UFS RV/1352-W/04

UFSRV/1352-W/0431.8.2005

kein Rückforderungsbescheid vorgesehen bei Aufhebung eines die Erstattung von zu Unrecht einbehaltener Lohnsteuer bewilligenden Bescheides gemäß § 240 BAO

 

Entscheidungstext

Der unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung des Bw., vom 28. Februar 2000 gegen den Bescheid des Finanzamtes für den 23. Bezirk vom 4. Februar 2000 betreffend Rückforderung zu Unrecht erstatteter Lohnsteuer entschieden:

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

Entscheidungsgründe

Mit Schreiben vom 4. August 1998 beantragte der Berufungswerber (Bw.) gemäß § 240 Abs. 3 BAO die Rückerstattung der für das Jahr 1995 in Höhe von S 420.518,84 zu Unrecht einbehaltenen Lohnsteuer. Begründend wurde ausgeführt, dass der Bw. im Jahre 1995 in Österreich nicht wohnhaft gewesen sei und daher nicht steuerpflichtig wäre. Im Jahre 1995 wäre er in Saudi Arabien tätig gewesen und hätte er dort auch seinen ständigen Wohnsitz gehabt. Seines Wissens nach würde zwischen Österreich und Saudi Arabien auch kein Doppelbesteuerungsabkommen bestehen. Da er seine Pensionsbezüge als ehemaliger Dienstnehmer der Fluggesellschaft (Flugkapitän) nicht aus einer inländischen öffentlichen Kasse bezogen hätte, würde auch nicht einmal eine beschränkte Steuerpflicht bestehen.

Das Finanzamt gab dem Antrag mit Bescheid vom 11. Juni 1999 statt und zahlte die im Kalenderjahr 1995 einbehaltene Lohnsteuer im Ausmaß von S 481.719,00 zurück.

Mit Bescheid vom 19. Jänner 2000 hob die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland in Ausübung ihres Aufsichtsrechtes den stattgebenden Bescheid gemäß § 299 Abs. 1 lit. c BAO in der damals geltenden Fassung wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften auf. Begründend wurde ausgeführt, dass das Finanzamt bei der Durchführung eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens zum Ergebnis hätte kommen müssen, dass der Bw. auch im Jahre 1995 seinen ordentlichen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich des Bundesgebietes hatte und daher unbeschränkt steuerpflichtig gewesen sei.

Mit Bescheid vom 4. Februar 2000 forderte das Finanzamt die in Höhe von S 481.719,00 erstattete Lohnsteuer mit Hinweis auf den Bescheid der Finanzlandesdirektion vom 19. Jänner 2000 , mit dem der dem Antrag auf Erstattung stattgebende Bescheid des Finanzamtes vom 11. Juni 1999 aufgehoben wurde, zurück.

Dagegen brachte der Bw. am 28. Februar 2000 die Berufung ein und führte aus, dass die Aufhebung des seinerzeitigen Rückerstattungsbescheides nicht zwangsläufig bedeuten würde, dass ihm die Lohnsteuer nicht zustehen würde, da diese Beurteilung erst nach der auch im aufhebenden Bescheid angeregten Durchführung eines Ermittlungsverfahren erfolgen hätte können.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 15. Juni 2004 wies das Finanzamt die Berufung ab und führte begründend aus, dass die gegen den Aufhebungsbescheid der Finanzlandesdirektion an den Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde des Bw. mit Erkenntnis vom 20. April 2004, 2000/13/0033, als unbegründet abgewiesen worden wäre. Informativ wurde außerdem festgestellt, dass für den nunmehr unerledigten Antrag vom 4. August 1998 auf Erstattung der Lohnsteuer aufgrund der durchgeführten Einkommensteuerveranlagung das Finanzamt Wien 1 zuständig wäre.

Der Bw. beantragte mit Schreiben vom 20. Juli 2004 die Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Mit Schreiben vom 24. August 2005 nahm der Bw. die im Vorlageantrag gleichfalls gestellten Anträge auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem Berufungssenat zurück.

Über die Berufung wurde erwogen:

Gemäß § 240 Abs. 1 BAO in der vor der Änderung durch BGBl. I Nr. 142/2000 geltenden Fassung ist der Abfuhrpflichtige bei Abgaben, die für Rechnung eines Abgabepflichtigen ohne dessen Mitwirkung einzubehalten und abzuführen sind, berechtigt, während eines Kalenderjahres zu Unrecht einbehaltene Beträge bis zum Ablauf dieses Kalenderjahres auszugleichen oder auf Verlangen des Abgabepflichtigen zurückzuzahlen.

Der Abgabepflichtige kann gemäß § 240 Abs. 3 leg.cit. bis zum Ablauf des fünften Kalenderjahres, das auf das Jahr der Einbehaltung folgt, die Rückzahlung des zu Unrecht einbehaltenen Betrages beantragen, soweit nicht eine Rückzahlung oder ein Ausgleich gemäß Abs. 1, im Wege des Jahresausgleiches oder im Wege der Veranlagung zu erfolgen hat oder bereits erfolgt ist. Der Antrag ist bei der Abgabenbehörde zu stellen, die für die Heranziehung des Abgabepflichtigen zu jener Abgabe zuständig ist, um deren Rückzahlung es sich handelt.

Gemäß § 299 Abs. 1 lit. c BAO in der Fassung vor dem AbgRmRefG (BGBl I 2002/97) kann ein Bescheid von der Oberbehörde in Ausübung des Aufsichtsrechtes aufgehoben werden, wenn Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen wurden, bei deren Einhaltung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können.

Gemäß § 228 ist auf Abgabenschuldigkeiten, die infolge einer Umbuchung gemäß § 214 Abs. 7 BAO, einer Rückzahlung gemäß § 241 Abs. 1 BAO oder deswegen wiederaufleben, weil eine unrichtige oder unrichtig gewordene Verbuchung der Gebarung rückgängig gemacht wird, § 227 anzuwenden, wonach gemäß Abs. 1 vollstreckbar gewordene Abgabenschuldigkeiten einzumahnen sind.

Unstrittig ist, dass dem Antrag des Bw. vom 4. August 1998 auf Rückerstattung der für das Jahr 1995 zu Unrecht einbehaltenen Lohnsteuer gemäß § 240 Abs. 3 BAO mit Bescheid vom 11. Juni 1999 stattgegeben und der Betrag von S 481.719,00 zurückbezahlt wurde.

Desweiteren steht auch außer Zweifel, dass dieser Bescheid am 19. Jänner 2000 durch die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland in Ausübung ihres Aufsichtsrechtes gemäß § 299 Abs. 1 lit. c BAO wieder aufgehoben wurde. Die dagegen an den Verwaltungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis vom 20. April 2004 abgewiesen.

Das Finanzamt ist mit seiner Rechtsansicht, dass der zu Unrecht erstattete Betrag zufolge des durch die Finanzlandesdirektion aufgehobenen Bescheides wieder rückzufordern gewesen wäre, grundsätzlich im Recht. Jedoch ist dazu ein Rückforderungsbescheid rechtlich nicht vorgesehen, sondern hätte das Finanzamt gemäß § 227 Abs. 1 BAO iVm § 228 BAO lediglich eine Zahlungsaufforderung erteilen und in weiterer Folge Vollstreckungsmaßnahmen im Sinne der Abgabenexekutionsordnung durchführen müssen. Die entsprechende Nachbelastung am Abgabenkonto des Bw. hätte nämlich bereits aufgrund der Aufhebung gemäß § 299 BAO - ohne dass dazu ein weiterer Bescheid erforderlich gewesen wäre - erfolgen müssen.

Der Argumentation des Bw., dass die Aufhebung des stattgebenden Bescheides noch nicht automatisch bedeuten würde, dass ihm der begehrte Lohnsteuerbetrag nicht zustehen würde, ist zwar grundsätzlich beizupflichten. Für das gegenständliche Verfahren lässt sich daraus jedoch nichts gewinnen, da die Zuständigkeit zur Durchführung eines weiteren Ermittlungsverfahrens sowie Absprache über den ursprünglichen Antrag gemäß § 240 BAO bei der Abgabenbehörde erster Instanz liegt bzw. gelegen ist.

Da der angefochtene Bescheid mangels gesetzlicher Grundlage zu Unrecht ergangen war, war spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am 31. August 2005

Zusatzinformationen

Materie:

Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht

betroffene Normen:

§ 240 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 227 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 228 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961

Schlagworte:

Rückforderung, Erstattung, zu Unrecht einbehaltener Lohnsteuer

Stichworte