Normen
AgrBehG 1950;
AVG §1;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §52;
FlVfGG §21;
FlVfGG §31;
FlVfGG §34;
FlVfGG §36 Abs1;
FlVfLG Tir 1996 §37 Abs7 idF 1998/077;
FlVfLG Tir 1996 §65;
FlVfLG Tir 1996 §71;
FlVfLG Tir 1996 §72;
FlVfLG Tir 1996 §73;
FlVfLG Tir 1996;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
AgrBehG 1950;
AVG §1;
AVG §45 Abs2;
AVG §46;
AVG §52;
FlVfGG §21;
FlVfGG §31;
FlVfGG §34;
FlVfGG §36 Abs1;
FlVfLG Tir 1996 §37 Abs7 idF 1998/077;
FlVfLG Tir 1996 §65;
FlVfLG Tir 1996 §71;
FlVfLG Tir 1996 §72;
FlVfLG Tir 1996 §73;
FlVfLG Tir 1996;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565.- und der erstmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 12.500.- jeweils binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist eine Agrargemeinschaft gemäß § 34 des Tiroler Flurverfassungs-Landesgesetzes 1996 (TFLG 1996), mit einem Wirtschaftsplan und Verwaltungsstatut der Agrarbezirksbehörde Innsbruck vom 31. Jänner 1927. Sie ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ 100, KG Stummerberg, mit den Almen Kapauns.
Die Erstmitbeteiligte ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ 90065, KG Fügen, deren jeweiliger Eigentümer auch Eigentümer der Liegenschaft EZ 43, KG Stummerberg, mit der Alpe Kapauns-Leger ist.
Mit Bescheid der Landeshauptmannschaft für Tirol vom 24. April 1937 wurde der Regelungsplan für den Stumm-Stummerberger-Interessentschaftswald, bestehend aus
A. Haupturkunde,
B. Weidewirtschaftsplan,
C. Waldwirtschaftsplan,
D. Verwaltungssatzungen und
E. planliche Darstellung
erlassen. Das Regelungsgebiet steht im Eigentum der zweitmitbeteiligten Partei, einer Agrargemeinschaft im Sinne des § 34 TFLG 1996. Aufgrund des vorgenannten Regelungsplanes ist in der zum Regelungsgebiet gehörigen Liegenschaft EZ 104, KG Stummerberg, zu welcher u.a. die Waldgrundstücke Nr. 1228/1 und Nr. 1269 gehören, die zweitmitbeteiligte Partei einverleibt. An der zweitmitbeteiligten Partei sind u.a. die vorgenannten Liegenschaften EZ 100 und 43, je KG Stummerberg, anteilsberechtigt.
Mit Bescheid der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz vom 5. Mai 1975 wurden die Satzungen der zweitmitbeteiligten Partei geändert. § 20 dieser Satzungen hat folgenden Wortlaut:
"Streitigkeiten
§ 20
Über Streitigkeiten, die zwischen der Agrargemeinschaft und ihren Mitgliedern oder zwischen den Mitgliedern untereinander aus dem Mitgliedschaftsverhältnis entstehen, insbesondere auch über Wahlablehnungen, entscheidet die Agrarbehörde unter Ausschluss des Rechtsweges.
Bis zur behördlichen Entscheidung haben sich die Mitglieder der Anordnung des Obmannes zu fügen."
Der Waldwirtschaftsplan der zweitmitbeteiligten Partei für die Jahre 1994 bis 2013 wurde mit Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 7. Juni 1996 in Kraft gesetzt.
Die Regulierungsurkunde vom 24. April 1937 führt in der Haupturkunde unter "II. Nutzungen und deren Ertrag" an.
"a.) Weidenutzung
b.) Forstnutzung
c.) Jagd
ad a.) Aufgetrieben dürfen werden:
...
5.) Das ganze auf den vier anteilsberechtigten Alpen aufgetriebene Alpvieh und zwar für die Kapauns- und Brunnalpe bis zum bestehenden Weidezaun, für die Steinbergalpe bis zur Höhe des Steinbergangers, wo früher ein Weidezaun verlief und für den Kapaunsläger der ganze südliche Waldteil bis zum Kapaunerbach. Die Schneeflucht erstreckt sich über das ganze Gemeinschaftsgebiet, mit der Maßgabe, dass sie für die Steinbergalpe nur für 36 Stück gilt und bis zum Guggeneck reicht.
..."
Unter "B. Weidewirtschaftsplan" wird, soweit für das Beschwerdeverfahren entscheidungserheblich festgehalten:
"I. Allgemeine Wirtschaftsverhältnisse
In weidewirtschaftlicher Hinsicht zerfällt das Gesamtgebiet in zwei tiefer liegende Komplexe von zusammen ca. 880 ha, welche als Heimweide benützt werden und die höheren, an die Alpen Steinberg, Brunn, Kapauns und Kapaunsleger angrenzenden Gebietsteile im ungefähren Ausmaße von 490 ha, welche im Wechsel mit vorgenannten Alpweiden genutzt werden. Einige Gebietsteile sind wegen des steilen Geländes oder infolge des dichten Waldbestandes nicht weidefähig; im Heimweidegebiet ist die Waldweide zumeist sehr gering, in jenem der Alpen infolge mehr schütterer Bestockung etwas besser, jedoch auch durch starken Verwuchs von Vaccinien, Heide und Rhododendron teilweise infolge Vermurung und Vergandung sehr beeinträchtigt. Einzelne Flächen sind versumpft. Die Futterqualität ist im Allgemeinen als minderwertig zu bezeichnen und ist das Borstgras weitaus vorherrschend.
II. Vorschriften für die Bewirtschaftung
Bestoßung
Hinsichtlich der Bestoßung wird auf Abschnitt II der Haupturkunde verwiesen.
Weidebetrieb
Zeit und Ort der Weideausübung: Die Weide wird ausgeübt:
1.) Heimweide: a. mit den Schafen ...
- b. mit den Lämmern ...
- c. mit den Galtrindern ...
- d. mit den Kühen ...
Die Weide kann bei Tag und Nacht ausgeübt werden und erfolgt von den einzelnen Höfen und Asten aus in der näheren und weiteren Umgebung derselben.
- e. weiters von den Alpen Steinberg, Brunn,
Kapauns und Kapaunsläger aus im Wechsel
mit der freien Weide mit den auf diesen Alpen eingegräserten Viehstücken und zwar:
von Steinbergalpe in den Waldkomplexen: Alpwald, Steinberg,
Hochstadl,
" Brunnalpe " " " : Windeck u.
Schattigseitmoos,
" Kapaunsalpe " " " : Grünholzer und Wurzloach,
" Kapaunerläger " " " : Legerwald
während der Alpweidezeit.
...
III. Betriebsanlagen:
Gemeinsame Betriebsanlagen bestehen nicht, doch sind Wege und Tränkeanlagen, die für die einzelnen Asten- und Alpenbetriebe nötig sind, im ausreichenden Maße vorhanden."
Mit Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung als Agrarbehörde erster Instanz (AB) vom 1. Juli 1977 wurde der Antrag des Rechtsvorgängers der erstmitbeteiligten Partei "auf Sonderteilung durch Ausscheiden der Stammsitzliegenschaft KapaunsLeger, EZ 43 II, KG Stummerberg, aus der (zweitmitbeteiligte Partei) gemäß § 41 Abs. 4 Tiroler Flurverfassungs-Landesgesetz, LGBl. Nr. 34/1969 (TFLG 1969) in der Fassung des Landesgesetzes Nr. 92/1976, als unzulässig" abgewiesen.
Der dagegen erhobenen Berufung des Rechtsvorgängers der erstmitbeteiligten Partei wurde mit Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung (LAS) vom 15. Dezember 1983 Folge gegeben und der "erstinstanzliche Bescheid" dahingehend abgeändert, dass das Sonderteilungsverfahren durch Ausscheiden der Stammsitzliegenschaft "KapaunsLeger" in der EZ 43 II, KG Stummerberg, aus der (zweitmitbeteiligten Partei) eingeleitet wird.
Der Bescheid der AB vom 2. April 1984, mit welchem neuerlich der oberwähnte Antrag des Rechtsvorgängers der erstmitbeteiligten Partei zurückgewiesen worden ist, wurde über Berufung des Antragstellers mit Bescheid des LAS vom 26. Juli 1984 aufgehoben und der AB aufgetragen, nach Fortsetzung des Ermittlungsverfahrens und Prüfung der weiteren Voraussetzungen des § 42 Abs. 4 TFLG über diesen Antrag zu entscheiden. Eine gegen diesen Berufungsbescheid erhobene Beschwerde der zweitmitbeteiligten Agrargemeinschaft wurde mit hg. Erkenntnis vom 17. Jänner 1989, Zl. 84/07/0302, als unbegründet abgewiesen.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des LAS vom 8. Juni 1995 wurde die Grenze zwischen dem Gebiet der zweitmitbeteiligten Partei einerseits und dem Gebiet des Kapauns-Leger andererseits, "das sind die Gpn. 1269 und 1272, KG Stummerberg, festgesetzt.
Mit hg. Erkenntnis vom 21. November 1996, Zl. 95/07/0188, wurde infolge Beschwerde des Rechtsvorgängers der Beschwerdeführerin dieser Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Begründung dieses Erkenntnisses verwiesen.
Mit Eingabe vom 2. März 1999 beantragte nun die erstmitbeteiligte Partei, die AB möge der Beschwerdeführerin auftragen "es zu unterlassen, die auf ihre Alpe aufgetriebenen Tiere in jenem Teil des Gebietes der Agrargemeinschaft -(zweitmitbeteiligte Partei) weiden zu lassen, der in der vom Vorstand der technischen Abteilung für Bodenreform vom 14.2.1936 unterzeichneten 'Wirtschafts- und Bestandeskarte Reg. Stumm-Stummerberg' als Nutzungsteil 30 'Legerwald' - bestehend aus den Unterabteilungen a) und b) - ausgewiesen wurde".
Mit Bescheid der AB vom 23. März 1999 wurde diesem Antrag "keine Folge gegeben". Die Antragstellerin gehe in ihrem Schreiben an die Antragsgegnerin vom 11. Mai 1998 selbst davon aus, dass eigentlich "gar nichts abzuklären sei, weil diese Frage im rechtskräftigen Regulierungsplan klar geregelt sei und die Agrargemeinschaft Kapauns-Alpe (die Antragsgegnerin) gar nicht behauptet habe, eine über den Regulierungsplan hinausgehende Weideberechtigung zu besitzen". Sie spreche selbst von "Eindeutigkeit der Sach- und Rechtslage". Das Begehren der Beschwerdeführerin könne formell nur als ein als Leistungsbegehren formuliertes Feststellungsbegehren angesehen werden; dahinter stehe keinerlei "wirklicher" Weidestreit zwischen zwei Agrargemeinschaftsmitgliedern im Sinne des § 37 Abs. 7 TFLG 1996 in der Fassung LGBl. Nr. 77/1998. Berücksichtige man die genaue Kenntnis der Sach- und Rechtslage durch die Antragstellerin, so erscheine die Antragstellung zur Streitentscheidung wohl mehr nur als "mutwillige" Inanspruchnahme der Behörde. Die Feststellung sei auch nicht zulässig, da die (rechtlich ohnehin längst geklärte) Frage im Rahmen eines anderen gesetzlich vorgesehenen Verfahrens "geklärt" werden könne, nämlich im anhängigen Sonderteilungsverfahren. Das Anteilsrecht für das (ausscheidungswillige) Mitglied Kapauns-Leger sei längst rechtskräftig festgestellt; dies ergebe sich aus der Entscheidung des LAS vom 15. Dezember 1983. Dieser Auffassung sei auch der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 17. Jänner 1989 gefolgt.
In der dagegen erhobenen Berufung führte die erstmitbeteiligte Antragstellerin aus, dass die Gefahr bestünde, dass die Beschwerdeführerin - wie bisher - die auf ihre Alpe aufgetriebenen Tiere auch in Zukunft in jenem Teil des Gebietes der zweitmitbeteiligten Partei weiden lassen werde, der in der Wirtschafts- und Bestandeskarte vom 14. Februar 1936 als Nutzungsteil 30 "Legerwald" ausgewiesen sei. Die Beschwerdeführerin gehe zwar davon aus, dass der Weidebetrieb im Regelungsplan eindeutig beschrieben worden sei, sie vermeide jedoch sorgfältig eine Stellungnahme zur Frage, wo die Grenze zwischen den Weidenutzungsrechten verlaufe. Der Obmann der Beschwerdeführerin behaupte, die Weidenutzungsbefugnis der beschwerdeführenden Agrargemeinschaft reiche bis zum so genannten "Kapaunerbach", wobei es sich nach Ansicht der Beschwerdeführerin um den ersten Bach handle, den man überquere, wenn man von den Hütten des Kapauner-Legers über die Straße Richtung Norden gehe. Dieser Bach liege aber eindeutig in dem der Erstmitbeteiligten zugewiesenen Weidenutzungsgebiet.
Die belangte Behörde holte eine fachkundige Stellungnahme des Sachverständigen Dipl. Ing. R. ein, welcher in seinem Gutachten vom 23. Juni 1999 zur Frage der Feststellung der strittigen Weidegrenze ausführte, dass das in der Haupturkunde des Regelungsplanes aus dem Jahre 1937 erfasste Gebiet eine Gesamtfläche von rund 1.370 ha umfasse, zu welchem u.a. das Grundstück 1269 Wald mit einem Flächenausmaß von 108,0948 ha gehöre. Die planliche Darstellung der Wirtschafts- und Bestandeskarte im Maßstab 1 : 10.000 vom 14. Februar 1936 zeige in Abteilungen und Unterabteilungen das gegliederte Gebiet der Agrargemeinschaft Stumm-Stummerberger Interessentschaftswald (zweitmitbeteiligte Partei). Die Grenze zwischen der Abteilung 30 bzw. Unterabteilung 30a (Legerwald) und der Abteilung 29 bzw. Unterabteilung 29c (Wurzloach) sei als nicht aufgehauene Schneise zwischen dem Stein XIV und einem Punkt ohne Vermarkung an der gemeinsamen Grenze der KG Distelberg und Stummerberg dargestellt. Bemerkt werde, dass im Bereich der oben angeführten Abteilungen in der Karte keine Bäche eingetragen seien. In der Flächentabelle seien die Abteilungen 29 und 30 wie folgt erfasst:
Ortsbezeichnung nach dem Kataster Zusammen
...........
Name Abt. Nr. Unterabt.
Nr. Gp. Nr. ha
****** 29 a 1228/1 2,81
****** 29 b 1228/1 95,37
Wurzloach 29 c 1228/1 16,40
Grünholzer und Wurzloach Abteilung 29 114,58
Legerwald 30 a 1869 93,87
Legerschlag 30 b 1869 14,22
Legerwald Abteilung 30 108,09
In der allgemeinen Waldbeschreibung werde darauf hingewiesen, dass die Grenzen gegen die Alpen durchaus mit Steinen vermarkt seien, wobei bei denen der Privatwälder durchwegs Grenzzeichen fehlten.
Im Vermessungsamt sei in die Feldskizze zur Urmappe aus dem Jahre 1855 und die vorhandenen Mappendarstellungen Einsicht genommen worden. Hiebei sei festgestellt worden, dass Bachläufe im strittigen Gebiet ausschließlich in der Feldskizze benannt seien. Die Bachbezeichnungen seien in der Tabelle des diesem Gutachten beiliegenden Lageplanes angemerkt. Bemerkt werde, dass der erste Bach nördlich des Grenzsteines Nr. IX als "Lägerbach" bezeichnet werde. In einem Lageplan aus dem Jahre 1895 werde der Bach nördlich des Steines Nr. IX als "Legerbach" bezeichnet. Weitere Erhebungen bei der Wildbach- und Lawinenverbauung, dem Wasserbuch und beim Tiroler Volkskunstmuseum (Einsicht in den Tirol Atlas) seien erfolglos geblieben. Auch in den Waldwirtschaftskarten der Bezirksforstinspektion Zell seien die Bachläufe nicht benannt.
Übereinstimmung herrsche zwischen den Parteien, dass Bach 2 allgemein als "Äußerer Legerbach", Bach 1 auf dem Gebiet der KG Distelberg als "Steinbach" bezeichnet werde. Das Gebiet "Äußerer" und "Innerer Legerbruch" befinde sich südlich vom Bach 2 und Bach 1a. Der "Plattenboden" befinde sich knapp unterhalb des Forstweges beim Bach 1.
Vom Sachverständigen sei festgestellt worden, dass Bach 5 an der gemeinsamen Grenze zwischen der zweitmitbeteiligten Agrargemeinschaft und der Kapauns-Alpe ca. 50 m südlich des Steines Nr. XIV fließe. In Richtung Süden sei der mit einem Kreuz behauene nächstgelegene Grenzstein ca. 300 m entfernt. Der Bach durchfließe das Gebiet der zweitmitbeteiligten Agrargemeinschaft ca. in der Mitte eines Lawinenstriches. Die Grenze zwischen den Abteilungen 29 und 30 verlaufe von Stein XIV in der Falllinie talwärts bis zu einem Punkt, der sich ca. 20 m südöstlich von Stein Nr. 9 befinde. Dieser Punkt sei durch Stein und Pflock markiert worden; die Grenze sei im Lageplan eingetragen worden. Weidezäune seien im strittigen Bereich nicht vorhanden.
Sodann wird in diesem Gutachten ausgeführt:
"Vorgangsweise bei der Feststellung der strittigen Grenze
Zur Erstellung des Gutachtens wurden folgende urkundliche
Darstellungen herangezogen:
- a) Regelungsplan vom 24.4.1937
- b)
Kartendarstellungen
ad a) Im Regelungsplan vom 24.4.1937 ist hinsichtlich der Weidenutzung festgehalten, dass sich das Weidegebiet für den Kapauner-Leger südlich des Kapaunerbaches in den Waldkomplexen 'Legerwald' befindet.
Laut planlicher Darstellung und Flächentabelle sind die Unterabteilungen 29a (Legerwald) und 29b (Legerschlag) unter der Ortsbezeichnung 'Legerwald' zusammengefasst und sind ident mit der Abteilung 30. ((Angemerkt wird, dass im Gutachten die Unterabteilungen fälschlich mit 29a und 29b angegeben werden; richtig sollte es 30a und 30b heißen.)) Die Gesamtfläche dieser Abteilung ist mit 108,09 ha gleich groß wie die der Gp. 1269, die sich laut Kataster südlich der Gp. 1228/1 befindet.
Die Ausübung der Weide ist für die Kapauner-Alpe in den Waldkomplexen 'Grünholzer' und 'Wurzloach' nördlich des Kapaunerbaches geregelt.
Laut planlicher Darstellung und Flächentabelle bilden die Ortsbezeichnungen 'Grünholzer' und 'Wurzloach', die sich über einen Teil der Gp. 1228/1 erstrecken, die Abteilung 29. Die Gesamtfläche der Abteilung 29 wird mit 114,58 ha angegeben. Die Benennung 'Wurzloach' ist ident mit der Unterabteilung 29c.
Die Grenze zwischen den Abteilungen 29 und 30 ist in der Wirtschafts- und Bestandeskarte als nicht aufgehauene Schneise, die in der Falllinie zur KG-Grenze Stummerberg/Distelberg verläuft, eingetragen. Diese Grenze befindet sich in etwa 50 m nördlich des in der Natur vorhandenen Grenzsteines Nr. XIV und verläuft in etwa parallel zum Bach 5. Der Lokalaugenschein hat ergeben, dass Stein Nr. XIV und Bach 5 in einem Lawinenstrich liegen. Der Waldbestand wird von diesem Lawinenstrich durchschnitten.
ad b) In der Feldskizze zur Urmappe aus dem Jahre 1855 und in dem Plan ex 1895 wird Bach 1 als Legerbach bezeichnet. Die Benennung des Baches 5 fehlt. Trotz intensiver Erhebungen wurden keine weiteren Urkunden gefunden, in denen Bachbenennungen im strittigen Gebiet aufscheinen. Bemerkt wird, dass die Bezeichnung 'Kübelbach' und 'Kapaunerbach' in keiner Karte eingetragen ist.
Bezugnehmend auf die Gebietsbezeichnungen wird bemerkt, dass die Ortsbezeichnung 'Legerwald' ausschließlich im Regelungsplan, die Ortsbezeichnung 'Wurzloach' auch in der aktuellen Wirtschaftskarte des Waldwirtschaftsplanes, in etwa gleich wie im Regelungsplan im südlichen Bereich der Gp. 1228/1, aufscheint.
Angemerkt wird, dass bei der Unterteilung der Abteilungen im strittigen Gebiet von bestehenden Grenzsteinen ausgegangen wurde.
Gutachten
Nach Ansicht des hier angeführten Sachverständigen bildet der Bach 5, der als Kapaunerbach zu bezeichnen ist, die Weidegrenze zwischen der Agrargemeinschaft Kapauns-Alpe und dem Kapauner-Leger.
Wesentlich ist die im Bescheid vom 24.4.1937 getroffene Regelung, dass das Alpvieh für den Kapauns-Leger auf den ganzen südlichen Waldteil, der als Legerwald bezeichnet wird, bis zum Kapaunerbach aufgetrieben werden darf. Anhand der planlichen Darstellung samt Flächentabelle geht eindeutig hervor, dass die gesamte Abteilung 30 als Legerwald zu bezeichnen ist.
Der Regelungsplan wäre in sich widersprüchlich, wenn sich einerseits das Weiderecht für den Kapauner-Leger nur bis zu dem von der Agrargemeinschaft Kapauns-Alpe genannten Bach 1 erstrecken würde, andererseits die Ausübung der Weide zugunsten des Kapauner-Legers im so genannten Legerwald, der ebenso nördlich von Bach liegt, geregelt ist. Selbst der Obmann der Agrargemeinschaft Kapauns-Alpe F. H. schließt nicht aus, dass Gebietsteile nördlich des Baches 1 als 'Legerwald' zu bezeichnen sind.
Die Schlussfolgerung, dass der von der Agrargemeinschaft Kapauns-Alpe als 'Kapaunerbach' bezeichnete Bach 1 tatsächlich der 'Legerbach' ist, stützt sich gleichfalls auf die Angaben in der Feldskizze und dem Plan ex 1895.
Bei alleiniger Beurteilung des Regelungsplanes wäre ebenso nur die Schlussfolgerung zulässig, dass Bach 5 der 'Kapaunerbach' ist. Die Bäche 2 bis 4 scheiden für diese Benennung allein deshalb aus, weil diese Gewässer von beiden Parteien anders bezeichnet werden. Es ist zugleich nahe liegend, dass der 'Kapaunerbach' bei den Almhütten der Kapauns-Alpe und nicht eher in der Nähe der Almgebäude des Kapauner-Legers vorbeifließt.
Das Gebiet 'Wurzloach' befindet sich laut Regelungsplan und aktueller Waldwirtschaftskarte im südlichen Bereich der Gp. 1228/1.
Bei der Festlegung der Grenze zwischen den Abteilungen 29 und 30 wurde vom bestehenden Stein Nr. XIV ausgegangen. Dieser befindet sich am nördlichen Rand einer von Lawinen geschlagenen Schneise, die ca. in der Mitte vom Kapaunerbach durchflossen wird. An diese nahezu unbestockte Fläche grenzt im Norden der Waldkomplex 'Wurzloach' und im Süden der Waldkomplex 'Legerwald' an."
Dieses Gutachten wurde u.a. dem Obmann der beschwerdeführenden Agrargemeinschaft am 22. Juni 1999 von der belangten Behörde übermittelt und war Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung vom 8. Juli 1999. Die Beschwerdeführerin erstattete in dieser Verhandlung ein umfangreiches Vorbringen und stellte ergänzende Beweisanträge.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Berufung der erstmitbeteiligten Partei Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid dahin abgeändert,
"dass die Agrargemeinschaft Kapauns-Alpe verpflichtet ist, es zu unterlassen, die auf ihre Alm aufgetriebenen Tiere in jenem Teil des Gebietes der Agrargemeinschaft Stumm-Stummerberger Interessentschaftswald weiden zu lassen, der südöstlich der in dem als Anlage beigeschlossenen Lageplan zu GZ IIId/3-3139/43 dargestellten Grenze, die vom Stein XIV in der Falllinie zur Grenze zwischen den KG Stummerberg und Distelberg verläuft, liegt."
Dass eine Streitigkeit zwischen den Eigentümern der beiden Almen bestehe und diese auf die unterschiedlichen Auffassungen über den Verlauf der Weidegrenze zurückzuführen seien, habe sich bei der Verhandlung am 10. Juni 1999 eindrucksvoll gezeigt. Die erstmitbeteiligte Partei strebe deshalb eine Entscheidung der - hiefür sachlich zuständigen - Agrarbehörde in Form eines Unterlassungsbegehrens an. Aus dem Regelungsplan, insbesondere aus dem Weidewirtschaftsplan und aus der Flächentabelle des Waldwirtschaftsplanes ergebe sich, dass für die Alpe Kapauns-Leger das (ausschließliche) Weiderecht in der gesamten Abteilung 30 "Legerwald" bestehe und der Bezugnahme in der Haupturkunde auf den Kapaunerbach keine andere Bedeutung als die einer geographischen Orientierungshilfe beigemessen werden könne. Dass für die Stammsitzliegenschaft Kapauns-Leger ein Sonderteilungsverfahren anhängig sei, stehe einer Streitentscheidung nach § 37 Abs. 7 TFLG 1996 nicht entgegen, weil das Ergebnis - inhaltlich und zeitlich - des Sonderteilungsverfahrens offen sei und der erstmitbeteiligten Partei wohl ein Rechtsanspruch darauf zugebilligt werden müsse, dass sie jedenfalls auch während des anhängigen Teilungsverfahrens in ihrer Rechtsausübung nicht beeinträchtigt werde. Maßgebend für die Festlegung der Weidegebiete und deren Grenzen seien die im Regelungsplan bezeichneten und beschriebenen Waldabteilungen 29 und 30. Da ein Übereinkommen zwischen den Streitparteien nicht erzielt habe werden können, seien in weiterer Folge urkundliche Nachweise maßgebend wie aus § 54 Abs. 2 TFLG 1996 abzuleiten sei, da im vorliegenden Fall die Festlegung der Weidegebiete der Ermittlung des Umfanges agrargemeinschaftlicher Anteilsrechte gleichkomme. Für die Annahme, dass der von der Beschwerdeführerin als "Kapaunerbach" bezeichnete Bach nicht der "Kapaunerbach", sondern tatsächlich der "Legerbach" sei, gebe es urkundliche Nachweise in Form der Feldskizze zur Urmappe (darin als "Lägerbach" bezeichnet) und des erwähnten Protokolls samt Übersichtskarte aus dem Jahre 1895. Mit dem von der erstmitbeteiligten Partei gestellten Begehren werde die Erlassung eines auf Unterlassung lautenden Leistungsbescheides beantragt (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1997, Zl. 96/07/0200). Die erstmitbeteiligte Partei erachte sich in der ihr zustehenden Weidenutzung auf dem Gebiet der Agrargemeinschaft Stumm-Stummerberg-Interessentschaftswald durch ein anderes Mitglied dieser Agrargemeinschaft beeinträchtigt; somit sei ein Streit zwischen Mitgliedern aufgetreten. Auch bei agrargemeinschaftlicher Weideausübung könne es zu Streitigkeiten zwischen Mitgliedern kommen, insbesondere dann, wenn die Weideflächen nutzungsgeteilt seien (Hinweis auf Guggenberger, Agrargemeinschaften-Zweck, Aufgaben, Verwaltung und Organisation, Sonderdruck aus "Der Alm- und Bergbauer", Seite 26). Auch wenn man der Auffassung der Beschwerdeführerin folgen wollte, dass der südlichste Bach der "Kapaunerbach" sei, wäre das Unterlassungsbegehren der erstmitbeteiligten Partei berechtigt, weil das auf die Kapauns-Alpe aufgetriebene Vieh auch in den südlich dieses Baches liegenden Gebietsteil einweide. Die Weideblöße "Plattenboden" liege im Legerwald südlich des südlichsten Baches, somit in jenem Gebietsteil, wo das Weiderecht zweifelsfrei ausschließlich für die Alpe Kapauns-Leger bestehe. Die Beschwerdeführerin mache ein "Standrecht" auf dem "Plattenboden" geltend. Damit behaupte sie, dass das auf die Kapauns-Alpe aufgetriebene Vieh die Weidegrenze nach Süden überschreiten und in das Weidegebiet der Alpe Kapauns-Leger einweiden dürfe. Auch wenn der "Plattenboden" dem Weidevieh lediglich als Rastplatz dienen sollte, sei darin doch eine Form der Weideausübung zu erblicken, weil allgemein bekannt sei, dass weidendes Rindvieh (Wiederkäuer) die Futtersuche und Futteraufnahme von Zeit zu Zeit unterbreche, um sich auszuruhen und das aufgenommene Futter zu verdauen. Für das behauptete "Standrecht" finde sich jedoch im Regelungsplan keine rechtliche Grundlage, weshalb ein solches Recht auch nicht bestehe. Weiderechte als Ausfluss eines agrargemeinschaftlichen Anteils- bzw. Mitgliedschaftsrechtes seien nämlich öffentlich-rechtlicher Natur, weshalb sowohl eine Ersitzung als auch eine Verjährung ausgeschlossen sei. Aus dem Regelungsplan vom 24. April 1937 ergebe sich zweifelsfrei, dass das Weiderecht für die Kapauns-Alpe auf dem Gebiet der zweitmitbeteiligten Agrargemeinschaft auf die Waldkomplexe Grünholzer und Wurzloach (beide bildeten gemeinsam die Abteilung 29) beschränkt sei und sich nicht darüber hinaus in Richtung Süden in den Legerwald erstrecke. Eine Weideausübung außerhalb der Gebietsteile Grünholzer und Wurzloach (letzterer grenze südöstlich an den Legerwald) sei durch keinen Rechtstitel gedeckt. Das auf die Kapauns-Alpe aufgetriebene Vieh weide jedoch nach Süden bis zu dem in mehreren Urkunden als "Legerbach" bezeichneten Bach und sogar darüber hinaus. Aufgrund des auf Berufungsebene durchgeführten Ermittlungsverfahrens stehe fest, dass südöstlich der im beiliegenden Lageplan dargestellten Linie, die der Grenze zwischen den Abteilungen 29 und 30 entspreche, die Weideausübung ausschließlich dem Kapauns-Leger vorbehalten sei und die Beschwerdeführerin in diesem Gebietsteil der zweitmitbeteiligten Agrargemeinschaft die Weideausübung zu unterlassen habe.
Eine Befangenheit des Vorsitzenden der belangten Behörde liege nicht vor. Die Anberaumung der Verhandlung habe § 9 Abs. 4 Agrarverfahrensgesetz 1950 entsprochen. Die Beschwerdeführerin habe sich in die Verhandlung eingelassen; eine Vertagung sei nicht mehr in Betracht gekommen. Die Aufzeichnungen des Alpinspektorates betreffend die gegenständlichen Alpen seien bereits vor der Verhandlung eingeholt worden. Es handle sich hiebei um den Alpkataster samt Lageplan als Bestandteile des Almbuches. Diese Unterlagen hätten keinen Aufschluss über die Grenzen der Weidegebiete im Stumm-Stummerberger Interessentschaftswald ergeben. Die Lagepläne stammten aus der Zeit vor dem maßgebenden Regelungsplan ex 1937. Die Vernehmung der beantragten Zeugen über die örtlichen Verhältnisse, insbesondere über Bachbezeichnungen und über die Umstände der Beweidung hätten sich erübrigt, weil einerseits die Bachbezeichnungen nur von untergeordneter Bedeutung seien, andererseits im Sinne des § 54 Abs. 2 TFLG 1996 dem vorliegenden urkundlichen Nachweis der Vorrang gebühre.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihren Weiderechten verletzt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die erstmitbeteiligte Partei eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Die Beschwerdeführerin legte dem Verwaltungsgerichtshof ein Privatgutachten betreffend die Grenze des strittigen Weidegebietes vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 72 Abs. 4 des Tiroler Flurverfassungs-Landesgesetzes 1996, LGBl. Nr. 74/1996 in der Fassung LGBl. Nr. 77/1998 (TFLG 1996) erstreckt sich die Zuständigkeit der Agrarbehörde von der Einleitung eines Zusammenlegungs-, Flurbereinigungs-, Teilungs- oder Regulierungsverfahrens, sofern sich aus dem Abs. 7 nichts anderes ergibt, auf die Verhandlung und Entscheidung über alle tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die zum Zwecke der Durchführung der Zusammenlegung, Flurbereinigung, Teilung oder Regulierung in das Verfahren einbezogen werden müssen. Während dieses Zeitraumes ist in diesen Angelegenheiten die Zuständigkeit der Behörden ausgeschlossen, in deren Wirkungskreis die Angelegenheiten sonst gehören.
Gemäß Abs. 5 dieses Paragraphen erstreckt sich die Zuständigkeit der Behörden insbesondere auf
a) Streitigkeiten über Eigentum und Besitz an den in das Verfahren einbezogenen Grundstücken;
b) Streitigkeiten über den Grenzverlauf der in lit. a angeführten Grundstücke einschließlich der Streitigkeiten über den Grenzverlauf zwischen einbezogenen und nicht einbezogenen Grundstücken;
....
Gemäß § 73 lit. e) leg. cit. steht außerhalb eines Verfahrens nach § 72 der Agrarbehörde die Entscheidung über die Fragen zu, ob und in welchem Umfang einer Stammsitzliegenschaft oder einer Person Anteilsrechte an agrargemeinschaftlichen Grundstücken zustehen.
Gemäß § 37 Abs. 7 leg. cit. hat über Streitigkeiten zwischen der Agrargemeinschaft und ihren Mitgliedern oder zwischen den Mitgliedern untereinander aus dem Mitgliedschaftsverhältnis auf Antrag die Agrarbehörde unter Ausschluss des Rechtsweges zu entscheiden.
Im Beschwerdefall geht es um den Umfang (das Gebiet) der durch den Regelungsplan der Landeshauptmannschaft für Tirol als Agrarbehörde erster Instanz vom 24. April 1937 festgelegten (ausschließlichen) Nutzungsrechte zweier Mitglieder der zweitmitbeteiligten Agrargemeinschaft und um die daraus als Nebenverbindlichkeit resultierende Verpflichtung der Mitglieder dieser Agrargemeinschaft auf Unterlassung der Ausübung der Weide auf dem dem jeweils anderen Agrargemeinschaftsmitglied zustehenden Weidegebiet. Ein solcher Antrag auf Unterlassung der Benutzung von Weidegründen, welche aufgrund eines Regulierungsplanes (siehe § 65 TFLG 1996) einem anderen Mitglied dieser Agrargemeinschaft zur Nutzung zugewiesen worden sind, durch ein nichtberechtigtes Mitglied einer Agrargemeinschaft ist zulässig (vgl. hiezu die in ähnlichen Fällen ergangenen hg. Erkenntnisse vom 26. Mai 1992, Zl. 91/07/0089, und vom 14. Mai 1997, Zl. 96/07/0200); ein darüber von den Agrarbehörden abzuführendes Verfahren ist gemäß § 37 Abs. 7 TFLG 1996 eine Streitigkeit zwischen Mitgliedern untereinander aus dem Mitgliedschaftsverhältnis.
Enthält der Regulierungsplan Festlegungen über das Ausmaß bzw. den Umfang der Nutzungsrechte der Mitglieder der Agrargemeinschaft, ist diese Urkunde zunächst jedenfalls für die Ausübung dieser Rechte maßgebend, weil sie die Rechtsgrundlage für das Anteils- und Nutzungsrecht selbst bildet. Nur insoweit dieser Regulierungsplan mangels hinreichender Bestimmtheit auslegungsbedürftig ist, können andere Beweismittel - soweit vorhanden - zur Feststellung des Ausmaßes und Umfanges der begründeten Rechte herangezogen werden (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1992, Zl. 91/07/0089).
Für die Frage des im Beschwerdefall strittigen Umfanges der Weidenutzungsgebiete der beschwerdeführenden Agrargemeinschaft und der erstmitbeteiligten Partei war daher von den Agrarbehörden der Regelungsplan der Landeshauptmannschaft in Tirol als Agrarbehörde erster Instanz vom 24. April 1937 heranzuziehen. Für die Feststellung des Umfanges der Weidenutzungsrechte der Streitparteien ging die belangte Behörde, gestützt auf die fachkundigen Ausführungen ihres Amtssachverständigen, zutreffend von den Bestimmungen der Haupturkunde und dem Weidewirtschaftsplan des Regelungsplanes ex 1937 aus. Der Verwaltungsgerichtshof vermag ausgehend von den vorliegenden Ermittlungsergebnissen und dem nicht als unschlüssig zu erkennenden Gutachten des Amtssachverständigen im angefochtenen Bescheid keine Rechtswidrigkeit zu erblicken, wenn die belangte Behörde die Grenze des Weidenutzungsgebietes zwischen der beschwerdeführenden Partei und der erstmitbeteiligten Partei wie im angefochtenen Bescheid festgestellt und in dem als integrierenden Bestandteil dieses Bescheides beigeschlossenen Lageplan ersichtlich gemacht angenommen und darauf aufbauend der Beschwerdeführerin aufgetragen hat, über diese Grenze hinaus die Weidenutzung für ihre Tiere zu unterlassen.
Das im Jahre 1971 aufgrund eines Antrages des Rechtsvorgängers der erstmitbeteiligten Partei eingeleitete Sonderteilungsverfahren steht mit dem im Beschwerdefall zu beurteilenden Unterlassungsbegehren der erstmitbeteiligten Partei rechtlich in keinem Zusammenhang, weil das erstgenannte Verfahren die begehrte Ausscheidung der Stammsitzliegenschaft Kapauns-Leger, EZ 43 II, KG Stummerberg, aus der zweitmitbeteiligten Agrargemeinschaft zum Inhalt hat, im beschwerdegegenständlichen Verfahren aber abschließend zu prüfen war, ob die Beschwerdeführerin ihre aus dem Regelungsplan ex 1937 als Mitglied der zweitmitbeteiligten Agrargemeinschaft zustehenden Mitgliedschaftsrechte (Nutzung eines bestimmten Gebietes als Weide) unzulässigerweise zu Lasten der erstmitbeteiligten Partei in Anspruch genommen hat. Aus dem Vorhergesagten ergibt sich auch, dass die Feststellung der Weidenutzungsgebiete keine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG, vielmehr Gegenstand des Verfahrens an sich war, aus welchem die ausgesprochene Unterlassung als Verbindlichkeit unmittelbar folgt.
Die in der Beschwerde behaupteten Verfahrensmängel liegen nicht vor. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid näher begründet dargelegt, warum die Aufzeichnungen des Alpinspektorates für die Beurteilung der Verwaltungsrechtssache nicht von entscheidungserheblicher Bedeutung waren. Es kann dahingestellt bleiben, ob der in der mündlichen Verhandlung von der Beschwerdeführerin gestellte Vertagungsantrag gerechtfertigt gewesen ist, weil es die Beschwerdeführerin unterlassen hat, dem Gutachten des Amtssachverständigen begründet auf gleicher fachlicher Ebene zu begegnen. Mit dem im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Privatgutachten des Dipl. Ing. H.G. versucht nunmehr die Beschwerdeführerin den Ausführungen des Amtssachverständigen auf gleicher fachlicher Ebene zu begegnen. Das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof kann aber nicht dazu dienen, Versäumnisse nachzuholen, die den Parteien im Verwaltungsverfahren unterlaufen sind. Ein im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegtes Gutachten fällt nur dann nicht unter das Neuerungsverbot, wenn dadurch belegt werden soll, dass sich der von der Behörde beigezogene Sachverständige eines Verstoßes gegen die Denkgesetze schuldig gemacht hat, oder dass die vom behördlich beigezogenen Sachverständigen gefundenen Ergebnisse auf Erfahrungssätzen beruhen und/oder unter Anwendung von Methoden gewonnen wurden, die dem anerkannten aktuellen Stand der Wissenschaft des betroffenen Fachgebietes nicht entsprechen (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 26. April 1995, Zl. 92/07/0159, und vom 20. Juli 1995, Zl. 93/07/0043). Ein solcher Vorwurf gegen das Gutachten des Amtssachverständigen wird jedoch im vorgelegten Privatgutachten nicht erhoben. Abgesehen davon ist aber zu bemerken, dass sich der Amtssachverständige und darauf aufbauend die belangte Behörde mit den Bezeichnungen der maßgeblichen fließenden Gewässer näher auseinander gesetzt haben und eine nähere Untersuchung dieser Problematik schon deswegen nicht erforderlich ist, weil es - wie schon die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat - im Beschwerdefall auf die normative Festlegung der Weiderechte im Regelungsplan ex 1937 ankommt; dieser Plan steht - wie die belangte Behörde zutreffend ausgeführt hat - im engen Zusammenhang mit der Wirtschafts- und Bestandeskarte aus dem Jahre 1936. Gestützt auf das Gutachten des Amtssachverständigen hat daher die belangte Behörde plausibel nachgewiesen, wo die Grenze zwischen dem Weidegebiet "Wurzloach" und "Legerwald" zu ziehen ist. Ausgehend von der oben dargestellten Rechtslage war daher für die Beurteilung der Beschwerdesache die Einvernahme der in der mündlichen Verhandlung vom 8. Juli 1999 beantragten Zeugen, welche zum Beweis "über die örtlichen Verhältnisse, insbesondere die Bachbezeichnungen und die Umstände der Beweidung von Süden her vor Anlegung der Straße vom Kapauner-Leger in Richtung Norden" namhaft gemacht worden sind, nicht mehr erforderlich.
Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch keine Befangenheit des Vorsitzenden der belangten Behörde und des beigezogenen Amtssachverständigen zu erkennen. Die in der Beschwerde hiezu vorgetragenen Gründe sind keinem der Tatbestandsmerkmale des § 7 AVG zuordenbar. Auf Grund des Beschwerdevorbringens besteht kein Anhaltspunkt, die volle Unbefangenheit dieser Personen in Zweifel zu ziehen.
Wenn die Beschwerdeführerin aus § 24 der Verwaltungssatzungen der zweitmitbeteiligten Partei abzuleiten versucht, dass ein Rechtszug von der AB zur belangten Behörde ausgeschlossen gewesen sei, befindet sie sich im Irrtum. Die derzeit gültigen Satzungen der zweitmitbeteiligten Partei sehen einen derartigen Rechtsmittelausschluss nicht vor. Aber auch durch Artikel II Abs. 2 des Gesetzes vom 1. Juli 1998, mit dem das Tiroler Flurverfassungslandesgesetz 1996 geändert wird, ist klargestellt, dass Satzungen, die im Widerspruch zu Bestimmungen des TFLG 1996 stehen, ihre Gültigkeit verloren haben. Das TFLG 1996 geht von der Zuständigkeit der Agrarbehörde im Sinne des Agrarbehördengesetzes aus und setzt demnach den dort geregelten Instanzenzug als gegeben voraus.
Aus diesen Gründen erweist sich somit der angefochtene Bescheid frei von Rechtsirrtum.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 25. Mai 2000
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)