Normen
VwGVG 2014 §28 Abs2;
VwGVG 2014 §28 Abs4;
VwRallg;
WaffG 1996 §10;
WaffG 1996 §17 Abs1 Z5;
WaffG 1996 §17 Abs1;
WaffG 1996 §17 Abs3;
WaffG 1996 §17 Abs3a;
WaffG 1996 §23 Abs2;
Spruch:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 I. Sachverhalt
2 A. Mit der angefochtenen Entscheidung wies das Verwaltungsgericht im Rechtszug - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21. Februar 2017 - den Antrag der revisionswerbenden Partei auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 17 Abs 3 WaffG zum Besitz und zum Führen von Schusswaffen der Kategorie C, die mit einer Vorrichtung zur Dämpfung des Schusskanales versehen sind (Schalldämpfer), nach der genannten gesetzlichen Bestimmung iVm § 17 Abs 1 Z 5 und § 10 WaffG iZm § 28 Abs 1 und 2 VwGVG als unbegründet ab (Spruchpunkt I.) und erachtete die Revision dagegen als nicht zulässig (Spruchpunkt II.).
3 B.a. Begründend wurde im Wesentlichen Folgendes festgehalten: Mit Schreiben vom 27. November 2015 habe der Revisionswerber einen Antrag auf Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 17 Abs 3 WaffG für den Besitz und das Führen von Schusswaffen gestellt, die mit einer Vorrichtung zur Dämpfung des Schussknalles versehen seien (Schalldämpfer). Mit Schreiben vom 19. Jänner 2016 habe der Revisionswerber seinen Antrag dahingehend präzisiert, dass die beantragte Ausnahmebewilligung nur für Jagdwaffen der Kategorie C gelten solle. Er sei Förster und Revierleiter bei der Ö AG, zu seiner regelmäßigen Berufspflicht zähle der Abschuss von Wildtieren (der von ihm getätigte Wildabschuss seit der Bestellung zum Revierleiter im Jahr 2002 betrage ca 300 Stück Schalenwild und ca 30 Stück Raubwild). Dabei sei er erheblichen akustischen Belastungen durch gehörschädigenden Schusslärm ausgesetzt. Der Revisionswerber weise einen beidseitigen Gehörschaden auf und habe dem Ansuchen eine arbeitsmedizinische Stellungnahme und einen Ambulanzbrief beigelegt. Der Schalldruckpegel eines schalenwildtauglichen Büchsenkalibers an der Mündung betrage ca 162 bis 172 dB, am Ohr immer noch rund 150 dB. Die Verwendung eines Schalldämpfers sei eine wirksame Maßnahme, um den bei der Schussabgabe entstehenden Spitzenschalldruck unter den gehörgefährdenden Expositionswert abzusenken. Mit einem handelsüblichen Schalldämpfer könne der Schalldruck eines großkalibrigen Kugelschusses um ca 30 bis 35 dB auf 120 bis 130 dB reduziert werden. Für die Einhaltung der schon im Antrag genannten gesetzlichen Arbeitnehmerschutzbestimmungen reiche eine Dämpfung des Schusskanals ab einem Wert von 137 dB Impulslärm aus. Dieser Wert würde beim Einsatz von handelsüblichen Vierkammerschalldämpfern jedenfalls erreicht. Die maßgeblichen Arbeitnehmerschutzbestimmungen gäben den technischen Möglichkeiten den Vorrang vor persönlicher Schutzausrüstung, im konkreten Fall bedeute das, Schalldämpfer vor Gehörschutz. Der Revisionswerber trage eine Brille, ein Kapselgehörschutz sei auf Grund der durch die Brillenbügel verursachten Schallbrücke ungeeignet. Ein angepasster Gehörschutz beeinträchtige den Gleichgewichtssinn bzw die Gleichgewichtswahrnehmung und sei daher als Gefahrenquelle für schwere Verletzungen durch Sturz und Absturz ebenso ungeeignet. Den überwiegenden Teil des Abschusses erfülle der Revisionswerber zudem quasi neben seinen forstlichen Tätigkeiten, und es würde die Zeit, die er benötigen würde, um einen Gehörschutz aufzusetzen, das Flüchten des Wildes begünstigen und die Erfüllung der behördlichen Abschusspläne erschweren. Auch sei es nicht möglich, bei allen Begehungen andauernd Gehörschutz zu tragen, der im Dickicht verrutschen könnte und dadurch wirkungslos sei.
4 B.b. Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Bezirkshauptmannschaft (BH) habe in der Bescheidbegründung ua darauf hingewiesen, dass dem Revisionswerber auf Grund seiner Hörbeeinträchtigung zwar ein subjektives Interesse für die angestrebte Ausnahmebewilligung zukomme, jedoch das öffentliche Interesse an der Hörbarkeit des Schusses, welche ein wesentliches und notwendiges Aufmerksamkeitselement darstelle, überwiege. Die volle Hörbarkeit der Schussabgabe sei vor allem für andere Jäger, Arbeiter im Waldgebiet und Waldbesucher notwendig, welche durch einen deutlich hörbaren und aus der Richtung bestimmbaren Schusskanal gewarnt würden. Dem subjektiven Interesse des Revisionswerbers könne auch durch einen passiven Gehörschutz entsprochen werden, laut Stellungnahme des Sachverständigen für Waffentechnik sei dies auch bei Brillenträgern möglich, weil zB auch bei sportlichen Schießveranstaltungen zur Sicherheit der Schützen und zur besseren Erkennbarkeit der Ziele Schussbrillen üblich seien und verwendet würden. Auch seien speziell für die Jagd passive Gehörschutzsysteme entwickelt worden, die sofort auf Impulslärm reagierten und dadurch den Schusskanal in seiner gesamten physikalischen Wirkung für das Gehör abblockten und dadurch reduzierten. Der bessere jagdliche Erfolg durch eine gesteigerte Abschusseffizienz sei zwar ein verständliches Interesse, stelle aber für die BH kein überwiegendes Interesse dar, um die Schutzwirkung des Verbotes zur Verwendung eines Schalldämpfers aufzuheben.
5 B.c. Vor dem Verwaltungsgericht habe der Revisionswerber ua auf die neue Regelung in § 17 Abs 3a WaffG idF BGBl I Nr 120/2016 hingewiesen, an deren Einführung der Arbeitgeber des Revisionswerbers maßgeblich interessiert gewesen sei. Zu seinem Arbeitsbereich gehöre auch die Jagd auf Schalenwild, sowie Raubwild, beispielsweise im Jahr 2016 habe er knapp unter 30 Abschüsse vorgenommen. Er übe die Jagd aber auch privat aus und müsste in diesem Fall wieder Schüsse ohne Schalldämpfer abgeben. Das bedeutet, dass er die Jagd auch privat mit einem Schalldämpfer ausüben wolle. Da er viele Abschüsse im Zug seines Berufs während anderer Tätigkeiten im Wald vornehme, sei es nicht möglich, davor einen Gehörschutz aufzusetzen, weil er dafür zu lange brauchen würde und der Jagderfolg darunter leiden würde. Anders sei die Situation bei einem Jäger, der von einem Hochstand seine Jagdvorrichtungen herrichten und vor einer Schussabgabe den Gehörschutz verwenden könne. Ein Gehörschutz sei für den Revisionswerber als Brillenträger keine optimale Lösung, weil die Brillenbrücke eine Schallbrücke darstelle und daher nicht den gesamten Knall abfangen würde. Außerdem würde bei einem permanenten Tragen eines derartigen Gehörschutzes ein Richtungshören beeinträchtigt bzw nicht möglich sein. "Diverse Einmalstöpsel" seien abzulehnen, weil diese "die schlechtesten Werte" lieferten. Im Übrigen würde auch bei Verwendung eines Schalldämpfers ohnehin "ein lauter Knall übrig" bleiben.
6 B.d. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes sei auf den gegenständlichen Antrag aus dem Jahr 2015 die Rechtslage vor dem mit 1. Jänner 2017 neu geschaffenen § 17 Abs 3a WaffG anzuwenden.
7 Vorliegend habe der Revisionswerber die Ausnahmebewilligung ausschließlich aus jagdlichen Gründen, sowohl für die Berufsjagd als auch für das private Jagen, beantragt und als überwiegendes Interesse einen Hörschaden geltend gemacht. Ein passiver Gehörschutz komme für ihn als Brillenträger und Berufsjäger nicht in Frage, zumal eine Brillenbrücke eine Schallbrücke darstelle, ein Gehörschutz das Richtungshören beeinträchtige und im Übrigen der Jagderfolg darunter leiden könnte.
8 Auf Grund seines dokumentierten Hörschadens komme dem Revisionswerber ein subjektives Interesse an der gegenständlichen Ausnahmebewilligung zu. Für das Verwaltungsgericht sei es aber weder nachvollziehbar noch glaubwürdig in irgendeiner Form nachgewiesen, dass gerade für den Revisionswerber als Brillenträger ein passiver Gehörschutz völlig ungeeignet sein solle. Vielmehr sei als amtsbekannt festzuhalten, dass beispielsweise an Schießstätten sowohl im Training als auch bei Wettkämpfen aus Sicherheits- und Gesundheitsgründen mit Gehörschutz und Schutzbrille geschossen werde. Unter diesen Sportschützen, Exekutivbeamten bzw auch Jägern seien zahlreiche Brillenträger, die einen Gehörschutz problemlos verwenden würden. Das bedeute, dass dieses subjektive Interesse des Revisionswerbers im Zusammenhang mit dem Schutz seines Gehörs auch durch passive Gehörschutzmodelle gewohnt werde, welche unter anderem auch speziell für die Jagd entwickelt worden seien.
9 Mit seinem weiteren Argument, durch das Aufsetzen eines Gehörschutzes würden der jagdliche Erfolg leiden und die Erfüllung der Abschusspläne erschwert, mache der Revisionswerber zwar ein gewisses Interesse geltend, das aber kein überwiegendes Interesse iSd § 17 Abs 3 WaffG rechtfertigen könne, zumal nicht nur der Revisionswerber (für seinen Arbeitgeber oder privat) Abschusspläne zu erfüllen habe, auch die übrige Jägerschaft in den verschiedensten Jagdgebieten.
10 Darüber hinaus ermögliche ein deutlich wahrnehmbares Schusssignal eine wesentliche Wahrnehmung durch andere Waldbenutzer, egal ob es sich dabei um andere Jäger, Treiber, Forstarbeiter oder Spaziergänger handelte. Durch die volle Hörbarkeit der Schussabgabe und durch die Bestimmbarkeit, aus welcher Richtung der Schuss erfolge, bestehe für diese Personen die Möglichkeit, sich aus diesem Gebiet zurückzuziehen, woraus ein "grundsätzliches Interesse der Allgemeinheit" abzuleiten sei.
11 Dem Revisionswerber sei es daher nicht gelungen, ein überwiegendes berechtigtes Interesse an dieser Ausnahmebewilligung iSd § 17 Abs 3 WaffG darzulegen, um die Schutzwirkung des Verbotes der Verwendung eines Schalldämpfers aufzuheben, weshalb die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde das ihr eingeräumte Ermessen rechtmäßig ausgeübt habe.
12 B.e. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen gewesen sei, der im Sinn des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukomme, insbesondere weil die Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abweiche, eine solche Rechtsprechung fehle oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet werde.
13 C. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Revision, mit der insbesondere begehrt wird, diese wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.
14 D. In ihrer Revisionsbeantwortung trat die BH der Revision entgegen.
15 II. Rechtslage
16 § 17 WaffG, BGBl I Nr 12/1997 idF BGBl I Nr 120/2016,
lautet auszugsweise:
"3. Abschnitt
Waffen der Kategorie A (Verbotene Waffen und
Kriegsmaterial)
Verbotene Waffen
§ 17. (1) Verboten sind der Erwerb, die
Einfuhr, der Besitz, und das Führen
1. von Waffen, deren Form geeignet ist, einen anderen
Gegenstand vorzutäuschen, oder die mit Gegenständen des täglichen
Gebrauches verkleidet sind;
2. von Schußwaffen, die über das für Jagd- und Sportzwecke
übliche Maß hinaus zum Zusammenklappen, Zusammenschieben,
Verkürzen oder schleunigen Zerlegen eingerichtet sind;
3. von Flinten (Schrotgewehren) mit einer Gesamtlänge von
weniger als 90 cm oder mit einer Lauflänge von weniger als 45 cm;
4. von Flinten (Schrotgewehren) mit
Vorderschaftrepetiersystem (‚Pumpguns');
5. von Schußwaffen, die mit einer Vorrichtung zur Dämpfung
des Schußknalles oder mit Gewehrscheinwerfern versehen sind; das Verbot erstreckt sich auch auf die erwähnten Vorrichtungen allein;
6. der unter der Bezeichnung ‚Schlagringe', ‚Totschläger' und ‚Stahlruten' bekannten Hiebwaffen.
...
(3) Die Behörde kann verläßlichen Menschen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und überwiegendes berechtigtes Interesse an Erwerb, Einfuhr, Besitz oder Führen nachweisen, Ausnahmen von Verboten der Abs. 1 und 2 bewilligen. Diese Bewilligung kann befristet und an Auflagen gebunden werden. Die Bewilligung zum Besitz ist durch Ausstellung einer Waffenbesitzkarte, die Bewilligung zum Führen durch Ausstellung eines Waffenpasses zu erteilen. Im übrigen gelten für den Besitz und das Führen solcher Waffen oder Vorrichtungen die §§ 21 Abs. 4 sowie 25 bis 27.
(3a) Sofern ein Arbeitgeber den Nachweis erbringt, dass
1. er Arbeitnehmer hauptberuflich beschäftigt, zu deren
wesentlicher Verpflichtung der Abschuss von Wild und Schädlingen
gehört und
2. die Verwendung von Vorrichtungen zur Dämpfung des
Schussknalles für Schusswaffen der Kategorie C und D zweckmäßig und zum Schutz der Gesundheit dieser Arbeitnehmer im Sinne des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes - ASchG, BGBl. I Nr. 450/1994, oder dem Landarbeitsgesetz - LAG, BGBl. Nr. 287/1984, im Rahmen der Berufsausübung geboten ist,
kann die Behörde auf Antrag des Arbeitgebers Ausnahmen vom Verbot des Erwerbs und Besitzes einer bestimmten Anzahl an Vorrichtungen nach Z 2 erteilen. Diese Bewilligung kann befristet und an Auflagen gebunden werden. Der Besitz und das Führen von Vorrichtungen zur Dämpfung des Schussknalles für Schusswaffen der Kategorie C und D ist Arbeitnehmern dieses Arbeitgebers bei der Ausübung der Jagd im Rahmen des Arbeitsverhältnisses ohne Bewilligung erlaubt. Der Arbeitgeber hat Name, Adresse und Geburtsdatum der Arbeitnehmer, die solche Vorrichtungen verwenden dürfen, evident zu halten und auf Verlangen der Behörde bekannt zu geben.
..."
17 III. Erwägungen
18 A. Die Revision ist zulässig, weil entgegen dem Verwaltungsgericht (das zur Begründung seines Ausspruches im Wesentlichen lediglich den Text des Art 133 Abs 4 B-VG formelhaft wiederholt und damit seiner Begründungsverpflichtung nach § 25a VwGG nicht gerecht zu werden vermag) leitlinienbildende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs betreffend die Erteilung von Ausnahmebewilligungen nach § 17 Abs 3 und Abs 3a WaffG bezüglich der in § 17 Abs 1 Z 5 WaffG verbotenen Gegenstände noch nicht ausreichend besteht.
19 Vielmehr lässt sich aus dem Folgenden erkennen, dass Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu der in der Revision aufgeworfenen Frage der Ermessensausübung in einer Konstellation wie der vorliegenden fehlt.
20 Ebenso kann entgegen der Revisionsbeantwortung der BH - wie die folgenden Ausführungen zeigen - auch nicht davon gesprochen werden, dass für eine Konstellation wie die vorliegende eine unmittelbar einsichtige, keine weiteren Auslegungsargumente erfordernde klare Rechtslage gegeben wäre.
21 B. Nach § 17 Abs 1 WaffG ist (ua) der Erwerb, die Einfuhr, der Besitz und das Führen "von Schusswaffen, die mit einer Einrichtung zur Dämpfung des Schussknalles oder mit Gewehrscheinwerfern versehen sind" verboten, wobei sich das Verbot "auch auf die erwähnten Vorrichtungen allein" erstreckt (Z 5).
22 Nach § 17 Abs 3 WaffG kann die Behörde verlässlichen Menschen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und ein überwiegendes berechtigtes Interesse am Erwerb, an der Einfuhr, Besitz oder Führen nachweisen, Ausnahmen (ua) vom Verbot des § 17 Abs 1 WaffG bewilligen. Diese Bewilligung kann befristet und an Auflagen gebunden werden. Die Bewilligung zum Besitz ist durch Ausstellung einer Waffenbesitzkarte, die Bewilligung zum Führen durch Ausstellung eines Waffenpasses zu erteilen. Im Übrigen gelten für den Besitz und das Führen solcher Waffen oder Vorrichtungen die §§ 21 Abs 4 sowie 25 bis 27 WaffG.
23 Der rechtmäßige Erwerb und Besitz verbotener Waffen bzw auch deren Einfuhr und Führen verlangt daher keine bloße "Rechtfertigung" (vgl § 23 Abs 2 WaffG), sondern eine Ausnahmebewilligung nach § 17 Abs 3 WaffG (vgl dazu und zum Folgenden VwGH vom 21. Juni 2017, Ra 2017/03/0050, mwH).
24 Für die Erteilung einer solchen Ausnahmebewilligung besteht ein behördliches Ermessen (arg: "kann" in § 17 Abs 3 WaffG), das zu handhaben die Verwaltungsbehörde und in einem Fall nach § 28 Abs 4 VwGVG bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 28 Abs 2 VwGVG auch das Verwaltungsgericht verpflichtet ist (vgl VwGH vom 26. April 2016, Ro 2015/03/0038, mwH).
25 Die Voraussetzung für die Erteilung einer solchen Ausnahmebewilligung ist ua das Erbringen des Nachweises eines berechtigten überwiegenden Interesses durch den Antragsteller. Dabei ist es allein dessen Sache, das Vorliegen entsprechender Umstände zu behaupten und nachzuweisen. Der Antragsteller hat deshalb im Verwaltungsverfahren konkret und in substanzieller Weise im Einzelnen darzutun, woraus er für seine Person ein überwiegendes berechtigtes Interesse am Besitz bzw Führen gerade der verbotenen Waffe oder Munition ableitet. Die Erteilung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 17 Abs 3 WaffG erfordert damit ein Überwiegen eines solchen privaten Interesses gegenüber entgegenstehenden öffentlichen Interessen. Dabei ist schon im Hinblick auf den dem Waffengesetz allgemein innewohnenden Schutzzweck ein strenger Maßstab anzulegen. Gemäß § 10 WaffG sind bei der Anwendung der im WaffG enthaltenen Ermessensbestimmungen private Rechte und Interessen nur insoweit zu berücksichtigen, als dies ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses, das an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahren besteht, möglich ist.
26 C. Das Verwaltungsgericht hatte seine Entscheidung an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgebenden Sach- und Rechtslage auszurichten (VwGH vom 21. Oktober 2014, Ro 2014/03/0076; dies gilt im Übrigen auch für den Fall, dass das Verwaltungsgericht nicht in der Sache selbst entscheidet). Die Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, dass es die Bestimmung des § 17 Abs 3a WaffG, die mit 1. Jänner 2017 und somit vor der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses in Kraft trat (vgl § 62 Abs 18 WaffG), nicht zu beachten hatte, erweist sich daher als unzutreffend.
27 D.a. Da im Revisionsfall die Voraussetzungen des § 28 Abs 2 VwGVG vorliegen - bei einer Konstellation wie der vorliegenden liegt die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst jedenfalls im Interesse der Raschheit und der Kostenersparnis - hatte das Verwaltungsgericht insofern in der Sache zu entscheiden, als es die von der Verwaltungsbehörde zu entscheidende Verwaltungssache erledigt.
28 D.b. Für den Revisionsfall ist weiters maßgeblich, dass der Gesetzgeber mit der neuen Bestimmung des § 17 Abs 3a WaffG eine Regelung für Arbeitnehmer geschaffen hat, die unter anderem zum Abschuss von Wild verpflichtet sind, wie dies insbesondere bei Förstern der Fall ist, um diesen "ein höchstmögliches Maß an Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz zu gewährleisten" (ErlRV 1345 BlgNR 25. GP , "Zu Z 4 (§ 17 Abs. 3a)"). Voraussetzung dafür ist, dass die Verwendung von Vorrichtungen zur Dämpfung des Schussknalles und Vorbeugung von Gehörschädigung zweckmäßig und auch aus arbeitnehmerschutzrechtlichen Gründen geboten ist, um eine Dämpfung des Schussknalles unter dem Expositionsgrenzwert für gehörgefährdenden Lärm zu erreichen. Auf eine alternative Möglichkeit eines Gehörschutzes kommt es bei dieser Regelung nicht an.
29 Angesichts dieser gesetzlichen Bestimmung sowie der darin zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Wertung kommt dem Interesse des Revisionswerbers, ihm für seine (hauptberufliche) Berufsausübung die begehrte Ausnahmebewilligung nach § 17 Abs 3 WaffG zu erteilen, auch auf Basis des dabei zu beachtenden strengen Maßstabes im Hinblick auf den dem WaffG allgemein innewohnenden Schutzzweck ein berechtigtes überwiegendes Interesse gegenüber dem vom Verwaltungsgericht genannten öffentlichen Interesse an der Versagung dieser Bewilligung zu, sofern die eben angesprochenen weiteren Voraussetzungen gegeben sind.
30 Es würde nämlich einen offen auf der Hand liegenden, sachlich nicht zu rechtfertigenden und dem Gesetzgeber daher nicht zusinnbaren groben Wertungswiderspruch darstellen, dem von ihm für die Ausnahmeregelung des § 17 Abs 3a WaffG maßgebenden Aspekt des höchstmöglichen Gesundheitsschutzes bei der Berufsausübung nicht auch bei der Handhabung des Ermessens nach der Ausnahmebestimmung des § 17 Abs 3 WaffG dasselbe Gewicht beizumessen. Wenn unter den Voraussetzungen des § 17 Abs 3a WaffG das vom Gericht zutreffend identifizierte hohe Interesse an der vollen Hörbarkeit der Schussabgabe für Orientierungszwecke gegenüber dem besagten Interesse am Gesundheitsschutz schon ex lege zurücktritt, ist dieses Interesse an der Hörbarkeit der Schussabgabe auch bei der Anwendung des § 17 Abs 3 WaffG gleichermaßen zurückzureihen. Dass § 17 Abs 3a WaffG im Konnex mit der auch waffenrechtlich einschlägigen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers (siehe dazu etwa VwGH vom 22. November 2016, Ra 2016/03/0109, und VwGH vom 31. Jänner 2017, Ra 2016/03/0010, beide mwH) gesehen werden kann, begründet mit Blick auf das vom Gesetzgeber in den Vordergrund gestellte arbeitnehmerische Gesundheitsschutzinteresse keinen maßgebenden Unterschied. Damit vermag die vom Verwaltungsgericht in den Vordergrund gestellte alternative Möglichkeit eines Gehörschutzes nicht durchzudringen.
31 Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass auch in diesem Zusammenhang die in § 17 Abs 3 zweiter Satz WaffG vorgesehene Bindung einer Bewilligung an eine Befristung bzw an Auflagen zu beachten ist.
32 D.c. Demgegenüber ist aus der Bestimmung des § 17 Abs 3a WaffG abzuleiten, dass entgegen der Stoßrichtung der Revision für die private Jagdausübung ein solches überwiegendes berechtigtes Interesse des Revisionswerbers nach § 17 Abs 3 WaffG nicht besteht, zumal dafür arbeitnehmerschutzrechtliche Gründe nicht einschlägig sein können.
33 D.d. Ausgehend davon hat das Verwaltungsgericht das ihm bei seiner Entscheidung zukommende Ermessen bezüglich der vom Revisionswerber ausgeübten hauptberuflichen Tätigkeit unzutreffend gehandhabt und insofern die angefochtene Entscheidung mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet.
34 IV. Ergebnis
35 A. Die angefochtene Entscheidung war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.
36 B. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Wien, am 1. September 2017
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