vor Ort beim Kunden im Außendienst tätig. Diverse Kunden bestätigen, regelmäßig vom Bw. vor Ort betreut zu werden. Geschäftsführungstätigkeiten würden von ihm während der Kundenbesuche telefonisch oder per Mail erledigt. Der zweite Geschäftsführer habe nicht nur mehr Führungsaufgaben zu erfüllen, ihm oblägen auch die "bürokratischen" Bereiche Controlling, Finanz- und Rechnungswesen, Bilanzen, Steuern, Revision und Personal. Die Geschäftsführungsaufgaben bei der R-GmbH fielen daher für ihn nur in völlig untergeordnetem Ausmaß an. Am Produktionsstandort Krieglach sei der Sitz der P-GmbH mit 270 Mitarbeitern, davon 219 Arbeiter und 51 Angestellte. Er sei bereits seit seinem Eintritt im Jahr 1982 als Vertreter tätig. Zum Geschäftsführer sei er im Jahr 2000 bestellt worden. Es gebe ebenfalls zwei Geschäftsführer, die das Unternehmen entweder gemeinsam oder mit einem Prokuristen vertreten würden. Die Führungsbereiche würden auf die beiden Geschäftsführer aufgeteilt. Laut Geschäftsordnung habe er folgende Aufgaben: Unternehmensstrategie, Finanz- und Rechnungswesen, Controlling, Risikomanagement, Verkauf, Vertrieb, Beschaffung, Logistik & Versand und Marketing. In der Praxis gelte für die Tätigkeit des Bw. bei der P-GmbH allerdings das Gleiche wie bei der R-GmbH: Er sei mehr als die Hälfte seiner Arbeitszeit auswärts beim Kunden tätig. Mit bestehenden und potenziellen Kunden würde enger Kontakt gepflegt und auch nach Auftragserteilung sei ständiger Kontakt mit den Kunden notwendig. Die Führungsaufgaben der oa. Bereiche würden - wie bei der R-GmbH - unterwegs auf Dienstreise beim Kunden per Telefon oder Mail erledigt. Es gebe darüber hinaus eigene Mitarbeiter der P-GmbH, die sich mit den laufenden Aufgaben der oa. Bereiche beschäftigten, vor allem mit Einkauf, Marketing und Controlling. Die Geschäftsführungsaufgaben des Bw. bei der P-GmbH fielen daher nur in völlig untergeordnetem Ausmaß an. Der UFS habe in seiner Berufungsentscheidung vom 10.6.2005, RV/0424-S/03, einem Verkaufsrepräsentanten das Vertreterpauschale gewährt, der - wie der Bw. - einen stabilen Kundenkreis betreue. Es seien ebenfalls Aufzeichnungen vorgelegt worden, wonach die Zahl der Tage im Außendienst bestimmt worden sei. Diese Unterlagen seien als ausreichend erachtet worden, weil es - wie auch im Fall des Bw. - "glaubwürdig und nachvollziehbar (ist), dass der Abschluss komplexer Aufträge ebenso wie die Sicherung der Kundenzufriedenheit bei auftretenden Problemen intensiver Beratung und Betreuung der Kunden vor Ort bedurfte. Ebenso erfordert die Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehungen regelmäßige Präsenz bei den Kunden." Der UFS habe in einer weiteren Berufungsentscheidung vom 22.11.2006, RV/0438-L/05, einem im Außendienst tätigen Geschäftsführer das Vertreterpauschale zuerkannt. Wie im Fall des Bw. sei eine Dienstgeberbestätigung vorgelegt worden, die eine mehr als 50%-ige Beschäftigung im Außendienst bestätige, außerdem seien der Dienstvertrag und eine Arbeitsplatzbeschreibung offengelegt worden. Aufgrund der Größe, der jahrzehntelangen gewachsenen Struktur und Organisation des Unternehmens, die der Größe und Struktur der P-GmbH entspreche, sei der UFS davon ausgegangen, dass der Geschäftsführer ausschließlich im Außendienst beschäftigt werde. Wie im vorliegenden Fall sei zwischen den Geschäftsführern eine Geschäftsverteilung vorgenommen worden. Genau wie die R-GmbH und die P-GmbH sei das Unternehmen des dortigen Bw. ein weltweit tätiges Unternehmen mit hoher Exportquote. Zur Frage, ob auch einem Geschäftsführer das Vertreterpauschale zustehe, werde ausdrücklich festgestellt: "...es (kommt) allerdings nicht darauf an, was die Berufungswerberin ist, sonder welche Tätigkeiten sie tatsächlich ausführt. Auch wenn sie eine Geschäftsführerin (...) ist, kann sie dennoch als Vertreterin tätig sein, solange der Kundenverkehr (...) im Vordergrund steht." Aufgrund der Geschäftsverteilung auf die einzelnen Geschäftsführer und aufgrund des relativ großen Marktes, der zu betreuen sei, sei die Vertretertätigkeit als nachgewiesen betrachtet worden. Auch im Fall des Bw. gebe es erstens eine Aufteilung der Geschäftsführungsaufgaben, zweitens Mitarbeiter, die sich mit den laufenden Aufgaben beschäftigten und drittens einen sehr großen, internationalen Markt, der zu betreuen sei. Weiters würden in der Berufungsentscheidung folgende Aufgaben ausdrücklich als nicht schädlich qualifiziert, weil sie Teil der Kundenbetreuung bzw. des Innendienstes seien: Organisation und Teilnahme an Fachmessen (Kundenbetreuung), Auftragsabwicklung und Projektmanagement (Vertretertätigkeit), Preis- und Rabattgestaltung (Vertretertätigkeit), Erstellung von Umsatzplänen und - zielen (Innendienst) und Werbe- und Marketingmaßnahmen (Kundenbetreuung). Der UFS habe weiters einem in leitender Vertreterposition tätigen Bankangestellten das Vertreterpauschale gewährt, da er belegen habe können, dass er praktisch ausschließlich als Vertreter tätig gewesen sei (22.10.2004, RV/0080-F/03).
(12) Der Berufung waren beigelegt:
- Auszüge aus den Geschäftsführerverträgen der R-GmbH und der P-GmbH;
- Aufstellung der umsatzstärksten Kunden der R-GmbH und der P-GmbH;
- Geschäftsordnungen der R-GmbH und der P-GmbH; demnach ist der Bw. zuständigbei der R-GmbH für Einkaufskoordination (inkl. Logistik), Vetriebskoordination, Forschung und Entwicklung sowie Marketing,bei der P-GmbH für Unternehmensstrategie, Finanz-/Rechnungswesen und Controlling, Risikomangement, Verkauf und Vertrieb, Beschaffung, Logistik und Versand sowie Marketing und externe Kommunikation;
- Aufstellung der Dienstreisen des Bw. im Jahr 2005;
- Bestätigung mehrerer Kunden, dass sie vom Bw. "betreut" würden.
(13) Am 7. April 2008 teilte der Referent der Amtspartei mittels Mail mit, dass seiner Ansicht nach der gegenständliche Berufungsfall mit jenem der Entscheidung des UFS vom 22.11.2006, RV/0438-L/05, in der einem angestelltem Geschäftsführer das Vertreterpauschale zuerkannt worden sei, vergleichbar sei und das Finanzamt eingeladen werde, eine diesbezügliche Stellungnahme abzugeben.
(14) Dem hielt das Finanzamt mit Stellungnahme vom 24. April 2008 entgegen: Der UFS beabsichtigte der Berufung stattzugeben und dem Bw. das Berufsgruppenpauschale für Vertreter zu gewähren, weil dieser Fall mit dem in der Entscheidung des UFS vom 22.11.2006, RV/0438-L/05, behandelten Fall vergleichbar sei. Diese Meinung werde vom Finanzamt aus folgenden Gründen nicht geteilt: In der o.a. Entscheidung sei der Bw. ausschließlich im Verkauf tätig und die kaufmännischen Agenden seien vom zweiten Geschäftsführer wahrgenommen worden. Der Bw. sei im berufungsgegenständlichen Zeitraum Geschäftsführer der Firmen R-GmbH und P-GmbH gewesen. Aus der Geschäftsordnung für die Geschäftsführung der Firma P-GmbH gehe hervor, dass in die Verantwortung des Bw. folgende Aufgabengebiete fielen: Unternehmensstrategie, Finanz-/Rechnungswesen & Controlling, Risikomanagement, Verkauf/Vertrieb, Beschaffung, Logistik & Versand und Marketing/externe Kommunikation. Auch auf der Homepage der Firma R-GmbH finde sich unter dem Punkt Management der Hinweis, dass der Bw. für folgende Tätigkeitsbereiche zuständig sei: Vertriebskoordination Europa, Einkaufskoordination, Logistik, Forschung/Entwicklung und Marketing. Aus den vorgelegten Unterlagen sei ersichtlich, dass der Bw. als Geschäftsführer nicht nur für den Vertrieb, sondern auch für eine Reihe weiterer Aufgaben zuständig sei. Im Erkenntnis vom 24.5.2005, 2003/15/0044, habe der VwGH ausgesprochen, dass es unsachlich sei, die Subsumption unter eine bestimmte Gruppe von Steuerpflichtigen - in diesem Fall Vertreter - deshalb nicht mehr vorzunehmen, weil in völlig untergeordneten Ausmaß zusätzlich auch eine andere Tätigkeit ausgeübt werde. Nach Ansicht des Finanzamtes sei aber der Bw. nicht im untergeordneten Ausmaß in anderen Bereichen tätig, sondern müsse eine Reihe weiterer Aufgaben erfüllen. Auch wenn er damit argumentiere, dass er nahezu ausschließlich eine Vertretertätigkeit ausübe, habe er hiefür keine Beweise vorgelegt. Im Übrigen entspreche es auch nicht den Gepflogenheiten im Wirtschaftleben, dass ein Unternehmen mit seinem Geschäftsführer einen Vertrag abschließe und darin unterschiedliche Aufgabengebiete festlege für die er zuständig ist und er aber entgegen den Vereinbarungen tatsächlich nahezu ausschließlich im Vertrieb tätig sei.
(15) Zu dieser Stellungnahme der Amtspartei führte der Bw. aus: Für die abgabenrechtliche Beurteilung seien der wirtschaftliche Gehalt der Tätigkeit und nicht etwaige Organigramme entscheidend. Die effektive Tätigkeit sei tatsächlich nahezu ausschließlich die eines Vertreters. Die in der Stellungnahme des Finanzamts aus der Homepage zitierten Verantwortungen würden im Zuge dieser Handelsvertretertätigkeit wahrgenommen, seien überdies auch betriebswirtschaftlich dem Vertrieb des Unternehmens zuzuordnen und nähmen insgesamt einen völlig untergeordneten Bereich im Arbeitsablauf ein. Die Zuständigkeit für Finanz-/Rechnungswesen und Controlling bedeute innerhalb eines derartigen Konzerns nicht einen "Schreibtischjob", sondern es könne diese Verantwortung im Zuge der Vertretertätigkeit mit wahrgenommen werden. Der Verkaufserfolg eines solchen international tätigen Unternehmens werde im Kontakt mit den Kunden erzeugt, der vom Bw. ständig gestioniert werde.
Über die Berufung wurde erwogen:
(16) Der Unabhängige Finanzsenat geht - zusammengefasst - von folgendem Sachverhalt aus: Der Bw. war im Berufungszeitraum gemeinsam mit einer weiteren Person als Geschäftsführer bei zwei einem international tätigen Stahlkonzern zuzuordnenden Firmen angestellt. Laut Dienstverträgen bzw. Geschäftsordnungen für die Geschäftsführung sind dem Bw. dabei explizite Aufgaben zugewiesen, die einerseits im Bereich des Vertriebs und Verkaufs und andererseits in anderen Bereichen, wie zB. Unternehmensstrategie, Finanz-, Rechnungswesen und Controlling liegen. Im Rahmen der erstgenannten Tätigkeit unterhält er regelmäßige Kontakte mit Kunden, insbesondere Großkunden, und verbringt diesbezüglich mehr als die Hälfte seiner Arbeitszeit im Außendienst.
(17) In der Rechtssache ist strittig, ob der Bw. als "Vertreter" iSd. § 1 Z 9 der VO angesehen werden kann.
(17/1) Die auf VO selbst definiert - wie auch die Rspr. anmerkt (VwGH 24.2.2005, 2003/15/0044) - das diesbezügliche Tätigkeitsbild nicht, sondern führt lediglich aus, dass derjenige, der die Pauschalierung in Anspruch nehmen möchte "ausschließlich Vertretertätigkeit" ausüben muss, wozu sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst gehört. Im Ergebnis wird somit - gleichsam als Tautologie - die an sich selbstverständliche - Aussage getroffen, dass ein "Vertreter" eben "Vertretertätigkeit" ausüben müsse. Nach der einschlägigen Wirtschaftsfragen betreffenden Literatur fallen unter den Begriff des "Vertreters" solche "Personen, die ständig damit betraut sind, für einen anderen Geschäfte zu vermitteln und/oder in dessen Namen abzuschließen" (Gablers Wirtschaftslexikon16,3203).
(17/2) Weiteres Erfordernis für die Anwendbarkeit der VO ist, dass von der Gesamtarbeitszeit mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden muss (vgl. § 1 Z 9 letzter Satz der VO), wodurch offenbar zum Ausdruck gebracht wird, dass das Berufsbild des Vertreters - wie es auch dem allgemeinen Sprachgebrauch entspricht - als typische "Außendiensttätigkeit" dem eines Reisenden entspricht.
(18) Der Begriff des "Vertreters" ist nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates in der VO nur unklar bestimmt und bedarf daher einer Präzisierung bzw. Auslegung.
(18/1) Der VwGH hat im bereits erwähnten Erk. vom 24.2.2005, 2003/15/0044 unter Hinweis auf frühere Rspr (Erk. vom 10.3.1981, 2885, 2994/80) den Vertreterbegriff dahingehend präzisiert, dass unter diese Tätigkeit auch die Zustellung von Waren fällt, solange der "Kundenverkehr im Außendienst in Form des Abschlusses von Kaufgeschäften im Namen und für Rechnung seines Auftraggebers im Vordergrund steht".
(18/2) Bereits im Erk. vom 10.3.1981, 2885, 2994/80 kam der VwGH überdies zum Schluss, dass es den Erfahrungen des täglichen Lebens und auch der Verkehrsauffassung widerspräche, wenn Personen nur dann als Vertreter angesehen werden könnten, wenn sie ausschließlich mit auswärtigem Kundenbesuch befasst seien. Vielmehr würde sich bei fast allen Vertretern, je nach ihrer Verwendung im Verkaufsapparat ihres Unternehmers und auch nach den branchenbedingten Besonderheiten und der betriebsinternen Organisation in mehr oder weniger zeitaufwendigem Umfang die Notwendigkeit einer Tätigkeit im "Innendienst" ergeben. Abrechnungen mit Kunden, Nachweis des Arbeitseinsatzes, Einholung von Weisungen, Entegegennahme von Waren seien zB. solche Tätigkeiten, die in den Geschäftsräumlichkeiten des Dienstgebers abgewickelt zu werden pflegten, ohne dass deshalb der grundsätzlich zum Kundenverkehr im Außendienst Angestellte seine Berufungseigenschaft als "Vertreter" verliere.
(18/3) Zur Definition des Vertreters trägt auch die Rechtsansicht der Verwaltungspraxis bei, wonach "Vertreter Personen sind, sie im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig sind"; fast schon überflüssig - weil in diesem Zusammenhang selbstverständlich - werden auch "Pharmavertreter" dieser Berufsgruppe zugeordnet (Rz 406 LStR 2002).
(18/4) Nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates erfährt durch diese Definitionen des VwGH bzw der Verwaltungspraxis der Begriff des Vertreters tatsächlich sogar eine Erweiterung des allenfalls nach dem klassischen Sprachverständnis gängigen Begriffes, werden doch auch solche Tätigkeiten für die Anwendung des Vertreterpauschales für unschädlich erachtet, die mit Vertragsabschlüssen - also "klassischen" Vertretertätigkeiten - in keinem unmittelbaren Zusammenhang mehr stehen. Da somit der VwGH im Ergebnis davon ausgeht, dass ein Vertreter iSd. VO nicht ausschließlich Geschäftsanbahnungen, Vertragsabschlüsse, etc. ausüben muss, kann somit auch ein Geschäftsführer, der überwiegend im Außendienst im Vertrieb und Verkauf tätig wird, prinzipiell unter den Anwendungsbereich der VO fallen.
(19) Die VO setzt die für Vertreter zu berücksichtigenden pauschalen Werbungskosten mit 5% der Bemessungsgrundlage, höchstens aber 2.190 Euro, fest, wobei nach ihren Intentionen für die Bemessung dieser Höhe auf "Erfahrungen in der Praxis" zurückgegriffen wird (§ 1 erster Satz) und daneben her keine weiteren Werbungskosten geltend gemacht werden können (§ 5). Durch den nicht näher bestimmten Verweis auf eine offenkundige - dem Bundesminister für Finanzen als Verordnungsgeber bekannte - Praxis sollen nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates mit dem Vertreterpauschale geradezu typische Werbungskosten von im Außendienst tätigen Dienstnehmern abgegolten werden sollen. Bemerkenswert ist auch, dass bei der Berufsgruppe der Vertreter Kostenersätze des Arbeitgebers - im Gegensatz zu allen anderen in der VO enthaltenen Berufsgruppen - das Pauschale nicht kürzen. Nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates soll die VO somit zB. die Abzugsfähigkeit von im Zusammenhang dem Abschluss von Geschäften einhergehende Kosten, wie etwa Bewirtungsaufwand oder andere Aufwendungen zur Erhaltung der Geneigtheit und Abschlussfreudigkeit potentieller Kunden (zB. Weihnachtsgeschenke, Korrespondenz aus Anlass des Geburtstages, oä.) - und somit durchaus Aufwendungen, bei denen eine Abgrenzung zum an sich nicht abzugsfähigen Repräsentationsaufwand schwierig ist - ermöglichen. Somit können jedenfalls Aufwendungen als Werbungskosten berücksichtigt werden, die vom Arbeitgeber - wohl auch auf Grund der Nähe zu deren Repräsentationscharakter - dem Arbeitnehmer nicht ersetzt werden.
(20) Auch der Unabhängige Finanzsenat hat sich - worauf auch der Bw. hingewiesen hat (vgl. Rz 11) - mit der Thematik, ob im Außendienst tätige Arbeitnehmer, die nicht ausschließlich typische "Vertretertätigkeiten" ausüben, darunter auch Tätigkeiten als Geschäftsführer - dennoch als "Vertreter" angesehen werden und somit pauschalierte Werbungskosten geltend machen können, bereits mehrfach beschäftigt und ist zu folgenden Ergebnissen gelangt:
(20/1) In seiner Entscheidung vom 22.11.2006, RV/0438-L/06 (vgl. hiezu auch Fürnkranz, Vertreterpauschale - UFS konkretisiert den Vertreterbegriff, UFSaktuell 2007, 269) gelangte der Unabhängige Finanzsenat zum Schluss, dass allein die Tatsache, dass jemand Geschäftsführer einer GmbH sei, nicht zur Aberkennung des Vertreterpauschales führe, sondern dieses bei entsprechender Tätigkeit (Außendienst, Kundenverkehr in Form des Abschlusses von Geschäften) auch einem Geschäftsführer zu gewähren sei (Rechtssatz zur Entscheidung). Eine eingehendere Befassung mit dem Sachverhalt dieser Entscheidung zeigt, dass in diesem Fall der Geschäftsführer neben Kundenverkehr auch mit Organisation, Auftragsabwicklung, Projektmanagement, Preisgestaltung sowie der Erstellung von Umsatzplänen, Konzepten sowie Werbe- und Marketingmaßnahmen befasst war. Einem weiteren Geschäftsführer waren andere Agenden zugewiesen. Nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates zog diese Entscheidung somit ebenfalls einen weiten Anwendungsbereich der VO heran und sieht sie somit für Tätigkeitsbereiche als anwendbar, die weit über Geschäftsabschlüsse auf Rechnung anderer - also typische Vertretertätigkeit - hinausgehen.
(20/2) In einer weiteren Entscheidung (vom 27.7.2007, RV/1026-W/06) gelangte der Unabhängige Finanzsenat zur Auffassung, dass die VO einen "weit gezogenen Kreis von Berufstätigen"umfasse und mit der eigentlichen Vertretertätigkeit zusammenhängende Tätigkeiten wie Abrechnungen mit Kunden, der Nachweis des Arbeitseinsatzes und die Einholung von Weisungen im Innendienst Ausfluss einer solchen Tätigkeit und deshalb für die Anwendung der Pauschalierung unschädlich seien (Rechtssatz 1) und weiters die Entgegennahme von Reklamationen und das Urgieren der Einhaltung der Zahlungsfristen betreffend vom Vertreter vermittelte Geschäftsabschlüsse als eine mit dieser Tätigkeit zusammenhängende Betätigung anzusehen seien (Hinweis auf VwGH 9.11.1983, 82/13/0146; Rechtssatz 2).
(20/3) Der Entscheidung vom 10.6.2005, RV/0424-S/03 lag die Tätigkeit eines Verkaufsrepräsentanten, dem im Geschäftsbereich Datenverarbeitung der Verkauf des gesamten Portfolios seines Arbeitgebers oblag, zugrunde. Er betreute einen stabilen Kundenkreis im Kundensegment "Bestandskunden Mittelstand", dem auch zahlreiche Großkunden zugehörten. Seine Tätigkeit umfasste die Betreuung und Beratung der Kunden in allen Phasen der Verkaufstätigkeit, von der Geschäftsanbahnung, der Anboterstellung, des Vertragsabschlusses bis zur laufenden Betreuung zur Sicherung der Geschäftsbeziehungen. Nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenates war es "glaubwürdig und nachvollziehbar, dass der Abschluss komplexer Aufträge ebenso wie die Sicherung der Kundenzufriedenheit bei auftretenden Problemen intensiver Beratung und Betreuung der Kunden vor Ort bedurfte" und "die Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehungen regelmäßige Präsenz bei den Kunden erfordert".
(20/4) In der Entscheidung vom 31.3.2008, RV/0762-I/07, erkannte der Unabhängige Finanzsenat einem (überwiegend) im Außendienst tätigen Bankangestellten das Vertreterpauschale zu. Es stand für ihn "außer Zweifel", dass der Bankangestellte überwiegend im Außendienst im Bereich der Akquisition, Kundenbetreuung und im Verkauf tätig gewesen sei und er Kunden in Vermögensbelangen beraten, Aufträge angebahnt und im Namen und auf Rechnung seines Arbeitgebers Vertragsabschlüsse getätigt habe. Seine Tätigkeit sei somit vorrangig auf die Betreuung und Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ausgerichtet gewesen und er habe somit das Berufsbild eines Vertreters im Sinne der VO erfüllt.
(20/5) In der Entscheidung vom 7.7.2006, RV/0046-F/06, wurde einem Arbeitnehmer eines Personalleasingunternehmens, dessen vorrangiges Ziel seiner Tätigkeit war, "Arbeitsstunden zu verkaufen", somit Geschäfte abzuschließen, das Vertreterpauschale zuerkannt.
(21) Unter Würdigung bzw. Beachtung der in den Rz 19 und 20 angeführten Aussagen der VO bzw der hiezu ergangenen Judikatur gelangt der Unabhängige Finanzsenat im hier vorliegenden Fall zu folgendem Ergebnis:
(21/1) Unstrittig ist, dass der Bw. das für einen Vertreter erforderliche Tatbestandserfordernis der regelmäßigen und überwiegenden Außendiensttätigkeit im Berufungszeitraum erfüllt hat, sodass sich insoweit entsprechende Untersuchungen und weitergehende Ausführungen erübrigen. Das Überwiegen der Außendiensttätigkeit hat einerseits das Finanzamt in seinem Abweisungsbescheid betr. einen Antrag auf Wiederaufnahme selbst sinngemäß zugestanden (vgl. Tz 7) bzw. hat es andererseits den diesbezüglichen durch entsprechende Unterlagen untermauerten Ausführungen des Bw. (vgl. Tz 12) nicht widersprochen.
(21/2) Was das weitere - in der VO nicht näher präzisierte - Tatbestandselement des Vertreterbegriffs als solchen anbelangt, nämlich die ausgeübte Tätigkeit, so ist die Ansicht des Finanzamts - jedenfalls nach dem ersten Anschein bzw. dem eigentlichen, aber letztlich unbestimmten, Wortlaut der VO - zutreffend, dass ein unternehmensrechtlicher Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft im Regelfall nicht unter diese Berufsgruppe fällt, weil er idR. überwiegend andere Agenden ausführt. Allerdings ist aus allen angeführten - sowohl durch den VwGH als auch durch den UFS erlassenen - Entscheidungen klar ersichtlich, dass aus abgabenrechtlicher Sicht ein ausschließliches Abstellen auf die Tätigkeit eines Vertreters nach herkömmlichem Sprachgebrauch bzw. den Usancen des Wirtschaftslebens zu eng und somit der Begriff erweiterungsfähig ist. Der UFS in einer Entscheidung sogar unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass auch einem Geschäftsführer das Vertreterpauschale zustehen kann (vgl. Tz 20/1). Seitens des Referenten wurde daher auch bereits der - vorläufige - Schluss gezogen, dass eine Vergleichbarkeit der Sachverhalte vorliege (siehe Tz 13), was aber seitens der Amtspartei deshalb in Abrede gestellt wurde, weil der Geschäftsführer "ausschließlich im Verkauf tätig" gewesen sei (siehe Tz 14). Zunächst ist nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenats der Entscheidung eine ausschließliche Verkaufstätigkeit des dort als Vertreter behandelten Geschäftsführers behandelten Geschäftsführers in dieser Direktheit nicht entnehmbar. Selbst wenn dem Finanzamt jedenfalls zuzustimmen ist, dass in der hier erlassenen Geschäftsverteilung des Arbeitgebers angeführt wird, dass der Geschäftsführer "ausschließlich im Verkauf tätig wird", so sind in sein tatsächlich ausgeübtes Aufgabengebiet doch auch ua. technische Besprechungen, Preisgestaltung, Nachkalkulation, Werbe- und Marketingmaßnahmen, Pressearbeit und Fachvorträge gefallen. Somit ist die dortige Tätigkeit des Geschäftsführers mit jener des Bw. - zumindest in Teilen - insoweit vergleichbar, als dieser ua. auch mit Unternehmensstrategie, Finanz- und Rechnungswesen, Controlling, Risikomanagement, Verkauf, Vertrieb, Beschaffung, Logistik & Versand und Marketing befasst ist (vgl. die seitens der Amtspartei unwidersprochenen Ausführungen des Bw. in Tz 11). Aus diesem Grund geht der Unabhängige Finanzsenat weiterhin von einer Vergleichbarkeit aus: In beiden Fällen war der angestellte Geschäftsführer in wesentlichen Belangen seines tatsächlichen Tätigkeitsfeldes mit "klassischen" Vertretertätigkeiten (Vorbereitung und Abschluss von Aufträgen) und daneben mit Agenden der Geschäftsführung befasst, die aber ohne Zweifel nur einen untergeordneten zeitlichen Rahmen eingenommen haben. Damit findet die hier strittige Tätigkeit des Bw. aber auch in jenem von der Judikatur vorgegebenen Rahmen, nämlich des Im-Vordergrund-Stehens der eigentlichen Vertretertätigkeit, Deckung, der für die Zuerkennung des Vertreterpauschales (noch) unschädlich ist.
(21/3) Mit seiner Tätigkeit in ihrer konkreten Ausgestaltung übt aber der Bw. gerade jene Tätigkeit aus, die die VO offenbar (auch) vor Augen hat: Er verbringt von seiner Gesamtarbeitszeit mehr als die Hälfte im Außendienst, wodurch ihm im Kundenkontakt gerade jene Aufwendungen entstehen (können), die durch das Vertreterpauschale abgegolten werden sollen. Die - vom zeitlichen Umfang her jedenfalls geringere - Restarbeitszeit, in denen der Bw. möglicherweise sogar tatsächlich seinen Geschäftsführeragenden nachkommt, ist von der VO insoweit ohnehin nicht umfasst, als ihm dort allenfalls anfallende Aufwendungen, die mit jenen von Innendienstmitarbeitern vergleichbar sind, durch das Vertreterpauschale dem Grunde nach ohnehin nicht abgegolten werden sollen. Mit anderen Worten: Sofern Außendienstzeit im erforderlichen Ausmaß erbracht wird und in dieser Arbeitszeit Vertretertätigkeit ausgeübt wird, darf das Tätigkeitsfeld während der zeitlich geringeren Restarbeitszeit im Innendienst für die Zuerkennung des Vertreterpauschales keine Rolle spielen. Sofern der unpräzis formulierten VO insofern ein anderer Inhalt unterstellt würde, als Wert auf die konkrete Betätigung im Innendienst gelegt würde, deren Aufwendungen gerade zu nicht von ihr umfasst sind, wäre dies nach Ansicht des Unabhängigen Finanzsenats in Anlehnung an die Ausführungen im VwGH-Erk. vom 24.2.2005, 2003/15/0044, jedenfalls unsachlich.
(21/4) Aus den Geschäftsordnungen der Arbeitgeber des Bw. ist weiters ersichtlich, dass zahlreiche der dort dem Bw. zugewiesenen Geschäftsführeragenden mit einer Verkaufs- und Vertriebstätigkeit in engem Zusammenhang stehen. Die Koordination des Einkaufs und des Vertriebs sowie Marketing (R-GmbH) kann einer Vertretertätigkeit im weiteren Sinne ebenso zugeordnet werden wie etwa Beschaffung, Logistik und Versand oder ebenfalls Marketing (P-GmbH). Gegen die Darstellung des Bw., dass die übrige - einer Vertretertätigkeit nicht zuordenbare - Tätigkeit zeitlich untergeordnet war, hat das Finanzamt nichts Konkretes vorgebracht.
Der Berufung war daher aus den angeführten Gründen stattzugeben und die angefochtenen Bescheide entsprechend abzuändern.
Beilage: 2 Berechnungsblätter
Linz, am 10. Juni 2008
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 17 Abs. 6 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Vertreter, Geschäftsführer, Vertretertätigkeit, Außendienst |
Verweise: |