BFG RV/6100654/2019

BFGRV/6100654/201917.2.2020

Antrag auf Abrechnungsbescheid gemäß § 216 BAO

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2020:RV.6100654.2019

 

Beachte:
Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2020/15/0035. Zurückweisung hinsichtlich des ersten Spruchpunktes (Überrechnung des Guthabens vom Abgabenkonto des Gesellschafters auf jenes der Revisionswerberin), im Übrigen mit Erk. v. 27.8.2020 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben. Fortgesetztes Verfahren mit Erkenntnis zur Zahl RV/6100389/2020 erledigt.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache OEG, Adresse1, gemäß § 81 BAO vertreten durch Gesellschafter2, Adresse2, über die Beschwerde vom 11.6.2019 (Eingangsdatum) gegen den Abrechnungsbescheid der belangten Behörde Finanzamt Salzburg-Land vom 29.5.2019 zu Recht erkannt:

Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der Spruch des angefochtene Bescheides wird abgeändert und lautet:

"Über den Antrag vom 23.9.2015 auf Abrechnungsbescheid gemäß § 216 Bundesabgabenordnung (BAO) wird entschieden:

Die Überrechnung des Guthabens iHv EUR 133.194,60 vom Abgabenkonto des Gesellschafter3, StNr. 93A, auf das Abgabenkonto der OEG, StNr. 93B, am 31.7.2012 bzw 1.8.2012 erfolgte antragsgemäß und daher rechtmäßig.
Die Verrechnung des Betrages von EUR 133.194,60 erfolgte am 1.8.2012 mit dem Rückstand am Abgabenkonto der OEG, StNr. 93B, in gleicher Höhe und ist richtig und rechtmäßig, da die Verbuchung der Gebarung hinsichtlich des entstandenen Rückstandes ebenfalls richtig erfolgte.

Soweit der Antrag gemäß § 216 BAO die Rechtmäßigkeit der Zustellung der Umsatzsteuerbescheide 2006 und 2007 und damit die Rechtmäßigkeit der Festsetzung bekämpft, wird er als unzulässig zurückgewiesen."

Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Anbringen (Telefax) vom 23.9.2015 hat sich die OEG (nachstehend mit "Bf" bezeichnet) an das Finanzamt Salzburg-Land gewandt und zusammenfassend vorgebracht, die Umsatzsteuerbescheide 2006 und 2007 vom 16.9.2009 seien falsch adressiert und somit nie rechtswirksam zugestellt worden. Es werde daher ersucht, die von Gesellschafter3 überwiesene Umsatzsteuer in der Höhe von EUR 133.194,60 samt anerlaufener Zinsen auf sein persönliches Abgabenkonto beim Finanzamt Salzburg-Stadt zu überweisen.

Zunächst wurde dieses Anbringen als Rückzahlungsantrag behandelt, unter Hinweis auf das Erkenntnis des BFG vom 31.1.2019, RV/6100010/2019, später jedoch als Antrag auf Abrechnung nach § 216 BAO gewertet.
Nach Behebung von formellen und inhaltlichen Mängeln (Nennung eines konkreten Verrechnungsschrittes, Ergänzung fehlender Unterschriften) hat die Abgabenbehörde mit Abrechnungsbescheid vom 29.5.2019, adressiert an die Bf zu Handen der ehemaligen Gesellschafter bzw eines Vertreters, entschieden:

1.) Der Antrag betreffend Erlassung eines Abrechnungsbescheides für die Verbuchung der Zahllasten aus den Umsatzsteuerbescheiden für 2006 und 2007 (10.3.2008 und 18.9.2009) wird als verspätet zurückgewiesen;
2.) Die Überrechnung des Guthabens iHv EUR 133.194,60 vom persönlichen Abgabenkonto des Antragstellers, lautend auf Gesellschafter3, StNr. 93A, auf das Abgabenkonto der OEG, StNr. 93B, am 31.7.2012 bzw 1.8.2012 erfolgte aufgrund eines Antrages von Gesellschafter3 bzw der damaligen steuerlichen Vertretung Kanzlei Salzburg und daher rechtmäßig;
3.) Die Verrechnung des Betrages von EUR 133.194,60 erfolgte am 1.8.2012 mit dem Rückstand am Abgabenkonto der OEG, StNr. 93B, in gleicher Höhe und ist richtig und rechtmäßig, da die Verbuchung der Gebarung hinsichtlich des entstandenen Rückstandes ebenfalls richtig erfolgte.

Dagegen hat die Bf mit Schreiben vom 11.6.2019 (Eingangsdatum) Beschwerde erhoben. Die Beschwerde richtet sich gegen die rechtswidrige Zustellung an die Gesellschafter direkt sowie aus advokatischer Vorsicht gegen alle drei Spruchpunkte des Abrechnungsbescheides wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit in Verkennung der Sach- und Rechtslage sowie wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Im Wesentlichen führt die Bf in der Begründung aus, die Gesellschaft sei vor der Abgabenbehörde unvertreten gewesen, da diese es versäumt habe, gemäß § 81 Abs 2 BAO einen Vertreter mit Wirkung für die Gesamtheit zu bestellen, nachdem die Gesellschafter selbst niemanden zur Vertretung namhaft gemacht hätten. Es liege daher keine wirksame Zustellung des Abrechnungsbescheides vor, weshalb die Beschwerde als unzulässig zurückzuweisen sei.
Mangels Vertretung nach § 81 Abs 2 BAO habe es sich bei der Bf um kein taugliches Steuersubjekt gehandelt. Erst gleichzeitig mit Vorlage der Beschwerde sei Gesellschafter2 als vertretungsbefugte Person der Gesellschaft namhaft gemacht worden, dem auch eine Zustellvollmacht zukomme.
Ergänzend wird vorsichtshalber vorgebracht, der Antrag vom 23.9.2015 betreffe nicht die Verbuchung der vermeintlichen Zahllasten der Umsatzsteuerbescheide 2006 und 2007, sondern den Antrag vom 23.9.2015 und den damit betreffenden Buchungsvorgang, sei also rechtzeitig gestellt worden. Zudem stimme die Summe nicht (Überzahlung von EUR 6.146,13).
Die Überrechnung sei zwar antragsgemäß erfolgt, jedoch zu Unrecht, weil auf dem Abgabenkonto der Gesellschaft mangels rechtswirksamer Zustellung der genannten Umsatzsteuerbescheide keine Abgabenschuld entstanden sein konnte. Dem Abrechnungsbescheid fehle jedenfalls ein Spruch, wonach die Umsatzsteuerbescheide 2006 und 2007 rechtskonform zugestellt worden seien. Auch werde Gesellschafter3 in Punkt 2.) des Spruches fälschlicherweise als Antragsteller bezeichnet.
Der zu Unrecht vom Gesellschafter Gesellschafter3 überwiesene Betrag müsse sich im Hinblick auf den aufgezeigten Zustellmangel als Guthaben darstellen. Es habe überhaupt keine Vorschreibung - auch nicht in Form eines Nichtbescheides - bestanden.
Ein Fall einer Einlassung liege nicht vor.
Schließlich wird ua beantragt, das Bundesfinanzgericht möge eine mündliche Verhandlung durchführen und die Entscheidung durch den gesamten Senat fällen, wobei darauf verzichtet werde, wenn der Bescheid schon auf Grund der Aktenlage aufzuheben sei.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom 5.12.2019 hat die belangte Behörde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Mit Schreiben vom 9.12.2019 hat Gesellschafter3 einen Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde durch das Bundesfinanzgericht gestellt.
Ergänzend zum bisherigen Vorbringen wird im Vorlageantrag unter Hinweis auf den Beschluss des BFG vom 4.12.2019, RV/6100441/2019, bemängelt, dass die Beschwerdevorentscheidung an die Bf zu Handen Gesellschafter3 adressiert und zugestellt worden sei. Damit liege wiederum ein unrichtiger Bescheidadressat vor. Der Vorlageantrag wäre als unzulässig zurückzuweisen, da das Beschwerdeverfahren weiterhin offen sei.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Zunächst ist zu prüfen, ob über die vorliegende Beschwerde der Einzelrichter oder der Senat zu entscheiden hat und ob eine mündliche Verhandlung durchzuführen ist.

In der am 11.6.2019 eingebrachten Beschwerde beantragt die Bf die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung und die Entscheidung durch den gesamten Senat, verzichtet jedoch gleichzeitig im Fall der Aufhebung des angefochtenen Bescheides darauf. Eine derartige Entscheidung in der Sache selbst würde jedoch im Hinblick auf den vorliegenden Antrag dem Senat obliegen, weshalb ein Verzicht auf eine Senatsentscheidung im Falle der Aufhebung (durch den Senat) keinerlei Sinn ergibt. Im Ergebnis kann dies nur bedeuten, dass die mündliche Verhandlung und die Entscheidung durch den gesamten Senat von der Bf - unabhängig von der gewählten Formulierung - nur für den Fall beantragt wird, dass der angefochtene Bescheid nicht vom Einzelrichter aufgehoben wird.

Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und auf Senatsentscheidung sind Prozesshandlungen; werden diese Anträge ausschließlich für den Fall des Eintretens von bestimmten Ereignissen gestellt, sind sie bedingte Prozesshandlungen.

Nach ständiger Rechtsprechung sind bedingte Prozesshandlungen nur sehr eingeschränkt zulässig:

Eine bedingte Prozesshandlung ist nur dann zulässig, wenn der Ablauf des Verfahrens bereits durch unbedingte Prozesshandlungen sichergestellt ist, wenn sie von einem bestimmten, im Verfahrensablauf eintretenden, "innerprozessualen" Ereignis abhängig gemacht wird und ihre Beachtung nicht geeignet ist, die Vorhersehbarkeit des weiteren Prozessablaufs für die Berufungsbehörde oder den Prozessgegner in unerträglicher Weise zu beeinträchtigen (VwGH 17.8.1998, 97/17/0401, ua).

Bedingte Prozesshandlungen sind nicht zulässig, wenn die Prozesshandlungen einen unmittelbaren Einfluss auf den Fortgang des Verfahrens haben können: Derartige Prozesserklärungen einer Partei ("Bewirkungshandlungen") sind schon wegen ihrer konstitutiven, unmittelbare Rechtsfolgen hervorrufenden, Wirkung generell bedingungsfeindlich. Der durch die Prozesserklärungen bestimmte Prozessablauf darf nicht durch die Bindung an unvorhersehbare Ereignisse beeinträchtigt und verzögert werden. Die Entscheidung darüber, in welcher Form das Verfahren fortgesetzt wird, soll nicht von einem ungewissen Ereignis abhängen (OGH 23.6.1999, 7 Ob 331/98x, ua).

Grundsätzlich obliegt die Entscheidung über die Beschwerde dem Einzelrichter. Zur Zuständigkeit des Senates und zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung kommt es nicht in jedem Beschwerdeverfahren, sondern nur dann, wenn dies beantragt wird oder der Einzelrichter dies verlangt bzw für erforderlich hält (§§ 272 Abs 2 und 274 Abs 1 BAO).

Solche Anträge leiten einen Verfahrensabschnitt ein, der ohne einen Antrag nicht eingeleitet worden wäre; es ist daher ein den Ablauf eines Beschwerdeverfahrens gestaltender Vorgang. Nach den va Grundsätzen ist die Setzung einer Bedingung unzulässig, wenn die Prozesshandlung einen unmittelbaren Einfluss auf den Fortgang des Verfahrens hat. Wird einem solchen Antrag eine Bedingung beigesetzt, ist dieser Antrag nicht zulässig.

Die Anträge auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung und auf Entscheidung durch den gesamten Senat sollen nur dann als gestellt gelten, wenn der angefochtene Bescheid nicht schon auf Grund der Aktenlage aufzuheben ist. Ein den Prozessablauf gestaltender Antrag, der nur dann als gestellt gelten soll, wenn die über die Beschwerde entscheidende Behörde bzw das Verwaltungsgericht zu einer bestimmten Rechtsmeinung gelangt, ist nach den va Grundsätzen nicht zulässig.

Die Entscheidung über die Beschwerde obliegt aus den dargestellten Gründen daher weder dem Senat noch hat eine mündliche Verhandlung stattzufinden.

§ 264 Abs 1 und 2 BAO lauten:

"(1) Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.

(2) Zur Einbringung eines Vorlageantrages ist befugt

a) der Beschwerdeführer, ferner
b) jeder, dem gegenüber die Beschwerdevorentscheidung wirkt."

Mit Mitteilung an das Finanzamt Salzburg-Land vom 29.11.2019, eingelangt am 2.12.2019, wurde von der Bf unter Hinweis auf die Namhaftmachung von Gesellschafter2 als vertretungsbefugte Person gemäß § 81 Abs 6 iVm Abs 2 BAO davon abweichend mit sofortiger Wirkung der Gesellschafter Gesellschafter3 als Zustellungsbevollmächtigter namhaft gemacht.
Demgemäß ist die Beschwerdevorentscheidung vom 5.12.2019 an die Bf zu Handen Gesellschafter3 zugestellt worden.
Entgegen der im Vorlageantrag geäußerten Rechtsansicht liegt somit kein unrichtiger Bescheidadressat vor und ist die Beschwerdevorentscheidung vom 5.12.2019 wirksam.

Im vorliegenden Fall wurde der Vorlageantrag nicht von der Bf, sondern vom ehemaligen Gesellschafter Gesellschafter3 gestellt. Dieser ist gemäß § 264 Abs 2 lit b) BAO zur Einbringung eines Vorlageantrages befugt.

Für das Verwaltungsgericht liegt daher kein Grund vor, den Vorlageantrag vom 9.12.2019 als unzulässig zurückzuweisen.

Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht gemäß § 279 Abs 1 BAO immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

Die Bf ist laut Eintrag im Firmenbuch, FN, vom 04/2009 bzw vom 07/2009 infolge rechtskräftiger Abweisung eines Konkursantrages mangels kostendeckenden Vermögens gemäß § 39 FBG aufgelöst und gelöscht.

Zur Zustellung des angefochtenen Abrechnungsbescheides vom 29.5.2019 an die ehemaligen Gesellschafter der Bf ist Folgendes festzustellen:

Unbestritten ist, dass zum Zeitpunkt der Beendigung der OEG keine Vertretungsbefugnis bestanden hat und die Abgabenbehörde nie einen Vertreter bestellt hat.
Erst am 11.6.2019 ist dem Finanzamt von den beteiligt gewesenen Gesellschaftern (Mitgliedern) der OEG ein Vertreter gemäß § 81 Abs 2 BAO namhaft gemacht worden.
Die Namhaftmachung von Gesellschafter2 als vertretungsbefugte Person gemäß § 81 Abs 6 iVm Abs 2 BAO wurde vom Verwaltungsgericht bereits geprüft und in Ordnung befunden (BFG 4.12.2019, RV/6100441/2019).

Mangels Namhaftmachung oder wirksamer Bestellung eines Vertreters konnte zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag vom 23.9.2015 keiner vertretungsbefugten Person nach § 81 BAO zugestellt werden. Der an die (beendigte) Personengemeinschaft gerichtete Abrechnungsbescheid, der seinem Wesen und möglichen Inhalt nach ein Feststellungsbescheid ist, konnte jedoch wirksam auch dadurch zugestellt werden, dass er sämtlichen Mitgliedern der (ehemaligen) Personengemeinschaft zugestellt wird (vgl VwGH 5.10.1994, 94/15/0004).
Da der angefochtene Bescheid sämtlichen ehemaligen Gesellschaftern der Bf (Gesellschafter1, Gesellschafter2 zu Handen des damaligen Zustellungsbevollmächtigten und Gesellschafter3) zugestellt worden ist, kommt ihm Rechtswirksamkeit zu (vgl VwGH 21.12.2005, 2004/14/0111).
Die Beschwerde ist daher auch nicht - wie beantragt - als unzulässig zurückzuweisen.

§ 216 BAO lautet:

"Mit Bescheid (Abrechnungsbescheid) ist über die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung (§ 213) sowie darüber, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, auf Antrag des Abgabepflichtigen (§ 77) abzusprechen. Ein solcher Antrag ist nur innerhalb von fünf Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem die betreffende Verbuchung erfolgt ist oder erfolgen hätte müssen, zulässig."

Der durch das AbgÄG 2004 neu gefasste Text des § 216 BAO, der mit 31.12.2004 in Kraft getretene ist, trägt dem Umstand Rechnung, dass der Abrechnungsbescheid ganz allgemein dem Abspruch über die Richtigkeit der Gebarung auf dem Abgabenkonto dient. Darüber hinaus ist eine Befristung des Rechtes der Antragstellung aufgenommen worden.

Ein Streit über die Richtigkeit der Gebarung auf dem Abgabenkonto ist im Verfahren nach § 216 allerdings nur insoweit auszutragen, als nicht bereits bescheidmäßig über die Verrechnung abgesprochen ist.

Die Behauptungslast und die Konkretisierungspflicht hinsichtlich der fraglichen und strittigen Verrechnungsvorgänge und Gebarungskompetenzen trifft im Abrechnungsverfahren die Partei.

Laut Vorbringen der Bf soll mit dem Abrechnungsbescheid die strittige Frage beantwortet werden, ob die aus einem Abgabenbescheid resultierende Verbuchung deshalb rechtswidrig war, weil der Abgabenbescheid gar nicht wirksam erlassen wurde.
Als strittiger Verrechnungsvorgang wird die Gutschrift in Höhe von EUR 133.194,60 genannt. Dieser Betrag ist vom Abgabenkonto des Gesellschafter3 auf das Konto der Bf übertragen worden.
Grund für die Übertragung war ein entsprechender Antrag an das Finanzamt, den die Kanzlei in Vertretung von Gesellschafter3 am 30.7.2012 elektronisch gestellt hat.
Nach den Unterlagen, die dem Bundesfinanzgericht vorliegen, ist diese Übertragung antragsgemäß durchgeführt worden und nicht zu beanstanden.
Die Zahllast setzte sich aus der Umsatzsteuer 2006 und 2007 sowie Nebengebühren im Rahmen der Einhebung (zB Säumniszuschläge) zusammen. Eine Überzahlung liegt nicht vor.
Dass kein entsprechender Antrag auf Übertragung bzw Überrechnung gestellt worden wäre, wird auch weder von der Bf noch von Gesellschafter3 behauptet.
Begründet wird der Antrag auf Erlassung eines Abrechnungsbescheides von der Bf damit, dass keine Abgabenschuld auf ihrem Konto bestanden habe, weil ihr die Umsatzsteuerbescheide für 2006 und 2007 nicht rechtswirksam zugestellt worden wären.
Der Antrag vom 23.9.2015 und die dazu ergangenen Ergänzungen zielen im Ergebnis also eindeutig darauf ab, dass die Unrechtmäßigkeit der Zustellung der genannten Umsatzsteuerbescheide und damit die Unrechtmäßigkeit der Festsetzung feststellt werden soll. Von der Bf wird auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ein Abrechnungsbescheid in Betracht kommt, wenn Meinungsverschiedenheiten über die Frage bestehen, ob ein Leistungsgebot zugestellt wurde, weil nur dann seine Buchung auf dem Abgabenkonto rechtmäßig ist (Ritz, BAO6, § 216 Tz 2) .
Der vorliegende Antrag ist - soweit für das Bundesfinanzgericht erkennbar - einer der letzten noch offenen Anträge einer ganzen Reihe von Anbringen, mit denen von der Bf und ehemaligen Gesellschaftern erfolglos versucht wurde, den Fall "zu bereinigen" und die Rückerstattung des Betrages von EUR 133.194,60 an Gesellschafter3 zu erreichen.

Zur Frage, ob die Wirksamkeit der Umsatzsteuerbescheide 2006 und 2007 im vorliegenden Fall überhaupt strittig sein kann und noch Meinungsverschiedenheiten über die Zustellung eines Leistungsgebots bestehen, ist darauf hinzuweisen, dass die beiden Umsatzsteuerbescheide am 15.10.2009 von der Bf angefochten worden waren. Der unabhängige Finanzsenat hat ihre Berufungen mit Berufungsentscheidung vom 12.7.2013, RV/0268-S/13, als unbegründet abgewiesen und den Umsatzsteuerbescheid 2016 abgeändert. In seiner Entscheidung stellt der unabhängige Finanzsenat ausdrücklich fest, dass die mit 16.9.2009 ergangenen Umsatzsteuerbescheide der Jahre 2006 und 2007 rechtswirksam zugestellt wurden und daher rechtlich existent sind.
Sowohl der VfGH als auch der VwGH haben die Behandlung einer dagegen erhobenen Beschwerde abgelehnt.

Die Rechtmäßigkeit der Abgabenfestsetzung ist im Abrechnungsbescheidverfahren nicht zu prüfen (zB VwGH 13.12.2007, 2006/14/0061; 17.12.2009, 2009/16/0196; 17.11.2010, 2007/13/0124; 30.3.2017, Ra 2016/16/0032).
Mit dem Abrechnungsbescheid wird darüber entschieden, ob aufgrund der Verrechnung eine bestimmte Verpflichtung erloschen, wirksam getilgt, gezahlt, aufgerechnet, überrechnet oder umgebucht, erlassen (abgeschrieben) oder verjährt zu gelten hat, also vor allem rechnungsmäßig richtig vollzogen ist, was sich im Bereich des tatsächlichen Zahlungsverkehrs ereignet hat. Die Begründung der Zahlungsverpflichtung ist hingegen nicht Gegenstand des Abrechnungsbescheides, sie wird vorausgesetzt.

Mit Berufungsentscheidung des unabhängigen Finanzsenates vom 12.7.2013, RV/0268-S/13, wurde ua rechtskräftig festgestellt, dass die Umsatzsteuerbescheide 2006 und 2007 zugestellt und wirksam sind. Über diese Frage kann weder neuerlich bescheidmäßig abgesprochen werden noch bleibt im verfahrensgegenständlichen Fall Raum für Meinungsverschiedenheiten.
Aus welchen Gründen Gesellschafter3 bzw dessen Vertreter die Umbuchung eines Geldbetrages auf das Konto der Bf beantragt hat, und ob allenfalls ein Motivirrtum vorlag, ist nicht relevant.
Auf die in Ritz, BAO6, § 216 Tz 2, zitierte Rechtsprechung (VwGH 4.2.2009, 2008/15/0266; UFS 25.3.2009, RV/3980-W/08) braucht aus den genannten Gründen nicht eingegangen zu werden.

§ 216 BAO dient nicht dazu, das Ergebnis rechtskräftiger Abgabenfestsetzungen zu umgehen.
Der vorliegende Antrag auf Erlassung eines Abrechnungsbescheides entbehrt - soweit darin Feststellungen zur Wirksamkeit der Umsatzsteuerbescheide für 2006 und 2007 beantragt werden - aus den dargestellten Gründen der gesetzlichen Grundlage und ist daher als unzulässig zurückzuweisen (vgl VwGH 12.11.1997, 96/16/0285, ergangen zu § 216 in der Stammfassung).

Zulässigkeit einer Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall - insbesondere im Hinblick auf die in der Begründung zitierte VwGH-Rechtsprechung - nicht erfüllt.

 

 

Salzburg-Aigen, am 17. Februar 2020

 

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