Normen
LuftfahrtG 1958 §10
LuftfahrtG 1958 §9 Abs1
LuftfahrtG 1958 §9 Abs2
LuftfahrtG 1958 §9 Abs2a
LuftfahrtG 1958 §9 Abs3
VwRallg
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2022030252.L00
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 1.1. Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 24. Februar 2022 wurde der Revisionswerber schuldig erkannt, er habe als Pilot eines mit Kennzeichen bezeichneten Hubschraubers am 18. Juni 2019 zu einer bestimmten Uhrzeit an einem näher genannten Ort ohne Bewilligung eine Außenlandung durchgeführt, obwohl dies nur auf Flugplätzen gemäß § 58 Luftfahrtgesetz ‑ LFG oder mit der Bewilligung des Landeshauptmannes gemäß § 9 Abs. 2 LFG gestattet sei. Eine solche Bewilligung sei nicht vorgelegen. Die Außenlandung sei nicht von einer näher bestimmten Allgemeinbewilligung des „Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung“ (richtig: Landeshauptmanns von Oberösterreich) vom 18. Dezember 2018 umfasst gewesen. Der Revisionswerber habe dadurch § 169 Abs. 1 Z 1 iVm. § 9 Abs. 1 LFG verletzt, weswegen über ihn eine Geldstrafe in Höhe von € 1.100,‑‑ (Ersatzfreiheitsstrafe von 16 Stunden) verhängt wurde.
2 1.2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ab, setzte den Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens mit € 220,‑‑ fest und sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zulässig sei.
3 Das Verwaltungsgericht stellte fest, der Revisionswerber sei als Pilot bei der H.S. GmbH angestellt, die den Flugbetrieb mit Hubschraubern der H. GmbH durchführe. Der Revisionswerber habe als Pilot eines bestimmten Hubschraubers auf einem näher bezeichneten Grundstück eine Außenlandung durchgeführt, die von der mit Bescheid des Landeshauptmanns von Oberösterreich vom 18. Dezember 2018 erteilten Allgemeinbewilligung nicht umfasst gewesen sei. Zum Tatzeitpunkt hätten keine Ladevorgänge, etwa für die Hüttenversorgung, stattgefunden. Der Revisionswerber habe den Hubschrauber vielmehr auf dem Grundstück abgestellt, um diesen dort über Nacht stehen zu lassen und von dort aus am nächsten Tag einen Flugauftrag abzuwickeln.
4 Beweiswürdigend führte das Verwaltungsgericht ‑ auf das hier Wesentliche zusammengefasst ‑ aus, der anlässlich der Außenlandung eingeschrittene und in der mündlichen Verhandlung einvernommene Polizeibeamte habe glaubhaft ausgesagt, zur Tatzeit habe keine Materiallieferung stattgefunden. Dem Revisionswerber sei es auch nicht gelungen, Ladevorgänge nachzuweisen. Die vorgelegten Rechnungen bezögen sich nicht auf die vorgeworfene Tatzeit, und die Aussagen des Revisionswerbers in der Verhandlung seien aus näher genannten Gründen widersprüchlich gewesen. Der Revisionswerber bestreite auch nicht, dass er den Hubschrauber am Tatort über Nacht abstellen habe wollen. Seiner Ansicht nach sei in der Allgemeinbewilligung nicht geregelt, wann man zum nächsten Auftrag fliegen dürfe oder müsse. Erstmals in der mündlichen Verhandlung habe der Revisionswerber vorgebracht, von dem zuständigen Sachbearbeiter der Behörde, welche die Allgemeinbewilligung ausgestellt habe, sei mehrfach bestätigt worden, dass man auch zum Ausgangspunkt zurückkehren dürfe. Dieses Vorbringen sei als reine Schutzbehauptung zu werten. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung sei anzunehmen, dass der Revisionswerber eine für ihn günstige Rechtsauskunft der Zivilluftfahrtbehörde bereits zu Beginn des Verfahrens und nicht erst fast drei Jahre nach der Tat erwähnen würde.
5 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht aus, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stehe der Charakter der Außenabflug‑ und Außenlandebewilligungen als Ausnahmebewilligung einem Verständnis entgegen, wonach ein „Stützpunkt“ eines Luftverkehrsunternehmens, von dem wiederkehrend Abflüge bzw. auf dem wiederkehrend Landungen durchgeführt werden, außerhalb eines Flugplatzes auf der Grundlage von Ausnahmebewilligungen betrieben werden könnte. In diesem Fall wäre nämlich von einer ständigen Benützung auszugehen, sodass eine Zivilflugplatz‑Bewilligung nach § 68 LFG erforderlich sei (Hinweis auf VwGH 24.4.2018, Ra 2018/03/0039). Das in § 9 Abs. 1 LFG enthaltene Gebot, zum Abflug und zur Landung von Flugplätzen nur Flugplätze zu benützen, soweit nicht (unter anderem) in § 9 Abs. 2 und 2a LFG etwas anderes bestimmt sei, richte sich auch an den verantwortlichen Piloten. Es sei jedenfalls Aufgabe des verantwortlichen Piloten, sich davon zu vergewissern, dass der für eine Außenlandung oder einen Außenabflug gewählte Ort auch rechtmäßig, insbesondere etwa aufgrund einer die konkrete Flugbewegung deckenden Ausnahmebewilligung nach § 9 Abs. 2 und 2a LFG, für die Landung bzw. den Abflug verwendet werden könne, und dass die in der Bewilligung enthaltenen Auflagen eingehalten würden (erneut Hinweis auf VwGH Ra 2018/03/0039).
6 Das Vorbringen des Revisionswerbers, der Sachbearbeiter der zuständigen Behörde habe die Zulässigkeit der Rückkehr zum Ausgangspunkt bestätigt, sei als Schutzbehauptung zu werten. Überdies seien Gesetzesverstöße nur dann nicht als Verschulden zu werten, wenn eine unrichtige Rechtsauskunft durch die zuständige Behörde auf einer vollständigen Sachverhaltsgrundlage erteilt worden sei, und die Gesetzesverstöße im Vertrauen auf diese Auskunft erfolgt seien. Der Revisionswerber habe nicht behauptet, dass er selbst eine Rechtsauskunft bei der zuständigen Zivilluftfahrtbehörde auf Basis einer vollständigen Sachverhaltsgrundlage eingeholt hätte, aus der sich ergebe, dass die Allgemeinbewilligung ‑ entgegen der mehrfach genannten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes ‑ eine Zivilflugplatz-Bewilligung nach § 68 LFG ersetze.
7 Der Revisionswerber sei als Pilot eines Luftfahrzeugs daher im Ergebnis zu Recht wegen Verletzung des Flugplatzzwanges nach § 9 Abs. 1 LFG gemäß § 169 Abs. 1 LFG bestraft worden.
8 1.3. Mit Beschluss vom 25. August 2022, E 2076/2022‑5, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der dagegen erhobenen Beschwerde des Revisionswerbers ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
9 1.4. Gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Die belangte Behörde und die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie erstatteten jeweils eine Revisionsbeantwortung.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
10 2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Luftfahrtgesetzes ‑ LFG, BGBl. Nr. 253/1957, in der Fassung BGBl. I Nr. 151/2021, lauten (auszugsweise):
„Außenlandungen und Außenabflüge
§ 9. (1) Zum Abflug und zur Landung von Luftfahrzeugen dürfen, soweit nicht in den Abs. 2 bis 4 und in § 10 etwas anderes bestimmt ist, nur Flugplätze (§ 58) benützt werden.
(2) Abflüge und Landungen außerhalb eines Flugplatzes (Außenabflüge und Außenlandungen) dürfen, soweit es sich um Zivilluftfahrzeuge handelt, nur mit Bewilligung des Landeshauptmannes durchgeführt werden. Der Antrag auf Bewilligung von Außenabflügen und Außenlandungen ist vom Halter oder verantwortlichen Piloten des Zivilluftfahrzeuges einzubringen. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn öffentliche Interessen nicht entgegenstehen oder ein am Außenabflug oder an der Außenlandung bestehendes öffentliches Interesse ein allenfalls entgegenstehendes öffentliches Interesse überwiegt. Die Bewilligung ist befristet und, insoweit dies zur Wahrung der öffentlichen Interessen erforderlich ist, mit Bedingungen und Auflagen zu erteilen. Sie ist unverzüglich zu widerrufen, wenn eine der Voraussetzungen, die zu ihrer Erteilung geführt haben, nicht oder nicht mehr vorliegt oder gegen Auflagen verstoßen wurde.
(2a) Ist es aufgrund des geplanten Einsatzes der Zivilluftfahrzeuge nicht möglich, die für die Außenabflüge oder Außenlandungen vorgesehenen Flächen im Antrag auf Bewilligung von Außenabflügen und Außenlandungen anzugeben, ist die Erteilung einer allgemeinen Bewilligung zulässig, wenn durch die Vorschreibung von Auflagen und Bedingungen sichergestellt werden kann, dass den Außenabflügen oder Außenlandungen keine öffentlichen Interessen entgegenstehen. Die übrigen Bestimmungen gemäß Abs. 2 bleiben unberührt.
...
Flugplätze
§ 58. (1) Flugplätze sind Land‑ oder Wasserflächen, die zur ständigen Benützung für den Abflug und für die Landung von Luftfahrzeugen bestimmt sind (Landflugplätze, Wasserflugplätze).
...
(3) Land- oder Wasserflächen dürfen für ständige Abflüge und Landungen von Luftfahrzeugen nur benützt werden, wenn von der zuständigen Behörde eine Zivilflugplatz-Bewilligung gemäß § 68 erteilt worden ist.
...
Strafbestimmungen
§ 169. (1) Wer
1.diesem Bundesgesetz,
...
zuwiderhandelt oder zuwiderzuhandeln versucht, begeht, wenn nicht ein gerichtlich strafbarer Tatbestand vorliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 22 000 Euro zu bestrafen. ...“
11 3. Die Revision ist zulässig, weil sie zutreffend vorbringt, das Verwaltungsgericht sei insofern von der (näher zitierten) Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, als es eine unvertretbare Beweiswürdigung vorgenommen habe, indem es sich nicht ausreichend mit dem Vorbringen des Revisionswerbers betreffend die Auskunft der zuständigen Behörde über den Umfang der Allgemeinbewilligung befasst habe.
12 4. Sie ist im Ergebnis auch begründet:
13 4.1. Im Revisionsfall ist zunächst strittig, ob die dem Revisionswerber angelastete Außenlandung von der mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 18. Dezember 2018 der H. GmbH erteilten Bewilligung gemäß § 9 Abs. 2a LFG (im Folgenden: die Allgemeinbewilligung) umfasst war. Nach dem Vorbringen des Revisionswerbers sei die Außenlandung durchgeführt worden, um zum Ausgangspunkt des Arbeitsfluges zurückzukehren, was vom Bewilligungsumfang gedeckt sei.
14 4.1.1. § 9 Abs. 1 LFG normiert grundsätzlich einen Flugplatzzwang. Aus § 9 Abs. 1 LFG ergibt sich das Gebot, zum Abflug und zur Landung von Luftfahrzeugen nur Flugplätze zu benützen, sofern sich aus § 9 Abs. 2 bis 4 und § 10 LFG nichts anderes ergibt. Nach dem System des LFG ist die Benützung von Flugplätzen für Landungen bzw. Abflüge daher der Regelfall, Außenlandungen bzw. Außenabflüge stellen Ausnahmefälle dar, die ‑ abgesehen von den hier nicht relevanten bewilligungsfreien Fällen nach § 9 Abs. 3 und § 10 LFG ‑ nur aufgrund einer Bewilligung des Landeshauptmannes durchgeführt werden dürfen. Außenlande‑ bzw. Außenabflugbewilligungen sind daher Ausnahmebewilligungen, wobei die gesetzlichen Ausnahmebestimmungen, welche die Erteilung dieser Bewilligungen regeln, grundsätzlich restriktiv zu verstehen sind. Für rechtskräftig erteilte Bewilligungen nach § 9 Abs. 2 und 2a LFG ergibt sich daraus ‑ schon weil der Spruch eines Bescheides im Zweifel gesetzeskonform auszulegen ist ‑, dass eine ausdehnende Auslegung der darin erteilten Erlaubnis nicht in Betracht kommt (vgl. zu alldem VwGH 24.4.2018, Ra 2018/03/0039, mwN; vgl. zu einzelnen Aspekten dieser Rechtsprechung weiters VwGH 2.9.2019, Ra 2019/03/0101; 26.3.2021, Ra 2020/03/0098, Ra 2020/03/0107).
15 4.1.2. Mit der im Revisionsfall maßgeblichen (aktenkundigen) Allgemeinbewilligung wurde der H. GmbH „eine unbestimmte Anzahl von Außenlandungen und Außenabflügen ... auf derzeit nicht näher bestimmten Landeplätzen im gesamten Gebiet des Bundeslandes Oberösterreich“ mit näher bezeichneten Hubschraubern „zum Zwecke der Durchführung von a) Materialtransporten und Arbeitsflügen (z.B. Hüttenversorgung, Seilbahnbau usw.) einschließlich unmittelbar zusammenhängender Personenbeförderung, b) Personentransporten zu nicht touristischen Zwecken (z.B. Vermessungsflüge, Kontrollen von Strom‑ oder Telefonleitungen, Film‑ und Fotoflüge usw.)“ bis 31. Dezember 2019 bewilligt. Die Allgemeinbewilligung enthält ua. folgenden „Hinweis“ (Pkt. 3): „Bewilligungen, die über den Rahmen der in diesem Bescheid erteilten Berechtigung hinausgehen, sind gesondert im Einzelfall zu erwirken, da in diesen Fällen zu prüfen sein wird, ob dadurch öffentliche Interessen berührt werden.“ Begründend wurde ausgeführt, dass die Bewilligungswerberin im gesamten Bundesland Oberösterreich mit Hubschraubern Materialtransporte (Holzbringung, Entfernung von Tierkadavern, Kontrollflüge etc.) durchführe. Da bei solchen ‑ meist dringlichen ‑ Einsatzflügen die in diesem Zusammenhang für Außenlandungen und Außenabflüge erforderlichen Flächen im Vorhinein nicht bekannt seien, lägen die Voraussetzungen für die Erteilung einer allgemeinen Bewilligung gemäß § 9 Abs. 2a LFG vor.
16 Zur Auslegung der Allgemeinbewilligung ist auf das hg. Erkenntnis vom 24. April 2018, Ra 2018/03/0039, hinzuweisen, in welchem der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt hat, dass der Charakter der Außenabflug‑ und Außenlandebewilligungen als Ausnahmebewilligung einem Verständnis entgegensteht, wonach ein „Stützpunkt“ eines Luftverkehrsunternehmens, von dem wiederkehrend Abflüge bzw. auf dem wiederkehrend Landungen durchgeführt werden, außerhalb eines Flugplatzes auf der Grundlage von Ausnahmebewilligungen betrieben werden könnte. Die vorliegende Allgemeinbewilligung kann daher zunächst nicht so ausgelegt werden, dass es auf ihrer Grundlage zulässig wäre, das Luftfahrtzeug wiederkehrend von einem Flugplatz zu einem bestimmten Grundstück zu überstellen, welches den Ausgangsort eines zulässigen (dh. einem der in der Allgemeinbewilligung genannten Zwecke dienenden) Fluges darstellt und zu welchem das Luftfahrzeug nach Durchführung des Fluges zurückkehrt.
17 Die Allgemeinbewilligung wurde „zum Zwecke der Durchführung“ von Flügen erteilt, welche ihrem Gegenstand nach näher bestimmt sind (Materialtransporte und Arbeitsflüge einschließlich unmittelbar zusammenhängender Personenbeförderung sowie Personentransporte zu nicht touristischen Zwecken). Es muss daher weiters ein unmittelbarer inhaltlicher und zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Außenabflug bzw. der Außenlandung und einem nach der Allgemeinbewilligung zulässigen Flugzweck bestehen. Ein solches Verständnis erscheint auch vor dem Hintergrund der Gesetzesmaterialien zur Rechtsgrundlage der Allgemeinbewilligung (§ 9 Abs. 2a LFG idF BGBl. I Nr. 80/2016) geboten, nach welchen Außenabflug‑ bzw. Außenlandebewilligungen „nur in dem für den jeweiligen Einsatz absolut notwendige[n] Ausmaß erfolgen sollen“ (vgl. AB 1212 BlgNR XXV. GP 1; vgl. allgemein zum gebotenen restriktiven Verständnis der Ausnahmebestimmungen vom Flugplatzzwang nochmals VwGH Ra 2018/03/0039).
18 Daraus folgt auch, dass eine generelle Ermächtigung zur Rückkehr an einen ‑ außerhalb eines Flugplatzes gelegenen ‑ Ausgangspunkt eines Fluges auf Grundlage der gegenständlichen Allgemeinbewilligung nicht besteht. Vielmehr ist der notwendige inhaltliche Zusammenhang einer Außenlandung und eines Außenabflugs mit einem zulässigen Flugzweck für den Zeitpunkt der jeweiligen Flugbewegung, also insbesondere den Beginn der Durchführung eines solchen Fluges (etwa zwecks Aufnahme von Transportmaterial) einerseits und dessen Abschluss andererseits, gesondert zur prüfen.
19 4.1.3. Für den Revisionsfall bedeutet dies Folgendes: Dem Revisionswerber wurde die Durchführung einer einzelnen Außenlandung auf einem bestimmten Grundstück zur Last gelegt. Aus den Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses ergibt sich hingegen nicht, dass infolge wiederkehrender Landungen auf und Abflüge von diesem Grundstück ein „Stützpunkt“ im Sinne der zitierten Judikatur betrieben würde.
20 Das Verwaltungsgericht stellte jedoch fest, dass zum Tatzeitpunkt der angelasteten Außenlandung keine Ladevorgänge stattgefunden hätten. Die Landung auf dem Grundstück sei vielmehr aus dem Grund erfolgt, um von dort aus am nächsten Tag einen (gemeint: weiteren) Flugauftrag abzuwickeln. Dies wird in der Revision auch nicht bestritten. Dass anstelle der durchgeführten Außenlandung eine Landung auf einem Flugplatz aus anderen Gründen nicht möglich gewesen wäre, bringt die Revision nicht konkret vor.
21 Vor diesem Hintergrund ist das Verwaltungsgericht im Ergebnis mit seiner Beurteilung im Recht, dass die angelastete Außenlandung nicht von der gegenständlichen Allgemeinbewilligung umfasst war, weil ein notwendiger inhaltlicher Zusammenhang zwischen der Landung und einem (allenfalls zulässigen) Flugzweck nicht gegeben war.
22 4.1.4. Daraus folgt, dass der Revisionswerber die ihm angelastete Übertretung des § 169 Abs. 1 Z 1 iVm. § 9 Abs. 1 LFG objektiv begangen hat.
23 4.2.1. Die Revision bringt sodann vor, dass nach Auskunft des zuständigen Sachbearbeiters der Bewilligungsbehörde eine Rückkehr zum Ausgangspunkt von Versorgungs- und Materialtransporten von der Allgemeinbewilligung erfasst sei. Das Verwaltungsgericht habe dies zu Unrecht als bloße Schutzbehauptung gewürdigt und den in der mündlichen Verhandlung vom Revisionswerber gestellten Beweisantrag auf Einvernahme des Sachbearbeiters übergangen.
24 4.2.2. Damit zeigt die Revision eine zur Aufhebung führende Rechtswidrigkeit auf:
25 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Verwaltungsstrafsachen zur Fahrlässigkeit nach § 5 Abs. 1 VStG kann nur eine auf einer vollständigen Sachverhaltsgrundlage erteilte, unrichtige Rechtsauskunft durch die zuständige Behörde als Entschuldigungsgrund bei Gesetzesverstößen anerkannt werden (vgl. etwa VwGH 10.1.2023, Ra 2022/06/0314, mwN).
26 Die Revision hält der Annahme des Verwaltungsgerichts, das Vorbringen des Revisionswerbers hinsichtlich der erteilten Rechtsauskunft sei als bloße Schutzbehauptung zu würdigen, weil er dieses erstmals in der mündlichen Verhandlung erstattet habe, zutreffend entgegen, dass der Revisionswerber ein solches Vorbringen bereits im Rahmen des Ermittlungsverfahrens vor der belangten Behörde erstattet hat. Dazu verweist sie auf den Inhalt eines ‑ im Akt aufliegenden ‑ Schreibens des Revisionswerbers an die belangte Behörde vom 15. Februar 2021. Demnach sei Inhalt der Auskunft gewesen, dass „eine Abschlusslandung am Ausgangspunkt von Versorgungs‑ und Materialtransporten jedenfalls immer mit dem Allgemeinbescheid abgedeckt“ sei.
27 Das Verwaltungsgericht stützte sich weiters darauf, der Revisionswerber habe nicht behauptet, dass er selbst eine Rechtsauskunft bei der zuständigen Zivilluftfahrtbehörde auf Basis einer vollständigen Sachverhaltsgrundlage eingeholt hätte, aus der sich ergebe, dass die Allgemeinbewilligung eine Zivilflugplatz‑Bewilligung nach § 68 LFG ersetze. Diese Begründung geht schon deswegen ins Leere, weil das Verwaltungsgericht gar nicht festgestellt hat, dass jenes Grundstück, auf welchem die dem Revisionswerber angelastete Außenlandung erfolgte, wiederkehrend für Abflüge und Landungen benützt werde (vgl. bereits Rn. 19).
28 Im vorliegenden Fall wäre das Verwaltungsgericht daher verpflichtet gewesen, sich mit dem Vorbringen des Revisionswerbers, welcher sich auf eine Rechtsauskunft des zuständigen Sachbearbeiters der Bewilligungsbehörde hinsichtlich der Zulässigkeit von Außenlandungen berufen hatte, auseinanderzusetzen und dazu Feststellungen zu treffen. Dazu hätte es gegebenenfalls auch den vom Revisionswerber in der mündlichen Verhandlung erkennbar als Zeugen genannten Sachbearbeiter einvernehmen müssen. Erst auf der Grundlage zu diesem Vorbringen getroffener Feststellungen kann eine Beurteilung des Verschuldens des Revisionswerbers erfolgen (vgl. VwGH 2.10.2018, Ra 2017/08/0090).
29 4.3. Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
30 5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH‑Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 8. Mai 2023
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