VwGH 97/06/0208

VwGH97/06/02083.9.1998

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fischer, über die Beschwerde des F in W, vertreten durch D, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Steiermärkischen Landesregierung vom 20. August 1997, Zl. 03-12.10 K 16-97/11, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Bausache (mitbeteiligte Partei: Gemeinde Krakauhintermühlen, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
VwRallg;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 23. Jänner 1995 war dem Beschwerdeführer die Baubewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses unter Vorschreibung von Auflagen erteilt worden. Unter 18.1. wurde darauf hingewiesen, daß die naturschutzbehördliche Genehmigung erforderlich sei, unter 19.1. war unter anderem der Ersatz von Barauslagen für das Sachverständigenhonorar in der Höhe von S 6.682,-- vorgeschrieben. Nach Erhalt dieses Bescheides richtete der Beschwerdevertreter an den Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde folgendes Schreiben vom 6. Februar 1995:

"Sehr geehrter Herr Bürgermeister

Mein Klient F hat am 26.01.1995 den Baubewilligungsbescheid erhalten. Grundsätzlich ist er mit dieser Baubewilligung einverstanden, doch hat er mich ersucht, allenfalls gegen diesen Bescheid eine Berufung einzubringen. Ich wurde beauftragt, gegen Punkt 18.1 und einen Teil der Punkte 19.1 Berufung zu erheben. Ich kann mir nun vorstellen, daß auf brieflichem Wege die Sache ausgeräumt wird. Sollte ich von Ihnen keine entsprechende Aufklärung erhalten, würde ich Sie ersuchen, diesen Brief als Berufung der Baubehörde zweiter Instanz vorzulegen.

a) Im Punkt 18.1 wird davon gesprochen, daß die erforderliche Bewilligung einer anderen Behörde einzuholen ist, insbesondere sei die naturschutzbehördliche Genehmigung erforderlich. Diese Vorschrift bzw. diese Auflage erscheint unverständlich. Es war die Naturschutzbehörde dem Verfahren beigezogen und hat nach unserer Auffassung die Bewilligung nicht versagt. Es wurde von Frau Dipl. Ing. E. P. am 27.12.1994 mir mitgeteilt, daß die Genehmigung zuständigkeitshalber an die Gemeinde Krakauhintermühlen weitergeleitet wurde. Ich darf Sie daher nunmehr ersuchen, mir bekanntzugeben, auf Grund welcher Vorschriften im Freiland und bei bestehendem Bauplatz eine naturschutzbehördliche Bewilligung zusätzlich erforderlich ist.

b) Im Punkt 19 Absatz 1 werden Barauslagen für Sachverständige in der Höhe von öS. 6.682,-- und Aufschließungskosten von öS. 21.500,-- begehrt. Möglicherweise sind beide Gebühren gerechtfertigt. Das Sachverständigenhonorar wurde nicht aufgeschlüsselt und kann nicht überprüft werden. Der Aufschließungskostenbeitrag von öS. 21.500,-- a öS. 100,-- für 215 m2 erscheint über Gebühren hoch, wenn man bedenkt, daß der Bauplatz von der Gemeinde nur sehr ungenügend aufgeschlossen erscheint. Bei der Bauverhandlung haben Sie gegenüber meinem Klienten erklärt, daß ähnliche Baugrundstücke von anderen Landwirten nicht mit Aufschließungskosten belastet wären. Es wird von unserer Seite zugegeben, daß sich der Bauplatz an einer Straße befindet und daß auch ein Kanal vorhanden sein wird. Diese von der Gemeinde geleisteten Beiträge zur Aufschließung der Liegenschaft werden sicherlich honoriert. Ich hätte daher gerne gewußt, woher der m2-Preis von öS. 100,-- stammt.

Ich bitte daher nunmehr zu diesen beiden Vorschreibungen von öS. 6.682,-- bzw. öS. 21.500,-- Stellung zu nehmen, sie aufzuschlüsseln und zu erläutern, weiters bekanntzugeben, warum Sie der Auffassung sind, daß eine naturschutzbehördliche Genehmigung notwendig ist. Sollte ich in den nächsten drei Wochen keine befriedigende Stellungnahme von Ihnen erhalten, ersuche ich Sie, dieses Schreiben als BERUFUNG an den Gemeinderat vorzulegen. Herr E bekämpft sohin Punkt 18.1 und Punkt 19 der Auflagen des Baubewilligungsbescheides wegen Mangelhaftigkeit und Rechtswidrigkeit. Durch den genehmigten Bauplatz ist eine naturschutzbehördliche Bewilligung nicht mehr erforderlich und ist auch aus dem Schreiben von Frau Dipl. Ing. E. P. vom 27.12.1994 erkennbar, daß eine Genehmigung nicht mehr erforderlich ist, da die Zuständigkeit für die Genehmigung allein in die Kompetenz der Gemeinde fällt. Weiters hat die Gemeinde die Kosten, die durch den Sachverständigen und für die Aufschließung auflaufen, nicht entsprechend aufgeschlüsselt. Es wird sohin beantragt, Punkt 18, soweit er die naturschutzbehördliche Bewilligung betrifft, ersatzlos aufzuheben und die Sachverständigenkosten bzw. Aufschließungskosten aufzuschlüsseln und entsprechend der zwingend notwendigen Höhe dem Bauwerber vorzuschreiben.

Mit vorzüglicher Hochachtung"

(Unterschrift des Rechtsvertreters.)

Mit Schreiben vom 15. Februar 1995, das dem Beschwerdevertreter eingeschrieben übermittelt wurde, teilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde dem Beschwerdevertreter mit, daß die unter Punkt 18.1.

aufscheinende Auflage nicht im Zuständigkeitsbereich der Gemeinde, sondern bei der Naturschutzbehörde (Bezirkshauptmannschaft) liege. Das Gutachten der Frau D.I. E. P. sei als Amtsgutachten der Gemeinde zu verstehen und ersetze nicht die naturschutzbehördliche Bewilligung durch die zuständige Bezirkshauptmannschaft. Für das Sachverständigenhonorar liege eine detaillierte Auflistung vor; es folgen Ausführungen zum Aufschließungskostenbeitrag (die diesbezügliche Beschwerde ist zur hg. Zl. 97/17/0401 protokolliert). In der Folge wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 23. April 1997 die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeister vom 23. Jänner 1995 zurück. Zur Begründung wurde nach Darstellung des Sachverhaltes und der Wiedergabe des Schreibens des Beschwerdevertreters ausgeführt,

gemäß § 63 Abs. 3 AVG habe eine Berufung den Bescheid, gegen die sie sich richte, zu bezeichnen und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten. Diesem Erfordernis werde das Schreiben vom 6. Februar 1995 nicht gerecht. Eine Rechstfolge der im Schreiben vom 6. Februar 1995 enthaltenen befristeten Bedingung (sprich: keine befriedigende Stellungnahme innerhalb der nächsten drei Wochen) sei es, daß selbst dann, wenn die Berufungsbehörde das Rechstmittel in dieser Form zulassen würde, die zweiwöchige Berufungsfrist des § 63 Abs. 5 abgelaufen wäre und ein derartiges Rechtsmittel daher als verspätet eingebracht zurückzuweisen wäre.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung wird ausgeführt, es sei in der Berufung dem Bürgermeister die Möglichkeit eingeräumt worden, zu erklären, daß der Punkt 18.1. nicht Bescheidbestandteil sei. Der Spruchpunkt, daß für die Bauführung die naturschutzbehördliche Genehmigung erforderlich sei, könne nicht vom Bürgermeister als Baubehörde angeordnet werden. Der Bürgermeister habe die Möglichkeit, mit Berufungsvorentscheidung gemäß § 64a AVG (die Berufung) im Sinne des Berufungsbegehrens abzuändern, zu ergänzen oder aufzuheben. Er sei dieser Möglichkeit nicht nähergetreten, sondern habe mit Schreiben vom 15. Februar 1995 erklärt, daß die in Punkt 18.1. aufscheinende Auflage nicht im Zuständigkeitsbereich der Gemeinde liege. Es sei keine Bedingung in der Berufung genannt worden, sondern es sei dem Bürgermeister die Möglichkeit eingeräumt worden, eine Verbesserung seines fehlerhaften Bescheides herbeizuführen.

§ 63 Abs. 3 AVG spreche nur von einem begründeten Berufungsantrag, diesen enthalte das Schreiben mit der Wortfolge: Es wird beantragt, Punkt 18, soweit er die naturschutzbehördliche Bewilligung betrifft, ersatzlos aufzuheben. Dasselbe gelte auch für die Sachverständigenkosten.

Mit Bescheid vom 20. August 1997 hat die belangte Behörde die Vorstellung des Beschwerdeführers, soweit sie Punkt 18.1. des erstinstanzlichen Bescheides sowie die Barauslagen in der Höhe von S 6.682,-- betraf, als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung wurde unter Hinweis auf § 63 Abs. 3 AVG ausgeführt, die Beisetzung einer Bedingung sei - wie auch sonst bei Prozenßhandlungen, sofern nicht ausdrücklich gesetzlich anderes bestimmt sei - unzulässig. Abgesehen davon habe der Bürgermeister innerhalb der dreiwöchigen Frist mit Schreiben vom 15. Februar 1995 zu den einzelnen Punkten Stellung genommen, ob diese Stellungnahme für den Beschwerdeführer "zufriedenstellend" gewesen sei, bleibe dahingestellt.

Die Beisetzung einer Bedingung bei einer Berufung oder einer sonstigen Prozeßhandlung sei unzulässig, durch die Zurückweisung der Berufung sei der Beschwerdeführer somit in keinen Rechten verletzt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtwidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 63 Abs. 3 AVG hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten. Nach Absatz 4 dieser Bestimmung ist eine Berufung nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach der Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Berufung verzichtet hat. Gemäß § 63 Abs. 5 AVG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 471/1995 war die Berufung binnen zwei Wochen entweder bei der Behörde erster Instanz oder bei der Berufungsbehörde einzubringen. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloss mündlicher Verkündung mit dieser.

Gemäß § 64a AVG kann die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, wenn nur eine der Parteien Berufung erhoben hat oder wenn keine einander widersprechenden Berufungsanträge vorliegen, die Berufung nach Durchführung allfälliger weiterer Ermittlungen binnen zweier Monate nach Einlangen der zulässigen Berufung bei der Stelle, bei der sie einzubringen war, durch Berufungsvorentscheidung erledigen und den von ihr erlassenen Bescheid nach jeder Richtung abändern, ergänzen oder aufheben. Die Berufungsvorentscheidung ist jeder Partei zuzustellen.

Mit dem im Sachverhalt wörtlich wiedergegebenen Schreiben des Rechtsvertreter des Beschwerdeführers vom 6. Februar 1995 wurde im ersten Absatz ausgeführt, daß dann, wenn der Rechtsvertreter vom Bürgermeister keine entsprechende Aufklärung erhalte, er ihn ersuchen würde, diesen Brief als Berufung der Baubehörde zweiter Instanz vorzulegen. Im letzten Absatz wird ausgeführt, es werde gebeten, zu den beiden Vorschreibungen Stellung zu nehmen, sie aufzuschlüsseln und zu erläutern und bekanntzugeben, warum der Bürgermeister der Auffassung sei, daß eine naturschutzbehördliche Genehmigung notwendig sei. Sollte der Beschwerdevertreter in den nächsten drei Wochen keine befriedigende Stellungnahme erhalten, ersuche er das Schreiben als Berufung an den Gemeinderat vorzulegen. Entgegen der in der Beschwerde vertetenen Auffassung ist sowohl die Formulierung "sollte ich von Ihnen keine entsprechende Aufklärung erhalten" als auch "sollte ich in den nächsten drei Wochen keine befriedigende Stellungnahme von Ihnen erhalten" eine Bedingung, da die weitere Vorgangsweise, nämlich die Vorlage dieses Schreibens an die Berufungsbehörde, von einem ungewissen, in der Zukunft liegenden Ereignis, nämlich der entsprechenden bzw. befriedigenden Stellungnahme des Bürgermeisters innerhalb der nächsten drei Wochen, abhängig gemacht wurde.

Eine Auslegung des Schreibens des Rechstvertreters vom 6. Februar 1995 dahingehend, der Bürgermeister möge eine Berufungsvorentscheidung treffen, verbietet sich nach dem Wortlaut dieses Schreibens, weil eine Berufungsvorentscheidung nur mit Bescheid erfolgen könnte, der Beschwerdevertreter jedoch eine Erledigung auf "brieflichem Wege" gewünscht hat.

Wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgeführt hat, müßte die Zulässigkeit einer Bedingung bei einer Prozeßhandlung im Gesetz ausdrücklich vorgesehen sein, ist dies nicht der Fall, so ist eine unter Bedingungen vorgenommene Prozeßhandlung unwirksam (vergleiche die hg. Erkenntnisse vom 16. Juni 1987, Zl. 85/05/0053, sowie vom 23. April 1996, Zl. 95/05/0320). § 63 AVG hat die Zulässigkeit der Aufnahme einer Bedingung in den Berufungsantrag nicht normiert, daher ist hier die unter Bedingungen eingebrachte Berufung schon deshalb eine unwirksame Prozeßhandlung, weil der Eintritt der Bedingung keineswegs objektiv feststellbar ist, weil er von einem subjektiven, in der Sphäre der Partei gelegenen Element abhängt, nämlich davon, ob der Rechtsvertreter die allfällige Antwort des Bürgermeisters als "befriedigende Stellungnahme" ansieht. Mit Recht hat daher schon der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde die unter Bedingungen eingebrachte Berufung des Beschwerdeführers als unzulässig zurückgewiesen.

Dem angefochtenen Bescheid haftet somit kein Rechtsirrtum der belangten Behörde an, bei dieser Sachlage war eine Verfahrensergänzung nicht nötig. Im übrigen enthält die Beschwerde keine Ausführungen dahingehend, worin der Verfahrensmangel gelegen sein sollte, nach der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes führt ein Verfahrensmangel aber nur dann zur Aufhebung des Bescheides, wenn dieser Mangel wesentlich war, das heißt, daß die Behörde bei Vermeidung dieses Mangels zu einem anderen Bescheidergebnis gelangen hätte können, und in der Beschwerde die Wesentlichkeit dieses Mangels dargetan wird (vergleiche die bei Dolp, Verwaltungsgerichtsbarkeit, 3. Auflage, Seite 660 oben zitierte hg. Judikatur).

Da sich die Beschwerde somit als unbegündet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr. 416/1994.

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