VwGH Ra 2019/03/0101

VwGHRa 2019/03/01012.9.2019

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Nedwed als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der revisionswerbenden Partei T GmbH in S, vertreten durch RECHTUNDCO Janezic & Schmidt-Brandstätter Rechtsanwälte OEG in 8020 Graz, Lagergasse 57a/Eingang Grieskai 78, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 22. Mai 2019, Zl. VGW-131/036/15631/2018-14, betreffend eine Angelegenheit nach dem Luftfahrtgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Wien), den Beschluss gefasst:

Normen

LuftfahrtG 1958 §10
LuftfahrtG 1958 §9 Abs1
LuftfahrtG 1958 §9 Abs2
LuftfahrtG 1958 §9 Abs2a
LuftfahrtG 1958 §9 Abs3
LuftfahrtG 1958 §9 Abs4

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2019:RA2019030101.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid vom 22. Oktober 2018 wies der Landeshauptmann von Wien den Antrag der revisionswerbenden Partei auf Bewilligung näher bezeichneter Außenlandungen und -abflüge mit einem Hubschrauber im Rahmen der Modellbaumesse auf dem Wiener Messegelände gemäß § 9 Abs. 2 des Luftfahrtgesetzes (LFG) ab. 2 Die dagegen erhobene Beschwerde der revisionswerbenden Partei wies das Verwaltungsgericht Wien (LVwG) mit dem angefochtenen Erkenntnis ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.

3 Begründend führte es im Wesentlichen aus, der Ort der geplanten Landungen und Abflüge liege im Flugbeschränkungsgebiet Wien. Aus den diesbezüglich maßgebenden Regelungen der Luftverkehrsregeln 2014 (LVR 2014) sei abzuleiten, dass ein besonderes öffentliches Interesse an der Durchführung von Flügen ausschließlich im absolut notwendigen Ausmaß bestehe, wie es außerhalb von Flugbeschränkungsgebieten so nicht gegeben sei. Trotz der kurzen Flugdauer und der einmaligen Veranstaltung jährlich wäre fallbezogen die Wiener Bevölkerung im Nahebereich des Messegeländes durch den Lärm des Hubschraubers beeinträchtigt. Die Annahme der belangten Behörde, der Erteilung der von der revisionswerbenden Partei beantragten Bewilligung stünde ein öffentliches Interesse entgegen, entspreche sohin dem Gesetz. Die belangte Behörde habe sich umgekehrt auch mit den nach Ansicht der revisionswerbenden Partei bestehenden öffentlichen Interessen an den Außenlandungen und -abflügen auseinandergesetzt und insoweit zutreffend erkannt, dass keine überwiegenden derartigen Interessen bestünden. Die revisionswerbende Partei mache nämlich nur wirtschaftliche Interessen ihres Unternehmens und der Messebetreiberin geltend, die nicht als öffentliche Interessen im Sinne des § 9 Abs. 2 LFG erkannt werden könnten. Ein Transport des Hubschraubers zum Messegelände, um ihn dort auszustellen, sei im Übrigen auch ohne die beantragten Außenlandungen und -abflüge, nämlich auf dem Weg über die Straße, möglich.

4 Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die in der Zulassungsbegründung geltend macht, das LVwG habe sich in der Begründung sehr prominent auf die LVR 2014 gestützt, wobei keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob diese Bestimmungen im Rahmen eines Verfahrens gemäß § 9 Abs. 2 LFG überhaupt zu berücksichtigen seien. Die revisionswerbende Partei vertrete die Rechtsansicht, dass Letzteres nicht zulässig sei, weil das LVwG keine Zuständigkeit habe, über Ausnahmebewilligungen für den Überflug des Flugbeschränkungsgebiets Wien zu entscheiden (diese Kompetenz stehe vielmehr der Austro Control GmbH zu). In Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe das LVwG seine Entscheidung auch nur mangelhaft begründet, weil es keine der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes gerecht werdenden Sachverhaltsfeststellungen zum Kreis der betroffenen Personen und deren jeweiliger Schutzbedürftigkeit, sowie zu dem vom Hubschrauber ausgehenden Lärm und der Abweichung vom vorhandenen Grundlärmpegel getroffen habe.

5 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan:

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht zulässig ist, muss die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird.

Der Verwaltungsgerichtshof ist bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nicht gebunden. Er hat die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß § 34 Abs. 1a VwGG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen. Liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG danach nicht vor, ist die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

6 Zu den gegenständlich maßgebenden Rechtsvorschriften erkennt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass § 9 Abs. 1 LFG grundsätzlich einen Flugplatzzwang normiert. Aus § 9 Abs. 1 LFG ergibt sich das Gebot, zum Abflug und zur Landung von Luftfahrzeugen nur Flugplätze zu benützen, sofern sich aus § 9 Abs. 2 LFG nichts anderes ergibt. Nach dem System des LFG ist die Benützung von Flugplätzen für Landungen bzw. Abflüge daher der Regelfall; Außenlandungen bzw. Abflüge stellen Ausnahmefälle dar, wobei die gesetzlichen Ausnahmebestimmungen, welche die Erteilung dieser Bewilligungen regeln, grundsätzlich restriktiv zu verstehen sind (vgl. etwa VwGH 24.4.2018, Ra 2018/03/0039, mwN). 7 Gemäß § 9 Abs. 2 LFG dürfen Außenabflüge und Außenlandungen, soweit es sich um Zivilluftfahrzeuge handelt, nur mit Bewilligung des Landeshauptmannes durchgeführt werden. Eine solche Bewilligung ist nur dann zu erteilen, wenn öffentliche Interessen nicht entgegenstehen oder ein am Außenabflug oder an der Außenlandung bestehendes öffentliches Interesse ein allenfalls entgegenstehendes öffentliches Interesse überwiegt. § 9 Abs. 2 LFG stellt diesbezüglich auf die Berücksichtigung des gesamten Spektrums der in jedem Einzelfall jeweils in Betracht kommenden öffentlichen Interessen ab. Ob und gegebenenfalls welche öffentlichen Interessen der Erteilung der Bewilligung entgegenstehen, hängt von den im Einzelfall konkret gegebenen Umständen ab, so insbesondere auch von der Lage des Start- und Landeplatzes und deren Umgebung (vgl. etwa VwGH 29.4.2015, 2013/03/0157, mwN).

8 Mit diesen Leitlinien aus der höchstgerichtlichen Rechtsprechung lässt sich auch der gegenständliche Revisionsfall lösen, ohne dass es diesbezüglich einer Ergänzung der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bedürfte. 9 Im gegenständlichen Fall ist nicht strittig, dass der Ort, an dem die beantragten Landungen und Abflüge stattfinden sollen, in einem mit Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie sowie des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport über die Regelung des Luftverkehrs 2014 (Luftverkehrsregeln 2014 - LVR 2014) festgelegten Flugbeschränkungsgebiet, nämlich dem Flugbeschränkungsgebiet Wien (vgl. Anhang B, Punkt A Z 2 LVR 2014) liegen. Aus der diesbezüglichen Verordnungsermächtigung des § 5 LFG lässt sich erkennen, dass Flugbeschränkungsgebiete der Sicherung zahlreicher näher bezeichneter öffentlicher Interessen dienen. Es kann daher nicht als fehlerhaft erkannt werden, wenn das LVwG im Rahmen seiner Interessenabwägung nach § 9 Abs. 2 LFG auch und vor allem dem Umstand Bedeutung beimaß, dass die beantragten Landungen und Abflüge in besagtem Flugbeschränkungsgebiet stattfinden würden. Dass es dabei, wie die Revision vermeint, seine Zuständigkeit überschritten hätte, trifft nicht zu, weil es nicht etwa über die Erteilung einer Ausnahmebewilligung für den Ein- und Ausflug im Flugbeschränkungsgebiet Wien entschied, sondern auf die Lage des Lande- und Abflugorts im Flugbeschränkungsgebiet mit den entsprechenden Konsequenzen lediglich bei der ihm obliegenden Interessenabwägung nach § 9 Abs. 2 LFG Bedacht nahm. 10 Die Revision zeigt in ihrer Zulassungsbegründung auch nicht auf, dass ein am Außenabflug oder an der Außenlandung bestehendes öffentliches Interesse die schon aufgrund des vorhandenen Flugbeschränkungsgebiets entgegenstehenden öffentlichen Interessen überwiegen würden. Dementsprechend erübrigt es sich im vorliegenden Fall, auf die behaupteten fehlenden Sachverhaltsfeststellungen des LVwG näher einzugehen, zumal das vorhandene Flugbeschränkungsgebiet nicht in Zweifel steht. 11 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 2. September 2019

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