VwGH Ra 2017/06/0232

VwGHRa 2017/06/023227.3.2018

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag.a Merl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, über die Revision 1. der A Ges.m.b.H. und 2. des DI R H, beide in W, beide vertreten durch die Proksch & Fritzsche Frank Fletzberger Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Nibelungengasse 11/4, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. September 2017, W104 2120271- 1/202E, W104 2144332-1/6E, W104 2144334-1/6E, betreffend Genehmigung der A 5 Nord/Weinviertel Autobahn, Abschnitt Poysbrunn - Staatsgrenze (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie; mitbeteiligte Partei: Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (ASFINAG), vertreten durch die ASFINAG Baumanagement GmbH in Wien, diese vertreten durch die Schönherr Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schottenring 19), den Beschluss gefasst:

Normen

32011L0092 UVP-RL AnhIV Z2;
32011L0092 UVP-RL Art5 Abs1 litd;
AVG §8;
B-VG Art133 Abs4;
EURallg;
UVPG 2000 §1 Abs1 Z3;
UVPG 2000 §1 Abs1 Z4;
UVPG 2000 §19 Abs1 Z1;
UVPG 2000 §24f Abs8;
UVPG 2000 §6 Abs1 Z2;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017060232.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beiden Revisionswerber haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 553,20 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.106,40 (jeweils zu gleichen Teilen) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Schriftsatz vom 3. März 2006 beantragte die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (ASFINAG), vertreten durch die ASFINAG Baumanagement GmbH (im Folgenden: Projektwerberin), beim Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) die Erteilung einer Genehmigung für die A 5 Nord/Weinviertel Autobahn, Abschnitt Poysbrunn - Staatsgrenze, gemäß § 24 Abs. 1 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000) iVm weiteren Gesetzesbestimmungen.

Mit Schriftsatz vom 4. April 2013 änderte die Projektwerberin das Vorhaben im Wesentlichen dahin, dass - soweit für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof relevant - nunmehr eine Verwirklichung in zwei Realisationsstufen (Realisierungsstufe 1:

zweispurige Führung auf der bestehenden Landesstraße B7 und Umfahrung der Ortschaft Drasenhofen; Realisierungsstufe 2:

bedarfsgerechter Vollausbau einer vierspurigen Autobahn) vorgesehen ist und das Entwässerungssystem auch unter dem Gesichtspunkt der zweistufigen Realisierung überarbeitet wurde; die fallbezogen relevante Ableitung der chloridbelasteten Straßenwässer im Winter nach Vorreinigung über ein Pumpsystem in eine neu zu errichtende Druckrohrleitung mit einer Länge von ca. 15,9 km in die Thaya ist Teil der Realisierungsstufe 2.

Nach Durchführung eines umfangreichen Ermittlungsverfahrens im Großverfahren gemäß §§ 44a ff AVG erteilte der BMVIT mit Bescheid vom 16. November 2015 die beantragte Genehmigung nach dem UVP-G 2000 und dem Forstgesetz 1975 (im Folgenden kurz: UVP-Bescheid).

2 Mit Schriftsatz vom 24. November 2015 beantragte die Projektwerberin die Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung im Rahmen des teilkonzentrierten Verfahrens nach dem UVP-G 2000 für die Realisierungsstufe 1 betreffend die Umfahrung Drasenhofen. Dieses Verfahren wurde an die Bezirkshauptmannschaft Mistelbach (BH) delegiert.

Die BH erteilte mit Bescheid vom 16. November 2016 die wasserrechtliche Bewilligung für die Realisierungsstufe 1 (im Folgenden kurz: Wasserrechtsbescheid).

3 Die Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung mit Bescheid der BH vom 14. November 2016 ist für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht relevant.

4 Der Zweitrevisionswerber ist alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Erstrevisionswerberin, die in der Gemeinde W eine biologische Landwirtschaft betreibt. Die in der Realisierungsstufe 2 neu zu errichtende Druckrohrleitung zur Ableitung der chloridbelasteten Straßenwässer in die Thaya führt über die Grundstücke der Erstrevisionswerberin; die Felder der Erstrevisionswerberin werden aus der Thaya bewässert. Die Einleitung der Straßenwässer in die Thaya erfolgt etwa 200 m flussabwärts von der Wasserentnahmestelle durch die revisionswerbenden Parteien.

5 Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) verband die Beschwerden gegen den UVP-Bescheid, den Wasserrechtsbescheid und die naturschutzrechtliche Bewilligung, änderte und ergänzte in dem angefochtenen Erkenntnis einige Nebenbestimmungen des UVP-Bescheides (Spruchpunkt A I. und II.), wies im Übrigen die Beschwerden ab (Spruchpunkt III.) und erklärte eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof für nicht zulässig (Spruchpunkt B).

Begründend führte das BVwG - sofern für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof relevant - zusammengefasst aus, der Richtwert für Chlorid gemäß Qualitätszielverordnung Ökologie Oberflächengewässer von 150 mg L-1 werde in der Thaya (Realisierungsstufe 2) auch unter ungünstigen Annahmen eingehalten. Durch die Einleitung der Straßenwässer werde die mittlere Konzentration in der Thaya um bis zu 1,5 mg L-1 (2,7%) auf 52 mg L-1 (Jahr) bzw. 48-57 mg L-1 (Winter/Sommersaison) erhöht; eine messbare Erhöhung von 3 mg L-1 sei unmittelbar im Zeitraum der Entleerung zu erwarten. Diese Veränderung habe keine messbaren und merklichen Auswirkungen auf den aktuellen oder künftigen ökologischen Zustand der Thaya. Eine Alternative zu dem von der Projektwerberin gewählten Entwässerungskonzept sei daher aus fachlicher Sicht nicht notwendig. Die Entfernung von Chlorid über Umkehrosmosefilter hätte keine Verbesserung des ökologischen Zustandes zur Folge. Nach derzeitigem Wissensstand sei in gut gepufferten Gewässern bei Chlorid-Konzentrationen ?150 mg L-1 keine nachträgliche Beeinträchtigung der aquatischen Lebensgemeinschaften zu erwarten. Die Einrichtung von Chlorid-Filteranlagen sei demnach aus gewässerökologischer Sicht zwar eine mögliche Alternative zu dem von der Projektwerberin gewählten Entwässerungskonzept. Umkehrosmosefilter seien jedoch nicht erforderlich, um die rechtlichen Anforderungen zur Gewässerökologie zu erfüllen. Umkehrosmose zur Entsalzung von chloridbelasteten Straßenwässern aus dem Winterdienst entspreche bislang nicht dem Stand der Technik; die von der Projektwerberin beantragte und von den Sachverständigen beurteilte Behandlung und Ableitung der Straßenwässer entspreche hingegen dem Stand der Technik und stehe jedenfalls im Verhältnis zu der damit insgesamt erreichbaren Verringerung der Immissionsbelastung.

Zur Berechnung der aufgebrachten Chloridfrachten führte das BVwG aus, es sei auf die im Rahmen der Erstellung des Leitfadens "Versickerung chloridbelasteter Straßenwässer" des BMVIT erhobenen Streumengen der vorangegangenen Jahre bei den Autobahnmeistereien zurückgegriffen worden. Die Heranziehung der Daten benachbarter Weinviertler Straßenmeistereien, insbesondere an der B7, sei aufgrund der vergleichbaren klimatischen Verhältnisse, der Straßencharakteristika und der Straßenverhältnisse nachvollziehbar; die errechnete Streusalzmenge von 0,82 kg/m2*p (bzw. 209t Chlorid pro Jahr) liege auf der sicheren Seite, wobei künftig aufgrund der technologischen Entwicklung neuartiger Methoden jedenfalls eine Verringerung der Streumittel zu erwarten sei. Die Daten der Wetterstationen Hohenau oder Leiser Berge und der Straßenmeistereien der S8 und der S3 seien hinsichtlich der klimatischen Verhältnisse und der Straßencharakteristika mit dem gegenständlichen Vorhaben nicht so gut vergleichbar wie jene betreffend die B7. Die dem Vorhaben am nächsten liegende und für die dortigen Verhältnisse repräsentative Wetterstation sei jedenfalls die Station Poysdorf. Darüber hinaus sei der Projektwerberin als Auflage im Wasserrechtsbescheid ein Monitoring und eine Verpflichtung zur Einhaltung des Richtwertes vorgeschrieben worden.

6 Gegen dieses Erkenntnis, insbesondere soweit damit die Abweisung der Beschwerde gegen den UVP-Bescheid mit Spruchpunkt III. des angefochtenen Erkenntnisses ausgesprochen wurde, richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

Die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG setzt voraus, dass die zur Begründung der Zulässigkeit genannte Rechtsfrage eine solche ist, durch deren Lösung im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ein Eingriff in subjektive Rechte des Revisionswerbers im Sinn des Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG zumindest möglich ist (vgl. dazu etwa VwGH 1.8.2017, Ra 2017/06/0130, mwN). Bei Rechtsfragen des Verfahrensrechtes muss außerdem die Relevanz des Verfahrensmangels für das Verfahrensergebnis dargestellt werden (vgl. etwa VwGH 13.12.2016, Ra 2016/05/0121, mwN).

8 In ihrer Zulässigkeitsbegründung bringt die Revision vor, das angefochtene Erkenntnis weiche mehrfach von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab bzw. fehle es an gesicherter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

9 Zunächst rügt die Revision unter Hinweis auf § 1 Abs. 1 Z 4 iVm § 6 Abs. 1 Z 2 UVP-G 2000, dass keine vollständige Variantenprüfung betreffend die Druckrohrleitung zur Ableitung der chloridbelasteten Straßenwässer in die Thaya erfolgt sei, obwohl die Druckrohrleitung über die landwirtschaftlichen Grundstücke und Hofflächen der revisionswerbenden Parteien führe, die gesamte Landwirtschaft mit Wasser aus der Thaya versorgt werde und überdies Fischereirechte der revisionswerbenden Parteien bestünden (Hinweis auf VwGH 19.12.2013, 2011/03/0160, Semmering-Basistunnel, und Anhang IV der Richtlinie 2011/92/EU ).

Dazu wird zunächst auf die Ausführungen des BVwG verwiesen, wonach Chlorid-Filteranlagen aus gewässerökologischer Sicht zwar eine mögliche Alternative zu dem von der Projektwerberin gewählten Entwässerungskonzept seien, Umkehrosmosefilter jedoch nicht erforderlich seien, um die rechtlichen Anforderungen der Gewässerökologie zu erfüllen, durch diese Technologie keine Verbesserung des ökologischen Zustandes erfolge und die Umkehrosmose zur Entsalzung von chloridbelasteten Straßenwässern aus dem Winterdienst bislang auch nicht dem Stand der Technik entspreche. Es wurden somit sehr wohl Alternativen zum beantragten Entwässerungskonzept geprüft.

Aus dem Hinweis auf das hg. Erkenntnis 2011/03/0160 (Semmering-Basistunnel) ist für die revisionswerbenden Parteien nichts zu gewinnen. Der Verwaltungsgerichtshof führte in diesem Erkenntnis aus, dass § 1 Abs 1 Z 3 und Z 4 UVP-G 2000 eine bloß programmatische Bestimmung darstelle, die die Aufgaben der Umweltverträglichkeitsprüfung festlege und als Interpretationshilfe diene, für sich genommen aber nicht unmittelbar anwendbar sei (vgl. Punkt 10.2. des zitierten Erkenntnisses).

Im Übrigen stand in diesem Verfahren eine Trassenvariante des Semmering-Basistunnels - also des Vorhabens selbst - in Diskussion; ein Hinweis darauf, dass auch einzelne Vorhabensteile jeweils einer Variantenprüfung zu unterziehen seien, lässt sich weder dem hg. Erkenntnis 2011/03/0160 noch § 1 Abs. 1 Z 3 und Z 4 oder § 6 Abs. 1 Z 2 UVP-G 2000 entnehmen. Die genannten Paragraphen verlangen ebenso wie Art. 5 Abs. 1 lit. d iVm Anhang IV Z 2 der Richtlinie 2011/92/EU nur Angaben über die vom Projektwerber geprüften Standort- oder Trassenvarianten (UVP-G 2000) bzw. Lösungsmöglichkeiten (Richtlinie 2011/92/EU ). Einer Auslegung, wonach der Projektwerber - fallbezogen - auch Varianten betreffend die Linienführung der Druckrohrleitung zu prüfen habe, steht der klare Wortlaut sowohl des UVP-G 2000 als auch der Richtlinie 2011/92/EU entgegen (vgl. zum Nichtvorliegen einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung bei eindeutiger Rechtslage etwa VwGH 1.8.2017, Ra 2015/06/0087, mwN). Aus Sicht des Verwaltungsgerichtshofes ist es somit nicht geboten, ein Vorabentscheidungsverfahren zu der Frage einzuleiten, ob der Projektwerber gemäß Anhang IV Z 2 der Richtlinie 2011/92/EU verpflichtet ist, Alternativen einzelner Anlagenteile zu prüfen. Die Richtlinie 2014/52/EU , mit welcher die Richtlinie 2011/92/EU geändert wurde, ist im Übrigen auf das vorliegende Verfahren aufgrund der Übergangsbestimmung des Art. 3 Abs. 2 nicht anzuwenden.

Ein Nachbar kann Mängel in den Projektunterlagen grundsätzlich nur dann als Verletzung von Nachbarrechten geltend machen, wenn er sich infolge dieser Mängel nicht ausreichend über Art und Umfang des Vorhabens sowie über die Einflussnahme auf seine Rechte informieren konnte. Dass dies im gegenständlichen Verfahren der Fall wäre, wird in der Revision nicht vorgebracht und ist auch nicht ersichtlich.

Angesichts dessen war auf die Frage, ob Parteien überhaupt ein subjektiv-öffentliches Recht auf Durchführung einer Variantenprüfung durch den Projektwerber haben, nicht mehr einzugehen.

10 Die Revision rügt weiter, es sei keine Überprüfung der Auswirkungen des Vorhabens im Einleitungsbereich der Straßenwässer in die Thaya erfolgt, und verweist auf "ein absolutes Schadensminimierungsgebot" hinsichtlich der in § 24f Abs. 1 Z 2 lit. a bis c UVP-G 2000 genannten Immissionen (Hinweis auf VwGH 9.9.2015, 2013/03/0120).

Angesichts der - unbestritten gebliebenen - Feststellungen des BVwG, wonach der Richtwert für Chlorid gemäß Qualitätszielverordnung Ökologie Oberflächengewässer 150 mg L-1 betrage, die mittlere Konzentration in der Thaya durch die Einleitung der Straßenwässer in der Realisierungsstufe 2 um bis zu 1,5 mg L-1 (2,7%) auf 52 mg L-1 (Jahr) bzw. 48-57 mg L-1 (Winter/Sommersaison) erhöht werde und unmittelbar im Zeitraum der Entleerung eine messbare Erhöhung von 3 mg L-1 zu erwarten sei, sowie der Tatsache, dass die revisionswerbenden Parteien das Wasser 200 m flussaufwärts der Einleitungsstelle entnehmen, ist nicht zu erkennen, inwiefern sie durch eine deutlich unter dem relevanten Zielwert liegende Konzentration in ihrem Leben oder der Gesundheit gefährdet, unzumutbar belästigt oder die Umwelt bleibend geschädigt werden könnten; dies legt die Revision auch nicht dar. Die Relevanz des vermeintlichen Mangels für das Verfahrensergebnis wurde somit nicht dargestellt.

11 Die Revision rügt weiter die mangelnde Nachvollziehbarkeit der von der Projektwerberin angegebenen und vom Sachverständigen DI S. als plausibel beurteilten Streusalzmenge von 0,82 kg/m2*p bzw. 209t Chlorid pro Jahr. Ausgehend von einem Bedarf von 0,82 kg/m2*p ergäben eigene Berechnungen in der Revision einen Bedarf von nur 110,7t Chlorid pro Jahr. In einem Leitfaden der TU Wien werde ein Wert von 37,79t/km*a (bezogen auf das verfahrensgegenständliche Teilstück der A5 ergebe das 680t pro Jahr) angegeben; es lägen somit drei weit auseinander liegende Werte vor. Das BVwG sei darauf ebenso wenig eingegangen wie auf die Daten der Wetterstationen Hohenau, Laa/Thaya, Mistelbach, Schöngraben, Leiser Berge bzw. Wolkersdorf oder Gänserndorf und habe zu Unrecht die Berechnung der Streusalzmenge auf die Verhältnisse der Landesstraße B7 abgestellt.

Das BVwG begründete auf Basis sachverständiger Beurteilung schlüssig und nachvollziehbar, dass es aufgrund der vergleichbaren klimatischen Verhältnisse, der Straßencharakteristika und der Straßenverhältnisse die Daten der benachbarten Weinviertler Straßenmeistereien, insbesondere jene betreffend die B7, und der Wetterstation Poysdorf herangezogen habe und dass die Daten der Wetterstationen Hohenau oder Leiser Berge und der Straßenmeistereien betreffend die S8 und die S3 hinsichtlich der klimatischen Verhältnisse und der Straßencharakteristika mit dem gegenständlichen Vorhaben nicht so gut vergleichbar seien. In der Zulässigkeitsbegründung wird nicht dargelegt, welche - einen Verstoß gegen tragende Verfahrensgrundsätze darstellende - konkrete schwerwiegende Verletzung von Verfahrensvorschriften das BVwG zu verantworten hätte (vgl. VwGH 28.6.2016, Ra 2015/10/0062, mwN).

12 Schließlich bringen die revisionswerbenden Parteien vor, sie hätten am 19. September 2017 eine Erstreckung der vom BVwG festgelegten (dreiwöchigen) Frist zur Äußerung zu gutachterlichen Stellungnahmen um einen Monat beantragt, um diese von einem Sachverständigen überprüfen zu lassen. Diesem Antrag habe das BVwG mit der Begründung nicht Folge geleistet, dass die Ausführungen der revisionswerbenden Parteien zu den Streusalzmengen "bereits im Ansatz nicht verfangen". Konkrete Feststellungen, weshalb das BVwG die Ausführungen nicht nachvollziehen könne bzw. als verfehlt erachte, fehlten. Wenn das BVwG dazu ausführe, die revisionswerbenden Parteien könnten im Verfahren betreffend die wasserrechtliche Bewilligung für die Realisierungsstufe 2 ihre Ausführungen zu den Streusalzmengen neuerlich vorbringen, verstoße dies gegen die hg. Rechtsprechung (Hinweis auf VwGH 24.5.2016, 2013/07/0147).

Dabei übersieht die Revision, dass dem Erkenntnis 2013/07/0147 ein konzentriertes Verfahren nach dem 2. Abschnitt des UVP-G 2000 zugrunde lag, während im gegenständlichen Fall ein solches im teilkonzentrierten Verfahren nach dem 3. Abschnitt (§ 24 Abs. 1 bis 3 UVP-G 2000) durchzuführen ist. Das zitierte Erkenntnis ist somit für den vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt nicht einschlägig. Im Verfahren für die Realisierungsstufe 2 betreffend die Einleitung der Straßenwässer in die Thaya gemäß Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) wird die Genehmigungsfähigkeit der Einleitung der Straßenwässer anhand der Genehmigungskriterien des WRG 1959 und des § 24f Abs. 1 bis 5, 13 und 14 UVP-G 2000 zu prüfen sein (§ 24f Abs. 6 UVP-G 2000), wobei den revisionswerbenden Parteien in diesem Verfahren Parteistellung zukommt (§ 24 Abs. 11 UVP-G 2000). Aus wasserrechtlicher Sicht hat der BMVIT im Rahmen des UVP-Bescheides nur zu prüfen, ob sich im Rahmen der Gesamtbewertung der Umweltauswirkungen des Vorhabens gemäß § 24f Abs. 4 UVP-G 2000 schwerwiegende Umweltbelastungen ergeben. Dies war nicht der Fall und wird in der Revision auch nicht behauptet. Die BH kann in Vollziehung des WRG 1959 und des § 24f Abs. 1 bis 5, 13 und 14 UVP-G 2000 im Verfahren betreffend die Realisierungsstufe 2 allenfalls zusätzliche Auflagen für die Einleitung der Straßenwässer in die Thaya vorschreiben.

Eine schwerwiegende Verletzung von Verfahrensvorschriften durch das BVwG, die für das gegenständliche Verfahren betreffend den UVP-Bescheid, den Wasserrechtsbescheid für die Realisierungsstufe 1 und die naturschutzrechtliche Bewilligung entscheidungsrelevant sein könnte, zeigt die Revision mit der nicht gewährten Fristverlängerung für eine Stellungnahme zur Frage der Streusalzmenge daher nicht auf.

13 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher zurückzuweisen.

14 Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 53 Abs. 1 letzter Satz VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013.

Wien, am 27. März 2018

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