BFG RV/6100441/2019

BFGRV/6100441/20194.12.2019

Namhaftmachung eines Vertreters bzw. Zustellungsbevollmächtigten gemäß § 81 Abs 2 BAO nach Beendigung einer Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit

European Case Law Identifier: ECLI:AT:BFG:2019:RV.6100441.2019

 

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter R in der Beschwerdesache OEG, Adresse1, gemäß § 81 Abs 6 iVm Abs 2 BAO vertreten durch A, Adresse2, betreffend den Abrechnungsbescheid der belangten Behörde Finanzamt Salzburg-Land vom 29.5.2019, beschlossen:

Der Vorlageantrag vom 22.6.2019, eingebracht von B als (angeblicher) Vertreter von A, wird als unzulässig zurückgewiesen.

Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Die OEG (nachstehend "OEG"), an der die Gesellschafter C, A und B beteiligt waren, ist laut Eintrag im Firmenbuch (FN) vom 2009 aufgelöst und gelöscht.
Die genannte OEG hatte der Abgabenbehörde gegenüber vor Auflösung und Löschung keine Person als Vertreter gemäß § 81 Abs 2 BAO namhaft gemacht und war ein solcher von der Abgabenbehörde auch nicht bestellt worden.

B ist von A mit Vollmacht vom 30.9.2015 beauftragt worden, ihn in allen Angelegenheiten betreffend der ehemaligen OEG als nur gemeinsam betretungsbefugten [sic] Gesellschafter zu vertreten und wurde ihm ua auch eine Vollmacht zur Zustellung und zum Empfang von sämtlichen Schriftstücken erteilt.

Mit Mitteilung vom 3.6.2019 (Einlaufstempel vom 11.6.2019), unterfertigt von B in eigenem Namen und als bevollmächtigter Vertreter von A sowie von C, wurde von den ehemaligen Gesellschaftern der OEG aus ihrer Mitte dem Finanzamt Salzburg-Land gegenüber der Gesellschafter A, (im Hinblick auf die oa Vollmacht) vertreten durch B, als vertretungsbefugte Person gemäß § 81 Abs 2 BAO namhaft gemacht.

In der Folge hat die Abgabenbehörde am 18.6.2019 eine Beschwerdevorentscheidung erlassen und diese an die OEG zu Handen A vertreten durch B adressiert und an B zugestellt.

Mit Vorlageantrag vom 22.6.2019 hat B als (angeblicher) Vertreter von A in seiner Eigenschaft als Vertreter gemäß § 81 Abs 6 iVm Abs 2 BAO beantragt, das Bundesfinanzgericht möge über die Beschwerde betreffend Abrechnungsbescheid entscheiden. Der Antrag ist mit einer qualifizierten elektronischen Signatur von B versehen.

 

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

§ 264 BAO lautet auszugsweise:

"(1) Gegen eine Beschwerdevorentscheidung kann innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.

(2) Zur Einbringung eines Vorlageantrages ist befugt
a) der Beschwerdeführer, ferner
b) jeder, dem gegenüber die Beschwerdevorentscheidung wirkt.

(3) Wird ein Vorlageantrag rechtzeitig eingebracht, so gilt die Bescheidbeschwerde von der Einbringung des Antrages an wiederum als unerledigt. Die Wirksamkeit der Beschwerdevorentscheidung wird durch den Vorlageantrag nicht berührt. Bei Zurücknahme des Antrages gilt die Bescheidbeschwerde wieder als durch die Beschwerdevorentscheidung erledigt; dies gilt, wenn solche Anträge von mehreren hiezu Befugten gestellt wurden, nur für den Fall der Zurücknahme aller dieser Anträge.

(4) Für Vorlageanträge sind sinngemäß anzuwenden:
a) § 93 Abs. 4 und 5 sowie § 245 Abs. 1 zweiter Satz und Abs. 2 bis 5 (Frist),
b) § 93 Abs. 6 und § 249 Abs. 1 (Einbringung),
c) § 255 (Verzicht),
d) § 256 (Zurücknahme),
e) § 260 Abs. 1 (Unzulässigkeit, nicht fristgerechte Einbringung),
f) § 274 Abs. 3 Z 1 und 2 sowie Abs. 5 (Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung).

(5) Die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge obliegt dem Verwaltungsgericht.

…"

Mit der Beendigung von Personenvereinigungen (Personengemeinschaften) ohne eigene Rechtspersönlichkeit gehen deren sich aus Abgabenvorschriften ergebende Rechte und Pflichten gemäß § 19 Abs 2 BAO auf die zuletzt beteiligt gewesenen Gesellschafter (Mitglieder) über. Hinsichtlich Art und Umfang der Inanspruchnahme der ehemaligen Gesellschafter (Mitglieder) für Abgabenschulden der Personenvereinigung (Personengemeinschaft) tritt hiedurch keine Änderung ein.

§ 81 BAO lautet auszugsweise:

"(1) Abgabenrechtliche Pflichten einer Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit sind von den zur Führung der Geschäfte bestellten Personen und, wenn solche nicht vorhanden sind, von den Gesellschaftern (Mitgliedern) zu erfüllen.

(2) Kommen zur Erfüllung der im Abs. 1 umschriebenen Pflichten mehrere Personen in Betracht, so haben diese hiefür eine Person aus ihrer Mitte oder einen gemeinsamen Bevollmächtigten der Abgabenbehörde gegenüber als vertretungsbefugte Person namhaft zu machen; diese Person gilt solange als zur Empfangnahme von Schriftstücken der Abgabenbehörde ermächtigt, als nicht eine andere Person als Zustellungsbevollmächtigter namhaft gemacht wird. Solange und soweit eine Namhaftmachung im Sinn des ersten Satzes nicht erfolgt, kann die Abgabenbehörde eine der zur Erfüllung der im Abs. 1 umschriebenen Pflichten in Betracht kommenden mehreren Personen als Vertreter mit Wirkung für die Gesamtheit bestellen. Die übrigen Personen, die im Inland Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz haben, sind hievon zu verständigen.

...

(6) In den Fällen des § 19 Abs. 2 sind die Abs. 1, 2 und 4 auf die zuletzt beteiligt gewesenen Gesellschafter (Mitglieder) sinngemäß anzuwenden. Die bei Beendigung der Personenvereinigung (Personengemeinschaft) bestehende Vertretungsbefugnis bleibt, sofern dem nicht andere Rechtsvorschriften entgegenstehen, insoweit und solange aufrecht, als nicht von einem der zuletzt beteiligt gewesenen Gesellschafter (Mitglieder) oder der vertretungsbefugten Person dagegen Widerspruch erhoben wird.

…"

Weil zum Zeitpunkt der Beendigung der OEG keine Vertretungsbefugnis bestanden hat, liegt kein Anwendungsfall des § 81 Abs 6 zweiter Satz vor. Aus der Vorschrift ergibt sich jedoch, dass § 81 Abs 2 BAO in den Fällen des § 19 Abs 2 sinngemäß angewandt werden kann (vgl VwGH 21.12.2005, 2004/14/0111). Es war somit zulässig, dass die beteiligt gewesenen Gesellschafter (Mitglieder) der OEG im Juni 2019 aus ihrer Mitte einen Vertreter namhaft machen.
Diese Regelung zielt darauf ab, dass nur eine gegenüber der Abgabenbehörde vertretungsbefugte Kontaktperson vorhanden ist, ohne dabei jedoch eine Beeinträchtigung der Rechte der an der Personengesellschaft beteiligt gewesenen Personen herbeizuführen.

Mit Namhaftmachung von A als vertretungsbefugte Person gemäß § 81 Abs 2 BAO gilt dieser ex lege solange zur Empfangnahme von Schriftstücken der Abgabenbehörde berechtigt, als nicht eine andere Person als Zustellungsbevollmächtigter namhaft gemacht wird. 
Die vorliegende Vollmacht vom 30.9.2015 ist auf Angelegenheiten beschränkt, die A als nur gemeinsam vertretungsbefugten Gesellschafter der OEG betreffen (also nicht Angelegenheiten, in denen A Vertreter der ehemaligen Gesellschafter gemäß § 81 Abs 6 iVm Abs 2 BAO ist). Außerdem ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut von § 81 Abs 2, dass die Namhaftmachung einer anderen Person als Zustellungsbevollmächtigter nicht bereits vor Namhaftmachung einer vertretungsbefugten Person erfolgen kann.
Laut Aktenlage steht fest, dass A Vertreter der ehemaligen Gesellschafter ist und bis 2.12.2019 (Eingang der Mitteilung vom 29.11.2019 betreffend Namhaftmachung von B als Zustellungsbevollmächtigter beim Finanzamt) auch Zustellungsbevollmächtigter war.
In Beantwortung eines Vorhaltes hat der Antragsteller B gegenüber dem Bundesfinanzgericht mit Schreiben vom 29.11.2019 ausdrücklich eingeräumt, dass er von A nach dem eindeutigen Wortlaut des Auftragsverhältnisses zur Vollmacht beauftragt wurde, ihn nur als Gesellschafter zu vertreten.

Aus den angeführten Gründen kommt das Bundesfinanzgericht zu dem Schluss, dass A namhaft gemachter Vertreter gemäß § 81 Abs 6 iVm Abs 2 BAO ist und dieser in seiner Eigenschaft als Vertreter der ehemaligen Gesellschafter der OEG B nicht bevollmächtigt hat, ihn zu vertreten. Dieser war daher nicht befugt, im Namen von A einen Vorlageantrag einzubringen.
Mangels einer entsprechenden Bevollmächtigung gilt der Vorlageantrag somit als von B in eigenem Namen eingebracht.

Der Vollständigkeit halber wird die belangte Behörde darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Beschwerde gegen den Abrechnungsbescheid vom 29.5.2019 nicht erledigt und noch eine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen ist.
Voraussetzung für eine Wirksamkeit der Erledigung ist neben der gesetzmäßigen Bezeichnung des Bescheidadressaten auch die Zustellung an den Adressaten (vgl VwGH 20.12.2012, 2010/15/0029; 30.9.2015, Ra 2014/15/0023).
Die Zustellung der Beschwerdevorentscheidung erfolgte an B, der gemäß § 81 Abs 2 BAO weder der namhaft gemachte oder bestellte Vertreter der (ehemaligen) Gesellschafter war noch zum maßgeblichen Zeitpunkt zur Empfangnahme von Schriftstücken der Abgabenbehörde ermächtigt gewesen ist.

Der Vorlageantrag war daher als nicht zulässig zurückzuweisen, wobei die dem Verwaltungsgericht gemäß § 269 BAO eingeräumten Rechte zunächst vom Berichterstatter ausgeübt werden, dem gemäß § 272 Abs 4 auch Zurückweisungen (§ 260) obliegen.
Ungeachtet eines Antrages kann von einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, wenn die Beschwerde - oder im verfahrensgegenständlichen Fall der Vorlageantrag - als unzulässig zurückzuweisen ist (§ 274 Abs 3).
Es erübrigt sich daher auch, auf die Gültigkeit des in der Beschwerde gestellten Antrages auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung und auf Entscheidung durch einen Senat näher einzugehen.

 

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts­hofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen sind - insbesondere im Hinblick auf die oa Rechtsprechung - im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

 

 

Salzburg-Aigen, am 4. Dezember 2019

 

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer

betroffene Normen:

§ 81 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 19 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 81 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 81 Abs. 6 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Verweise:

VwGH 21.12.2005, 2004/14/0111
VwGH 20.12.2012, 2010/15/0029
VwGH 30.09.2015, Ra 2014/15/0023

Stichworte