VwGH 97/12/0145

VwGH97/12/014519.11.1997

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Germ und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des Dr. G in W, gegen den Bundesminister für Finanzen, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht hinsichtlich einer Berufung vom 19. Dezember 1995 in Angelegenheit Pensionssicherungsbeitrag, den Beschluß gefaßt:

Normen

VwGG §55 Abs1;
VwGG §55 Abs3;
VwGG §55 Abs1;
VwGG §55 Abs3;

 

Spruch:

Das Verfahren wird eingestellt.

Das Kostenersatzbegehren des Beschwerdeführers wird abgewiesen.

Begründung

Der 1955 geborene Beschwerdeführer, ein rechtskundiger Beamter im Sinne des § 24 Abs. 2 VwGG, steht seit 1. Jänner 1993 als Legationsrat i.R. in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zum Bund. Seine letzte Dienststelle war das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten (das Nähere hiezu ist dem zur Ruhestandsversetzung ergangenen

hg. Erkenntnis vom 1. Februar 1995, Zl. 92/12/0286, zu entnehmen). Der Beschwerdeführer hat insbesondere seit 1992 eine große Menge von Bescheid- und Säumnisbeschwerden sowie Anträgen beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht, die unter mehr als 400 Zahlen protokolliert wurden.

Für das vorliegende Beschwerdeverfahren ist hervorzuheben, daß der Beschwerdeführer in den Jahren 1988 bis 1990 an der Österreichischen Botschaft in New Delhi Dienst versah, sodann aber - gegen seinen Widerstand - in die "Zentrale" des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten "einberufen" (versetzt) wurde, wo er ab Ende Juli 1990 bis zu seiner Ruhestandsversetzung verwendet wurde (siehe dazu unter anderem die Darstellung im hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1996, Zlen. 96/12/0085, 0255 und 0269).

Mit Bescheid vom 7. Dezember 1995, Zl. 4757-230455/60, stellte das Bundesrechenamt fest, daß vom Ruhegenuß des Beschwerdeführers und seiner Nebengebührenzulage gemäß § 13b Abs. 1 und 2 PG 1965 und gemäß § 5a des Nebengebührenzulagengesetzes 1972 ein Pensionssicherungsbeitrag einzubehalten sei.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 19. Dezember 1995 Berufung.

Mit Erledigung vom 17. April 1996 gab die belangte Behörde dieser Berufung nicht statt und bestätigte gemäß § 66 Abs. 4 AVG den bekämpften erstinstanzlichen Bescheid.

Diese Erledigung sollte dem Beschwerdeführer per Post an seine (im zugrundeliegenden Antrag und in der Berufung angeführte) Anschrift im 19. Wiener Gemeindebezirk zugestellt werden (Anmerkung: es ist dies die Anschrift, die im Kopf dieser Entscheidung aufscheint). Die entsprechende Sendung (RSa-Brief) wurde aber vom Postamt 1190 Wien mit dem Vermerk vom 22. April 1996 "Empf. lt Verfügung bis auf Widerruf verreist" der Behörde zurückgeschickt.

Die belangte Behörde unternahm im Juli 1996 einen weiteren Versuch, diese Erledigung mit RSa-Brief zuzustellen. Diesmal kam die Sendung mit dem Vermerk des Postamtes vom 22. Juli 1996 "Empf. ortsabwesend" an die belangte Behörde zurück.

Mangels Entscheidung über seine Berufung erhob der Beschwerdeführer in weiterer Folge die vorliegende, am 23. April 1997 überreichte Säumnisbeschwerde, über die mit Berichterverfügung vom 28. Mai 1997 gemäß § 35 Abs. 3 VwGG das Vorverfahren eingeleitet wurde. Die Erledigung (Berufungsbescheid) vom 17. April 1996 wurde in der Folge dem Beschwerdeführer am 18. August 1997 bei der belangten Behörde durch Ausfolgung zugestellt (dagegen richtet sich die zur Zl. 97/12/0330 protokollierte Bescheidbeschwerde).

Mit Schriftsatz vom 16. September 1997 gab die belangte Behörde (unter Anschluß einer Abschrift des Bescheides vom 17. April 1996 und Ablichtungen beider RSa-Kuverts) bekannt, der Beschwerdeführer habe gegen den Bescheid des Bundesrechenamtes vom 7. Dezember 1995 berufen. Die Berufung sei am 10. Jänner 1996 der belangten Behörde vorgelegt worden. Die Berufungsentscheidung trage das Datum 17. April 1996. Die erste Zustellung vom 22. April 1996 habe fehlgeschlagen. Der RSa-Brief sei mit dem Vermerk "Empfänger laut Verfügung bis auf Widerruf verreist" zurückgekommen. Im Juli 1996 sei, in der Annahme, die Partei sei von einer allfälligen Reise bereits zurückgekehrt, neuerlich zugestellt worden. Auch diesmal sei der RSa-Brief, nun mit dem Vermerk "Empfänger ortsabwesend" zurückgekommen. Da es offensichtlich nicht möglich gewesen sei, den Berufungsbescheid zuzustellen, sei auf ein weiteres Einschreiten der Partei gewartet worden. Dies vor allem deshalb, weil die Partei, die ja gewußt habe, daß ein Verfahren bei der belangten Behörde anhängig sei, "eigentlich verpflichtet ist" die Behörde in die Lage zu versetzen, ordnungsgemäß zuzustellen. Sie habe jede Änderung der Abgabestelle unverzüglich der Behörde zu melden. Der Beschwerdeführer habe dies unterlassen, vielmehr habe er eine Säumnisbeschwerde eingebracht. Da nicht zu eruieren gewesen sei, ob die Partei nur vorübergehend ortsabwesend sei oder eventuell ein Wohnungswechsel stattgefunden habe, sei von einer Zustellung nach § 8 Abs. 2 des Zustellgesetzes Abstand genommen worden. Es könne von der Behörde nicht verlangt werden, in regelmäßigen Abständen Zustellversuche zu unternehmen; was im übrigen vorliegendenfalls, wie sich nun herausgestellt habe, auch nicht zielführend gewesen wäre, weil der Beschwerdeführer keine Postsendungen annehme. Auf Umwegen sei es nunmehr mit Hilfe des Verwaltungsgerichtshofes gelungen, mit dem Beschwerdeführer telefonisch Kontakt aufzunehmen und ihm den Bescheid am 18. August 1997 persönlich im Bundesministerium für Finanzen auszuhändigen. Die belangte Behörde sei daher der Ansicht, daß sie kein, jedenfalls kein ausschließliches Verschulden an einer Verletzung der Entscheidungspflicht treffe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beim Postamt 1190 Wien erhoben, daß der Beschwerdeführer unter dem Datum 8. März 1996 dort unter Verwendung eines - möglicherweise postamtsinternen - Formulares erklärte: "Ich ersuche um Rücksendung aller RSa- und RSb-Briefe der Gerichte, Behörden und Ämter an den Absender, da ich vom 10.3.96 bis auf Widerruf verreist bin" (das Datum 10. März 1996 und die Worte "auf Widerruf" sind handschriftlich eingesetzt; dieses Formblatt ist vom Beschwerdeführer unterschrieben und weist einen Eingangsstempel des Postamtes 1190 Wien vom 8. März 1996 auf).

Der Beschwerdeführer stellte weiters am 4. April 1996 beim Postamt 1190 Wien unter Verwendung des gleichen Formulares ein inhaltsgleiches Ersuchen, weil er vom 6. April 1996 bis "auf Widerruf" verreist sei.

Am 8. Juli 1996 ersuchte der Beschwerdeführer unter Verwendung eines Formulares "Widerruf eines Nachsendeauftrages", die ab 9. Juli 1996 einlangenden Postsendungen wieder an seine Wohnadresse zuzustellen (Anmerkung: es ist dies die auch im Kopf dieser Entscheidung aufscheinende Anschrift, an der die Erledigung vom 17. April 1996 zugestellt werden sollte).

Ebenfalls am 8. Juli 1996 ersuchte der Beschwerdeführer abermals unter Verwendung des zuvor beschriebenen Formulares um Rücksendung der RSa- und RSb-Briefe, weil er vom 13. Juli 1996 bis "auf Widerruf" verreist sei.

Ein "Widerruf eines Nachsendeauftrages" im Zeitraum zwischen dem 8. März und dem 4. April 1996 wurde dem Verwaltungsgerichtshof vom Postamt 1190 Wien nicht mitgeteilt, auch kein derartiger "Widerruf" im Zeitraum nach dem 8. Juli 1996 (Stand: 28. August 1997 - diese Erklärungen wurden dem Verwaltungsgerichtshof vom Postamt 1190 Wien per Telekopie übermittelt; dokumentiert zu S 87/93-54).

Am 18. April 1996 hatte der Beschwerdeführer bei der gemeinsamen Einlaufstelle des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshofes ein an beide Gerichtshöfe gerichtetes Schreiben vom 16. April 1996 eingebracht (dokumentiert zu S 87/93-37), in welchem es nach Hinweis auf die Geschäftszahlen verschiedener beim Verwaltungsgerichtshof anhängiger Verfahren heißt:

"Sehr geehrte Damen und Herren

In der Erwägung, daß die Finanzlandesdirektion Wien, um Postporto von ö.S. 30,50 für einen Rückscheinbrief zu sparen, Zustellungen bereits durch Boten vornimmt und das, was der Finanzlandesdirektion Wien billig ist, anderen Behörden recht sein kann, bin ich, falls ich nicht gerade wieder in Sachen Richterbestrafung unterwegs bin, am ehesten telefonisch unter (...) zu erreichen, wo sich nunmehr ein Anrufbeantworter mit Fernabfrage befindet.

Gerade zum Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten, Abteilung VI.3, erwies es sich als sehr praktikabel, mir eine Nachricht zu hinterlassen, um ein Schriftstück in Empfang zu nehmen. Eine identische Praxis war bereits mehrfach beim Verwaltungsgerichtshof im Senat 12 zweckmäßig. Für Zustellungen bitte ich daher um eine entsprechende Nachricht, woraufhin ich sodann persönlich das Zuzustellende in Empfang nehmen werde. Hinsichtlich der Angelegenheiten vor dem Verfassungsgerichtshof kenne ich leider die Geschäftszahlen nicht.

Auch im Senat 13 des Verwaltungsgerichtshofes befindet sich eine rezente Beschwerde zur Einkommensteuer 1992 u. 1993, deren GZ mir unbekannt ist; die Beschwerdesachen im Senat 12 gelangen mir meist im Laufe der Zeit zur Kenntnis."

In einem - laut Einlaufstampiglie am 26. April 1996 persönlich eingebrachten - Schreiben vom 25. April 1996 gab der Beschwerdeführer dem UVS Wien unter Hinweis auf zwei Geschäftszahlen bekannt (vom Beschwerdeführer im hg. Verfahren Zl. 96/01/0591 vorgelegt):

"Es ist mir in der nächsten Zeit leider nicht möglich, stets postalisch erreichbar zu sein, sodaß ich bitten möchte, falls es Zustellungen gibt, diese nicht mittels Rückscheines vorzunehmen, sondern mittels einfachen Briefes mitzuteilen, es ist mir einfacher, persönlich in die Dresdner Straße zu kommen, um eine persönliche Abholung vorzunehmen."

Mit Schreiben vom 30. Juni 1996 gab der Beschwerdeführer dem Bundeskanzleramt unter Hinweis auf das

hg. Beschwerdeverfahren Zl. 96/12/0120 bekannt (dokumentiert im Akt des Bundeskanzleramtes Zl. 601.092/36-V/1/96, vorgelegt im hg. Beschwerdeverfahren Zl. 96/12/0295):

"Sehr geehrte Damen und Herren

In der obbez. Angelegenheit darf ich Ihnen mitteilen, daß ich am besten entweder per Boten erreichbar bin oder Ihre Veranlassungen auch gerne über eine entsprechende fernmündliche Verständigung entgegennehme, wozu Ihnen unter (...) ein Anrufbeantworter zur Verfügung steht."

Für das vorliegende Beschwerdeverfahren ist weiters hervorzuheben, daß der Beschwerdeführer am 12. April 1996 eine Reihe von Beschwerden beim Verwaltungsgerichtshof überreicht hat (Zlen. 96/12/0095 bis 0099); am 15. April 1996 langten beim Gerichtshof 18 Säumnisbeschwerden in einem Kuvert ein, das in Wien am 14. April 1996 zur Post gegeben wurde

(Zlen. 96/12/0105-0122); am 18. April 1996 wurde beim Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde Zl. 96/12/0141 persönlich überreicht, am 29. April 1996 eine Reihe weiterer Beschwerden (Zlen. 96/12/0155 bis 0173, 19 Stück).

Am 19. Juli 1996 übernahm der Beschwerdeführer, wie sich aus dem entsprechenden Rückschein ergibt, persönlich an der fraglichen Anschrift im 19. Bezirk den ihm mit der Post zugestellten hg. Beschluß vom 26. Juni 1996, Zl. 96/12/0158. Dagegen richtete sich der zur Zl. 96/12/0232 protokollierte Wiederaufnahmeantrag, der, ebenso wie der Wiederaufnahmeantrag Zl. 96/12/0231, am selben Tag (19. Juli 1996) beim Verwaltungsgerichtshof überreicht wurde. Hingegen ergaben sich wenige Tage später Zustellanstände: verschiedene Stücke wurden vom Postamt 1190 Wien dem Verwaltungsgerichtshof als unzustellbar rückgemittelt, dies mit der Begründung "Empfänger derzeit ortsabwesend bis auf unbestimmte Zeit" (vom 23. Juli 1996 zu den Zlen. 96/12/0070 und 96/12/0119, sowie vom 24. Juli 1996 zur Zl. 96/12/0071), bzw. "Empfänger derzeit ortsabwesend" (vom 25. Juli 1996 zur Zl. 96/12/0156; die Aufzählung ist jeweils nicht vollständig). Die entsprechenden Sendungen wurden in der Folge dem Beschwerdeführer am 5. August 1996 beim Verwaltungsgerichtshof ausgefolgt.

Im gegenständlichen Verfahren wurde dem Beschwerdeführer mit Berichterverfügung vom 23. September 1997 die Äußerung der belangten Behörde vom 16. September 1997 samt Ablichtung der darin erwähnten Ablichtungen der RSa-Kuverts, sowie des Ergebnisses der Erhebungen beim Postamt 1190 Wien (Rücksendungsersuchen vom 8. März 1996, 4. April 1996 und 8. Juli 1997 sowie Widerruf vom 8. Juli 1997) übermittelt und ihm mitgeteilt, der Verwaltungsgerichtshof gehe vorerst davon aus, daß der Beschwerdeführer mit seinen Erklärungen dem Postamt gegenüber (von denen angenommenen werde, daß sie vollzählig übermittelt worden seien), nämlich mit den Rücksendungsersuchen in Verbindung mit dem einen Widerruf, dem objektiven Erklärungswert dieser Erklärungen zufolge behauptete bzw. - weil ein Widerruf des letzten Rücksendungsersuchens nicht vorliege - behaupte, vom 10. März 1996 bzw. 6. April 1996 bis zum 8. Juli 1996 und ab 13. Juli 1996 fortlaufend (dauernd) verreist (gewesen) zu sein. Hiedurch sei faktisch eine Art Postsperre bewirkt worden; amtsbekannt sei nämlich, daß es in diesen Zeiträumen außer den beiden von der hier belangten Behörde mitgeteilten Postfehlberichten noch weitere ähnliche Postfehlberichte gegeben habe.

Da der Beschwerdeführer aber in den fraglichen Zeiträumen wiederholt jedenfalls beim Verwaltungsgerichtshof persönlich aufgetreten sei, insbesondere persönlich Beschwerden und Anträge eingebracht, aber auch etwa bei der gemeinsamen Einlaufstelle des Bundeskanzleramtes und des Bundesministeriums für auswärtige Angelegenheiten Eingaben überreicht habe, könne der Verwaltungsgerichtshof nicht von einer andauernden reisebedingten Abwesenheit in diesen Zeiträumen ausgehen. Vielmehr erschienen diese Erklärungen inhaltlich unrichtig. Dies werde nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes auch durch die Mitteilungen des Beschwerdeführers vom 16. April 1996 an den Verwaltungsgerichtshof und den Verfassungsgerichtshof unterstrichen, worin er um telefonische Verständigung ersuche, sollten Stücke zuzustellen sein, um sie dann abzuholen. In diese Richtung gehe auch sein Ersuchen vom 25. April 1996 an den UVS Wien, wonach Zustellungen mittels einfachen Briefes mitgeteilt werden mögen (...), oder auch die Mitteilung an das Bundeskanzleramt vom 30. Juni 1996, wonach er "am besten entweder per Boten" oder telefonisch erreichbar sei.

Wenngleich es durchaus möglich sei, daß er in den fraglichen Zeiträumen vom 10. März 1996 bis zum 8. Juli 1996 und ab dem 13. Juli 1996 nicht ständig ortsanwesend gewesen sei, müsse der Verwaltungsgerichtshof vor dem dargestellten Hintergrund jedenfalls vorerst davon auszugehen, daß er diese "Rücksendungsersuchen" beim Postamt 1190 Wien deshalb gestellt (abgegeben) habe, um trotz grundsätzlich gegebener Anwesenheit an der fraglichen Anschrift die Zustellung der in diesen Ersuchen umschriebenen Kategorien von RS-Briefen zu verhindern. Davon seien auch die beiden Versuche der hier belangten Behörde, ihm den Bescheid (Anmerkung: Erledigung vom 17. April 1996) zuzustellen, betroffen gewesen.

Es werde dem Beschwerdeführer hiemit Gelegenheit gegeben, sich zu dieser Beurteilung binnen zwei Wochen schriftlich zu äußern. Sollte er diese Beurteilung für unzutreffend erachten, wäre darzulegen, inwiefern und weshalb sie seiner Meinung nach unrichtig, und was statt dessen richtig sei. Diesfalls wäre insbesondere darzulegen,

  1. a) wann er im Zeitraum vom 10. März 1996 bis zum 8. Juli 1996 und ab dem 13. Juli 1996 (in der Verfügung verschrieben mit "1997") verreist oder sonst ortsabwesend gewesen sei; dies wäre datumsmäßig zu präzisieren;
  2. b) weshalb er in den drei "Rücksendungsersuchen" angegeben habe "bis auf Widerruf" verreist zu sein, und nicht einen bestimmten Zeitpunkt;
  3. c) weshalb er, sollte er am 10. März, 6. April und/oder 13. Juli 1996 verreist sein, nicht nach seiner Rückkehr - die nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes nach dem Gesagten alsbald erfolgt sein müßte - das "Rücksendungsersuchen" widerrufen habe;
  4. d) ob allenfalls weitere, dem Verwaltungsgerichtshof nicht bekanntgegebene Widerrufe dieser "Rücksendungsersuchen" erfolgt seien? wenn ja, wann, wie und wem gegenüber?
  5. e) wie die belangte Behörde angesichts der faktischen Postsperre den Berufungsbescheid vom 17. April 1996 hätte zustellen sollen.

Hierauf erwiderte der Beschwerdeführer mit dem undatierten, am 3. Oktober 1997 überreichten Schriftsatz:

"Zunächst gehe ich davon aus, daß meine Anwesenheit in Wien keine der gesetzlichen Definitionen des Wohnsitzes bzw.

d. Aufenthaltes erfüllt, da im Jahre 1990 meine Einberufung in die Zentrale des Außenministeriums nicht in Übereinstimmung mit den bestehenden Gesetzen erfolgt, vielmehr unter Androhung von Disziplinarmaßnahmen sowie unter Androhung der Einstellung der Auszahlung der Auslandszulagen ohne vorher darüber mittels Bescheides zu entscheiden gegen meinen Willen, sohin willensmangelhaft erfolgte. Mein Hauptwohnsitz befindet sich daher noch immer in A-9/19 Vasant Vihar, 210009 Delhi (nicht New Delhi), Indien. In Österreich besitze ich demnach allenfalls einen Aufenthalt, den zu verändern in meinem Belieben steht.

Der auf die Versetzung Bezug habende Verwaltungsvorgang wurde als Bestandteil des Personalaktes dem Ressortbereich des Finanzministeriums bei Ruhestandsversetzung übermittelt. Hinsichtlich meiner Anwesenheit in Österreich oder in Wien besteht demnach keine Pflicht, irgendjemandem Rechenschaft darüber abzulegen.

Die Möglichkeit, Zustellungen persönlich abzuholen hat damit zu tun, daß dies oft aus meiner persönlichen Zeitplanung einfacher geht als auf den Briefträger zu warten oder sodann den mühsamen Weg zum Postamt auf mich zu nehmen. Dieses System hat sich überdies bestens bewährt und spart in Zeiten des Sparpakets auch Kosten, weil ein Anruf etwa ö.S. 2,- kostet, ein weißer Rückscheinbrief zumindest aber ö.S. 30,-, je nach Gewicht. Wie sich übrigens aus der eigenen Aktenlage des Verwaltungsgerichtshofes ergibt, gelangen trotz der "Postsperre" Zustellungen zu mir, vgl. Zustellnachweise zum Erk. 94/11/0378, 93/13/0396, zu VH 96/01/0591, zu 97/19/1471, 97/16/0003, 93/12/0052, 97/16/0323 ON 3, sowie ein weiteres Erk. v. Dez. 96 aus dem 1. Senat, u.a. Die Verständigungen des Postamtes 1190 Wien, die als Kopien beigelegt sind, sind das Ergebnis eines ebenfalls jahrelangen Umganges mit dessen Schalterbeamten und den dabei gemachten Erfahrungen, es wird nämlich verlangt, daß zumindest drei Tage zwischen der Abgabe des Rücksendeauftrages und dessen Beginn liegen müssen. Jetzt kann es durchaus vorkommen, daß ich beabsichtige Golf zu spielen, oder eine Ausflugsfahrt zu unternehmen, die beide vom Wetter abhängen können und demnach kurzfristig disponiert werden; die Dispositionsmöglichkeit des Rücksendeauftrages ist nicht derart schnell. Aus diesem Grunde besteht mit dem Zusteller schon seit praktisch dem Beginn der Verfügung die Abmachung, daß jeder Rückscheinbrief auf den Zustellgang mitgenommen wird. Die überwiegende Mehrzahl wird mir auch sofort ausgefolgt, manchen laufe ich buchstäblich nach, der Rundgang ist sei Jahrzehnten derselbe, einige kommen nach Ankündigung am nächsten Tag nochmals, wenige werden auch hinterlegt und werden vom Postamt abgeholt. Die Information stammt von im Haushalt anwesenden Personen. Auch die Urlaubsvertretungen des eingeteilten Zustellbeamten werden von mir auf die Rückscheinbriefe angesprochen und bringen diese ebenfalls am nächsten Tag mit.

Die auf S. 3 unten als lit. a)-c) enthaltenen Vorhaltungen

beziehen sich auf Angelegenheiten des Privatlebens

i. S.d. Art. 8 MRK.

Zu lit. e): Das zuständige Finanzamt f.d. 19. Bez. versendet kostengünstig Ladungen, um abholbereite Rückscheinbriefe abzuholen. Speziell die Finanzverwaltung verwendet die Zusendung von Bescheiden mittels unbescheinigter Postsendungen, die stets das Problem des Fristenlaufes sowie der Fristversäumnis bewirken. In einem Fall war es nur meiner vorzeitigen Anreise aus einem Urlaub zu verdanken, daß ich durch einen derartig zugestellten Finanzkassenbescheid gerade noch die Rechtsmittelfrist einhalten konnte.

In meiner Aktenevidenz wurde dieser Fall und die Hilflosenzulage zusammen behandelt, zu zweiterer wurde ich vom Bundespensionsamt vorgeladen, um eine Zustellung entgegenzunehmen. Diese Verständigung kam mit gewöhnlicher Post.

Bei dieser Gelegenheit wäre zu erwähnen, daß die Datei des Bundespensionsamtes nur die Erfassung einer Adresse erlaubt, obwohl auch von dort stets Erledigungen an die obige kommen, jedoch gewisse andere an die Adresse im 2. Bezirk, welche einer anderen Zielsetzung dient.

Der Vollständigkeit halber darf ich erwähnen, daß ich auch gegenüber dem Bundesministerium für Finanzen als Einschreiter in Erscheinung getreten bin, und zwar speziell in dienstrechtlichen Fragestellungen in der Abteilung MR Dr. Erd und anderen abgabenrechtlichen Abteilungen.

Daß dem BMFin Mehrkosten erwuchsen, tut mit leid, ich kann heute nicht mehr mit Bestimmtheit angeben, wo ich mich am 22.4.96 oder am 22.7.96 befand. Der Vermerk v. 22.4. stammt vom eingeteilten Zustellbeamten, ich war mit Sicherheit nicht in Wien, weil mir sonst der Brief übergeben worden wäre. Am 22.7.96 war ich entweder auf dem Golfplatz oder auf Urlaub. Eine kurze Verständigung, daß eine Zustellung abholbereit wäre, hätte genügt."

Der Verwaltungsgerichtshof hat das Vorbringen des Beschwerdeführers, es seien trotz der "Postsperre" Zustellungen zu ihm gelangt, überprüft. Im Verfahren Zl. 93/12/0052 ist eine solche Zustellung im fraglichen Zeitraum ab März 1996 nicht feststellbar, wohl aber im Verfahren Zl. 94/11/0378 am 6. Februar 1997 (es aber auch denkbar, daß ihm diese Sendung bei Gericht ausgefolgt wurde). Jedenfalls im Postwege erfolgten aber Zustellungen (mit Übernahme durch den Beschwerdeführer) am 5. August 1997 zur Zl. 93/13/0296 (nicht: 93/13/0396), am 22. Mai 1997 und am 19. Juni 1997 im Verfahren 96/01/0591 (zuvor hatte aber das Postamt 1190 Wien am 7. Jänner 1997 bekanntgegeben "Empfänger laut Verfügung bis auf Widerruf ortsabwesend"), am 24. September 1997 im Verfahren

Zl. 97/19/1471, am 28. März 1997 im Verfahren Zl. 97/16/0003, und am 18. September 1997 im Verfahren Zl. 97/16/0323. Mit dem "weiteren Erkenntnis vom Dezember 1996 aus dem 1. Senat" meint der Beschwerdeführer wohl das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 1996, Zl. 96/01/1008 (betreffend eine Maßnahmenbeschwerde, weil sich der Beschwerdeführer durch die Militärmusik beeinträchtigt erachtet hatte), das ihm am 28. Feber 1997 an der fraglichen Anschrift im 19. Bezirk zugestellt wurde (eigenhändige Übernahme, nachdem aber ein erster Zustellversuch fehlgeschlagen war: die Sendung wurde vom Postamt mit dem Vermerk vom 5. Feber 1997 "Empf. lt. Verfügung bis auf weiteres ortsabwesend" dem Verwaltungsgerichtshof rückgemittelt).

Den weiteren Ausführungen ist voranzustellen, daß der Verwaltungsgerichtshof auch vorliegendenfalls den Beschwerdeführer für prozeßfähig erachtet. Hiezu kann, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die in einem den Beschwerdeführer betreffenden Verfahren ergangenen hg. Beschluß vom 25. Jänner 1995, Zl. 92/12/0286, näher dargelegten Erwägungen verwiesen werden. Gründe, von dieser Beurteilung abzugehen, liegen nicht vor.

Die vorliegende Säumnisbeschwerde ist formell zulässig, weil die belangte Behörde den Berufungsbescheid vor Beschwerdeerhebung nicht erlassen hatte (was sie nach dem Inhalt ihrer Äußerung vom 17. September 1997 auch gar nicht bestreitet); darauf, daß sie an der verspäteten Erlassung kein Verschulden traf, kommt es bei einer Säumnisbeschwerde (§ 27 VwGG) anders als bei einem Devolutionsantrag (§ 73 AVG) nicht an.

Da aber die belangte Behörde nach Einbringung der Beschwerde den versäumten Bescheid erlassen hat, war das Verfahren gemäß § 36 Abs. 2 VwGG einzustellen.

Die Kostenentscheidung beruht auf folgenden Überlegungen:

Wie sich aus obiger Sachverhaltsdarstellung ergibt, trachtet der Beschwerdeführer offensichtlich danach, eine Art private, außergesetzliche Zustellordnung einzurichten. Für den Beschwerdefall ist diesbezüglich maßgeblich (die allfällige Auswirkung in anderen Beschwerdefällen kann dahingestellt bleiben, sodaß auch allfällige weitere diesbezügliche Erhebungen im vorliegenden Beschwerdeverfahren entbehrlich sind), daß die Erklärungen des Beschwerdeführers dem Postamt 1190 Wien gegenüber, er sei "bis auf Widerruf" verreist, jedenfalls zu den Zeitpunkten, zu welchen die Erledigung der belangten Behörde vom 17. April 1996 hätte zugestellt werden sollen, nämlich am 22. April 1996 und am 22. Juli 1996, nicht mehr richtig waren, sollten sie überhaupt richtig gewesen sein, als sie abgegeben wurden (was im Beschwerdefall dahingestellt bleiben kann): Wie dargestellt, hatte nämlich der Beschwerdeführer dem Postamt 1190 Wien gegenüber erklärt, vom 6. April 1996 bzw. vom 13. Juli 1996 an (jeweils) "bis auf Widerruf" verreist zu sein. Sollte er überhaupt ankündigungsgemäß verreist sein, muß er jeweils vor den beiden Zustellversuchen von dieser Reise zurückgekehrt sein, weil er am 12. April 1996 (Überreichung von Beschwerden beim Verwaltungsgerichtshof) und am 19. Juli 1996 (Überreichung von Anträgen beim Verwaltungsgerichtshof; eigenhändige Übernahme einer Postsendung) in Wien anwesend war.

Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der am 3. Oktober 1997 überreichten Äußerung des Beschwerdeführers: soweit der Beschwerdeführer überhaupt konkrete Angaben macht, ist ihm zu entgegnen, daß zwischen der Erklärung, "bis auf Widerruf verreist" zu sein, und einer Abwesenheit, um Golf zu spielen oder eine Ausflugsfahrt zu unternehmen, ein erheblicher qualitativer Unterschied besteht.

Vor dem Hintergrund des Beschwerdefalles folgt daraus, daß die belangte Behörde durch die - unrichtige - Erklärung des Beschwerdeführers dem Postamt gegenüber, "bis auf Widerruf verreist" zu sein, getäuscht wurde und dies letztlich dafür kausal war, daß sie keine weiteren Zustellversuche mehr unternahm und somit säumig (§ 27 VwGG) wurde. Der Beschwerdeführer zeigt nämlich auch nicht auf, welchen Anlaß die belangte Behörde vor diesem Hintergrund hätte haben sollen, ihn brieflich aufzufordern, eine Sendung abzuholen, zumal der Beschwerdeführer auch nicht behauptet, daß er die belangte Behörde im vorliegenden Verwaltungsverfahren hierum ersucht hätte.

Wenngleich nicht davon ausgegangen werden kann, daß der Beschwerdeführer seine Vorgangsweise gerade deshalb in dieser Weise eingerichtet hat, um eine Verletzung der Entscheidungspflicht (§ 27 VwGG) durch die belangte Behörde herbeizuführen, ist doch vor dem aufgezeigten Hintergrund sein Kostenersatzbegehren als rechtsmißbräuchlich anzusehen, weshalb es abzuweisen war (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1996, Zl. 96/12/0122, und den Beschluß vom selben Tag, Zl. 96/12/0098).

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