VwGH Ra 2023/03/0124

VwGHRa 2023/03/01244.10.2023

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer sowie die Hofräte Mag. Nedwed, Mag. Samm, Dr. Faber und Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des J W in G, vertreten durch Mag. Percy Hirsch, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Maximilianstraße 6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 23. März 2023, Zl. LVwG‑605425/9/VG, betreffend Übertretung des Luftfahrtgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Gmunden), zu Recht erkannt:

Normen

LuftfahrtG 1958 §10
LuftfahrtG 1958 §169 Abs1
LuftfahrtG 1958 §58
LuftfahrtG 1958 §68
LuftfahrtG 1958 §9 Abs1
LuftfahrtG 1958 §9 Abs2
LuftfahrtG 1958 §9 Abs2a
LuftfahrtG 1958 §9 Abs3
LuftfahrtG 1958 §9 Abs4
VStG §44a Z3
VStG §5 Abs1
VwRallg

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023030124.L00

 

Spruch:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 1.1. Mit Spruchpunkt 1. des Straferkenntnisses der belangten Behörde vom 15. Juli 2022 wurde der Revisionswerber schuldig erkannt, er habe als Pilot eines mit Kennzeichen bezeichneten Hubschraubers am 18. Mai 2020 um 11:05 Uhr an einem näher genannten Ort in G ohne Bewilligung eine Außenlandung durchgeführt, obwohl dies nur auf Flugplätzen gemäß § 58 Luftfahrtgesetz (LFG) oder mit der Bewilligung des Landeshauptmannes gemäß § 9 Abs. 2 LFG gestattet sei. Eine solche Bewilligung sei nicht vorgelegen. Die Außenlandung sei nicht von einer näher bestimmten Allgemeinbewilligung des „Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung“ (richtig: des Landeshauptmannes von Oberösterreich) vom 10. Dezember 2019 umfasst gewesen.

2 Mit Spruchpunkt 2. dieses Straferkenntnisses wurde der Revisionswerber weiters schuldig erkannt, als Pilot dieses Hubschraubers am 19. Mai 2020 um 09:43 Uhr am selben Tatort ohne Bewilligung einen Außenabflug durchgeführt zu haben, obwohl dies nur auf Flugplätzen gemäß § 58 LFG oder mit der Bewilligung des Landeshauptmannes gemäß § 9 Abs. 2 LFG gestattet sei. Eine solche Bewilligung sei nicht vorgelegen. Der Außenabflug sei nicht von der in Spruchpunkt 1. angeführten Allgemeinbewilligung umfasst gewesen.

3 Der Revisionswerber habe dadurch jeweils „§ 169 Abs. 1 Z 1 iVm. § 9 Abs. 1“ LFG verletzt, weswegen über ihn jeweils gemäß „§ 169 Abs. 1“ LFG eine Geldstrafe von € 1.100,‑‑ (Ersatzfreiheitsstrafe von 16 Stunden) verhängt und ein Kostenbeitrag vorgeschrieben wurde.

4 1.2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ab, setzte einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens fest und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.

5 Das Verwaltungsgericht legte seiner Entscheidung Folgendes zu Grunde:

6 Der Revisionswerber sei bei der H. S. GmbH angestellt, die Flugaufträge mit Hubschraubern der H. GmbH durchführe. Der H. GmbH sei mit (auf § 9 Abs. 2a LFG gestütztem) Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 10. Dezember 2019 (im Folgenden: die Allgemeinbewilligung) eine unbestimmte Anzahl von Außenlandungen und Außenabflügen auf nicht näher bestimmten Landeplätzen im gesamten Gebiet des Bundeslandes Oberösterreich mit bestimmten Hubschraubern zum Zwecke der Durchführung von a) Materialtransporten und Arbeitsflügen (z.B. Hüttenversorgung, Seilbahnbau usw.) einschließlich unmittelbar zusammenhängender Personenbeförderung, b) Personentransporten zu nicht touristischen Zwecken (z.B. Vermessungsflüge, Kontrollen von Strom‑ oder Telefonleitungen, Film‑ und Fotoflüge usw.) unter bestimmten Auflagen erteilt worden.

7 Der Revisionswerber habe am 18. Mai 2020 um 11:05 Uhr auf einem näher bezeichneten Grundstück in G ohne Bewilligung eine Außenlandung vorgenommen. Davor sei an diesem Tag ein direkter Flug von G zum Einsatzort in W erfolgt. Dort sei ein Arbeitsauftrag durchgeführt worden. Nach Abschluss dieses Auftrages sei der Revisionswerber wieder zum genannten Grundstück in G geflogen, habe um 11:05 Uhr eine Außenlandung durchgeführt und den Hubschrauber dort über Nacht abgestellt. Der Revisionswerber habe weiters am 19. Mai 2020 um 09:43 Uhr am selben Tatort ohne Bewilligung einen Außenabflug durchgeführt. An diesem Tag habe er einen mit dem Auftrag vom Vortag nicht in Zusammenhang stehenden Auftrag in P zum Berg G durchgeführt. Auf dem Grundstück in G sei jeweils nur Flugbetriebsmaterial in den Hubschrauber eingeladen worden.

8 Es sei ursprünglich geplant gewesen, für einen Filmflug für den Auftraggeber O den Hubschrauber auf dem Grundstück in G von 7. bis 29. Mai 2020 bereitzuhalten. Diese „Bereitschaft“ sei vom Auftraggeber vorzeitig am 22. Mai 2020 beendet worden. Der Revisionswerber habe zu keiner Zeit selbst Auskünfte bei der zuständigen Zivilluftfahrtbehörde bezüglich der Auslegung der Allgemeinbewilligung eingeholt. Zwischen dem Geschäftsführer der H. S. GmbH und Vertretern der Zivilluftfahrtbehörden hätten zwar (telefonische) Gespräche stattgefunden, die der Revisionswerber teils auch mitgehört habe. In diesen Gesprächen seien aber keine konkreten Sachverhalte, insbesondere auch nicht das Bereithalten eines Hubschraubers für den Auftraggeber O, erörtert worden.

9 Rechtlich führte das Verwaltungsgericht aus, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stehe der Charakter der Außenabflug- und Außenlandebewilligungen als Ausnahmebewilligungen einem Verständnis entgegen, wonach ein „Stützpunkt“ eines Luftverkehrsunternehmens, von dem wiederkehrend Abflüge bzw. auf dem wiederkehrend Landungen durchgeführt werden, außerhalb eines Flugplatzes auf der Grundlage von Ausnahmebewilligungen betrieben werden könnte. In diesem Fall wäre nämlich von einer ständigen Benützung auszugehen, sodass eine Zivilflugplatz‑Bewilligung nach § 68 LFG erforderlich sei (Hinweis auf VwGH 24.4.2018, Ra 2018/03/0039). Das in § 9 Abs. 1 LFG enthaltene Gebot, zum Abflug und zur Landung nur Flugplätze zu benützen, soweit nicht (unter anderem) in § 9 Abs. 2 und 2a LFG etwas anderes bestimmt sei, richte sich auch an den verantwortlichen Piloten. Es sei jedenfalls Aufgabe des verantwortlichen Piloten, sich davon zu vergewissern, dass der für eine Außenlandung oder einen Außenabflug gewählte Ort auch rechtmäßig, insbesondere etwa aufgrund einer die konkrete Flugbewegung deckenden Ausnahmebewilligung nach § 9 Abs. 2 und 2a LFG, für die Landung bzw. den Abflug verwendet werden könne, und dass die in der Bewilligung enthaltenen Auflagen eingehalten würden (erneut Hinweis auf VwGH Ra 2018/03/0039).

10 Der Revisionswerber habe vorgebracht, dass der gegenständliche Hubschrauber in der Zeit von 7. bis 22. Mai 2020 für etwaige Filmflüge für den Auftraggeber O auf dem Grundstück in G bereitgestanden und diese „Bereitschaft“ nach Auskunft seines Arbeitgebers von der Allgemeinbewilligung gedeckt gewesen sei. Es sei daher zulässig gewesen, in diesem Zeitraum von G aus andere Flüge durchzuführen und anschließend wieder nach G zurückzukehren, weil dort der Hubschrauber bereitgehalten hätte werden müssen.

11 Die Rechtsansicht des Revisionswerbers ‑ so das Verwaltungsgericht ‑ hätte zur Konsequenz, dass mit dem Bereithalten eines Hubschraubers ein Stützpunkt eines Luftverkehrsunternehmens auf dem Grundstück in G für einen beliebigen Zeitraum eingerichtet werde. Gerade der vorliegende Fall zeige die mit einer vereinbarten „Bereitschaft“ verbundene Umgehungsmöglichkeit deutlich. Die „Bereitschaft“ sei zunächst bis 29. Mai 2020 vereinbart gewesen, hätte aber beliebig verlängert werden können. Das Vereinbaren einer „Bereitschaft“ widerspreche daher dem im LFG normierten Flugplatzzwang. Dies hätte auch der Revisionswerber als verantwortlicher Pilot erkennen müssen, weshalb er sich auch nicht darauf berufen könne, dass er auf Anweisung des Geschäftsführers gehandelt habe und auch nicht auf dessen Auskunft, das Bereithalten des Hubschraubers sei von der Allgemeinbewilligung umfasst. Der Verwaltungsgerichtshof habe bereits klargestellt, dass auch allfällige Anweisungen des Arbeitgebers keinen Schuldausschließungsgrund darstellten.

12 Auch das Vorbringen des Revisionswerbers, wonach auf dem Grundstück in G Flugbetriebsmaterial (wie etwa Schlingen, Netze, „Big Bags“ etc.) in den Hubschrauber geladen worden sei, führe zu keinem anderen Ergebnis, weil es sich dabei um keinen Materialtransport im Sinne der Allgemeinbewilligung handle, sondern um Material, das zur Ausstattung des Hubschraubers zähle, um diverse Arbeitsaufträge abwickeln zu können. Verstehe man das Einladen von Flugbetriebsmaterial als Teil des unmittelbaren Arbeitsauftrages, so hätte dies zur Folge, dass jeder Außenabflug von jedem beliebigen Grundstück, welcher nur der Vorbereitung eines Arbeitsfluges diene, bereits als von der Allgemeinbewilligung umfasst anzusehen wäre, weil dieses Flugbetriebsmaterial überall hingebracht werden könne. Auf diese Weise könne jeder beliebige Ort zu einem regelmäßig benützten „Stützpunkt“ für die Durchführung von Arbeitsaufträgen gemacht werden. Eine Allgemeinbewilligung sei aber nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes restriktiv auszulegen, weil es sich dabei um eine Ausnahme vom Flugplatzzwang handle.

13 Der Revisionswerber habe selbst keine Rechtsauskunft bei der zuständigen Zivilluftfahrtbehörde auf Basis einer vollständigen Sachverhaltsgrundlage eingeholt, aus der sich ergebe, dass der relevante Sachverhalt von der Allgemeinbewilligung umfasst sei. Eine solche Auskunft sei auch seinem Arbeitgeber nicht erteilt worden. Entschuldigend könnten zudem nur im Vorfeld zu einem konkreten Sachverhalt eingeholte Rechtsauskünfte sein.

14 Der Revisionswerber könne sich daher nicht auf mangelndes Verschulden berufen, weshalb ihm die angelasteten Übertretungen auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen seien.

15 Die belangte Behörde sei bei der Strafzumessung von durchschnittlichen Einkommensverhältnissen des Revisionswerbers (monatliches Nettoeinkommen von € 2.000 bei keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten) ausgegangen, die der Revisionswerber auch nicht in Abrede stelle, und habe die lange Verfahrensdauer sowie die Unbescholtenheit des Revisionswerbers strafmildernd berücksichtigt. Der Umstand, dass der Revisionswerber die Tat aufgrund eines Auftrages seines Arbeitgebers begangen habe, begründe keinen Milderungsgrund, weil dies dem Schutzzweck des Flugplatzzwanges zuwiderlaufen würde. Straferschwerungsgründe lägen keine vor. Die belangte Behörde habe den gesetzlichen Strafrahmen lediglich zu 5% ausgeschöpft und die Strafe erscheine in dieser Höhe notwendig, um den Revisionswerber in Zukunft von ähnlichen Übertretungen abzuhalten. Eine Herabsetzung der Strafe komme auch unter Bedachtnahme auf die generalpräventive Funktion der Verwaltungsstrafe nicht in Betracht, zumal der Flugplatzzwang dem Interesse der Sicherheit der Luftfahrt sowie der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit diene.

16 1.3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, zu welcher die belangte Behörde im Vorverfahren eine Revisionsbeantwortung erstattete.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

17 2. Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit u.a. vor, die vom Verwaltungsgericht zitierte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. April 2018, Ra 2018/03/0039, sei im vorliegenden Fall nicht einschlägig, weil der Revisionswerber zu einem Arbeitsflug und nicht zu einem gesondert bewilligten Rundflug geflogen sei. Es sei kein „Stützpunkt“ im Sinne der genannten Rechtsprechung, also ein Ort außerhalb eines Flugplatzes, von dem aus das Luftfahrzeug jeweils zum nächsten Ort des Arbeitseinsatzes überstellt werde und zu dem es nach Durchführung der Arbeitsflüge jeweils zurück überstellt werde, vorgelegen. Der Hubschrauber sei vielmehr für laufende Arbeitsflüge für den Auftraggeber O von dem Grundstück in G aus verwendet worden. Es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage, ob die Vereinbarung einer „Bereitschaft“ für Arbeitsflüge eine Umgehung des Flugplatzzwanges sei.

18 Die Revision ist zur weiteren Klarstellung der Rechtslage hinsichtlich zulässiger Außenlandungen und Außenabflüge auf der Grundlage einer Allgemeinbewilligung gemäß § 9 Abs. 2a LFG zulässig.

19 3. Sie ist jedoch nicht begründet.

20 3.1.1. Der Verwaltungsgerichtshof führte im Erkenntnis vom 24. April 2018, Ra 2018/03/0039, aus, dass § 9 Abs. 1 LFG grundsätzlich einen Flugplatzzwang normiert. Aus § 9 Abs. 1 LFG ergibt sich das Gebot, zum Abflug und zur Landung von Luftfahrzeugen nur Flugplätze zu benützen, sofern sich aus § 9 Abs. 2 bis 4 und § 10 LFG nichts anderes ergibt. Nach dem System des LFG ist die Benützung von Flugplätzen für Landungen bzw. Abflüge daher der Regelfall, Außenlandungen bzw. Außenabflüge stellen Ausnahmefälle dar, die grundsätzlich nur aufgrund einer Bewilligung des Landeshauptmannes durchgeführt werden dürfen. Außenlande‑ bzw. Außenabflugbewilligungen sind daher Ausnahmebewilligungen, wobei die gesetzlichen Ausnahmebestimmungen, welche die Erteilung dieser Bewilligungen regeln, grundsätzlich restriktiv zu verstehen sind. Für rechtskräftig erteilte Bewilligungen nach § 9 Abs. 2 und Abs. 2a LFG ergibt sich daraus ‑ schon weil der Spruch eines Bescheides im Zweifel gesetzeskonform auszulegen ist ‑, dass eine ausdehnende Auslegung der darin erteilten Erlaubnis nicht in Betracht kommt.

21 Zudem hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis Ra 2018/03/0039 festgehalten, dass der Charakter der Außenabflug‑ und Außenlandebewilligungen als Ausnahmebewilligungen einem Verständnis entgegensteht, wonach ein „Stützpunkt“ eines Luftverkehrsunternehmens, von dem wiederkehrend Abflüge bzw. auf dem wiederkehrend Landungen durchgeführt werden, außerhalb eines Flugplatzes auf der Grundlage von Ausnahmebewilligungen betrieben werden könnte.

22 Im Erkenntnis vom 8. Mai 2023, Ra 2022/03/0252, führte der Verwaltungsgerichtshof zu einer Allgemeinbewilligung, welche in den hier relevanten Punkten der im Revisionsfall maßgeblichen Allgemeinbewilligung entspricht, aus, dass ein unmittelbarer inhaltlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen der Flugbewegung und einem nach der Allgemeinbewilligung zulässigen Flugzweck bestehen muss. Eine generelle Ermächtigung zur Rückkehr an einen ‑ außerhalb eines Flugplatzes gelegenen ‑ Ausgangspunkt eines Fluges auf Grundlage einer Allgemeinbewilligung besteht nicht. Vielmehr ist der notwendige inhaltliche Zusammenhang einer Außenlandung und eines Außenabflugs mit einem zulässigen Flugzweck für den Zeitpunkt der jeweiligen Flugbewegung, also insbesondere den Beginn der Durchführung eines solchen Fluges einerseits und dessen Abschluss andererseits, gesondert zu prüfen.

23 3.1.2. Aus dieser Rechtsprechung folgt zunächst in Bezug auf Außenlandungen, dass diese (und ein darauf folgender Außenabflug) von einer Allgemeinbewilligung wie der vorliegenden umfasst sein können, wenn sie in unmittelbarem inhaltlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem nach der Allgemeinbewilligung zulässigen Flugzweck stehen, also (im vorliegenden Fall) etwa zwecks Aufnahme von Material oder von Personen für einen nichttouristischen Personentransport erfolgen. Ebenso von einer solchen Allgemeinbewilligung umfasst sein kann eine Außenlandung, die zum Zweck des Abladens von transportiertem Material oder von transportierten Personen in Zusammenhang mit einem zulässigen Flugzweck erfolgt. Davon abgesehen besteht eine generelle Ermächtigung zu einer „Abschlusslandung“, wie in der vorherigen Rn. ausgeführt, jedoch nicht.

24 Fehlt es im Zeitpunkt der Außenlandung schon an einem entsprechenden Arbeitsauftrag, liegt der notwendige inhaltliche Zusammenhang von vornherein nicht vor (vgl. zu einem solchen Fall VwGH 10.6.2023, Ra 2023/03/0038).

25 Der unmittelbare inhaltliche und zeitliche Zusammenhang mit einem nach der Allgemeinbewilligung zulässigen Flugzweck fehlt auch bei einer Außenlandung zwecks Herstellung einer sog. „Bereitschaft“, bei der das Luftfahrzeug außerhalb des Flugplatzes für eine gewisse (bestimmte oder unbestimmte) Zeit verbleiben soll, um in der Folge von diesem Ort aus einen oder mehrere Flugaufträge auszuführen, ohne dass das „Ob“ bzw. „Wann“ dieser Aufträge bereits konkret feststünde.

26 3.1.3. Für Außenabflüge hat der Verwaltungsgerichtshof aus der dargestellten Rechtsprechung ‑ hinsichtlich sog. „Überstellungsflüge“ oder „Leerflüge“ (etwa nach Abladen einer Last) ‑ im Beschluss vom 28. Juni 2023, Ra 2023/03/0108, gefolgert, dass Flugbewegungen zu einem Flugplatz nach Durchführung eines Arbeitsauftrages dann von der Allgemeinbewilligung gedeckt wären, wenn sie in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit einem von dieser Bewilligung erfassten Arbeitsauftrag und zum Zweck der Rückkehr an den Flugplatz erfolgten. Im genannten Fall lag allerdings der notwendige zeitliche Zusammenhang nicht vor, weil der Außenabflug zwecks Rückkehr zum Flugplatz erst am Tag nach einer (zulässigen) Außenlandung stattfand.

27 Ein Luftfahrzeug hat nämlich auch nach Abschluss eines Fluges, der auf Grundlage einer Allgemeinbewilligung zulässiger Weise Außenlandungen bzw. Außenabflüge umfasste, grundsätzlich zu einem Flugplatz zurückzukehren. Die Rückkehr zum Flugplatz ermöglicht in der Folge einen nach § 9 Abs. 1 LFG zulässigen Abflug und anschließende Außenlandung zwecks Aufnahme von Material oder Personen, wie sie zuvor (Rn. 23) beschrieben wurde.

28 Bei alldem ist allerdings zu beachten, dass die Erteilung einer Allgemeinbewilligung gemäß § 9 Abs. 2a LFG nur zulässig ist, wenn es aufgrund des geplanten Flugzwecks nicht möglich ist, im Zeitpunkt der Antragstellung die für die Außenabflüge oder Außenlandungen vorgesehenen Flächen vorab bekanntzugeben (vgl. VwGH 26.3.2021, Ra 2020/03/0098). Eine solche Bewilligung darf daher ‑ schon weil der Spruch eines Bescheides im Zweifel gesetzeskonform auszulegen ist (vgl. VwGH Ra 2018/03/0039, Rn. 13) ‑ nicht so verstanden werden, dass auf ihrer Grundlage wiederkehrende Außenlandungen und ‑abflüge auf demselben Grundstück zulässig wären, wenn eine Vorwegbekanntgabe des dafür in Aussicht genommenen Ortes möglich war. In solchen Fällen ist ein Außenabflug bzw. eine Außenlandung nur auf Grund einer Bewilligung nach § 9 Abs. 2 LFG zulässig, sofern nicht von einer ständigen Benützung („Stützpunkt“) auszugehen ist, sodass überhaupt eine Zivilflugplatz‑Bewilligung nach § 68 LFG notwendig wäre (vgl. dazu neuerlich VwGH Ra 2018/03/0039, Rn. 17).

29 3.1.4. Für den Revisionsfall ergibt sich daraus Folgendes:

30 Dem Revisionswerber wurden eine Außenlandung am 18. Mai 2019 und ein Außenabflug am Folgetag angelastet.

31 Die Revision macht dazu geltend, der Revisionswerber sei am 18. Mai 2020 in G gelandet, um von dort aus die bestehende „Bereitschaft“ von 7. bis 29. Mai 2020 für Materialflüge für den Auftraggeber O wahrzunehmen. Er sei somit zum Ausgangspunkt eines neuen geplanten Arbeitsfluges für den Auftraggeber O geflogen. In diesem Sinne brachte der Revisionswerber in der mündlichen Verhandlung vor, er sei in G wegen der „Bereitschaft“ für den Auftraggeber O gelandet. Ob ein Auftrag für den 19. Mai 2020 geplant sei, sei beim Auftraggeber O am Vorabend des 19. Mai 2020 bzw. in der Früh erfragt worden. Am 19. Mai 2020 sei dann aber ein anderer Auftrag durchgeführt worden. Dass die Außenlandung in einem Zusammenhang mit dem zuvor durchgeführten Arbeitsauftrag gestanden wäre, bringt die Revision hingegen nicht vor.

32 Wie zuvor ausgeführt, fehlt es einer Außenlandung zum Zweck des Bereithaltens für allfällige Arbeitsflüge an dem unmittelbaren inhaltlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem nach der Allgemeinbewilligung zulässigen Flugzweck, welcher für den Zeitpunkt der jeweiligen Flugbewegung zu prüfen ist.

33 Ausgehend von den Feststellungen des Verwaltungsgerichts und dem Revisionsvorbringen erfolgte nach der Durchführung des Arbeitsauftrages am 18. Mai 2020 keine Rückkehr zu einem Flugplatz. Die Revision bringt vielmehr vor, der Revisionswerber habe am 18. Mai 2020 den „Ausgangspunkt eines neuen geplanten Arbeitsfluges“ angeflogen, der nächste Arbeitsauftrag habe dann am darauf folgenden Tag begonnen. Sie führt aber ‑ abgesehen von der durch die gegenständliche Allgemeinbewilligung nicht gedeckten „Bereitschaft“ für Arbeitsflüge ‑ keine Gründe an, weshalb im vorliegenden Fall eine Rückkehr zu einem Flugplatz vor der Durchführung des neuen Arbeitsauftrages nicht möglich gewesen wäre.

34 Wenn die Revision schließlich vorbringt, das Abstellen („Stehenlassen“) des Hubschraubers bedürfe keiner Bewilligung, geht dieses Vorbringen schon deswegen ins Leere, weil dem Revisionswerber ein solches Verhalten nicht zur Last gelegt wurde.

35 3.1.5. Vor dem Hintergrund des oben Gesagten ist das Verwaltungsgericht im Ergebnis mit seiner Beurteilung im Recht, dass weder die angelastete Außenlandung am 18. Mai 2020 noch der angelastete Außenabflug am 19. Mai 2020 von der gegenständlichen Allgemeinbewilligung umfasst waren.

36 3.2. Insoweit sich die Revision gegen die Annahme eines fahrlässigen Verhaltens des Revisionswerbers wendet, ist darauf hinzuweisen, dass § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG bei einem Ungehorsamsdelikt, wie es eine Übertretung nach § 9 Abs. 1 LFG darstellt (vgl. VwGH 22.10.2012, 2010/03/0065), vom Beschuldigten verlangt, von sich aus initiativ glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (vgl. VwGH 10.6.2023, Ra 2023/03/0038, mwN). Dies gelingt der Revision mit dem bloßen Hinweis auf das Vorliegen der Allgemeinbewilligung nicht.

37 Zudem ist es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Aufgabe des verantwortlichen Piloten, sich davon zu vergewissern, dass der für eine Außenlandung oder einen Außenabflug gewählte Ort auch rechtmäßig, insbesondere etwa aufgrund einer die konkrete Flugbewegung deckenden Ausnahmebewilligung nach § 9 Abs. 2 und 2a LFG, für die Landung bzw. den Abflug verwendet werden kann und dass die in der Bewilligung enthaltenen Auflagen eingehalten werden (vgl. erneut Ra 2018/03/0039).

38 Die Revision bringt auch nicht vor, dass sich der Revisionswerber ‑ unter Mitteilung des vollständigen Sachverhalts über den Zweck der Flugbewegungen nach und von G ‑ bei der zuständigen Behörde über die Rechtmäßigkeit der Flugbewegungen erkundigt hätte (vgl. zur unrichtigen Rechtsauskunft als Entschuldigungsgrund bei Gesetzesverstößen ‑ in Bezug auf denselben Revisionswerber ‑ VwGH 8.5.2023, Ra 2022/03/0252, mwN), sondern führt lediglich aus, dass eine solche Nachfrage keine klare Antwort „ergeben hätte“.

39 3.3. Die Revision rügt zudem die unterbliebene ziffernmäßige Konkretisierung der Strafsanktionsnorm des „§ 169 Abs. 1 LFG“ im Spruch des vom Verwaltungsgericht bestätigten Straferkenntnisses der belangten Behörde, welche für die Bestimmbarkeit der Strafhöhe notwendig gewesen wäre.

40 Dazu ist zunächst klarzustellen, dass die belangte Behörde ‑ sowie durch die Abweisung der Beschwerde auch das Verwaltungsgericht ‑ bei der Anführung der verletzten Verwaltungsvorschrift iSd. § 44a Z 2 VStG die Blankettstrafnorm des § 169 Abs. 1 Z 1 LFG jeweils mitzitierte.

41 Unter der angewendeten Gesetzesbestimmung nach § 44a Z 3 VStG ist hingegen jene Strafsanktionsnorm (Strafnorm) zu verstehen, welche die Strafdrohung enthält, in der die tatsächlich verhängte Strafe Deckung findet und derart bei der Festlegung des Strafmittels und des Strafausmaßes heranzuziehen ist (vgl. VwGH 28.6.2023, Ra 2023/03/0108, mwN). Im vorliegenden Fall enthält § 169 Abs. 1 LFG im Schlussteil seines ersten Satzes einen einzigen Strafrahmen für alle Deliktsfälle dieser Gesetzesstelle. Vor diesem Hintergrund ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn das Verwaltungsgericht die im Spruch des verwaltungsbehördlichen Straferkenntnisses als „§ 169 Abs. 1 LFG“ angegebene Strafnorm iSd. § 44a Z 3 VStG nicht durch Anführung einer ihrer Ziffern weiter konkretisierte.

42 3.4. Der Revisionswerber behauptet schließlich eine Rechtswidrigkeit der Strafzumessung und bringt dazu im Wesentlichen vor, die verhängte Geldstrafe sei mit Blick auf die vorliegenden Milderungsgründe überhöht.

43 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafbemessung um eine Ermessensentscheidung, die nach den vom Gesetzgeber in § 19 VStG festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Vom Verwaltungsgerichtshof ist daher (bloß) zu prüfen, ob das Verwaltungsgericht einzelfallbezogen von dem ihm eingeräumten Ermessen im Sinn des Gesetzes Gebrauch gemacht hat, das heißt, ob die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe vertretbar erscheint (vgl. VwGH 16.11.2021, Ro 2019/03/0025, mwN).

44 Im Revisionsfall hat sich das Verwaltungsgericht mit den Strafzumessungsgründen einzeln auseinandergesetzt und näher ausgeführt, weshalb die über den Revisionswerber verhängte Strafe angemessen sei. Auf dem Boden dieser fallbezogenen Erwägungen ist nicht zu sehen, dass die Strafbemessung in unvertretbarer Weise vorgenommen worden wäre.

45 Im Übrigen lagen den in der Revision hinsichtlich der Berücksichtigung der Verfahrensdauer ins Treffen geführten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 24.6.2009, 2008/09/0094; 20.12.2021, Ra 2018/08/0013) Sachverhalte zu Grunde, in denen dieser Umstand gar nicht als Milderungsgrund berücksichtigt wurde. Im vorliegenden Fall wurde die hauptsächlich das verwaltungsbehördliche Strafverfahren betreffende lange Verfahrensdauer hingegen bereits von der belangten Behörde als strafmildernd bewertet, worauf sich auch das Verwaltungsgericht bezog.

46 4. Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

47 5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 4. Oktober 2023

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