VwGH Ra 2023/03/0066

VwGHRa 2023/03/006625.5.2023

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Handstanger sowie die Hofräte Mag. Samm und Dr. Himberger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des Ing. H S in H, vertreten durch Prof. Dipl.‑Ing. Mag. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 34, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 24. Jänner 2023, Zl. LVwG‑AV‑1403/001‑2022, betreffend Ausnahmebewilligungen nach dem Waffengesetz 1996 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Horn), den Beschluss gefasst:

Normen

VwRallg
WaffG 1996 §10
WaffG 1996 §17 Abs1
WaffG 1996 §17 Abs1 Z10
WaffG 1996 §17 Abs3
WaffG 1996 §23 Abs2
WaffG 1996 §23 Abs2c
WaffG 1996 §33 Abs3
WaffG 1996 §58 Abs13

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023030066.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Schreiben vom 15. Februar 2022 teilte der Revisionswerber der belangten Behörde als zuständiger Waffenbehörde (unter Hinweis auf eine bereits zuvor erfolgte mündliche Meldung) mit, dass er im Besitz von zwei Stangenmagazinen (30 Schuss und 40 Schuss) für seine Schusswaffe der Kategorie C, einer Geradezug‑Repetierbüchse Interordonance R94, sei. Die Magazine dürften auch in halbautomatische Schusswaffen der Modellreihe AK‑47 passen (welche er jedoch nicht besitze), sodass es sich bei diesen Magazinen um „verbotene Waffen“ im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 10 Waffengesetz 1996 (WaffG) handle.

Wenn ein Betroffener solche Magazine zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Verbotes (am 14. Dezember 2019, vgl. § 62 Abs. 21 WaffG) besessen habe und dies innerhalb von zwei Jahren nach diesem Zeitpunkt der Behörde melde, sei der Besitz nach § 58 Abs. 13 WaffG weiterhin zulässig und die Behörde habe ihm eine Ausnahme vom Verbot zum Besitz oder Führen solcher Magazine zu bewilligen. Weiters könne die Behörde nach § 17 Abs. 3 WaffG Ausnahmen von den Verboten des Abs. 1 bei Vorliegen u.a. überwiegender berechtigter Interessen bewilligen.

Die zweijährige Frist des § 58 Abs. 13 WaffG habe er aus näher dargestellten Gründen versäumt. Er habe ein „berechtigtes überwiegendes Interesse“ am Besitz der beiden langen Magazine: So sei er bereits seit langer Zeit im rechtmäßigen Besitz und Eigentum dieser Magazine, die einen wesentlichen Bestandteil seiner Schusswaffe der Kategorie C (Interordonance R94) seien. Ohne die Magazine könne er diese Schusswaffe nicht mehr benutzen. Von den Magazinen gehe keine besondere Gefährlichkeit aus, zumal sie per se als Waffe nicht geeignet seien und der Revisionswerber keine passende halbautomatische Schusswaffe der Kategorie B besitze.

Er beantrage daher die Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 17 Abs. 1 Z 10 WaffG für zwei Stück „lange“ Magazine.

2 Mit Bescheid vom 13. Oktober 2022 wies die belangte Behörde den Antrag auf Ausnahmebewilligung gemäß § 17 Abs. 1 Z 10 (offenbar iVm § 58 Abs. 13) WaffG für zwei Stück Magazine für die Repetierbüchse Interordonance R94 als verspätet zurück und den Antrag auf Ausnahmebewilligung gemäß § 17 Abs. 3 WaffG (also im Hinblick auf das behauptete überwiegende berechtigte Interesse) für zwei Stück Magazine für die Repetierbüchse Interordonance R94 als unbegründet ab.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde als unbegründet ab und sprach aus, dass eine ordentliche Revision gegen diese Entscheidung nicht zulässig sei.

4 Dazu stelle es als Sachverhalt ‑ soweit für das Revisionsverfahren von Interesse ‑ fest, dass der Revisionswerber seit rund 30 Jahren beim Österreichischen Bundesheer beschäftigt sei, wobei sein derzeitiges Aufgabengebiet jenes als technischer Lehrer sei und er dabei vornehmlich maschinenbautechnische Fächer unterrichte. Er sei nicht nur beruflich, sondern auch privat an Panzern, Flugzeugen, Schiffen und Handfeuerwaffen interessiert. Er sei seit 1996 Inhaber einer Waffenbesitzkarte und nunmehr Besitzer von vier näher genannten Schusswaffen der Kategorie B (zwei Faustfeuerwaffen und zwei Langwaffen).

Weiters besitze er seit Ende 1996 bzw. Anfang 1997 ein Repetiergewehr Interordonance R94 mit einem 30‑Schuss‑Magazin und einem 40‑Schuss‑Magazin. Dieses Repetiergewehr samt Magazinen besitze der Revisionswerber aus sammlerischen Gründen; in Verwendung habe er diese Waffe bislang noch nie gehabt.

Bei diesem Repetiergewehr handle es sich um einen Nachbau der AKM und es sei eine Schusswaffe der Kategorie C. Es funktioniere auch mit einem 10‑Schuss‑Magazin, etwa zur Teilnahme an schießsportlichen Bewerben. Derartige Magazine seien im Internet oder bei ansässigen Waffenhändlern erwerbbar. Für einen Sammler an sich sei beim Besitz eines Originalgewehrs ein Originalmagazin interessanter.

5 Im Rahmen seiner rechtlichen Erwägungen führte das Verwaltungsgericht zunächst aus, dass es unbestritten sei, dass der Besitz der verfahrensgegenständlichen Magazine unter das Verbot nach § 17 Abs. 1 Z 10 WaffG (Magazine für halbautomatische Schusswaffen mit Zentralfeuerzündung, soweit sie nicht unter Z 7 fallen, die mehr als zehn Patronen aufnehmen können) falle. Die Antragstellung nach § 58 Abs. 13 WaffG sei verspätet erfolgt, wobei die Gründe für die Verspätung ohne Relevanz seien. Im Übrigen hätten aber auch die konkreten Ausführungen des Revisionswerbers dazu aus näher dargestellten Erwägungen per se nicht zu überzeugen vermocht. Der auf die Bestimmung des § 17 Abs. 1 Z 10 iVm § 58 Abs. 13 WaffG gestellte Antrag des Revisionswerbers sei demnach von der belangten Behörde zu Recht als verspätet zurückgewiesen worden.

Für eine ‑ im Ermessen der Behörde stehende ‑ Ausnahmebewilligung nach § 17 Abs. 3 WaffG habe der Antragsteller ein berechtigtes überwiegendes Interesse nachzuweisen, dies sei dem Revisionswerber nicht gelungen. Dass möglicherweise ein 30‑ oder 40‑Schuss‑Magazin für den Revisionswerber (aus näher dargestellten Gründen) einen sportlichen Vorteil darstelle und er ein 10‑Schuss‑Magazin erst ankaufen müsse, sei ein legitimes privates Interesse, welches aber keinesfalls das öffentliche Interesse „des Waffenverbotes nach § 17 Abs. 1 WaffG“ überwiege. Soweit der Revisionswerber sein Interesse vornehmlich auf die Sammlertätigkeit stützt, hielt das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf mehrere Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes fest, dass auch das Interesse des Besitzes der Magazine zu Sammlerzwecken nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung kein berechtigtes überwiegendes Interesse im Sinne des § 17 Abs. 3 WaffG darstelle. Dass entgegen dem Beschwerdevorbringen auch von den Magazinen in dieser Form eine Gefahr ausgehe, ergebe sich schon alleine daraus, dass der Gesetzgeber sie als verbotene Waffen im Sinne des § 17 Abs. 1 Z 10 WaffG definiere, weil sie mit einer geeigneten Schusswaffe eine entsprechende Gefährlichkeit aufwiesen. In § 17 Abs. 3 WaffG und der Rechtsprechung werde keine Unterscheidung zwischen Schusswaffen und Magazinen getroffen.

Die Behörde sei daher unter Zugrundelegung des festzustellenden Sachverhaltes bei der Interessensabwägung zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass kein überwiegendes berechtigtes Interesse beim Revisionswerber vorliege und daher das öffentliche Interesse an der Abwehr der mit dem Gebrauch von ‑ im konkreten Fall verbotenen ‑ Waffen verbundenen Gefahr eine Beschränkung seiner privaten Interessen rechtfertige.

6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die sich zu ihrer Zulässigkeit darauf stützt, dass das Verwaltungsgericht von näher dargestellter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Die einschlägigen Bestimmungen des WaffG lauten auszugsweise wörtlich:

Verbotene Waffen

§ 17. (1) Verboten sind der Erwerb, die Einfuhr, der Besitz, das Überlassen und das Führen

...

7. von halbautomatischen Faustfeuerwaffen mit Zentralfeuerzündung und eingebautem oder eingesetztem Magazin, das mehr als 20 Patronen aufnehmen kann;

...

10. von Magazinen für halbautomatische Schusswaffen mit Zentralfeuerzündung, soweit sie nicht unter Z 7 fallen, die mehr als zehn Patronen aufnehmen können;

...

soweit nicht die Regelungen des § 18 anzuwenden sind.

...

(3) Die Behörde kann verlässlichen Menschen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und überwiegendes berechtigtes Interesse an Erwerb, Einfuhr, Besitz oder Führen nachweisen, Ausnahmen von Verboten der Abs. 1 und 2 bewilligen. ...

...

Übergangsbestimmungen

§ 58. ...

(13) Für Menschen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens gemäß § 62 Abs. 21 verbotene Waffen gemäß § 17 Abs. 1 Z 7 bis 11 rechtmäßig besitzen, ist der Besitz dieser verbotenen Waffen weiterhin zulässig, wenn die Betroffenen dies der Behörde innerhalb von zwei Jahren ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens gemäß § 62 Abs. 21 melden. Für verbotene Waffen gemäß § 17 Abs. 1 Z 9 und 10 hat die Behörde dem Betroffenen eine Ausnahme vom Verbot zum Besitz oder Führen solcher Magazine zu bewilligen. Für verbotene Waffen gemäß § 17 Abs. 1 Z 7, 8 und 11 hat die Behörde entsprechend der bisherigen Berechtigung eine Waffenbesitzkarte oder einen Waffenpass für solche Waffen auszustellen. Die bestehende Waffenbesitzkarte oder der bestehende Waffenpass für Schusswaffen der Kategorie B ist von der Behörde entsprechend einzuschränken.

...“

9 § 62 Abs. 21 WaffG sieht vor, dass unter anderem § 17 Abs. 1 Z 6 bis 11 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 97/2018 mit 14. Dezember 2019 in Kraft tritt, und enthält eine (nicht genutzte) Verordnungsermächtigung zur Festlegung eines späteren Zeitpunktes für das Inkrafttreten.

10 Die Revision enthält kein Zulässigkeitsvorbringen betreffend die Zurückweisung des Antrags auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach der Übergangsbestimmung des § 58 Abs. 13 WaffG als verspätet. Die Revision, die sich formal gegen das Erkenntnis in seinem gesamten Umfang richtet, ist daher betreffend diese Antragszurückweisung schon wegen des Fehlens von Gründen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird (§ 28 Abs. 3 VwGG), zurückzuweisen.

11 Zur im Ermessen der Behörde stehenden Ausnahmebewilligung nach § 17 Abs. 3 erster Satz VwGG bringt die Revision vor, dass das Verwaltungsgericht sich für sein zentrales Begründungselement, wonach das Interesse des Besitzes der Magazine zu Sammlerzwecken kein berechtigtes überwiegendes Interesse im Sinne des § 17 Abs. 3 WaffG darstelle, nicht auf die von ihm angeführte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stützen könne, weil sich aus dieser keine derartige Aussage ergebe. Vielmehr sei aus ihr das Gegenteil abzuleiten: Im Erkenntnis vom 6. September 2005, 2005/03/0049, habe der Verwaltungsgerichtshof eine Interessenabwägung zwischen dem Interesse am Besitz von Expansivmunition zu Sammlerzwecken und dem öffentlichen Interesse, die Verbreitung derartiger Munition wegen ihrer Gefährlichkeit gering zu halten, durchgeführt (tatsächlich: die von der Behörde durchgeführte Abwägung als gesetzmäßige Ermessenübung beurteilt). Könnten Sammlerzwecke schon per se keine „überwiegenden berechtigten Interessen“ sein, so hätte es aber gar keiner Interessenabwägung bedurft.

12 Damit vermag die Revision keine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes darzulegen:

13 Nach der gefestigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verlangt der rechtmäßige Erwerb und Besitz verbotener Waffen bzw. auch deren Einfuhr und Führen keine bloße „Rechtfertigung“ (vgl. § 23 Abs. 2 WaffG), sondern eine Ausnahmebewilligung nach § 17 Abs. 3 WaffG.

Die Erteilung einer solchen Ausnahmebewilligung fällt in das Ermessen der Behörde (arg: „kann“ in § 17 Abs. 3 WaffG), weshalb der Verwaltungsgerichtshof bei der Kontrolle der Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu prüfen hat, ob vom eingeräumten Ermessen innerhalb der vom Gesetzgeber gezogenen Grenzen Gebrauch gemacht wurde, oder ob dies ‑ in Form einer Ermessensüberschreitung oder eines Ermessensmissbrauches ‑ nicht der Fall gewesen ist. Die Voraussetzung für die Erteilung einer solchen Ausnahmebewilligung ist u.a. das Erbringen des Nachweises eines berechtigten überwiegenden Interesses durch den Antragsteller. Dabei ist es allein dessen Sache, das Vorliegen entsprechender Umstände zu behaupten und nachzuweisen. Der Antragsteller hat deshalb im Verwaltungsverfahren konkret und in substanzieller Weise im Einzelnen darzutun, woraus er für seine Person ein überwiegendes berechtigtes Interesse am Besitz bzw. Führen gerade der verbotenen Waffe oder Munition ableitet. Die Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 17 Abs. 3 WaffG erfordert damit ein Überwiegen eines solchen privaten Interesses gegenüber entgegenstehenden öffentlichen Interessen. Dabei ist schon im Hinblick auf den dem Waffengesetz allgemein innewohnenden Schutzzweck ein strenger Maßstab anzulegen.

Gemäß § 10 WaffG sind bei der Anwendung der im WaffG enthaltenen Ermessensbestimmungen private Rechte und Interessen nur insoweit zu berücksichtigen, als dies ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses, das an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahren besteht, möglich ist (vgl. zu alldem VwGH 21.6.2017, Ra 2017/03/0050, 1.9.2017, Ra 2017/03/0051, und 18.2.2015, Ra 2015/03/0007, je mwN).

14 Der Revisionswerber beruft sich zur Begründung seines (überwiegenden) berechtigten Interesses am Besitz der gegenständlichen verbotenen Magazine in der Revision (nur mehr) auf den vom Verwaltungsgericht festgestellten Besitz aus „sammlerischem Interesse“ bzw. zu „Sammlerzwecken“.

15 Das WaffG nennt das Sammeln (von Schusswaffen) in § 23 Abs. 2 als mögliche Rechtfertigung für den Besitz einer höheren Anzahl von Schusswaffen der Kategorie B und regelt diese Rechtfertigung in Abs. 2c näher. Im Hinblick darauf, dass an ein berechtigtes Interesse (iSd § 17 Abs. 3 WaffG) am Besitz (bzw. Erwerb, Einfuhr, Überlassen oder Führen) einer verbotenen Waffe höhere Anforderungen zu stellen sind als an die Rechtfertigung (iSd § 23 Abs. 2, 2c WaffG) für den Besitz von Schusswaffen der Kategorie B, kann zur Prüfung, ob das Vorliegen eines auf einem Sammlungszweck basierenden und die öffentlichen Interessen allenfalls überwiegenden berechtigten Interesses überhaupt in Betracht kommt, die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 23 Abs. 22c WaffG herangezogen werden.

16 Demnach verlangt die Glaubhaftmachung des Rechtfertigungsgrundes des Waffensammelns, dass ein ernsthaftes und nachhaltiges Sammlerinteresse ausreichend geltend gemacht wird. Das wird beispielsweise dann vorliegen, wenn der Sammler waffentechnische oder wissenschaftliche Studien betreibt oder bereits eine größere kulturhistorisch wertvolle Waffensammlung besitzt, die einer vernünftigen und sinnvollen Ergänzung durch konkret anzugebende Einzelstücke bedarf und die aufgrund des vorhandenen Berechtigungsumfanges nicht erworben werden könnten. Dabei obliegt es der antragstellenden Partei, initiativ alles darzulegen, was für das Zutreffen der Voraussetzungen spricht (vgl. VwGH 1.9.2022, Ra 2021/03/0163, 16.6.2020, Ro 2020/03/0002, und 7.2.2018, Ra 2017/03/0101, je mwN; vgl. dazu auch etwa die Darstellung des Antragsvorbringens zur Sammlung verbotener Munition iSd § 17 Abs. 3 WaffG in VwGH 6.9.2005, 2005/03/0049, und zur Sammlung von Kriegsmaterial nach § 18 Abs. 2 WaffG in VwGH 23.1.2001, 2000/11/0116, 14.12.2010, 2007/11/0054, 22.1.2013, 2010/11/0127, und 21.11.2013, 2011/11/0001).

17 Es kann keine Ermessensüberschreitung darin erblickt werden, wenn das Vorbringen des Revisionswerbers nicht als in diesem Sinne zur Darlegung eines ernsthaften und nachhaltigen Sammlerinteresses ausreichend beurteilt wird:

Wie sich aus der Darstellung des Verfahrensgangs im angefochtenen Erkenntnis sowie den Verfahrensakten ergibt, hat der Revisionswerber sein Interesse am Besitz der Magazine im behördlichen Verfahren zunächst damit begründet, dass er seit zwei Jahrzehnten Eigentümer und Besitzer der gegenständlichen Magazine sei, ohne dass es zu irgendwelchen negativen Vorfällen gekommen sei. Die geringfügige Versäumung der zweijährigen Meldefrist sei ihm (aus näher genannten Gründen) nicht vorwerfbar. Seine Waffe könne er ohne diese Magazine nicht benutzen bzw. lediglich ohne ihre wesentliche Funktion, nämlich dem Repetieren, als Einzellader verwenden, die Handhabung sei diesbezüglich langwierig und fehleranfällig. Aus den Ausführungen des Amtssachverständigen, wonach für einen Sammler sicher ein Originalmagazin interessant wäre, leitete er zudem (zunächst ohne weitere Ausführungen) ab, dass von seiner Seite ein hohes privates Interesse am Besitz der Magazine bestünde.

Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat der Revisionswerber dann angegeben, sein Repetiergewehr Interordonance R94 und die fraglichen Magazine noch nie verwendet zu haben, er habe sie bislang nur zerlegt, aber nie damit geschossen. Er besitze sie aus technischem Interesse. Auch jene vier Schusswaffen, die er auf Grundlage seiner Waffenbesitzkarte besitze, habe er „aus Sammlerinteresse“, zum Schießsport sei er aus zeitlichen Gründen noch nicht gekommen. Privat habe er eine Bibliothek betreffend Panzer, Flugzeuge, Schiffe und Handfeuerwaffen „angehäuft“. Es habe ihn die Entwicklung von Kalaschnikow-Waffen schon immer interessiert, er habe auch ein entsprechendes Sonderheft eines deutschen Fachmagazins.

18 Das vom Revisionswerber dargelegte „sammlerische Interesse“ erschöpft sich mangels hinreichend konkreter Angaben, die auf ein ernsthaftes und nachhaltiges Sammlerinteresse im Sinne der dargelegten Rechtsprechung schließen ließen, somit im bloßen Willen, die bislang rechtmäßig besessenen Magazine trotz des inzwischen in Kraft getretenen Verbotes weiter zu besitzen (vgl. dazu, dass die Verwendung einer Schusswaffe zur Sammlung vom bloßen Willen die Schusswaffe zu besitzen zu unterscheiden ist, etwa § 33 Abs. 3 WaffG über zulässige Begründungen für den Besitz von Schusswaffen der Kategorie C).

19 Ein solches Interesse wird vom Gesetzgeber zwar im Wege der Übergangsbestimmung des § 58 Abs. 13 WaffG anerkannt, kann jedoch nur im Falle einer rechtzeitigen Meldung nach dieser Bestimmung zur Erteilung einer Ausnahmebewilligung führen. Eine Anwendung des § 17 Abs. 3 erster Satz WaffG ausschließlich auf Basis eines solchen Interesses am weiteren Besitz nach Versäumung der Zweijahresfrist des § 58 Abs. 13 WaffG (aus welchen Gründen auch immer) würde die gesetzgeberische Entscheidung, die Rechtmäßigkeit des weiteren Besitzes an eine rechtzeitige Meldung zu knüpfen, unterlaufen und kommt daher nicht in Betracht.

20 Weil somit das vom Revisionswerber vorgebrachte Interesse am Besitz der Magazine schon per se nicht als berechtigtes Interesse iSd § 17 Abs. 3 WaffG in Betracht kommt, kommt es auf das weitere Zulässigkeitsvorbringen, wonach im Rahmen der Interessenabwägung auf die konkrete Gefährlichkeit der betroffenen Magazine einzugehen sei, und die in diesem Zusammenhang behaupteten Feststellungsmängel nicht mehr an.

21 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 25. Mai 2023

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