Normen
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §63 Abs1;
AVG §63;
BAO §1;
BAO §198 Abs2;
BAO §210;
BAO §243;
BAO §245 Abs2;
BAO §250 Abs1;
BAO §250;
BAO §92;
BAO §93 Abs3;
BAO §93 Abs4;
BAO §93;
BauO Stmk 1968 §6a;
LAO Stmk 1963 §1;
LAO Stmk 1963 §150 Abs2;
LAO Stmk 1963 §159;
LAO Stmk 1963 §189;
LAO Stmk 1963 §191 Abs2;
LAO Stmk 1963 §195;
LAO Stmk 1963 §69;
LAO Stmk 1963 §70 Abs3;
LAO Stmk 1963 §70 Abs4;
LAO Stmk 1963 §70;
VwRallg;
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AVG §58 Abs2;
AVG §63 Abs1;
AVG §63;
BAO §1;
BAO §198 Abs2;
BAO §210;
BAO §243;
BAO §245 Abs2;
BAO §250 Abs1;
BAO §250;
BAO §92;
BAO §93 Abs3;
BAO §93 Abs4;
BAO §93;
BauO Stmk 1968 §6a;
LAO Stmk 1963 §1;
LAO Stmk 1963 §150 Abs2;
LAO Stmk 1963 §159;
LAO Stmk 1963 §189;
LAO Stmk 1963 §191 Abs2;
LAO Stmk 1963 §195;
LAO Stmk 1963 §69;
LAO Stmk 1963 §70 Abs3;
LAO Stmk 1963 §70 Abs4;
LAO Stmk 1963 §70;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
An den Beschwerdeführer erging folgender mit 23. Jänner 1995 datierter Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde:
"Bescheid
Spruch
Das Ansuchen (des Beschwerdeführers) vom 14.11.1991 betreffend die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses auf dem Grundstück ... wird gemäß § 62 der Steiermärkischen Bauordnung 1968, LGBl. Nr. 149, in der geltenden Fassung, mit der Maßgabe, daß die mit dem Genehmigungsvermerk versehenen und hier anliegenden Pläne und Unterlagen einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bilden, bewilligt und gleichzeitig insbesondere folgendes vorgeschrieben:
1. Allgemeines
...
19. Reihenfolge der Bewilligungsteile
19.1. Bei Widersprüchen gelten die vorstehenden Festsetzungen und Auflagen vor den genehmigten Plänen und Unterlagen.
Kostenaufstellung:
2 Amtsorgane 8/2 Stunden .............. a S 70 S 560,-- Barauslagen gemäß § 76 AVG 1991, Sachverst. Honorar S 6 682,-- 2 Genehmigungsvermerke nach Ta. G 30 S 100,-- Verwaltungsabgabe nach Ta. G a 9, 322 m2 a S 6,-- S 1.932,--
f. Verhandlungsschrift v. 20.09.1994, lt. Ta. G 4 S 100,--
KOSTEN
Aufschließungsbeitrag für 215 m2 a S 100,-- S 21.500,--
insgesamt S 30.874,--
Begründung
...
Die gegenständliche Entscheidung gründet sich demnach auf die beigebrachten Pläne und Unterlagen und das Ergebnis der örtlichen Erhebung und mündlichen Verhandlung. Die Kostenentscheidung erfolgte tarifgemäß.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Bescheid ist die binnen zwei Wochen, gerechnet vom Tage der Zustellung an, bei diesem Amte schriftlich oder telegraphisch einzubringende Berufung zulässig. Die Berufung hat einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten. Die Berufung ist zu vergebühren."
Am 8. Februar 1995 langte beim Gemeindeamt der mitbeteiligten Gemeinde nachstehendes Schreiben ein:
Mein Klient .... hat am 26.01.1995 den Baubewilligungsbescheid erhalten. Grundsätzlich ist er mit dieser Baubewilligung einverstanden, doch hat er mich ersucht, allenfalls gegen diesen Bescheid eine Berufung einzubringen. Ich wurde beauftragt, gegen .... einen Teil der Punkte 19.1. Berufung zu erheben. Ich kann mir nun vorstellen, daß auf brieflichem Weg die Sache ausgeräumt wird. Sollte ich von Ihnen keine entsprechende Aufklärung erhalten, würde ich Sie ersuchen, diesen Brief als Berufung der Baubehörde zweiter Instanz vorzulegen.
...
b) Im Punkt 19. Absatz 1 werden Barauslagen für Sachverständige in der Höhe von ÖS. 6.682,-- und Aufschließungskosten von ÖS .21.500,-- begehrt. Möglicherweise sind beide Gebühren gerechtfertigt. Das Sachverständigenhonorar wurde nicht aufgeschlüsselt und kann nicht überprüft werden. Der Aufschließungskostenbeitrag von ÖS. 21.500,-- a ÖS. 100,-- für 215 m2 erscheint über Gebühren zu hoch, wenn man bedenkt, daß der Bauplatz von der Gemeinde nur sehr ungenügend aufgeschlossen erscheint. Bei der Bauverhandlung haben Sie gegenüber meinem Klienten erklärt, daß ähnliche Baugrundstücke von anderen Landwirten nicht mit Aufschließungskosten belastet wären. Es wird von unserer Seite zugegeben, daß sich der Bauplatz an einer Straße befindet und daß auch ein Kanal vorhanden sein wird. Diese von der Gemeinde geleisteten Beiträge zur Aufschließung der Liegenschaft werden sicherlich honoriert. Ich hätte daher gerne gewußt, woher der m2-Preis von ÖS. 100,-- stammt.
Ich bitte daher nunmehr zu diesen beiden Vorschreibungen von
ÖS. 6.682,-- bzw. ÖS. 21.500,-- Stellung zu nehmen, sie
aufzuschlüsseln und zu erläutern, weiters bekanntzugeben, warum Sie
der Auffassung sind, daß eine naturschutzbehördliche Genehmigung
notwendig ist. Sollte ich in den nächsten drei Wochen keine
befriedigende Stellungnahme von Ihnen erhalten, ersuche ich Sie,
dieses Schreiben als
Berufung
an den Gemeinderat vorzulegen. (Der Beschwerdeführer) bekämpft
sohin ... und Punkt 19 der Auflagen des Baubewilligungsbescheides
wegen Mangelhaftigkeit und Rechtswidrigkeit ... es wird sohin
beantragt, ... die ... Aufschließungskosten aufzuschlüsseln und
entsprechend der zwingend notwendigen Höhe dem Bauwerber vorzuschreiben."
Mit Schreiben vom Februar 1996 wurde der Beschwerdeführer wiederholt aufgefordert, die vorgeschriebenen Kosten - darunter auch den Aufschließungsbeitrag - in der Höhe von S 30.874 einzuzahlen. Andernfalls würde ein Inkassobüro mit der Eintreibung beauftragt werden.
Mit Bescheid vom 23. April 1997 wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde "die Berufung" des Beschwerdeführers zurück.
Dies mit folgender Begründung:
"Eine bedingte Berufungserklärung, wie sie im Schreiben der Rechtsanwälte .... vom 6.2.1995 enthalten ist, ist dem AVG fremd. Der Berufungswerber will den Inhalt seines Schreibens vom 6.2.1995 nur insoferne und dann als Berufung im Sinne des § 63 AVG verstanden wissen, 'sollte nicht innerhalb der nächsten drei Wochen eine befriedigende Stellungnahme seitens des Bürgermeisters der Gemeinde Krakauhintermühlen' bei den Rechtsanwälten .... einlangen. Offen bleibt, wie sich der Berufungswerber die Fristenberechnung und den Inhalt der von ihm angesprochenen befriedigenden Stellungnahme vorstellt. Damit erscheint von vorneherein klar, daß das Schreiben vom 6.2.1995, obwohl es in seinem zweiten Teil mit 'Berufung' überschrieben ist, keine gesetzeskonforme Rechtsmittelhandlung darstellt.
Das AVG besagt im § 63 Abs. 3, daß eine Berufung den Bescheid, gegen den sie sich richtet zu bezeichnen und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten hat. Diesen Maßstab wird das Schreiben der Rechtsanwälte .... vom 6.2.1995 nicht gerecht, wenn nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes bei der Beurteilung der Frage, ob eine Berufung die erforderlichen Elemente enthält, kein strenger Maßstab angelegt werden darf (VwSlg. 4153 A) so fehlt es dem Schriftsatz vom 6.2.1995 an der zu verlangenden unbedingten Berufungserklärung. Eine Rechtsfolge der im Schreiben vom 6.2.1995 enthaltenen befristeten Bedingung (sprich: keine befriedigende Stellungnahme innerhalb der nächsten drei Wochen) ist es, daß selbst wenn die Berufungsbehörde das Rechtsmittel in dieser Form zulassen würde, die zweiwöchige Berufungsfrist gemäß § 53 Abs. 5 AVG abgelaufen und ein derartiges Rechtsmittel damit als verspätet eingebracht zurückzuweisen wäre."
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung bestritt der Beschwerdeführer, seiner Berufung habe die unbedingte Berufungserklärung gefehlt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung, soweit diese die Vorschreibung des Aufschließungsbeitrages gemäß § 6a Steiermärkische Bauordnung 1968 betrifft, als unbegründet ab und führte aus, die Anordnung in Punkt 19.1. des Baubewilligungsbescheides vom 23. Jänner 1995 (Aufschließungsbeitrag für 215 m2 a S 21.500,--), die lediglich mit dem Begriff "Kosten" überschrieben sei und jegliche Begründung als Auslegungsbehelf vermissen lasse, könne nicht als bescheidmäßige Konkretisierung der in § 6a der Steiermärkischen Bauordnung 1968 normierten Pflicht zur Leistung von Aufschließungsbeiträgen angesehen werden. Aus diesen Erwägungen folge aber weiters, daß die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid, soweit er die vorstehend wiedergegebene Anordnung in Punkt 19.1. betreffe, mangels eines tauglichen Berufungsgegenstandes gemäß § 208 Stmk. LAO zurückgewiesen hätte werden müssen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Ergehen einer Sachentscheidung über seine Berufung verletzt.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Erledigung des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 23. Jänner 1995 ist unstrittig ein Bescheid. Die belangte Behörde stellt jedoch in Abrede, daß mit diesem Bescheid auch die Vorschreibung des Aufschließungsbeitrages erfolgte, weil die Anordnung lediglich mit dem Begriff "Kosten" beschrieben sei und jegliche Begründung als Auslegungsbehelf fehle.
Bescheidqualität kommt nur normativen Akten zu; die normative Qualität eines Aktes ist primär aus seinem Inhalt abzuleiten und setzt ein autoritatives Wollen der Behörde voraus (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts6, RZ 384 mit weiteren Zitaten).
Nach der Einleitung des Bescheidspruches wird die Baubewilligung erteilt "und gleichzeitig insbesondere folgendes vorgeschrieben". Diese Vorschreibungen sind in 19 Punkte und eine Kostenaufstellung gegliedert. Dem folgt der mit "Begründung" übertitelte Teil des Bescheides. Die Kosten und die Aufschließungsabgabe sind somit formal im Spruchteil des Bescheides angeführt.
In der Kostenaufstellung werden zunächst Kosten für zwei Amtsorgane, Barauslagen, Genehmigungsvermerke und Verwaltungsabgaben angeführt. Hinsichtlich der Kosten wird jeweils die Dauer der Amtshandlung bzw. die Rechtsgrundlage angegeben und die Höhe der jeweiligen Kosten festgesetzt. Nach der Formulierung dieser "Kostenaufstellung" ist ohne weiteres erkennbar, daß damit über die Kosten des Baubewilligungsverfahrens normativ abgesprochen wurde. Daran, daß diese Kosten rechtsverbindlich vorgeschrieben wurden, besteht auch für die belangte Behörde kein Zweifel. Führt sie doch selbst im Bescheid vom 20. August 1997 (angefochten mit der unter Zl. 97/06/0208 protokollierten Beschwerde) ausdrücklich aus, daß mit dieser Kostenentscheidung auch Barauslagen in der Höhe von S 6.682,-- vorgeschrieben wurden.
Der Aufschließungsbeitrag ist für den Bewilligungswerber ein Kostenfaktor im Zusammenhang mit der Erteilung der Baubewilligung, es handelt sich bei diesem "Beitrag" jedoch nicht um "Verfahrenskosten", sondern um eine gleichzeitig mit der Erteilung der Baubewilligung von der Baubehörde nach der Steiermärkischen Bauordnung vorzuschreibende Gemeindeabgabe, für deren Erhebung gemäß § 1 Stmk LAO die Steiermärkische Landesabgabenordnung und nicht das AVG anzuwenden ist.
In dieser Vorschreibung sind die Art - Aufschließungsbeitrag - und die Höhe der Abgabe - S 21.500,-- - sowie die Bemessungsgrundlagen - für 215 m2 a S 100,-- - enthalten. Von den Spruchbestandteilen eines Abgabenbescheides - § 150 Abs. 2 Stmk LAO - fehlt nur der Zeitpunkt der Fälligkeit (insofern gilt dann die gesetzliche Regelung, vgl. hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1981, Zl. 13/2900/80). In dem von der zuständigen Abgabenbehörde, dem Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde, erlassenen Abgabenbescheid sind somit die wesentlichen Spruchbestandteile vorhanden. Aus der Formulierung dieses Bescheidteiles ergibt sich objektiv erkennbar ein normativer Abspruch über die Abgabe. Dafür, daß bloß eine Mitteilung oder Information über den gleichzeitig mit der Erteilung der Baubewilligung vorzuschreibenden Aufschließungsbeitrag erfolgen sollte, der dann später mit Bescheid vorgeschrieben würde, besteht kein Anhaltspunkt. Daran ändert der Umstand, daß die Vorschreibung des Aufschließungsbeitrages zusätzlich mit "Kosten" übertitelt ist, nichts, weil auch "Kosten" normativ festzusetzen sind und selbst die unrichtige Bezeichnung des Aufschließungsbeitrages als "Kosten" den normativen Inhalt der Abgabenfestsetzung nicht berührt.
In der Begründung des Bescheides heißt es nur: "Die Kostenentscheidung erfolgte tarifgemäß". Da der Aufschließungsbeitrag im Spruch des Bescheides unter "Kosten" eingereiht ist, erfaßt die nur sehr knappe Begründung der "Kosten" auch die Vorschreibung des Aufschließungsbeitrages. Diese Mangelhaftigkeit der Begründung der Vorschreibung des Aufschließungsbeitrages stellt ebenso wie das Fehlen der Rechtsmittelbelehrung für die Abgabenvorschreibung (der Bescheid enthält nur eine Rechtsmittelbelehrung nach dem AVG, nicht aber auch nach der Stmk LAO) eine Verletzung von Verfahrensvorschriften dar, steht jedoch der Bescheidqualität der Erledigung nicht entgegen (vgl. Ritz, BAO, Kommentar, RZ 27 zu § 93). Allerdings wurde mangels einer Rechtsmittelbelehrung die Rechtsmittelfrist nicht in Lauf gesetzt (§ 70 Abs. 4 Stmk LAO).
Der Auffassung, mit dem Bescheid vom 23. Jänner 1995 sei die Aufschließungsabgabe vorgeschrieben worden, folgte auch die Abgabenbehörde erster Instanz. Nach der Vorschreibung des Aufschließungsbeitrages mahnte sie wiederholt die Zahlung der vorgeschriebenen Abgabe ein und drohte Exekutionsschritte an.
Gegen die Vorschreibung des Aufschließungsbeitrages ist die Berufung gemäß § 189 Stmk LAO zulässig.
Nach § 195 Stmk LAO hat die Berufung die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet, die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird, die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden, und eine Begründung zu enthalten.
Diese Bestimmung schreibt vor, daß eine Berufung bestimmten Erfordernissen zu entsprechen hat und im Falle der nach diesem Maßstab zu beurteilenden Mangelhaftigkeit die Behebung dieser inhaltlichen Mängel der "Berufung" dem Berufungswerber aufzutragen ist (vgl. zu der hinsichtlich dieser Bestimmungen gleichlautenden BAO Stoll, BAO-Komm, BD 3, 2567).
Demnach hat die Wertung eines Schriftsatzes als Berufung zur Voraussetzung, daß aus dem Anbringen zumindest andeutungsweise zu entnehmen ist, die Partei beabsichtige, eine behördliche Maßnahme zu bekämpfen. Hiebei kommt es nicht ausschließlich auf die Benennung des Antrages an. Ist aus dem Schriftsatz zu erkennen, daß eine bestimmte Person sich durch eine bestimmte Entscheidung in einer bestimmten Angelegenheit beschwert fühlt und deren Nachprüfung begehrt, dann kann jedenfalls eine Berufung im Sinn der genannten Vorschriften vorliegen. Keinesfalls ist die Bezeichnung eines Schriftsatzes oder die Art der Benennung des Parteienschrittes von alleiniger Bedeutung. Für die Beurteilung der Wesensart einer Eingabe ist eben allein ihr Inhalt maßgeblich, der sich aus dem gestellten Antrag "bei verständiger Wertung" erkennen läßt. Auch sind nicht zufällige verbale Formen entscheidend, sondern eben der Inhalt, das erkennbare und zu erschließende Ziel. Lehnt eine Partei ein bestimmtes behördliches Vorgehen - sei es mit oder ohne Nennung von Gründen - hinlänglich erkennbar ab, so kann diesem Vorbringen der Charakter einer Berufung beigemessen werden. Läßt sich erkennen, daß sich der Einschreiter durch eine bestimmte Entscheidung beschwert fühlt und die Nachprüfung begehrt, so ist vom Vorliegen einer Berufung auszugehen. Keinesfalls dürfen unklare oder mißverständlich formulierte Parteienerklärungen entgegen der erkennbaren Absicht des Einschreiters ausgelegt werden (vgl. Stoll, aaO, 2567 und 2568 mit dort angeführter Rechtsprechung und Literatur).
Auf Grund dieser Erwägungen ist das gegen den Bescheid vom 23. Jänner 1995 eingebrachte Schreiben die Berufung gegen die Vorschreibung des Aufschließungsbeitrages nach den Bestimmungen der Stmk LAO. Der Beschwerdeführer ersucht zwar zunächst um eine gesetzlich nicht vorgesehene "informelle" Richtigstellung der seiner Meinung nach unrichtigen Vorschreibung sowie die Nachholung der fehlenden Begründung des Bescheides, stellte also einen Antrag auf Mitteilung der dem Bescheid ganz oder teilweise fehlenden Begründung, der den Lauf der Berufungsfrist, wäre sie überhaupt in Gang gesetzt worden, gehemmt hätte (§ 191 Abs. 2 Stmk LAO), ließ aber andererseits keinen Zweifel daran, daß er die Vorschreibung mittels der ausdrücklich sogar auch so bezeichneten "Berufung" bekämpft. Der Verwaltungsgerichtshof vermag die Meinung der Berufungsbehörde, wonach es sich bei der Berufung um eine unzulässige, weil bedingte Prozeßerklärung handle, nicht zu teilen, weil nach § 191 Abs. 2 Stmk LAO bei einem unbegründeten Bescheid die Nachholung der Begründung verlangt werden darf. Die in der Berufung verwendete Formulierung: "Sollte ich von Ihnen keine entsprechende Aufklärung erhalten, ..." kann demnach nur so verstanden werden, daß damit der Nachtrag der fehlenden Begründung verlangt und eine vorzeitige Berufung für den Fall erhoben wird, daß die Begründung nicht nachgetragen wird. Die Verweigerung des Nachtrages der Begründung kam durch das Verhalten der Abgabenbehörden zum Ausdruck. Es handelt sich daher um die zulässige Einbringung einer vorzeitigen Berufung. Für die Annahme der Unzulässigkeit einer bedingten Prozeßhandlung ist dort kein Raum, wo die Prozeßhandlung von einem bestimmten im Verfahrensverlauf eintretenden Ereignis abhängig gemacht wird, ohne daß hiedurch ein dem Verfahren abträglicher Schwebezustand herbeigeführt wird (vgl. Stoll, BAO-Komm, Bd 3, 2574/2575). Ein solcher Fall ist hier gegeben.
Im Beschwerdefall lag somit eine bescheidmäßige Vorschreibung des Aufschließungsbeitrages und die Berufung nach § 195 Stmk LAO dagegen vor, die in der Sache und nicht durch Zurückweisung zu erledigen gewesen wäre.
Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der angefochtene Bescheid hatte die Zurückweisung der Berufung gegen den Aufschließungsbetrag zum Gegenstand, nicht jedoch die Vorschreibung der Sachverständigenkosten. Über diese wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 20. August 1997, Zl. 03-12.10 K 16-97/11, abgesprochen, der mit der unter Zl. 97/06/0208 protokollierten Beschwerde angefochten wurde. Über die Rechtmäßigkeit der Vorschreibung der Sachverständigenkosten konnte in diesem Beschwerdeverfahren daher nicht entschieden werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 17. August 1998
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