Normen
BAO §183 Abs4;
BAO §232 Abs1;
BAO §232 Abs2;
BAO §280;
BAO §4 Abs1;
BAO §183 Abs4;
BAO §232 Abs1;
BAO §232 Abs2;
BAO §280;
BAO §4 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist Wirtschaftstreuhänder. Mit Bescheid vom 25. Jänner 1995 leitete das Finanzamt als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen ihn ein Finanzstrafverfahren ein, weil der Verdacht bestehe, daß er vorsätzlich unter Verletzung der abgabenrechtlichen Offenlegungs- und Wahrheitspflicht durch die Nichterklärung von Betriebseinnahmen und durch die Geltendmachung fingierter Betriebsausgaben für die Jahre 1985 bis 1993 Umsatz- und Einkommensteuer verkürzt habe. Zur Begründung wurde ausgeführt, auf Grund von finanzstrafrechtlichen Erhebungen werde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe in großem Umfang zu Unrecht Betriebsausgaben angesetzt. So habe er für seine Gattin die Lohnaufwendungen einer Bilanzbuchhalterin gewinnmindernd geltend gemacht, obwohl sie nicht für den Betrieb tätig gewesen sei; er habe Dienstnehmer genötigt, fingierte Reisekostenabrechnungen zu unterfertigen, und von einer Dienstnehmerin, die eine Abfertigung erhalten habe, verlangt, den Erhalt einer weitaus höheren Abfertigung zu bestätigen. Aufgrund der entsprechenden Bestätigungen habe er Betriebsausgaben geltend gemacht. Auch habe er Kosten für das private Fahrzeug seiner Eltern gewinnmindernd berücksichtigt. Er habe auch einen Teil der Betriebseinnahmen nicht erklärt.
Mit Sicherstellungsauftrag vom 27. März 1995 ordnete das Finanzamt gemäß § 232 BAO die Sicherstellung in das bewegliche und unbewegliche Vermögen des Beschwerdeführers zur Sicherung der Einkommensteuer 1989 bis 1993 im Gesamtbetrag von 954.126 S an.
In der Berufung gegen den Sicherstellungsauftrag wandte sich der Beschwerdeführer im wesentlichen dagegen, daß sich das Finanzamt bei Begründung der Gefährdung der Einbringung der Abgaben darauf gestützt habe, daß durch die "Eigenkündigung der wichtigsten Kanzleimitarbeiter" ein enormer Klientenrückgang eingetreten sei, sodaß der Beschwerdeführer aus dem laufenden Einkommen den Abgabenrückstand nicht mehr entrichten könne. Der Beschwerdeführer brachte hiezu vor, bei den ausgeschiedenen Dienstnehmern handle es sich um JJ und RR. JJ - eine Bilanzbuchhalterin - habe jahrelang ihren Arbeitsplatz dazu benutzt, den Beschwerdeführer zu schädigen. Er schätze den Schaden mit 4 Mio. S. JJ habe ihm einerseits Klienten abgeworben, andererseits für die nicht abgeworbenen Klienten Arbeiten auf eigene Rechnung erledigt; sie habe die EDV-Einrichtungen des Beschwerdeführers mißbraucht und ihn sämtliche dadurch entstandenen Kosten tragen lassen. RR sei als Sekretärin beschäftigt gewesen. Es sei sohin unrichtig, daß die wichtigsten Mitarbeiter gekündigt hätten. Richtig sei allerdings, daß ihm 50 % der Klienten abgeworben worden seien. Ein Abgabenrückstand setze eine Abgabenfestsetzung voraus; es liege daher ein Abgabenrückstand nicht vor. Seine Einkünfte aus selbständiger Arbeit würden im Jahr 1995 zwischen einem Verlust von 200.000 S und einem Gewinn von 100.000 S liegen. Für das Jahr 1996 erwarte er positive Einkünfte in der Größenordnung der vergangenen Jahre.
In der Berufungsvorentscheidung, mit welcher das Finanzamt die Berufung abwies, wurde ausgeführt, es seien im gegenständlichen Fall finanzstrafrechtliche Ermittlungen und Erhebungen durchgeführt worden, die u.a. zum Hausdurchsuchungsbefehl vom 26. Jänner 1995 geführt hätten. Sowohl die vorläufige Auswertung der Ergebnisse der Hausdurchsuchung als auch weitere Ermittlungsmaßnahmen, insbesondere Zeugeneinvernahmen, hätten ergeben, daß sowohl im Bereich der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Betriebsausgaben als auch im Bereich der von ihm erklärten Betriebseinnahmen schwerwiegende Mängel vorlägen, die den dringenden Verdacht der Abgabenhinterziehung rechtfertigten. Der Beschwerdeführer habe in Kenntnis der ihn erwartenden Abgabennachforderung Maßnahmen einer Vermögensverschiebung dergestalt getroffen, daß er mit Notariatsakt vom 17. Februar 1995 seiner Gattin eine Liegenschaft in M übertragen habe; diese Vermögensverschiebung rechtfertige jedenfalls die Sicherstellungsmaßnahme. Der Beschwerdeführer habe zudem mit Eingabe vom 1. Februar 1995 die Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlungen für 1995 und die Folgejahre auf Null S beantragt und dies mit der Reduktion seines Klientenstockes um ca. 50 % - es sei aus diesem Grund kein Gewinn zu erwarten - begründet. Es bestehe sohin ein eklatantes Mißverhältnis zwischen der zu erwartenden Abgabennachforderung und der Einnahmenerwartung.
Der Beschwerdeführer stellte den Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie habe dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 10. August 1995 vorgehalten, aufgrund welcher einzelnen Vorgänge die Abgabenansprüche geschätzt würden und die Gefährdung bzw. wesentliche Erschwerung ihrer Einbringung anzunehmen sei. Der Beschwerdeführer habe diesen Vorhalt unbeantwortet gelassen. Er habe allerdings bereits anläßlich seiner Vernehmung am 26. und 27. Jänner 1995 bestritten, Schwarzgeld erhalten zu haben, seine Gattin ohne entsprechende Gegenleistung für seinen Betrieb entlohnt zu haben oder von einer Dienstnehmerin verlangt zu haben, daß sie den Erhalt einer Abfertigung mit einem höheren Betrag bestätige, als ihr tatsächlich ausgezahlt worden sei. Die belangte Behörde gehe dennoch in sachverhaltsmäßiger Hinsicht davon aus, daß der Beschwerdeführer Lohnkosten für seine Gattin sowie für Frau KS in Höhe von 1,3 Mio. S als Betriebsausgaben geltend gemacht habe, obwohl diese keine Leistungen für seinen Betrieb erbracht hätten. Er habe private Kfz-Aufwendungen seiner Eltern als Betriebsausgaben geltend gemacht. Die in Belegen der Dienstnehmerin RR über deren private Reiseaufwendungen ausgewiesenen Beträge habe er ihr zum Teil ersetzt, aber zur Gänze als Betriebsausgaben geltend gemacht; so sei er auch gegenüber anderen Dienstnehmern vorgegangen. Er habe von der Dienstnehmerin AA getragene Fortbildungskosten als Betriebsausgaben geltend gemacht, ohne sie ihr zu ersetzen. Diese Dienstnehmerin habe er auch ersucht, den Erhalt einer Abfertigung in Höhe von ca. 88.000 S zu bestätigen, obwohl sie nur 36.000 S erhalten habe; er habe sodann den Betrag von 88.000 S als Betriebsausgabe geltend gemacht. Auch habe er Kosten der privaten Lebensführung (Sitzgarnitur, Saunabesuch, Schulmaterial für seine Kinder, etc.) als Betriebsausgaben geltend gemacht. Weiters habe er von einigen Klienten Schwarzgelder vereinnahmt. Für einen behinderten Dienstnehmer habe er Zuschüsse des Landesinvalidenamtes erhalten, aber nur zum Teil steuerlich erfaßt. Dieser Sachverhalt ergebe sich aus diversen Zeugenaussagen. Der Beschwerdeführer habe anläßlich seiner Vernehmung durch das Finanzamt am 26. und 27. Jänner 1995 die Richtigkeit der ihn belastenden Zeugenaussagen bestritten; er habe behauptet, Frau RR habe sich an ihm rächen wollen, weil er Strafanzeige gegen sie erstattet habe. Im Hinblick auf die Zeugin RR sei dieser Umstand nach Ansicht der belangten Behörde nicht von vornherein auszuschließen. Warum aber alle anderen Zeugen, die den Beschwerdeführer belasteten, falsch ausgesagt haben sollten, sei für die belangte Behörde nicht ersichtlich. In Anbetracht dieser Umstände erweise sich die Annahme des Finanzamtes über die Höhe der zu sichernden Abgabenschuld als höchst vorsichtige Schätzung. Der Sicherstellungsauftrag sei erforderlich gewesen, um einer Gefährdung oder zumindest wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgaben zu begegnen. Die wirtschaftliche Situation des Beschwerdeführers habe sich gegenüber den Jahren vor 1995 drastisch verschlechtert. Er sei mit 31. Dezember 1994 als Dienstnehmer der A-GmbH ausgeschieden und beziehe seither keine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In seiner Steuerberatungskanzlei habe er rund die Hälfte seiner Klienten verloren und rechne für 1995 mit keinem Gewinn. Seit 17. Februar 1995 - Datum des Abschlusses eines Übergabsvertrages - erziele er auch keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Er sei aber mit Schulden in Höhe von zumindest 2 Mio. S belastet. Er habe mit einer Bestrafung wegen Abgabenhinterziehung zu rechnen, was eine Entziehung seiner Berufsbefugnis zur Folge haben könnte. Bereits diese Umstände, die vor Erlassung des Sicherstellungsauftrages vorgelegen seien, machten deutlich, daß das Finanzamt zu Recht angenommen habe, die Entrichtung des zu erwartenden Abgabenrückstandes sei aus dem laufenden Einkommen nicht möglich. Die weitere Entwicklung habe dies bestätigt. Mittlerweile hätten zwei Drittel der ehemaligen Klienten des Beschwerdeführers ihr Vollmachtsverhältnis gekündigt; er erhalte keine neuen Aufträge. Einige Klienten hätten auf Rückzahlung überhöhter Honorare geklagt. Bedeutsam sei auch, daß der Beschwerdeführer mit Notariatsakt vom 17. Februar 1995 seiner Gattin die Liegenschaft in M übergeben habe. Der Beschwerdeführer sei sich dabei der erheblichen Abgabennachforderung bewußt gewesen. Es liege daher eine Vermögensverschiebung zum Nachteil des Abgabengläubigers vor. In Anbetracht der wirtschaftlichen Situation des Beschwerdeführers, der Vermögensverschiebung und des dringenden Verdachtes der Abgabenhinterziehung sei von einer Gefährdung oder zumindest wesentlichen Erschwerung der Einbringlichkeit der zu sichernden Abgabenschuld auszugehen. Das Finanzamt habe daher zu Recht den Sicherstellungsauftrag erlassen.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 232 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschriften die Abgabepflicht knüpfen, selbst bevor die Abgabenschuld dem Ausmaß nach feststeht, bis zum Eintritt der Vollstreckbarkeit (§ 226) an den Abgabepflichtigen einen Sicherstellungsauftrag erlassen, um einer Gefährdung oder wesentlichen Erschwerung der Einbringung der Abgabe zu begegnen.
Von einer Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung kann im wesentlichen dann gesprochen werden, wenn aus der wirtschaftlichen Lage des Steuerpflichtigen und den besonderen Umständen des Einzelfalles geschlossen werden muß, daß nur bei raschem Zugriff der Behörde die Abgabeneinbringung voraussichtlich gesichert erscheint (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Juli 1990, 89/15/0131). Derartige Gefährdungen oder Erschwerungen werden ua bei drohendem Konkurs- oder Ausgleichsverfahren, bei Exekutionsführung von dritter Seite, bei Auswanderungsabsicht, Vermögensverschleuderung, bei Vermögensverschiebung ins Ausland oder an Verwandte oder bei dringendem Verdacht einer Abgabenhinterziehung gegeben sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 1996, 95/13/0147). Ein Sicherstellungsbescheid ist eine dem Bereich der Abgabeneinbringung zuzuordnende "Sofortmaßnahme". Es liegt in der Natur einer solchen Maßnahme, daß sie nicht erst nach Erhebung sämtlicher Beweise, sohin nach Abschluß des Ermittlungsverfahrens, gesetzt werden kann, sondern daß es genügt, daß die Abgabenschuld dem Grunde nach entstanden ist und gewichtige Anhaltspunkte für ihre Höhe sowie für die Gefährdung bzw. wesentliche Erschwerung ihrer Einbringung gegeben sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 1990, 86/13/0198).
Das Verfahren über eine Berufung gegen einen Sicherstellungsauftrag hat sich auf die Überprüfung der Frage zu beschränken hat, ob im Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides, mit dem die Sicherstellung angeordnet wurde, die dafür erforderlichen Voraussetzungen gegeben waren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Mai 1983, 82/13/0262 mwN).
Der Beschwerdeführer bringt vor, der angefochtene Bescheid enthalte keine schlüssige und logische Begründung, aus welchen Gründen die Sicherstellung der geschätzten Abgabenansprüche notwendig gewesen sei. Die belangte Behörde habe zu Unrecht die Frage, ob die Sicherstellung gerechtfertigt sei, bejaht. Der Vorhalt der belangten Behörde vom 10. August 1995 sei ihm nicht zugestellt worden; im Falle der Zustellung hätte er ausführlich Stellung genommen.
Die Beschwerde wendet sich sohin nicht gegen die Höhe der im Sicherstellungsauftrag und im angefochtenen Bescheid angenommenen voraussichtlichen Abgabenschuld. Sie wendet sich dagegen, daß die Gefährdung oder Erschwerung der Einbringung der Abgaben angenommen worden sei.
Die belangte Behörde hat im gegenständlichen Fall die Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Einbringung in Anbetracht der angespannten Einkommenssituation des Beschwerdeführers (im Verhältnis zur erwarteten Abgabennachforderung), der Übertragung von Liegenschaftsvermögen an seine Gattin und des Verdachtes der Abgabenhinterziehung angenommen. Bereits das Finanzamt hat in seinen Entscheidungen die Einbringlichkeitsgefährdung bzw -erschwerung auf diese Umstände gestützt. Dem Beschwerdeführer waren diese Feststellungen des Finanzamtes sohin bekannt. Er hat im Zuge des Berufungsverfahrens lediglich vorgebracht, er erwarte, daß seine Einkünfte aus selbständiger Arbeit im Jahr 1995 zwischen einem Verlust von 200.000 S und einem Gewinn von 100.000 S liegen würden und daß er im Jahr 1996 ein positives Einkommen in der Größenordnung der vergangenen Jahre erzielen werde. Solcherart hat die belangte Behörde ihre Sachverhaltsfeststellungen hinsichtlich der Verhältnisse im - allein maßgeblichen - Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Sicherstellungsauftrages ohne Verletzung von Verfahrensvorschriften getroffen. Bei dieser Sachlage kann ihr auch nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Gefährdung oder wesentliche Erschwerung der Abgabeneinbringung angenommen hat.
Zu dieser Frage der Einbringlichkeitsgefährdung enthält der Vorhalt der belangte Behörde vom 10. August 1995 im wesentlichen auch Ausführungen darüber, daß sich die wirtschaftliche Situation des Beschwerdeführers nach Erlassung des Sicherstellungsauftrages weiterhin verschlechtert habe. Diese Ausführungen (etwa die Abwanderung von zwei Dritteln der Klienten) hat die belangte Behörde sodann als Feststellungen in den angefochtenen Bescheid übernommen. Sie erweisen sich als nicht relevant, weil es im Berufungsverfahren gegen einen Sicherstellungsbescheid - wie oben ausgeführt - auf Umstände, die nach Erlassung des Sicherstellungsauftrages eingetreten sind, nicht ankommt. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob dieser Vorhalt dem Beschwerdeführer zugestellt worden ist.
Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.
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