Sicherstellungsauftrag gem. § 232 BAO
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2004/16/0065 eingebracht (Amtsbeschwerde). Mit Erk. v. 11.11.2004 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit BE zur Zl. ZRV/0001-Z2L/05 erledigt.
Entscheidungstext
Der unabhängige Finanzsenat hat über die Beschwerde des Bf., vertreten durch Dr. Achim Maurer, gegen die Berufungsvorentscheidung des Hauptzollamtes Wien vom 21. 2. 2003, GZ. 100/45127/2001-138, betreffend Sicherstellungsauftrag gem. § 232 BAO, entschieden:
Die angefochtene Berufungsvorentscheidung wird gem. Art.243 Abs.1 und 2 Buchstabe b) Zollkodex i.V.m. § 85c Abs.3 und 8 ZollR-DG u.m. § 289 Abs.1 BAO unter Zurückweisung der Sache an die zuständige Rechtsbehelfsbehörde erster Stufe (Art.243 Abs.2 Buchstabe a) Zollkodex i.V.m. § 85b Abs.2 ZollR-DG) aufgehoben.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diese Entscheidung ist gemäß § 85c Abs. 8 Zollrechts-Durchführungsgesetz (ZollR-DG) iVm § 291 der Bundesabgabenordnung (BAO) ein ordentliches Rechtsmittel nicht zulässig. Es steht dem Beschwerdeführer jedoch das Recht zu, innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung dieser Entscheidung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof muss - abgesehen von den gesetzlich bestimmten Ausnahmen - von einem Rechtsanwalt oder einem Wirtschaftsprüfer unterschrieben sein.
Gemäß § 85c Abs. 7 ZollR-DG steht der Berufungsbehörde der ersten Stufe das Recht zu, gegen diese Entscheidung innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung (Kenntnisnahme) Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
Entscheidungsgründe
Das Hauptzollamt Wien ordnete am 26.8.2002 zu Zl.100/45127/2001-123 in einen an den Bf gerichteten (und diesem am 28.8.2002 zugestellten) Bescheid gem. § 232 BAO (= Sicherstellungsauftrag) zur Sicherung von (anhand des in den Zollstrafverfahren zu Zln. 100/90.551/2000-Str.IV/Kw, 100/90630/2001-Str.III/Ke, ermittelten Sachverhaltes errechneten) Eingangsabgaben in Höhe von insgesamt € 75.720.269,26, davon € 17.096.656,03 an Zoll, € 17.427.098,75 an Einfuhrumsatzsteuer und € 41.196.514,48 an Tabaksteuer, die Sicherstellung in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Bescheidadressaten an, und zwar mit der Begründung, dass die Einbringung dieser gem. Art.203 Zollkodex entstandenen Abgabenschuld auf Grund der derzeitigen Einkommens- und Vermögensverhältnisse gefährdet sei und demnach die im § 232 BAO normierten Voraussetzungen für die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages vorlägen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Bf durch seinen Vertreter, Rechtsanwalt Dr. Achim Maurer, Wien, am 26.9.2002 fristgerecht gem. Art. 243 Abs.1 und 2 lit.a), 245 Zollkodex i.V.m. § 85a Abs.1 Zi.1 ZollR-DG den Rechtsbehelf der Berufung, in der er mit im wesentlichen nachstehender Begründung die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Sicherstellungsauftrages begehrte: Es werde als Berufungsgrund unrichtige Gesetzesanwendung geltend gemacht. Es sei gegen ihn zwar Strafanzeige erstattet worden, weil er in Verdacht stehe, als Mitglied einer Bande Zigaretten aus Ungarn in das Gebiet der Gemeinschaft geschmuggelt und dadurch das Finanzvergehen des gewerbsmäßigen bandenmäßigen Schmuggels und in Tateinheit das Finanzdelikt des vorsätzlichen Eingriffs in die Rechte des Tabakmonopols begangen zu haben, diese Strafanzeige richte sich aber gegen zahlreiche Personen und es sei ihm eine Beteiligung an diesen Straftaten, die er zudem stets in Abrede gestellt habe, keineswegs mit einer für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nachzuweisen, sodass derzeit keineswegs abgeschätzt werden könne, ob ihn hinsichtlich der verkürzten Abgabenansprüche der Republik Österreich überhaupt irgendeine Haftung treffe. Ein die Abgabenpflicht ihm gegenüber auslösender Tatbestand liege demnach nicht vor, sodass bei richtiger Würdigung der bisherigen Erhebungsergebnisse vom Sicherstellungsauftrag Abstand zu nehmen gewesen wäre.
Diese Berufung wies das Hauptzollamt Wien in seiner Berufungsvorentscheidung vom 21.2.2003, Zl.100/45127/2001-138, in der es außerdem die im (erstinstanzlichen) Sicherstellungsauftrag bezifferten Abgabenansprüche um € 7.377.000,96 (an Abgabenerhöhung) auf insgesamt € 83.097.256,42 "berichtigte", gem. § 85b Abs.2 ZollR-DG als unbegründet ab, und zwar im wesentlichen mit folgender Begründung: Nach den finanzstrafbehördlichen Ermittlungen bestehe kein Zweifel, dass der Bf in Österreich als einer der Haupttäter einer international operierenden Schmuggelbande die in diesem Verfahren festgestellten Zigarettenlager unter Mitwirkung weiterer Personen angemietet und verwaltet habe, wobei er durch die geständige Verantwortung weiterer Täter schwer belastet werde. Daraus ergebe sich, dass er die verfahrensgegenständlichen, vorschriftswidrig in das Zollgebiet gelangten Zigaretten in Besitz gehabt habe. Durch diese Inbesitznahme sei für den Bf gem. Art.202 Abs.1 lit.a) und Abs.3 Zollkodex i.V.m. § 2 Abs.1 ZollR-DG eine Abgabenschuld entstanden. Zur Frage, ob eine Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung der Abgaben gegeben sei, werde auf die übereinstimmende Auffassung von Lehre und Rechtssprechung hingewiesen, wonach eine solche jedenfalls dann vorliege, wenn aus der wirtschaftlichen Lage des Steuerpflichtigen und den besonderen Umständen des Einzelfalls geschlossen werden müsse, dass nur bei raschem Zugriff der Behörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheine. Im vorliegenden Fall sei schon auf Grund der Höhe der Abgabenschuld eine Gefährdung der Einbringung gegeben und hätten demnach die Voraussetzungen für die Erlassung eines Sicherstellungsauftrages vorgelegen, sodass der angefochtenen Bescheid zu Recht ergangen sei.
Gegen diese (am 27.2.2003 dem Vertreter des Bf zugestellte) Berufungsvorentscheidung richtet sich die am 27.3.2003 (und damit rechtzeitig) eingebrachte Beschwerde i.S.d. § 85c Abs.1 ZollR-DG, in der als Beschwerdegrund unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht und dies folgendermaßen begründet wurde:
Es sei die Argumentation der Zollbehörde in deren Berufungsvorentscheidung insofern unzutreffend, als das auf Grund des von der Finanzstrafbehörde ermittelten Sachverhaltes beim Landesgericht Eisenstadt anhängige Finanzstrafverfahren gegen den Bf bis dato nicht abgeschlossen sei. Auch habe er bisher die ihm vom Hauptzollamt Wien als Finanzstrafbehörde zur Last gelegten Taten anlässlich seiner Vernehmungen stets konsequent bestritten und dabei schlüssig erklärt, warum er fallweise in Kontakt mit GM und anderen in ein Finanzstrafverfahren verwickelten Personen gestanden sei. Insbesondere weise er darauf hin, dass PB bei dessen Einvernahme am 11.5.2001 vor dem Hauptzollamt Wien angegeben habe, mit GM zusammengearbeitet zu haben, und überdies weite Teile der von GM zuvor getätigten Aussagen als unrichtig bezeichnet. PB habe weiters bestritten, dass ein Zigarettenschmuggel stattgefunden habe und sei auch bei weiteren Vernehmungen dabei geblieben. Der Bf sei jedenfalls von von PB weder des Schmuggels noch des Besitzes von Schmuggelgut bezichtigt worden. So habe PB insbesondere am 30.5.2001 auch angegeben, dass der Bf weder mit der Anmietung der Halle in Weigelsdorf noch mit den übrigen Hallen etwas zu tun gehabt habe, wie auch, dass die Hubstapler für die Verladung der Ware von GM besorgt worden seien. Den Ermittlungsergebnissen könne demnach weder entnommen werden, dass der Bf selbst einfuhrpflichtige Waren vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht habe noch könne mit der für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass er derartige Waren erworben oder in Besitz gehabt habe, zumal die übrigen Personen, gegen die ermittelt worden sei, ihn kaum belasten würden, wie insbesondere PB, der angegeben habe, dass die Lagerhallen nicht vom Bf, sondern von GM in dessen Namen angemietet worden seien. Bei richtiger Würdigung des ermittelten Sachverhaltes hätte die Behörde sohin zur Auffassung gelangen müssen, dass der Bf keineswegs in Besitz geschmuggelter Zigaretten gewesen sei, sodass eine Eingangsabgabenschuld ihm gegenüber nicht entstanden sei. Im übrigen seien auch die Berechnungen des Hauptzollamtes Wien nicht nachvollziehbar, zumal in den einzelnen Bescheiden immer wieder verschiedene Abgabenbeträge als offen ausgewiesen würden. Außerdem fehle eine nachvollziehbare Begründung sowohl dafür, dass eine Gefährdung bzw. wesentliche Erschwerung der Einbringung der Abgaben gegeben sei, als auch dafür, dass ein rascher Zugriff notwendig (gewesen) sei, zumal die Höhe der Abgabenschuld allein nicht als einziges Kriterium hiefür herangezogen werden könne; richtig sei in diesem Zusammenhang lediglich, dass ein Betrag von € 83.097.256,42 nicht leistbar sei: Daran würde allerdings auch ein rascher Zugriff nichts ändern, weil der Bf eben über kein Vermögen in annähernd dieser Höhe verfüge.
(Zu dieser Sachlage ist ergänzend festzuhalten, dass lt. Aktenlage das Hauptzollamt Wien in zwei jeweils auf den Zollschuldentstehungstatbestand des Art.202 Abs.1 lit.a) u.Abs.3 Zollkodex i.V.m. § 2 Abas.1 ZollR-DG gegründeten, an den Bf gerichteten Abgabenbescheiden vom 17.1.2003, Zln.100/45127/146/2002 u.100/45127/155/2002, dem genannten Bescheidadressaten unter Stützung auf denselben Sachverhalt, der auch dem in Rede stehenden Sicherstellungsauftrag zugrunde lag, zum einen Eingangsabgabenschuldigkeiten von insgesamt € 71.351.406,47, wobei gem. Art.213 Zollkodex hinsichtlich dieses Betrages das Bestehen eines Gesamtschuldverhältnisses mit LM, GM und PB festgestellt wurde, und zum anderen Eingangsabgabenschuldigkeiten von insgesamt € 11.745.849,95, wobei hinsichtlich dieses Betrages ein Gesamtschuldverhältnis mit GM und PB sowie hinsichtlich eines Teilbetrages von € 3.299.284,06 mit MZ festgestellt wurde, gem. Art.221 Abs.1 Zollkodex zur Entrichtung vorgeschrieben hat. Diese Abgabenvorschreibungen sind sodann in Form von am 13.1.2004 zu den Zln. 100/45127/2001-180, 181 gem. § 85b ZollR-DG ergangenen Berufungsvorentscheidungen in Rechtskraft erwachsen.
Weiters ist am 10.9.2003 zu Zl.12 Hv 106/02w gegen den Bf ein Urteil des Landesgerichts Eisenstadt erlassen worden, in dem der Genannte der Beteiligung am in Rede stehenden Zigarettenschmuggel für schuldig erkannt wurde.)
Der Unabhängige Finanzsenat hat hierüber Nachstehendes erwogen:
Gem. § 232 Abs.1 BAO kann die Abgabenbehörde, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften die Abgabenpflicht knüpfen, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststeht, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226 BAO)an den Abgabepflichtigen eine Sicherstellungsauftrag erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe zu begegnen. Nach Abs.2 leg.cit. hat der Sicherstellungsauftrag u.a. die Gründe, aus denen sich die Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung der Abgabe ergibt, zu enthalten, wobei bei Gesamtschuldverhältnissen diese Gefährdung bzw. Erschwerung bei allen Gesamtschuldnern gegeben sein muss (siehe dazu Ritz, Bundesabgabenordnung -Kommentar, Orac-Verlag, RZ.4 zu § 232, sowie Stoll, BAO, 2402). Eine solche Gefährdung bzw. wesentliche Erschwerung liegt vor, wenn aus der wirtschaftlichen Lage und den sonstigen Umständen des Einzelfalls geschlossen werden kann, dass nur bei raschem Zugriff der Abgabenbehörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheint (VwGH 10.7.1996, 92/15/0115; 20.2.1997, 95/15/0057; 27.8.1998, 98/13/0062). Solche Umstände sind nach der Judikatur (z.B. VwGH 24.1.1996, 95/13/0147; 17.12.1996, 95/14/0130) vor allem vor bei drohendem Konkurs -oder Ausgleichsverfahren, bei Exekutionsführung von dritter Seite, bei Auswanderungsabsicht, bei Vermögensverschleppung, bei Vermögensverschiebung ins Ausland oder an Verwandte und bei dringendem Verdacht einer Abgabenhinterziehung gegeben, wobei allerdings letzteres allein, d.h. ohne Bedachtnahme auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Abgabepflichtigen, stets noch nicht ausreicht, damit eine solche Gefährdung oder Erschwerung angenommen werden darf (VwGH 4.7.1990, 89/15/0131), weil nämlich einerseits das Vorliegen des Tatbestandes der Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgaben unabhängig vom Verdacht einer Abgabenhinterziehung zu beurteilen ist und andererseits diese Frage ohne Auseinandersetzung mit der wirtschaftlichen Lage des Abgabepflichtigen nicht beantwortet zu werden vermag (VwGH 11.5.1983, 82/13/0262; VwGH 4.7.1990, 89/15/0131).
Da -anders als bei Berufungserledigungen, bei denen in aller Regel die Sachlage im Zeitpunkt der Erlassung der Berufungs(vor)entscheidung maßgeblich ist- im einen Sicherstellungsauftrag betreffenden Rechtsbehelfsverfahren allein dahingehend zu untersuchen ist, ob die im Zeitpunkt seiner Erlassung hiefür erforderlichen sachlichen Voraussetzungen gegeben waren ( VwGH 17.10.2001, 96/13/0055, VwGH 28.11.2002, 2002/13/0045), hatte der Unabhängige Finanzsenat im vorliegenden Fall daher zu prüfen, ob zum Zeitpunkt der Erlassung des gegenständlichen Sacherstellungsauftrages, d.w. der 26.8.2002, die oben angeführten (gesetzlichen) Voraussetzungen des § 232 BAO vorgelegen sind oder nicht.
Dazu stellt der Unabhänige Finanzsenat fest, dass weder der (erstinstanzliche) Sicherstellungsauftrag noch die darauf bezughabenden Berufungsvorentscheidung des Hauptzollamtes Wien der im § 93 Abs.3 lit.a) BAO normierten Begründungspflicht entspricht: Dazu wird insbesondere auf das Erkenntnis des VwGH vom 22.3.1991, 90/13/0074, hingewiesen, wonach die Verwirklichung des Tatbestandes, an den die Abgabenpflicht geknüpft ist, im Sicherstellungsauftrag entsprechend dargetan werden muss, wobei dessen Begründung jedenfalls erkennen lassen muss, welcher konkrete Sachverhalt der Entscheidung zugrunde gelegt wurde und welche Erwägungen im Rahmen der Beweiswürdigung dafür maßgebend waren (sh. dazu auch VwGH 25.9.2002, 97/13/0070): Zum einen geht das Hauptzollamt Wien weder im Sicherstellungsauftrages noch in der Berufungsvorentscheidung auf das bei Gesamtschuldverhältnissen bestehende Erfordernis des Gefährdungs- bzw. Erschwerungsmoments bei allen Gesamtschuldnern ein, zum anderen begründet es seinen (erstinstanzlichen) Sicherstellungsauftrag vom 26.8.2002 sowie seine Berufungsvorentscheidung vom 21.2.2003 lediglich mit dem pauschalen Hinweis auf "derzeitige Einkommens- und Vermögensverhältnisse" bzw. nur mit der bloßen Behauptung, schon auf Grund der Höhe der Abgabenschuld sei eine Gefährdung deren Einbringung gegeben, ohne allerdings darin diese Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Abgabepflichtigen (und auch nicht der übrigen Gesamtschuldner) konkret darzustellen, geschweige denn eines der oben aufgezählten, von Lehre und Rechtsprechung anerkannten Gefährdungskriterien überhaupt zu nennen. Soweit der Unabhängige Finanzsenat diesbezüglich aus den ihm vom Hauptzollamt Wien vorgelegten Verwaltungsakten zu entnehmen vermag, konnte das Hauptzollamt Wien offenbar dies mangels tatsächlicher (in zielführender ausreichender Weise erfolgter) Erhebung der (damals aktuellen) Einkommens -und Vermögensverhältnisse auch gar nicht tun; dazu hätte es nämlich zumindest einer eingehenden Befragung des bzw. der Abgabepflichtigen selbst sowie jedenfalls der Einholung entsprechender Finanzamtsauskünfte i.S.d. § 158 BAO bedurft.
Insoweit ist also dem Vorbringen des Bf in dessen Rechtsbehelfseingabe vom 27.3.2003 beizupflichten, wenn er darin ausführt, dass eine nachvollziehbare Begründung zur Gefährdung und dazu, dass ein rascher Zugriff notwendig wäre, fehle, zumal die Höhe der Eingangsabgabenschuld allein -wie dies aber das Hauptzollamt Wien in offenbar rechtsirriger Gesetzesanwendung getan hat- nicht als einziges diesbezügliches Kriterium hergezogen werden könne.
Zum sonstigen Rechtsbehelfsvorbringen des Bf stellt der Unabhängige Finanzsenat folgendes fest: Ein Sicherstellungsauftrag ist kein abschließender Sachbescheid, sondern eine dem Bereich der Abgabeneinbringung zuzuordnende "Sofortmaßnahme", die dazu dient, selbst vor Feststellung des Ausmaßes der Abgabenschuld Einbringungsmaßnahmen setzen zu können, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass die spätere Einbringung der Abgabe gefährdet oder wesentlich erschwert wäre (VwGH 25.9.2002, 97/13/0070; VwGH 26.11.2002, 99/15/0076; VwGH 3.7.2003, 2000/15/0042). Es liegt daher in der Natur einer solchen Maßnahme, dass sie nicht erst nach Erhebung sämtlicher Beweise, sohin nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens, gesetzt werden kann, sondern es genügt, dass die Abgabenschuld dem Grunde nach entstanden ist und gewichtige Anhaltspunkte für ihre Höhe sowie für die Gefährdung bzw. wesentliche Erschwerung ihrer Einbringung gegeben sind. Dies erhebt die Behörde jedoch nicht der Pflicht, den Abgabepflichtigen zu denjenigen Beweisen Gelegenheit zur Äußerung zu bieten, auf die sie ihre Sachverhaltsfeststellungen zum Entstehen des Abgabenanspruches dem Grunde nach in Ausführung der Beweiswürdigung stützt (VwGH 24.9.2002, 97/13/0070). Im gegenständlichen Fall ist aus den dem Unabhängigen Finanzsenat vorgelegten Verwaltungsakten jedenfalls nicht ersichtlich, dass die genannte Zollbehörde überhaupt eine derartige Beweiswürdigung vorgenommen hat, geschweige denn jemals das Ergebnis derselben dem Abgabepflichtigen zur Äußerung zur Kenntnis gebracht hat.
Insofern weist demnach sowohl der (erstinstanzliche) Bescheid als auch die hierüber erlassene Berufungsvorentscheidung schwerwiegende, insbesondere auch aus der Abstandnahme von zweckmäßigern bzw. notwendigen Sachverhaltsermittlungen herrührende Begründungsmängel auf.
Da der Unabhängige Finanzsenat als zuständige Abgabenbehörde zweiter Instanz im vorliegenden Fall die gegenständliche Beschwerde weder zurückzuweisen noch als zurückgenommen oder als gegenstandslos zu erklären hatte, sah er sich in Anbetracht der oben dargestellten Sach- und Rechtslage veranlasst, unter Anwendung des § 85c Abs.8 ZollR-DG i.V.m. § 289 Abs.1 BAO von seinem ihm diesbezüglich zustehenden Ermessen Gebrauch zu machen, die betreffende Berufungsvorentscheidung durch Aufhebung unter Zurückverweisung der Sache an die zuständige Rechtsbehelfsbehörde erster Stufe zu erledigen, weil -wie oben bereits dargelegt- Ermittlungen (§ 115 Abs.1 BAO) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid erlassen werden oder eine Bescheiderteilung unterbleiben hätte können, wobei das hier geübte Ermessen mit Zweckmäßigkeitserwägungen begründet wird: Um die (zum Zeitpunkt der Erlassung des in Rede stehenden Sicherstellungsauftrages herrschenden) Einkommens -und Vermögensverhältnisse des Bf sowie der übrigen Gesamtschuldner zu ermitteln, wird es voraussichtlich nicht nur erforderlich sein, entsprechende Auskünfte bei Finanzbehörden einzuholen, sondern werden diese Personen auch selber (niederschriftlich) zu befragen und gegebenenfalls die Richtigkeit deren Aussagen entsprechend (z.B. durch Einholung weiterer Auskünfte von Bankinstituten) zu überprüfen sein; derart umfangreiche Erhebungen könnten von einem Organ des Unabhängigen Finanzsenates wohl kaum oder aber nur unter unverhältnismäßig hohem Zeit- und Arbeitsaufwand bewerkstelligt werden.
Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.
Linz, 15. März 2004
Zusatzinformationen | |
---|---|
Materie: | Zoll |
betroffene Normen: | § 232 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | Sicherstellungsauftrag, Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung der Abgabe, Gesamtschuldverhältnis, dringender Verdacht einer Abgabenhinterziehung, Bedachtnahme auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Abgabepflichtigen, Begründungspflicht, Sofortmaßnahme |
Verweise: | Ritz, Bundesabgabenordnung-Kommentar, Rz 4, § 232 |