Sache eines Zurückweisungsbescheides betreffend Antrag auf Abrechnungsbescheid
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des FS, vertreten durch MF, gegen den Bescheid des Finanzamtes Wien 1/23 vom 6. Oktober 2008 betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Erlassung eines Abrechnungsbescheides entschieden:
Der Berufung wird Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.
Entscheidungsgründe
Mit Eingabe vom 5. September 2008 beantragte der Berufungswerber (Bw.) die Erlassung eines Abrechungsbescheides, der darüber abspreche, dass die Verbuchung vom 29. Juli 2008 über die Festsetzung der Lohnsteuer 1995 (Fälligkeitstag: 15. Jänner 1996, zahlbar bis 5. September 2008) in Höhe von € 35.007,90 unrichtig gewesen sei.
Mit der Berufungsentscheidung RV/1077-W/07 vom 3. April 2008 habe der Unabhängige Finanzsenat der Berufung vom 13. März 2007 gegen den Abrechnungsbescheid vom 22. Februar 2007 insoweit Folge gegeben, als auf Grund des Antrages vom 13. Dezember 2006 ausgesprochen werde, dass die aus der Verbuchung des Rückforderungsbescheides vom 4. Februar 2000 resultierende Abgabenschuldigkeit in Höhe von € 35.007,89 (S 481.719,00) auf Grund der Berufungsentscheidung des Unabhängigen Finanzsenates vom 31. August 2005, RV/1352-W/04, dem Abgabenkonto (St.Nr.: XX-YYY/ZZZZ-00) wieder gutzuschreiben sei. Dieser Bescheid sei rechtskräftig, sodass das Finanzamt auf dem Abgabenkonto mittlerweile die Gebarung richtig gestellt habe.
In der Begründung der Berufungsentscheidung RV/1077-W/07 habe der Unabhängige Finanzsenat auf Seite 6 ausgeführt, dass der aufhebende Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (auf den der Rückforderungsbescheid vom 4. Februar 2000 zurückzuführen gewesen sei) auf dem Abgabenkonto, auf welchem der (am 11. Juni 1999 approbierte) Bescheid des Finanzamtes (für Körperschaften) vom 7. Juli 1999 betreffend Rückzahlung gemäß § 240 Abs. 3 BAO verbucht worden sei, zu verbuchen gewesen wäre, was infolge Wegfalles des die Gutschrift bewirkenden Bescheides zu einer Lastschrift in derselben Höhe geführt hätte.
Nunmehr habe das (mittlerweile zuständige) Finanzamt auf dem im Betreff angeführten Abgabenkonto am 29. Juli 2008 eine Festsetzung von Lohnsteuer 1995 in Höhe von € 35.007,90 mit einer angeblichen Fälligkeit per 15. Jänner 1996 und einer Zahlungsfrist per 5. September 2008 verbucht, wobei ein Lohnsteuerfestsetzungsbescheid 1995 bis zum heutigen Tage nicht zugestellt worden sei.
Darüber hinaus sei zu beachten, dass das gegenständliche Abgabenkonto jenes gewesen sei, dass vom seinerzeitigen Finanzamt zur Verbuchung der Veranlagung der Einkommensteuer auf Grund beschränkter Steuerpflicht des Bw. gemäß § 213 Abs. 3 BAO angelegt worden sei. Da aber für die Erledigung des Rückzahlungsantrages seinerzeit das Finanzamt für Körperschaften zuständig gewesen sei, könne es sich im gegenständlichen Fall keines Falles um das Abgabenkonto, auf welchem der Bescheid des Finanzamtes vom 7. Juli 1999 betreffend Rückzahlung gemäß § 240 Abs. 3 BAO verbucht worden sei, das der Unabhängige Finanzsenat angesprochen habe, handeln. Somit könne die Verbuchung der Festsetzung Lohnsteuer 1995 auch nicht mit der vom Unabhängigen Finanzsenat geforderten Vorgehensweise begründet werden.
Das Finanzamt wies den Antrag mit Bescheid vom 6. Oktober 2008 zurück.
In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Bw. aus, dass in einem Abrechnungsbescheid umstrittene abgabenrechtliche Gebarungsakte schechthin zu klären seien.
Der im Vorlageantrag gestellte Antrag, gemäß § 282 Abs. 1 Z 1 BAO den gesamten Berufungssenat mit der Entscheidung über die Berufung zu befassen und gemäß § 284 Abs. 1 Z 1 BAO eine mündliche Berufungsverhandlung durchzuführen, wurde mit Eingabe vom 19. März 2009 zurückgezogen.
Über die Berufung wurde erwogen:
Gemäß § 216 BAO ist mit Bescheid (Abrechnungsbescheid) über die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung (§ 213) sowie darüber, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, auf Antrag des Abgabepflichtigen (§ 77) abzusprechen. Ein solcher Antrag ist nur innerhalb von fünf Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem die betreffende Verbuchung erfolgt ist oder erfolgen hätte müssen, zulässig.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 20.7.1999, 99/13/0071) ist der Abrechnungsbescheid seinem Wesen und möglichen Inhalt nach ein Feststellungsbescheid, der Klarheit zu schaffen hat, durch welche Verrechnungsvorgänge und Tilgungstatbestände das Erlöschen einer bestimmten Zahlungsverpflichtung bewirkt wurde. Im Abrechnungsbescheid sind umstrittene abgabenrechtliche Gebarungsakte schlechthin zu klären, nicht jedoch die Rechtmäßigkeit der Abgabenfestsetzung zu prüfen. Auch dient das Abrechnungsbescheidverfahren nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 30.9.2004, 2003/16/0508) nicht dazu, das Ergebnis rechtskräftiger Abgabenfestsetzungen durch Nachholung von Vorbringen, deren rechtzeitige Geltendmachung versäumt wurde, zu umgehen. Es kann auch die Prüfung und die Darstellung der Ergebnisse verlangt werden, ob die rechnungsmäßige Anlastung der Abgabenfestsetzung (nicht aber die Abgabenfestsetzung selbst) und die entsprechenden Gutschriften bei verminderten Festsetzungen kassenmäßig ihren richtigen Ausdruck gefunden haben (VwGH 31.3.2005, 2002/15/0016).
Laut Aktenlage wurde am Abgabenkonto 0/3 des Bw. am 29. Juli 2008 mit dem Geschäftsfallcode 46 (Buchung einer Festsetzung von selbst zu berechnenden und abzuführenden Abgabenschuldigkeiten) eine Lastschrift an Lohnsteuer 1995 in Höhe von € 35.007,90 mit dem Fälligkeitstag 15. Jänner 1996 und einer Zahlungsfrist bis 5. September 2008 verbucht.
Die vom Finanzamt im angefochtenen Bescheid für die Zurückweisung des Antrages auf Abrechnungsbescheid herangezogene Begründung, dass im Verfahren über einen Antrag auf Abrechnungsbescheid die Rechtmäßigkeit einer Abgabenfestsetzung nicht mehr zu prüfen sei, übersieht, dass der Antrag auf Erlassung eines Abrechnungsbescheides gestellt wurde, weil ein Lohnsteuerfestsetzungsbescheid 1995 nicht zugestellt worden sei. Ob ein Leistungsgebot zugestellt wurde (nur dann wäre die Buchung rechtmäßig gewesen), ist jedoch keine Frage der Rechtmäßigkeit der Zustellung (und somit der Rechtmäßigkeit der Abgabenfestsetzung im Sinne des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. November 1997, 96/16/0285), sondern ob sie überhaupt (wirksam) erfolgte. Diese Frage sollte daher im Verfahren nach § 216 BAO austragbar sein (vgl. Ritz, BAO-Kommentar³, § 216 Tz 4). Dass die Frage, ob die strittigen Erledigungen wirksam zugestellt und damit Bescheidqualität erlangt haben, in einem Verfahren nach § 216 BAO ausgetragen werden kann, wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 4. Februar 2009, 2008/15/0266, bestätigt.
Sache im gegenständlichen Berufungsverfahren ist allein die Frage, ob die Abgabenbehörde erster Instanz den Antrag auf Abrechnungsbescheid zu Recht zurückgewiesen hat. Die Berufungsbehörde darf in einem solchen Fall nur über die Rechtmäßigkeit der Zurückweisung, nicht aber über den Inhalt des zurückgewiesenen Antrages entscheiden; der Berufungsbehörde ist es daher verwehrt, den erstinstanzlichen Bescheid in eine Sachentscheidung abzuändern, würde doch dadurch der sachlichen Prüfung des gestellten Antrages und damit der Partei eine Instanz genommen. Liegt der in erster Instanz angenommene Zurückweisungsgrund nicht vor, so hat die Berufungsbehörde den Zurückweisungsbescheid ersatzlos mit der Konsequenz zu beheben, dass die Abgabenbehörde erster Instanz über den Antrag unter Abstandnahme von dem zunächst gebrauchten Zurückweisungsgrund zu entscheiden hat (vgl. VwGH 28.2.2008, 2006/16/0129).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am 25. März 2009
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 216 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
Schlagworte: | Rechtmäßigkeit einer Abgabenfestsetzung, Leistungsgebot, Buchung, Zustellung |
Verweise: |