Vertreterpauschale bei im Außendienst tätigen Bankangestellten
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Berufungswerbers, vom 14. März 2007 gegen den Bescheid des Finanzamtes, vertreten durch Finanzanwalt, vom 8. März 2007 betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2006 entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe betragen:
Entscheidungsgründe
Der Berufungswerber ist bei der Bank nicht selbständig beschäftigt. In seiner am 26. Februar 2007 elektronisch übermittelten Erklärung zur Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2006 begehrte der Berufungswerber ua. die Gewährung der pauschalierten Werbungskosten für Vertreter (sog. Vertreterpauschale). Das Finanzamt versagte dem Berufungswerber im Einkommensteuerbescheid (Arbeitnehmerveranlagung) 2006 (mit Ausfertigungsdatum 8. März 2007) die Zuerkennung obiger Werbungskosten ua. mit der Begründung, die Tätigkeit eines Bankangestellten im Außendienst entspreche nicht der eines "Vertreters" im Sinne der Verordnung des Bundesministeriums für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen, BGBl. II Nr. 382/2001. Die Tätigkeit eines Vertreters sei auch in wirtschaftlicher Betrachtungsweise mit einem Bankangestellten im Außendienst nicht vergleichbar.
In der hiergegen fristgerecht eingereichten Berufung vom 14. März 2007 führte der Berufungswerber ua. begründend aus, er übe seine Vertretertätigkeit mit dem vorrangigen Ziel des Abschlusses von Geschäften und Kundenbetreuung im Außendienst aus. Diese Tätigkeit nehme mehr als fünfzig Prozent seiner Arbeitszeit in Anspruch. Die Vermittlungs- bzw. Verkaufsfunktion sei das wesentliche Merkmal einer Vertretertätigkeit. Da seine Tätigkeit diese Merkmale zu hundert Prozent ausweise, beantrage er die Zuerkennung des Berufsgruppenpauschales für Vertreter. Die abweisende Berufungsvorentscheidung vom 3. September 2007 begründete das Finanzamt inhaltsgleich mit der abweisenden Begründung des bekämpften Bescheides.
Der Berufungswerber beantragte mit Schreiben vom 3. Oktober 2007 die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz und führte hierin unter Beilage einer undatierten Bestätigung seines Arbeitgebers ua. ergänzend aus, die im vorliegenden Fall anzuwendende Verordnung enthalte keine Definition des Begriffes "Vertreter". Sie lege lediglich fest, dass der Außendienst den Innendienst zeitlich überwiegen muss und der Innendienst die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit umfassen darf. Gemäß Lohnsteuerrichtlinien 2002 seien Vertreter Personen, die im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig seien. Das Finanzamt irre daher in der Rechtsansicht, dass die Tätigkeit eines Bankkundenbetreuers, dessen Aufgabengebiet die Akquisition und Betreuung von Kunden im Außendienst darstelle, nicht der eines Vertreters im Sinne der gegenständlichen Verordnung entspreche.
In der vorgelegten "Bestätigung des Arbeitgebers für pauschalierte Werbungskosten" führt die Bank wie folgt aus:
Der Berufungswerber "ist bei uns ausschließlich als Kundenbetreuer tätig. Die Tätigkeit des Kundenbetreuers umfasst die Akquisition und Betreuung von Kunden vor Ort und wird nahezu ausschließlich außer Haus wahrgenommen. Dort werden auch Verträge und Geschäfte direkt abgeschlossen. Die Tätigkeit umfasste im Kalenderjahr 2006 folgende Zeiträume: 1.1.2006-31.12.2006"
Über Vorhalt des Referenten vom 5. Februar 2008 reichte der Berufungswerber das "Jobprofil VermögensmanagerIn" der Bank nach und legte im Schreiben vom 26. Februar 2008 seine Tätigkeit als Vermögensmanager (zeitlicher Ablauf der Kundenbetreuung, Gegenüberstellung des Außen- und Innendienstes anhand Betreuung von Bestands- und Neukunden) näher dar.
Über die Berufung wurde erwogen:
Die Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen, BGBl 32/1993 idF BGBl. II 382/2001, lautet auszugsweise:
"Auf Grund des § 17 Abs. 6 des Einkommensteuergesetzes 1988, BGBl. Nr. 400/1988, wird verordnet: § 1. Für nachstehend genannte Gruppen von Steuerpflichtigen werden nach den jeweiligen Erfahrungen der Praxis anstelle des Werbungskostenpauschbetrages gemäß § 16 Abs. 3 EStG 1988 folgende Werbungskosten auf die Dauer des aufrechten Dienstverhältnisses festgelegt: Z. 9. Vertreter 5% der Bemessungsgrundlage, höchstens 2.190 Euro jährlich. Der Arbeitnehmer muss ausschließlich Vertretertätigkeit ausüben. Zur Vertretertätigkeit gehört sowohl die Tätigkeit im Außendienst als auch die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit im Innendienst. Von der Gesamtarbeitszeit muss dabei mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden."
Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis vom 10. März 1981, 2885, 2994/80, mit dem Begriff "Vertreter" in der zu § 17 Abs. 4 EStG 1972 ergangenen Verordnung betreffend Durchschnittssätze für Werbungskosten BGBl 597/1975 idF BGBl 49/1979 befasst. Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgeführt, die Verordnung definiere den Begriff nicht. Es würde den Erfahrungen des täglichen Lebens und auch der Verkehrsauffassung widersprechen, wenn Personen nur dann als Vertreter angesehen werden könnten, wenn sie ausschließlich mit dem auswärtigen Kundenbesuch befasst seien. Vielmehr werde sich bei fast allen Vertretern, je nach ihrer Verwendung im Verkaufsapparat ihres Unternehmens und auch nach den branchenbedingten Besonderheiten und der betriebsinternen Organisation des Unternehmens, in mehr oder weniger zeitaufwendigem Umfang die Notwendigkeit einer Tätigkeit im "Innendienst" ergeben. Abrechnungen mit Kunden, Nachweis des Arbeitseinsatzes, Einholung von Weisungen, Entgegennahme von Waren seien beispielsweise solche Tätigkeiten, die in den Geschäftsräumlichkeiten des Dienstgebers abgewickelt zu werden pflegten, ohne dass deshalb der grundsätzlich zum Kundenverkehr im Außendienst Angestellte seine Berufseigenschaft als Vertreter verliere. Der Verwaltungsgerichtshof teile aber die Ansicht, dass es zum Beruf eines Vertreters gehöre, regelmäßig im Außendienst tätig zu sein.
Auch die im gegenständlichen Fall anzuwendende Verordnung BGBl II 2001/382 enthält keine Definition des Begriffs "Vertreter". Sie legt lediglich fest, dass von der Gesamtarbeitszeit mehr als die Hälfte im Außendienst verbracht werden muss, sohin der Außendienst den Innendienst zeitlich überwiegen muss, und der Innendienst die für konkrete Aufträge erforderliche Tätigkeit umfassen darf.
Wenn der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 10. März 1981 bei den Innendiensttätigkeiten die Entgegennahme von Waren erwähnt, ist daraus zu folgern, dass ein Dienstnehmer auch dann (noch) als Vertreter angesehen wird, wenn er Waren zustellt, solange der Kundenverkehr im Außendienst in Form des Abschlusses von Kaufgeschäften im Namen und für Rechnung seines Arbeitgebers im Vordergrund steht. Der Vertretertätigkeit für den Verkauf von Waren ist es gleichzuhalten, wenn Rechtsgeschäfte über Dienstleistungen im Namen und für Rechnung des Arbeitgebers abgeschlossen werden (VwGH 24.2.2005, 2003/15/0044).
Vertreter sind nach übereinstimmender Lehre (Hofstätter/Reichel, Die Einkommensteuer, Kommentar, Tz. 6 zu § 17 EStG), Verwaltungsübung (LStRL Rz 406) und Entscheidungspraxis des Unabhängigen Finanzsenates (siehe ua. UFS 22.10.2004, RV/0080-F/03) Personen, die regelmäßig im Außendienst zum Zwecke der Anbahnung und des Abschlusses von Geschäften und zur Kundenbetreuung tätig sind. Eine andere Tätigkeit, deren vorrangiges Ziel nicht die Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ist, zählt nicht als Vertretertätigkeit (zB Kontrolltätigkeit oder Inkassotätigkeit).
Im vorliegenden Fall ist strittig, ob die vom Berufungswerber ausgeübte Tätigkeit die Pauschalierungsvoraussetzungen im dargelegten Sinn erfüllt oder nicht.
Das Berufsbild der vom Berufungswerber ausgeübten Tätigkeit als sog. "Vermögensmanager" stellt sich nach freier Beweiswürdigung wie folgt dar: der Berufungswerber ist in der Akquisitions-, Betreuungs- und Verkaufsfunktion im Vermögensmanagement der Bank tätig. Seine Aufgaben sind ua. neben Vorbereitung und Durchführung von Akquisitionsgesprächen im Vermögensmanagement die Erhebung von Veranlagungswünschen des Kunden, die Bewertung des potentiellen Kunden in finanzieller Hinsicht und in Bezug auf seine Risikobereitschaft, die Erstellung eines Angebotes für den Kunden, die Aufklärung des Kunden bezüglich des Risikopotentials des VM-Portfolios im Sinne der WAG-Bestimmungen, der Vertragsabschluss sowie die Durchführung aller damit verbundenen Tätigkeiten, die Durchführung von Performancegesprächen mit dem Kunden, die laufende Kundenbetreuung sowie die Entgegennahme und Beantwortung von Kundenanfragen betreffend der VM-Portfolios (siehe Jobprofil "VermögensmanagerIn" der Bank). Der Berufungswerber stellt hierbei im Innendienst telefonisch Kundenkontakte und -termine her, erstellt seine Angebote an Kunden und informiert sich über die Produktpaletten seines Arbeitgebers; im Außendienst erfolgen hingegen Kundenberatungen sowie Vertragsabschlüsse, wobei bei Neukunden (35 im Jahr 2006) durchschnittlich drei Außendienst-Termine bis zu einem Vertragsabschluss sowie ein Betreuungstermin nach Vertragsabschluss und bei Bestandskunden (173 im Jahr 2006) drei Außendiensttermine pro Jahr erforderlich waren. Der Berufungswerber war im strittigen Jahr zur Erfüllung seiner Aufgaben überwiegend (laut Berechnung des Berufungswerbers zu 63,46 %) im Außendienst tätig (siehe undatierte Bestätigung des Arbeitgebers Bank für das Jahr 2006, das Jobprofil "VermögensmanagerIn" der Bank sowie die glaubwürdigen Angaben des Berufungswerbers im Schreiben vom 26. Februar 2008).
Auf Grund der vorliegenden Aktenlage steht für den Referenten außer Zweifel, dass der Berufungswerber im Jahr 2006 überwiegend im Außendienst im Bereich der Akquisition, Kundenbetreuung und im Verkauf tätig war. Die Berufungswerber betreute seine Kunden in Vermögensbelangen, bahnte im Rahmen dieses Kundenverkehrs Aufträge an und tätigte im Namen und auf Rechnung seines Arbeitgebers Bank Vertragsabschlüsse. Die Aufgabe des Berufungswerbers war sohin vorrangig auf die Betreuung und Herbeiführung von Geschäftsabschlüssen ausgerichtet. Die Tätigkeit des Berufungswerbers erfüllte somit das Berufsbild eines Vertreters im Sinne der genannten Verordnung.
Der Referent schließt sich der in der Bescheidbegründung des Finanzamtes geäußerten Rechtsansicht nicht an, die Tätigkeit eines Bankangestellten bzw. eines Vermögensberaters im vorliegenden Sinne sei mit jener eines Vertreters im Sinne obiger Verordnung nicht vergleichbar. Wie vom Berufungswerber glaubhaft dargelegt, verbrachte dieser mehr als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit im Außendienst zum Zwecke des Kundenverkehrs in Form von Vertragsanbahnungen und Vertragsabschlüssen im Namen und für Rechnung seines Arbeitgebers, sodass trotz Berufsbezeichnung "Vermögensmanager" von einer Vertretertätigkeit des Berufungswerbers auszugehen ist.
Das Finanzamt versagte dem Berufungswerber im bekämpften Bescheid zu Unrecht die Gewährung der Vertreterpauschale im Sinne der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen BGBl 32/1993 idF BGBl. II 382/2001, weshalb der Berufung Folge zu geben ist.
Die Berechnung der Einkommensteuer für das Jahr 2006 ergibt sich aus dem beiliegenden Berechnungsblatt, das insofern Bestandteil dieser Entscheidung wird.
Es war spruchgemäß zu entscheiden.
Beilage: 1 Berechnungsblatt
Innsbruck, am 31. März 2008
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 17 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988 |
Schlagworte: | Werbungskostenpauschale, Bankangestellter, Vertreter |