VwGH Ra 2018/07/0423

VwGHRa 2018/07/04233.10.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision 1. des B B,

2. der A B und 3. der B Wohnbau GmbH, alle in M, alle vertreten durch die Vavrovsky Heine Marth Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Mozartplatz 4, gegen Spruchpunkt I des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 24. Mai 2018, Zl. 405-1/285/1/9-2018, betreffend eine Streitigkeit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis einer Bringungsgemeinschaft (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG:

Agrarbehörde Salzburg; mitbeteiligte Partei:

Bringungsgemeinschaft U, vertreten durch Univ.- Prof. DDDr. Dieter G. Kindel, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rosenbursenstraße 4), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §56;
B-VG Art18 Abs1;
B-VG Art18;
GSGG §1;
GSGG §11;
GSGG §2;
GSGG §9 Abs2;
GSLG Slbg §12;
GSLG Slbg §2 Abs2;
VwRallg;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018070423.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Spruchpunkt I des in Revision gezogenen Erkenntnisses stellte das Landesverwaltungsgericht Salzburg (LVwG) in Abänderung des vor ihm in Beschwerde gezogenen Bescheides der Agrarbehörde Salzburg vom 31. Jänner 2018 in einer Streitigkeit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis der mitbeteiligten Bringungsgemeinschaft fest, dass nach § 18 Z 1 des Salzburger Güter- und Seilwege-Landesgesetzes (GSLG) die Befahrung der Weganlage, soweit sie nicht der Bewirtschaftung näher genannter Grundstücke der revisionswerbenden Parteien zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken diene, nicht zulässig und zu unterlassen sei.

2 Die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen. 3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende

außerordentliche Revision, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes, Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG bei einer außerordentlichen Revision gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung über die Revision zu lösen hätte (VwGH 1.8.2016, Ra 2016/08/0003, mwN).

8 Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (VwGH 18.1.2018, Ra 2017/07/0134, mwN).

9 Den revisionswerbenden Parteien gelingt es im vorliegenden Fall aus nachstehenden Gründen nicht, in den Zulässigkeitsausführungen eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen:

10 1. Die Revision macht unter Punkt ca) der Zulässigkeitsausführungen als Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung die Frage geltend, ob die Unzulässigkeit der Nutzung einer Bringungsanlage nach dem GSLG die Nutzung der Bringungsanlage "grundsätzlich und nach anderen Rechtsvorschriften" unzulässig mache. Das angefochtene Erkenntnis weiche diesbezüglich ganz klar von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, da der Verwaltungsgerichtshof in seinem vom LVwG selbst zitierten Erkenntnis vom 17. Mai 2001, 2001/07/0009, ausgeführt habe, dass die Agrarbehörde nur die Frage zu prüfen habe, ob den Mitbeteiligten (gemeint wohl: den Revisionswerbern) auf Grundlage des agrarbehördlich bewilligten Übereinkommens oder des GSLG die angestrebte Art der Benützung der Bringungsanlage zugestanden sei oder nicht. (Zitat: "Eine Beantwortung der Frage, ob den Mitbeteiligten auf anderer rechtlicher Grundlage eine Fahrtrecht zusteht, war von den Agrarbehörde hingegen nicht zu prüfen.").

11 Das LVwG sprach im angefochtenen Erkenntnis über eine Streitigkeit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis der Bringungsgemeinschaft nach § 18 Z 1 GSLG ab (hier:

"Streitigkeiten, die den Inhalt eines Bringungsrechtes betreffen"), und zwar konkret über eine Streitigkeit zwischen Mitgliedern und der Bringungsgemeinschaft. Bei dieser Prüfung hatte sich das LVwG materiell an den dieses Mitgliedschaftsverhältnis regelnden Bestimmungen des GSLG, des Gründungsbescheides vom 13. April 1992, des mit 28. September 1992 datierten Einbeziehungsbescheides (nach § 13 Abs. 3 GSLG), weiterer Anteilsrechte neu festlegender Bescheide (vom 8. Oktober 2013 und vom 28. Juni 2017) und letztlich der Satzung der Bringungsgemeinschaft zu orientieren.

12 Es ging bei der Entscheidung dieser Streitigkeit nicht um die Frage einer Bringungsrechtseinräumung, wo allenfalls andere bestehende Nutzungsmöglichkeiten eines Weges oder einer Straße von Bedeutung sein können, sondern allein um die Frage, ob die in Frage stehende Benutzung der Bringungsanlage durch einzelne Mitglieder vom konkret bestehenden Bringungsrecht gedeckt ist oder nicht.

13 Auch der Spruch des Erkenntnisses konnte sich daher nur auf die Entscheidung dieses Streites vor dem Hintergrund des durch die vorgenannten Normen gekennzeichneten Mitgliedschaftsverhältnisses beziehen und ist nicht anders zu verstehen, als dass die Benutzung der Bringungsanlage für die von den revisionswerbenden Parteien begehrten Zwecke vom Bringungsrecht nicht gedeckt ist. Das Mitgliedschaftsverhältnis der revisionswerbenden Parteien zur Bringungsgemeinschaft verschafft ihnen demnach kein Recht zur Befahrung der Weganlage, soweit sie nicht der Bewirtschaftung näher genannter Grundstücke zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dient, und wurde dieses Recht aus diesem Grund untersagt.

14 Die revisionswerbenden Parteien übersehen auch, dass das Ergebnis des von ihnen zitierten Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Mai 2001 die Abweisung der gegen einen Beschluss der Vollversammlung der dortigen Bringungsgemeinschaft erhobenen Beschwerde darstellt; dieser aufrechterhaltene Beschluss der Vollversammlung sah - ähnlich dem hier vorliegenden Fall - die Verweigerung der Zustimmung, also die Untersagung einer bestimmten Art des Wegbenutzung vor (vgl. zur Zulässigkeit von Unterlassungsbegehren bestimmter Nutzungen von Bringungsanlagen auch die hg. Erkenntnisse vom 16.12.2010, 2009/07/0119; 20.9.2012, 2011/07/0157).

15 Der von den revisionswerbenden Parteien aufgezeigte Widerspruch zur genannten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes ist daher nicht erkennbar.

16 2. Auch die in Punkt cb) der Zulässigkeitsausführungen als grundsätzlich genannte Frage, wer öffentliche Interessen im Sinne des § 2 Abs. 2 Z 2 und Abs. 3 GSLG zu beurteilen hätte, spielt vorliegendenfalls keine Rolle, handelt es sich doch dabei um die für oder gegen eine Bringungsrechtseinräumung an sich sprechenden Aspekte. Die Einräumung von Bringungsrechten ist im vorliegenden Fall aber längst erfolgt.

17 Mit dem Verweis auf das Salzburger Ländliche Straßenerhaltungsfondsgesetz, LGBl. Nr. 77/1981 in der Fassung LGBl. Nr. 106/2013 (FELS-Gesetz), und der Fragestellung nach dem Verhältnis zwischen dem FELS-Gesetz und dem GSLG zeigen die revisionswerbenden Parteien ebenfalls keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf, weil dieses Gesetz keine Rechtsgrundlage bei der Entscheidung über eine Streitigkeit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis der Bringungsgemeinschaft darstellt.

18 3. Als weitere Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung bezeichnen die revisionswerbenden Parteien die Frage (Punkt cc) der Zulässigkeitsausführungen), ob "die Vereinbarung der Mitglieder in der Gründungsverhandlung und deren rechtskräftige Genehmigung durch Bescheid eine Einbeziehung anderer als der in § 1 Abs. 1 GSLG genannter Grundstücke" (im Sinne des § 13 Abs. 3 GSLG) darstelle; es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, welche Berechtigung einem in eine Bringungsgemeinschaft einbezogenen Grundstück zukomme; eine Reduktion auf die Bringung für land- und forstwirtschaftliche Zwecke widerspreche der Bestimmung des § 13 Abs. 3 GSLG.

19 Zu diesem Vorbringen ist darauf zu verweisen, dass das Parteienübereinkommen vom 14. Mai 1991, das sich auch auf die verfahrensgegenständlichen Grundflächen der revisionswerbenden Parteien bezog, mit Bescheid der Agrarbehörde vom 13. April 1992 - gestützt auf die Bestimmungen der §§ 1 Abs. 2 Z 1, 2 Abs. 1 lit. b, 2 Abs. 7 bis 9, 3 Abs. 2 sowie §§ 4 und 6 des GSLG - agrarbehördlich genehmigt wurde. Im Spruch dieses Bescheides ist ausdrücklich davon die Rede, dass mit dem Übereinkommen ein Bringungsrecht zugunsten von land- und forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmeten Liegenschaften bzw. Grundstücken eingeräumt werde. Dazu zählten auch die Grundstücke der revisionswerbenden Parteien.

20 Hingegen wurde in Bezug auf die Eigentümer von nicht landwirtschaftlich genutzten Grundstücken mit einem weiteren Bescheid vom 28. September 1992 eine Einbeziehung nach § 13 Abs. 3 GSLG ausgesprochen; darunter befanden sich die Grundstücke der revisionswerbenden Parteien aber nicht. Die Frage nach der Ausgestaltung der Bringungsrechte solcher Grundstücke hat mit den verfahrensgegenständlichen Grundstücken und den mit diesen verbundenen Rechten daher nichts zu tun; wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 17. Mai 2001, 2001/07/0009, mit näherer Begründung zum Ausdruck gebracht hat, ist die restriktiv zu interpretierende Ausnahmebestimmung des § 13 Abs. 3 GSLG zudem zur Interpretation des Umfanges eines bereits eingeräumten Bringungsrechtes ungeeignet.

21 Auch mit diesem Vorbringen wird daher keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt.

22 4. Auch die Frage (Punkt cd) der Zulässigkeitsausführungen), ob eine Bringungsrechtseinräumung "bringungsrechtsgemeinschaftsautonom" vorstellbar wäre oder nicht bzw. ob der Obmann eine solche Bringungsrechtseinräumung konstitutiv durch eine Erklärung vornehmen könne, wirft keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf.

23 Nach § 2 Abs. 2 GSLG ist ein Bringungsrecht (bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen) durch die Agrarbehörde mittels Bescheid einzuräumen. Auch die Abänderung oder Aufhebung von Bringungsrechten obliegt allein der Agrarbehörde (§ 12 GSLG).

24 Die Einräumung (oder Erweiterung) von Bringungsrechten, die regelmäßig einen Eingriff in die zivilrechtlichen Befugnisse eines Grundeigentümers darstellen, bedarf der bescheidmäßigen Anordnung durch die Agrarbehörde in dem für die Einräumung eines Bringungsrechtes vorgesehenen Verwaltungsverfahren (vgl. idS VwGH 27.4.2006, 2005/07/0137). Der mit der Einräumung eines Bringungsrechtes für die Eigentümer der mit diesem Recht belasteten Grundstücke verbundene Eigentumseingriff (VwGH 23.4.1998, 97/07/0199) erfordert zudem eine strikte Bindung der Einräumung eines solchen Rechtes an die im Gesetz dafür statuierten Voraussetzungen (VwGH 22.4.2010, 2008/07/0116).

25 Eine "bringungsrechtsgemeinschaftsautonome" öffentlichrechtliche Bringungsrechtseinräumung gibt es nicht. Die rechtliche Beurteilung des LVwG, wonach in der Erklärung des Obmannes vom 15. Oktober 1998 über die mögliche Zufahrt über die Bringungsanlage für den Erstrevisionswerber zu seinem Zweitwohnungsgebiet keine öffentlich-rechtlich wirksame Bringungsrechtseinräumung (noch dazu für nicht land- und forstwirtschaftliche Zwecke) liegen kann, steht daher in Übereinstimmung mit der Rechtslage.

26 Auch der weitere Hinweis der revisionswerbenden Parteien darauf, dass "über die Anwendbarkeit der Grundsätze über das Vertrauen auf den äußeren Tatbestand auch auf juristische Personen des öffentlichen Rechtes eine einheitliche Rechtsprechung" bestehe (Hinweis auf VwGH 24.2.1977, ZfvB 1977/1359) führt zu keiner anderen Einschätzung.

27 Dem Grundsatz von Treu und Glauben geht nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das in Art. 18 Abs. 1 B-VG normierte Legalitätsprinzip vor (VwGH 19.3.2001, 2000/17/0260; 21.12.2001, 2001/02/0084; 28.4.2011, 2007/07/0101, 0102). Dem Grundsatz von Treu und Glauben kann in Hinblick auf den Legalitätsgrundsatz des Art. 18 B-VG daher nur insoweit Bedeutung zukommen, als die Vorgangsweise der Behörde nicht durch zwingendes Recht gebunden ist, der Behörde somit ein Vollzugsspielraum zukommt (VwGH 27.2.2003, 99/15/0004; 21.12.2011, 2009/08/0013; 29.3.2012, 2008/12/0057). Eine solche Fallgestaltung liegt der genannten Fragestellung im vorliegenden Fall aber gar nicht zu Grunde. Ein Widerspruch zur Rechtsprechung ist daher auch hier nicht erkennbar.

28 Im Übrigen wird im Zusammenhang mit der Wirksamkeit der Erklärung des Obmannes gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die diesbezüglichen Ausführungen im hg. Beschluss vom heutigen Tag, Ra 2018/07/0426, verwiesen.

29 5. Was letztlich die unter Punkt ce) genannte Frage nach der Zulässigkeit des "Überschreitens von Anträgen" durch das Verwaltungsgericht betrifft, wobei auf § 42 AVG verwiesen wird, so erweist sich die Formulierung dieser Fragestellung als so wenig konkret, dass eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung daraus ebenfalls nicht abgeleitet werden kann.

30 6. Schließlich werden in der Begründung der Revision noch weitere Rechtsfragen angesprochen, die sich aber in den Zulässigkeitsgründen selbst nicht finden. Aus diesem Grund war auf diese Aspekte nicht näher einzugehen.

31 7. In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

32 Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 3. Oktober 2018

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