OGH 7Ob331/98x

OGH7Ob331/98x23.6.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich, Dr. Tittel, Dr. Huber und Hon-Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Kinder Michael H*****, und Kerstin Eva H*****, vertreten durch ihre Mutter Jutta H*****, infolge Rekurses der Mutter gegen den Beschluß des Landesgerichtes Wels als Rekursgericht vom 26. August 1998, GZ 21 R 345/98d-68, womit infolge Rekurses des Vaters Friedrich H*****, der Beschluß des Bezirksgerichtes Wels vom 2. Juli 1998, GZ 1 P 2044/95i-63, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der Vater Friedrich H***** war zuletzt aufgrund des Beschlusses des Erstgerichtes vom 12. 3. 1998 zu monatlichen Unterhaltsleistungen von S 3.090 für Michael und von S 2.730 für Kerstin verpflichtet. Beide Kinder stammen aus seiner am 20. 7. 1989 geschiedenen Ehe und wachsen bei ihrer Mutter auf. Am 1. 4. 1998 gab der Vater den Antrag zu Protokoll, die Unterhaltsbeiträge ab 1. 1. 1998 auf je S 2.000 monatlich pro Kind herabzusetzen. Er sei nunmehr als Kommanditist am Unternehmen seines ehemaligen Dienstgebers beteiligt, beziehe als Angestellter nur mehr S 14.215 netto monatlich und erhalte keine Sonderzahlungen. Seine uneheliche Tochter Lydia S***** begehre S

3.800 an Unterhalt, worüber am 14. 4. 1998 beim Bezirksgericht G***** eine Tagsatzung stattfinden werde. Er werde dem Gericht umgehend den Gesellschaftsvertrag zukommen lassen und das Ergebnis der Tagsatzung bekanntgeben. Abschließend wurde zu Protokoll genommen: "Sollte ich den Gesellschaftsvertrag und das Ergebnis aus der Tagsatzung mit Lydia S***** dem Gericht nicht vorlegen, gilt mein Antrag als zurückgezogen...".

Die Mutter sprach sich gegen den Herabsetzungsantrag aus.

Mit Beschluß vom 2. 7. 1998 wies das Erstgericht den Herabsetzungsantrag ab, weil der Vater die genannten Urkunden nicht vorgelegt habe. Den Vater treffe bezüglich der Feststellung seiner Einkommens-, Vermögens- und Lebensverhältnisse eine Mitwirkungspflicht und die Beweislast für seine behauptete Unfähigkeit zur Leistung der vollen gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung. Aus der vom Vater vorgelegten, nicht unterfertigten Lohnbestätigung könne die Leistungsfähigkeit des Vaters nicht entnommen werden.

Anläßlich seines Protokollarrekurses legte der Vater neben weiteren Urkunden eine Vergleichsausfertigung des von ihm bei der Tagsatzung am 3. 6. 1988 vor dem Bezirksgericht G***** mit Lydia S***** geschlossenen Vergleiches sowie den zwischen ihm und Christian S***** geschlossenen Gesellschaftsvertrag vor.

Das Rekursgericht bestätigte den Beschluß betreffend die Unterhaltsbeiträge für den Zeitraum vom 1. 1. 1998 bis 31. 3. 1998 mit der Maßgabe, daß es den diesbezüglichen Herabsetzungsantrag zurückwies. Im übrigen (Herabsetzung ab 1. 4. 1998) hob es den Beschluß auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es sprach aus, daß der Rekurs gegen den aufhebenden Teil der Entscheidung gemäß § 14b AußStrG zulässig sei, weil zur Frage der Wirksamkeit einer bedingten Antragsrückziehung im außerstreitigen Verfahren keine höchstgerichtliche Rechtsprechung existiere.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den aufhebenden Teil der Rekursentscheidung gerichtete Rekurs der Mutter ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes sind bedingte Prozeßhandlungen nur sehr eingeschränkt und nur dort zulässig, wo der Ablauf des Verfahrens bereits durch unbedingte Prozeßhandlungen sichergestellt ist (SZ 66/93). Wenn überhaupt, können nur Bedingungen zulässig sein, die an ein im konkreten Verfahrensstadium eintretendes Prozeßereignis anknüpfen (6 Ob 193/98w mwN). Die Setzung einer solchen "innerprozessualen" Bedingung ist aber jedenfalls unzulässig, wenn die Prozeßhandlungen einen unmittelbaren Einfluß auf den Fortgang des Verfahrens haben können, wie etwa bei einem Anerkenntnis, beim Verzicht, bei Klage- und Rechtsmittelrücknahmen und bei Rechtsmittelverzichten (SZ 68/161). Derartige Prozeßerklärungen einer Partei ("Bewirkungshandlungen") sind schon wegen ihrer konstitutiven, unmittelbare Rechtsfolgen hervorrufenden Wirkung generell bedingungsfeindlich (ÖBA 1991/291, 671; 6 Ob 193/98w). Der durch die Prozeßerklärungen bestimmte Prozeßablauf darf nicht durch die Bindung an unvorhersehbare Ereignisse beeinträchtigt und verzögert werden (6 Ob 193/98w). Die Entscheidung darüber, in welcher Form das Verfahren fortgesetzt wird, soll nicht von einem ungewissen Ereignis abhängen (SZ 68/161).

Diese Grundsätze sind ohne weiteres auch auf das außerstreitige Verfahren anzuwenden, weil insoweit kein vom Zivilprozeß abweichender Regelungsbedarf besteht. Daraus ergibt sich, daß die laut Protokollierung des Erstgerichtes vom Vater von der Nichtvorlage der betreffenden Urkunden abhängig gemachte Rückziehung seines Antrages auf Herabsetzung der Unterhaltsbeiträge als bedingte konstitutive Verfahrenserklärung unwirksam ist.

Abgesehen davon enthält die protokollierte Erklärung des Vaters nicht einmal eine Befristung für die Vorlage der betreffenden Unterlagen. Der weitere Fortgang des Herabsetzungsverfahrens wäre damit auf unbestimmte Zeit ungewiß und hinausgezögert, wäre der Erklärung des Vaters Rechtswirksamkeit zu unterstellen. Dem Vater wäre diesfalls zugutezuhalten, daß er die Unterlagen ohnehin, und zwar anläßlich der Protokollierung seines Rekurses, vorgelegt hat.

Aus diesen Erwägungen ergibt sich, daß es dem Vater auch nicht an der Beschwer zur Erhebung eines Rechtsmittels gegen den auf seine unwirksame Antragsrückziehung gegründeten, für ihn nachteiligen Beschluß fehlt.

Wie schon das Rekursgericht zutreffend ausführte, kommt die Anwendung von Beweislastregeln wegen des im Außerstreitverfahren geltenden Untersuchungsgrundsatzes nur dann in Betracht, wenn das Gericht außerstande ist, aufgrund amtswegiger Beweiserhebungen eine ausreichende Tatsachengrundlage zu schaffen (EvBl 1992/20 ua). Die Beweislast der Parteien enthebt das Gericht nicht seiner im § 2 Abs 2 Z 5 AußStrG normierten Pflicht, alle für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen zu erheben (1 Ob 552/93). Das Rekursgericht hat zutreffend dargelegt, daß das Erstgericht im vorliegenden Fall dieser Pflicht nicht nachgekommen ist und daß amtswegigen Erhebungen über die finanzielle Situation des Vaters und seine weiteren Unterhaltspflichten keine erkennbaren Hindernisse entgegenstehen. Ob zur Erhebung der für die Unterhaltsbemessung maßgebenden Umstände noch weitere Beweisaufnahmen erforderlich sind, ist eine vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbare Frage der Beweiswürdigung (EFSlg 57.830 ua). Der vom Berufungsgericht erteilte Auftrag zur Verbreiterung der Entscheidungsgrundlage, die es als Folge seiner zutreffenden Ausführungen zur Verpflichtung des Gerichtes zur amtswegigen Wahrheitsfindung und zur Unwirksamkeit bedingter Antragsrückziehungen für notwendig erachtete, unterliegt nicht der Prüfung durch den Obersten Gerichtshof.

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