VwGH 2013/07/0215

VwGH2013/07/021524.7.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch über die Beschwerden

1. der Bürgerinitiative Plattform "R", 2. der BürgerInnen-Initiative "E", 3. des U, 4. des Ö und 5. des N, alle vertreten durch Mörth Ecker Filzmaier Rechtsanwaltspartnerschaft in 8010 Graz, Maiffredygasse 8/I (Zl. 2013/07/0224),

6 . der ARGE M, 7. des N, 8. der Bürgerinitiative "U" und

9. der "B", vertreten durch Dr. Franz Unterasinger, Rechtsanwalt in Graz, Radetzkystraße 8 (Zl. 2013/07/0286),

10. der Umweltanwältin von Steiermark (Zl. 2013/07/0215), gegen den Bescheid des Umweltsenates vom 26. August 2013,

US 3A/2012/19-51, (jeweils mitbeteiligte Partei: E AG, vertreten durch Onz, Onz, Kraemmer, Hüttler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16),

Normen

32012L0027 Energieeffizienz-RL;
62005CJ0342 Kommission / Finnland;
62009CJ0383 Kommission / Frankreich;
AVG §52;
ElWOG Stmk 2005 §1 Abs3 Z8;
ElWOG Stmk 2005 §10;
EURallg;
ForstG 1975 §17 Abs2;
ForstG 1975 §17 Abs3;
NatSchG Stmk 1976 §13d Abs2;
NatSchG Stmk 1976 §13d Abs5;
NatSchG Stmk 1976 §21 Abs2;
UVPG 2000 §17 Abs4;
UVPG 2000 §17 Abs5;
UVPG 2000 §6 Abs1 Z2;
UVPG 2000 §6;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

I. den Beschluss gefasst:

Die zu Zl. 2013/07/0286 protokollierte Beschwerde des N wird zurückgewiesen.

II. zu Recht erkannt:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

III.1. Die Erst- bis Viertbeschwerdeführer haben dem Bund insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 19,13 und der mitbeteiligten Partei insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

2. Die Sechst- bis Neuntbeschwerdeführer haben dem Bund insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 19,13 und der mitbeteiligten Partei insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

3. Das Land Steiermark hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 19,13 und der mitbeteiligten Partei insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

4. Der Antrag des Bundesverwaltungsgerichts auf Kostenersatz (im Verfahren Zl. 2013/07/0286) wird abgewiesen.

Begründung

I.

Die E AG, die mitbeteiligte Partei, beantragte am 30. Juni 2010 die Genehmigung des Vorhabens "Errichtung und Betrieb der Wasserkraftanlage M" nach dem Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000). Im Rahmen der öffentlichen Projektauflage wurden zahlreiche Stellungnahmen eingebracht, darunter auch die der Beschwerdeführer.

Die Steiermärkische Landesregierung als Behörde erster Instanz holte zum Projekt und zu den eingebrachten Stellungnahmen mehrere Gutachten von amtlichen und nichtamtlichen Sachverständigen ein. Sie hielt am 14. und 15. März 2012 eine mündliche Verhandlung ab. Auch in weiterer Folge wurden Stellungnahmen eingebracht; die Erstbehörde holte diesbezüglich ergänzende Gutachten ein und räumte den Verfahrensparteien dazu bis zum 15. Juni 2012 Parteiengehör ein.

Mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 20. August 2012 wurde der mitbeteiligten Partei die beantragte Genehmigung nach § 17 in Verbindung mit Anhang 1 Z. 30 UVP-G 2000 unter Vorschreibungen zahlreicher Nebenbestimmungen erteilt (Spruchpunkt I). Mit Spruchpunkt III wurden die materienrechtlich (nach dem Wasserrechtsgesetz - WRG 1959, dem Forstgesetz - ForstG 1975 und dem Steiermärkischen Naturschutzgesetz - Stmk NSchG) notwendigen Aussprüche getroffen; über die Einwendungen wurde im Spruchpunkt IV abgesprochen.

Gegen diesen Bescheid erhoben mehrere Personen, darunter die Beschwerdeführer, Berufung.

Die mitbeteiligte Partei brachte eine Berufungsbeantwortung ein.

Mit Schriftsatz vom 19. Februar 2013 legte der Fünftbeschwerdeführer ein als "Nachreichung" bezeichnetes Schreiben samt Beilage vor.

Die mitbeteiligte Partei übermittelte mit Schriftsatz vom 8. März 2013 tabellarische Auflistungen der als Ersatzlebensräume und Versteckplätze (u.a.) der Würfelnatter vorgesehenen Liegenschaften und wies darauf hin, dass für viele dieser Flächen bereits Optionsverträge abgeschlossen werden konnten.

Am 30. April 2013 führte die belangte Behörde in Anwesenheit von Sachverständigen eine mündliche Verhandlung durch. Im Rahmen dieser Verhandlung stellten u.a. die Beschwerdeführer ihr Berufungsvorbringen näher dar; die anwesenden amtlichen und nichtamtlichen Sachverständigen nahmen dazu Stellung.

Der nichtamtliche Sachverständige für Forsttechnik und Waldökologie und der Amtssachverständige für Luft und Klima nahmen im Rahmen dieser mündlichen Verhandlung zum nachträglich eingelangten Schreiben des Fünftbeschwerdeführers Stellung; der nichtamtliche Sachverständige für Naturschutz legte u.a. seine Überlegungen zur Eignung der von der mitbeteiligten Partei genannten Parzellen als Ausgleichsmaßnahmen für die Würfelnatter dar.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 26. August 2013 wurden die Berufungen u.a. der Beschwerdeführer, soweit sie nicht die Verletzung von umweltrechtlichen Vorschriften, die in diesem Verfahren anzuwenden seien, geltend machten, als unzulässig zurückgewiesen, im Übrigen mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass Auflage E 2 des Spruchpunktes IV des Genehmigungsbescheides erster Instanz in näher dargelegter Form umformuliert werde. Der Berufung der mitbeteiligten Partei wurde mit dem angefochtenen Bescheid insoweit stattgegeben, als Auflage N.2 in Spruchpunkt IV des Erstbescheides aufgehoben wurde; im Übrigen wurde auch die Berufung der mitbeteiligten Partei abgewiesen. Der Baubeginn wurde gemäß § 21 Abs. 2 des Stmk NSchG mit spätestens 30. Juni 2016 festgelegt.

Die Begründung des angefochtenen Bescheides befasst sich neben der Darstellung des erstinstanzlichen Verfahrens und des Verfahrens vor der belangten Behörde mit der Rechtzeitigkeit und Zulässigkeit der einzelnen Berufungen. Unter Punkt 4. der Bescheidbegründung geht die belangte Behörde auf eine von den Erst- und Zweitbeschwerdeführerinnen behauptete absolute Nichtigkeit des angefochtenen Bescheides ein und legt näher begründet dar, warum dieses Vorbringen nicht zutreffe. Unter Punkt 6. der Begründung des angefochtenen Bescheides befasst sich die belangte Behörde mit den Berufungen (u.a.) der hier beschwerdeführenden Parteien. Sie vertritt die Ansicht, dass die Berufungslegitimation der beschwerdeführenden Parteien gegeben und diese Organisationen und Initiativen befugt seien, die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften geltend zu machen. Die Berufungsschriftsätze enthielten thematisch überlappende Vorbringen, zum Teil nähmen sie auch wechselseitig und verweisend aufeinander Bezug. Die belangte Behörde erachte es daher als angebracht, diese Berufungsvorbringen nach Themengruppen zusammenzufassen und gegliedert zu behandeln.

In weiterer Folge des angefochtenen Bescheides finden sich dementsprechend Ausführungen der belangten Behörde zur Alternativenprüfung (Punkt 6.1), zum Thema Raumordnung und Lebensraum (Punkt 6.2), zum geschützten Landschaftsteil im Sinn des Stmk NSchG (Punkt 6.3) sowie zum Europaschutzgebiet nach der Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung, LGBl. Nr. 65/2006 (Punkt 6.4).

Mit den Immissionen und dem Klima befasst sich die belangte Behörde unter Punkt 6.5 der Begründung des angefochtenen Bescheides, zum Thema Energieeffizienz finden sich Ausführungen im Punkt 6.6. Im Bereich der Überlegungen zum Thema Baumschutz und Rodungsverbot (Punkt 6.7) findet sich ein Exkurs zur Interessenabwägung und zum öffentlichen Interesse, mit der Kumulation befasst sich die belangte Behörde unter Punkt 6.8, mit dem wasserrechtlichen Verschlechterungsverbot unter Punkt 6.9 und mit Naturschutz und Artenschutz in Punkt 6.10 des angefochtenen Bescheides.

In weiterer Folge geht die belangte Behörde auf die gefährdeten Tierarten (Würfelnatter, Fledermäuse und Huchen) näher ein und befasst sich mit der Forderung nach Fischaufstiegshilfen. Unter Punkt 6.15 der Bescheidbegründung legt sie näher dar, weshalb die Voraussetzungen des § 17 Abs. 5 UVP-G 2000 nicht vorlägen. Schließlich nimmt die Begründung des angefochtenen Bescheides unter Punkt 7 auf die Berufung der mitbeteiligten Partei, unter Punkt 8 auf den Baubeginn und unter Punkt 9 auf die Einwendungen gegen die Verhandlungsschrift der mündlichen Verhandlung vom 30. April 2013 Bezug.

Die Sechst- bis Neuntbeschwerdeführer erhoben gegen diesen Bescheid Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 22. November 2013, B 1130/2013-5, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof abtrat. Diese im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzte und zur Zl. 2013/07/0286 protokollierte Beschwerde macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die bereits am 10. Oktober 2013 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangte Beschwerde der Erst- bis Fünftbeschwerdeführer (Zl. 2013/07/0224) und die Beschwerde der Zehntbeschwerdeführerin (Zl. 2013/07/0215) machen ebenfalls Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2013 unter Bezug auf die Beschwerden zu den Zlen. 2013/07/0215 und 2013/07/0224 die Akten des Verfahrens vor, nahm aber von einer weiteren inhaltlichen Stellungnahme zum Vorbringen der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die Ausführungen in der Begründung des bekämpften Bescheides Abstand. Sie begehrte Kostenersatz für die Vorlage der Verwaltungsakten und beantragte die Abweisung der Beschwerden.

Das gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 9 B-VG an die Stelle der belangten Behörde getretene Bundesverwaltungsgericht verwies in seiner Stellungnahme zu Beschwerde Zl. 2013/07/0286 auf die bereits zu den anderen Beschwerden erfolgte Aktenvorlage, nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Die mitbeteiligte Partei erstattete zu allen drei Beschwerden Gegenschriften und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden.

Die Zehntbeschwerdeführerin (2013/07/0215) replizierte und legte ihrer Replik u.a. eine vom November 2013 stammende und in ihrem Auftrag erstellte "Bestandserhebung der Würfelnatter an der Mur im südlichen Stadtgebiet von Graz mit Anmerkungen zur Gefährdung" des Mag. Dr. K., Technisches Büro für Biologie, bei.

II.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerden wegen ihres inhaltlichen, sachlichen und persönlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und hierüber erwogen:

Das vorliegende Erkenntnis behandelt alle drei Beschwerden gegen den angefochtenen Bescheid; wenn nicht gesondert auf einzelne Beschwerdeführer Bezug genommen wird, so wird - der leichteren Lesbarkeit halber - die Beschwerde der Erst- bis Viertbeschwerdeführer als Beschwerde (0224), die Beschwerde der Fünft- bis Neuntbeschwerdeführer als Beschwerde (0286) und die Beschwerde der Zehntbeschwerdeführerin als Beschwerde (0215) bezeichnet.

1. Auf die vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefälle Zlen. 2013/07/0215 und 0224 sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies gilt gemäß § 8 VwGbk-ÜG auch für die vom Verfassungsgerichtshof abgetretene und zu Zl. 2013/07/0286 protokollierte Beschwerde.

2. Der in der Beschwerde Zl. 2013/07/0224 einschreitende 5.- Beschwerdeführer ist der N. Dieser tritt ebenfalls als Beschwerdeführer in der zu Zl. 2013/07/0286 protokollierten Beschwerde auf. Es sind also zwei Beschwerden des N gegen den gleichen Bescheid anhängig.

Der beschwerdeführende N hat bereits vor Einlangen der zu Zl. 2013/07/0286 protokollierten Beschwerde (am 19. Dezember 2013) die am 10. Oktober 2013 eingelangte und zu Zl. 2013/07/0224 protokollierte Beschwerde erhoben.

Durch diese zulässige Beschwerde hat dieser Beschwerdeführer sein Beschwerderecht bereits verbraucht, weshalb seine zu Zl. 2013/07/0286 protokollierte Beschwerde mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen war.

3.1. Es ist unstrittig, dass das gegenständliche Vorhaben, nämlich die Genehmigung der Wasserkraftanlage M ein UVPpflichtiges Vorhaben im Sinne des § 3 UVP-G 2000 in Verbindung mit Anhang 1 Z. 30 UVP-G 2000 darstellt.

Nach § 3 Abs. 3 leg. cit. sind die nach den bundes- oder landesrechtlichen Verwaltungsvorschriften, auch soweit sie im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zu vollziehen sind, für die Ausführung des Vorhabens erforderlichen materiellen Genehmigungsbestimmungen von der Behörde in einem konzentrierten Verfahren mitanzuwenden (konzentriertes Genehmigungsverfahren), wenn ein Vorhaben einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen ist.

Vor dem Hintergrund dieser im konzentrierten Genehmigungsverfahren anzuwendenden materiellen Genehmigungsbestimmungen der einzelnen bundes- oder landesrechtlichen Verwaltungsvorschriften und auch des UVP-G 2000 wird in weiterer Folge auf die Ausführungen der vorliegenden Beschwerden näher eingegangen. Dabei orientiert sich der Verwaltungsgerichtshof - wie schon die belangte Behörde - an einzelnen, in den Beschwerden aufgeworfenen Themenbereichen und zwar in der Reihenfolge, wie sie in der Beschwerde (0224) angeführt sind.

3.2. Vielfach wurden zur Beurteilung der Genehmigungsvoraussetzungen bzw. der Voraussetzungen für die Gewährung von Ausnahmen von Verboten Gutachten von Sachverständigen eingeholt; auch die Beschwerdeführer und andere Parteien legten Gutachten vor, die der Beweiswürdigung der einschreitenden Behörden unterzogen wurden.

Nun ist nach ständiger Rechtsprechung (vgl. etwa das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053, sowie die hg. Erkenntnisse vom 24. Oktober 2001, Zl. 99/17/0372, und vom 13. September 2004, Zl. 2002/17/0141) in Fragen der Beweiswürdigung die Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes darauf eingeschränkt, ob der maßgebende Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und die bei der Beweiswürdigung angestellten Erwägungen schlüssig sind, wobei es dem Gerichtshof verwehrt ist, die vorgenommene Beweiswürdigung darüber hinaus auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen. Es ist daher zunächst diese - eingeschränkte - Schlüssigkeitsprüfung vorzunehmen, ob die Behörde in einem ordnungsgemäßen Verfahren zu den ihrer Beweiswürdigung zu Grunde gelegten Ermittlungsergebnissen gelangt und auf Grund schlüssiger Denkvorgänge zu ihrer Beweiswürdigung gekommen ist (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 2005, 2001/17/0181).

Der Verwaltungsgerichtshof darf die dem von der Behörde festgestellten Sachverhalt zugrundeliegende Beweiswürdigung nicht in dem Sinn einer Kontrolle unterziehen, dass er sie an der Beweiswürdigung misst, die er selbst vorgenommen hätte, wäre er an der Stelle der belangten Behörde gewesen. Diese eingeschränkte Kontrolle erfasst somit nicht die Prüfung, ob aus den der Behörde vorliegenden Ermittlungsergebnissen auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2010, Zl. 2007/05/0231, mwN).

Soweit in weiterer Folge Fragen der Beweiswürdigung von Gutachten durch die belangte Behörde eine Rolle spielen, kann der Verwaltungsgerichtshof diesen Aspekt lediglich in der oben dargestellten eingeschränkten Weise prüfen.

4. Die Beschwerde (0224) macht eingangs geltend, der Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 20. August 2012 sei nicht rechtsgültig zugestellt worden und habe somit keine Rechtswirkung entfalten können. Dies sei deshalb der Fall, weil am 22. August (Datierung) von der Behörde ein Edikt betreffend die "Zustellung

des Genehmigungsbescheides für das Vorhaben ... im Großverfahren"

erlassen worden sei; dieses Edikt sei am 28. August 2012 im "Amtsblatt zur Wiener Zeitung" verlautbart worden. Es sei daher die Zustellung des Bescheides durch Edikt innerhalb der Ediktsperre (an einem 25. August) erfolgt, was aber gemäß § 44f Abs. 1 AVG in Verbindung mit § 44a Abs. 3 AVG unzulässig sei. Der Umstand, dass das Edikt am 28. August 2012 verlautbart worden sei, führe nicht zu einer Heilung diese Mangels, zumal es hinsichtlich der Sperrwirkung des § 44a Abs. 3 letzter Satz AVG nicht auf das Datum der Verlautbarung des Edikts, sondern auf die Datierung des Edikts selbst ankomme. Dies gehe schließlich auch aus der Formulierung hervor, die die Erstbehörde gewählt habe, wonach der Genehmigungsbescheid bei der UVP-Behörde "ab heute" (und somit ab 22. August 2012) zur öffentlichen Einsicht aufliege. Dieses Wort könne aber nur bedeuten, dass jener Tag als solcher gewollt gewesen sei, an welchem das Edikt unterfertigt worden sei. Eine andere Deutung wäre sinnwidrig.

Die entscheidenden Bestimmungen des AVG haben folgenden

Wortlaut:

"Großverfahren

§ 44a. (1) Sind an einer Verwaltungssache oder an verbundenen Verwaltungssachen voraussichtlich insgesamt mehr als 100 Personen beteiligt, so kann die Behörde den Antrag oder die Anträge durch Edikt kundmachen.

(2) Das Edikt hat zu enthalten:

1. den Gegenstand des Antrages und eine Beschreibung des Vorhabens;

2. eine Frist von mindestens sechs Wochen, innerhalb derer bei der Behörde schriftlich Einwendungen erhoben werden können;

  1. 3. den Hinweis auf die Rechtsfolgen des § 44b;
  2. 4. den Hinweis, dass die Kundmachungen und Zustellungen im Verfahren durch Edikt vorgenommen werden können.

(3) Das Edikt ist im redaktionellen Teil zweier im Bundesland weitverbreiteter Tageszeitungen und im 'Amtsblatt zur Wiener Zeitung' zu verlautbaren. Ist in den Verwaltungsvorschriften für die Kundmachung der mündlichen Verhandlung eine besondere Form vorgesehen, so ist der Inhalt des Edikts darüber hinaus in dieser Form kundzumachen; im Übrigen kann die Behörde jede geeignete Form der Kundmachung wählen. Die Kundmachung im Internet unter der Adresse der Behörde gilt als geeignet. In der Zeit vom 15. Juli bis 25. August und vom 24. Dezember bis 6. Jänner ist die Kundmachung durch Edikt nicht zulässig.

§ 44f. (1) Ist der Antrag gemäß § 44a Abs. 1 kundgemacht worden, so kann die Behörde Schriftstücke durch Edikt zustellen. Hiezu hat sie gemäß § 44a Abs. 3 zu verlautbaren, dass ein Schriftstück bestimmten Inhalts bei der Behörde zur öffentlichen Einsicht aufliegt; auf die Bestimmungen des Abs. 2 ist hinzuweisen. Mit Ablauf von zwei Wochen nach dieser Verlautbarung gilt das Schriftstück als zugestellt.

(2) Die Behörde hat das Schriftstück während der Amtsstunden mindestens acht Wochen zur öffentlichen Einsicht aufzulegen. Sie hat den Beteiligten auf Verlangen Ausfertigungen des Schriftstückes auszufolgen und den Parteien auf Verlangen unverzüglich zuzusenden. Nach Maßgabe der vorhandenen technischen Möglichkeiten hat sie das Schriftstück im Internet bereitzustellen."

Der verfahrenseinleitende Antrag wurde gemäß § 44a Abs. 1 AVG kundgemacht. Die Erstbehörde konnte daher gemäß § 44f Abs. 1 AVG auch den Bescheid erster Instanz per Edikt zustellen.

Fraglich ist, ob die Bestimmung des § 44a Abs. 3 letzter Satz AVG eingehalten wurde oder nicht. Unstrittig erfolgte die Kundmachung des Edikts am 28. August 2012, somit außerhalb der Ediktalsperre. Ein Widerspruch zur genannten Bestimmung, die ausdrücklich die Kundmachung des Edikts (und nicht dessen "Erlassung" oder "Datierung") außerhalb der Ediktalsperre vorsieht, liegt daher nicht vor.

Auch der Umstand, dass im Edikt von der Auflage des Bescheides "ab heute" die Rede ist, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die Worte "ab heute" können durchaus auch so verstanden werden, dass die Auflage ab dem Kundmachungstag, somit ab dem 28. August 2012, erfolgen werde.

Die geltend gemachte Rechtswidrigkeit im Zusammenhang mit der Erlassung des Erstbescheides liegt daher nicht vor.

5. "Mangelhafte Alternativenprüfung und fehlende Befassung mit dem energiewirtschaftlichen Gutachten betreffend öffentliches Interesse"

5.1. Unter dieser Überschrift macht die Beschwerde (0224) geltend, es sei in mehreren Eingaben eingewendet worden, dass die beantragte Betriebsanlage den Bestimmungen über die Energieeffizienz widerspreche und die in der UVE vorgelegten Alternativen seien als unvollständig zu bezeichnen. Die Auseinandersetzung mit der Energieeffizienz sei für dieses Projekt von entscheidender Bedeutung. Diese sei mangelhaft erfolgt, weshalb die Beurteilung des öffentlichen Interesses an der beantragten Betriebsanlage unrichtig vorgenommen worden sei. Bei gehöriger Erörterung und Beachtung des auf zumindest gleicher fachlicher Stufe stehenden Gutachtens von P hätte eine andere Sachentscheidung zu erfolgen gehabt. Die von der belangten Behörde herangezogenen Begründungen befassten sich in eher populärwissenschaftlichen Darstellungen mit der Abwägung des öffentlichen Interesses als Begründung für unverhältnismäßige und nachhaltig nachteilige Eingriffe in Natur und Umwelt und seien nicht nachvollziehbar.

So könne mit dem Hinweis auf eine Straßenumfahrung (die belangte Behörde hatte u.a. mit einer Entscheidung der belangten Behörde betreffend die Umfahrung Mistelbach argumentiert) sicherlich nicht Energieeffizienz und Energieerzeugung beurteilt werden. Energieeffizienz könne nicht nur auf mechanischen Wirkungsgrad und auf unterschiedliche Standorte reduziert werden. Natürlich habe auch erneuerbare Energie Grenzen im Bereich von Umwelt- und Menschenschutz. Ein Wasserkraftwerk in einem beckenartigen Ballungsgebiet mit hoher Feinstaubbelastung und latenter Gefahr der Nebelbildung zu errichten, müsse mit anderen Alternativen abgeglichen werden und dürfe sich nicht nur auf gleichartige Kraftwerke desselben Typus beschränken.

Weiters heißt es in der Beschwerde (0224) - wie schon in der Berufung der Erst- und Zweitbeschwerdeführerinnen - die Bestimmung des § 1 Abs. 3 Z 8 des Stmk ElWOG 2005, nämlich die bei der Erzeugung zum Einsatz gelangende Energie möglichst effizient einzusetzen, sei nicht beachtet worden. Sie stelle eine Voraussetzung für die Genehmigungsfähigkeit des antragsgegenständlichen Vorhabens dar.

5.2. Der angefochtene Bescheid nahm zur Alternativenprüfung in der Begründung in Punkt 6.1 und zum Stmk ElWOG in Punkt 6.6 (Energieeffizienz) Stellung. Dabei verwies die belangte Behörde auf § 6 Abs. 1 Z. 2 UVP-G 2000 und meinte, es handle sich beim gegenständlichen Vorhaben um das Projekt eines Wasserkraftwerks zur Erzeugung elektrischer Energie, die in das öffentliche Netz eingespeist werden solle. Andere Formen der Energieerzeugung oder Möglichkeiten eines Energiesparens seien dazu keine "Alternativen" im Sinne des Gesetzes. Die mitbeteiligte Partei habe drei Standortvarianten geprüft und dokumentiert. Die UVP-Gutachter hätten die Auswahl des letztlich eingereichten Projekts aus technischen und wirtschaftlichen Gründen sowie wegen der Geländebeschaffenheit zustimmend zur Kenntnis genommen bzw. sogar positiv befürwortet. Insoweit die Berufungsvorbringen die unzureichende Alternativenprüfung behaupteten, seien sie unbegründet.

Zum Thema Energieeffizienz verwies die belangte Behörde auf den Wortlaut des bereits in den Berufungen angesprochenen § 1 Abs. 3 Z 8 Stmk ElWOG 2005 und meinte, es gehe im gegenständlichen Verfahren nicht um die Verwendung der einmal erzeugten elektrischen Energie, sondern um die Erzeugung elektrischer Energie. In dieser Hinsicht seien nicht die genannten Zielbestimmungen des Gesetzes, sondern die Genehmigungskriterien des § 10 Stmk ElWOG 2005 maßgeblich, in denen nicht auf Energieeffizienz abgestellt werde. Aber auch der Sache nach werde nicht geltend gemacht, dass die gegenständliche Stromerzeugungsanlage nicht der effizienten Umwandlung der motorischen Wasserkraft in elektrische Energie diene - welches Erfordernis sich zwar nicht aus dem Stmk ElWOG, wohl aber aus § 105 WRG 1959 ergebe. Die in dieser Hinsicht einschlägigen Gutachten gäben keinen Anlass für Zweifel, dass Energie hier effizient erzeugt werde. Auf die Fragen der Energieeffizienz werde im Zusammenhang mit der Beurteilung öffentlicher Interessen noch zurückzukommen sein. Eine Verletzung elektrizitätsrechtlicher Vorschriften liege nicht vor.

5.3. Die in der Beschwerde (0224) vorgebrachte Argumentation beinhaltet mehrere Aspekte:

5.3.1. Zuerst nehmen die Beschwerdeführer offenbar auf die Ausführungen der belangten Behörde zu § 6 Abs. 1 Z 3 UVP-G 2002 und auf die dort vorgesehene Alternativenprüfung Bezug. Diese Bestimmung und die in diesem Zusammenhang ebenfalls relevante Bestimmung des § 1 Abs. 1 Z 4 UVP-G 2000 lauten:

"Aufgabe von Umweltverträglichkeitsprüfung und Bürgerbeteiligung

§ 1. (1) Aufgabe der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) ist

es, unter Beteiligung der Öffentlichkeit auf fachlicher Grundlage

1. die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen

festzustellen, zu beschreiben und zu bewerten, die ein Vorhaben

a) auf Menschen, Tiere, Pflanzen und deren

Lebensräume,

b) auf Boden, Wasser, Luft und Klima,

c) auf die Landschaft und

d) auf Sach- und Kulturgüter

hat oder haben kann, wobei Wechselwirkungen mehrerer

Auswirkungen untereinander miteinzubeziehen sind,

2. Maßnahmen zu prüfen, durch die schädliche,

belästigende oder belastende Auswirkungen des Vorhabens auf die

Umwelt verhindert oder verringert oder günstige Auswirkungen des

Vorhabens vergrößert werden,

3. die Vor- und Nachteile der vom Projektwerber/von

der Projektwerberin geprüften Alternativen sowie die

umweltrelevanten Vor- und Nachteile des Unterbleibens des

Vorhabens darzulegen und

4. bei Vorhaben, für die gesetzlich die Möglichkeit

einer Enteignung oder eines Eingriffs in private Rechte vorgesehen ist, die umweltrelevanten Vor- und Nachteile der vom Projektwerber/von der Projektwerberin geprüften Standort- oder Trassenvarianten darzulegen.

(2) ...

 

Umweltverträglichkeitserklärung

§ 6. (1) Die Umweltverträglichkeitserklärung hat folgende Angaben zu enthalten:

  1. 1. ...
  2. 2. eine Übersicht über die wichtigsten anderen vom Projektwerber/von der Projektwerberin geprüften Lösungsmöglichkeiten und Angabe der wesentlichen Auswahlgründe im Hinblick auf die Umweltauswirkungen; im Fall des § 1 Abs. 1 Z 4 die vom Projektwerber/von der Projektwerberin geprüften Standort- oder Trassenvarianten."

    Die Projektwerberin hat im vorliegenden Fall mehrere Alternativen und die Nullvariante geprüft; in einzelnen Fachbeiträgen der Einreichunterlagen und zusammenfassend in der Umweltverträglichkeitserklärung (S. 67 ff) wurden die unterschiedlichen Alternativen bewertet. Auch die Sachverständigen haben sich mit der Alternativenprüfung und der Prüfung der Nullvariante auseinandergesetzt (vgl. z.B. Umweltverträglichkeitsgutachten, S. 269 ff) und sind zu dem Ergebnis gekommen, dass der von der Projektwerberin gewählte Standort entweder der beste oder den anderen zumindest gleichwertig ist.

    Die Beschwerdeführer weisen zwar auf mangelnde Auseinandersetzung mit dem Aspekt Energieeffizienz hin, wenden sich aber trotz der Überschrift dieses Beschwerdeteils "Alternativenprüfung" nicht substantiiert gegen die Begründung des angefochtenen Bescheides, wonach die in § 6 Abs. 1 Z 2 UVP-G 2000 vorgesehene Alternativenprüfung vorgenommen und fachlich nicht beanstandet worden sei.

    Sollten die Beschwerdeführer meinen, es wären andere Konzepte zur Energiegewinnung oder Energieeffizienz zu verfolgen gewesen, sind sie darauf hinzuweisen, dass im Rahmen der Alternativenprüfung nach § 6 Abs. 1 Z 2 UVP-G 2000 vor allem Standortvarianten zu untersuchen sind. Nicht zu prüfen sind alternative umweltpolitische Gesamtkonzepte und gesamtstaatliche Fragen des Umweltschutzes, wie z.B. die Nutzung von Wind- statt Wasserkraft zur Energiegewinnung. Ebenso ist in diesem Rahmen nicht zu untersuchen, ob ein Vorhaben etwa bei einer konsequenten Energiesparpolitik vermeidbar wäre (Altenburger/Berger, UVP-G2, Rz 24 zu § 6 UVP-G).

5.3.2. Das Fehlen von Alternativenprüfungen nach anderen Vorschriften (etwa nach den hier anzuwendenden Materiengesetzen) wird nicht explizit geltend gemacht.

5.3.3. Ein weiterer Aspekt der oben wiedergegebenen Beschwerdeausführungen bezieht sich auf die (hier mitanzuwendende) Bestimmung des § 1 Abs. 3 Z 8 Stmk ElWOG 2005. Es wird vorgebracht, die bei der Erzeugung zum Einsatz gelangende Energie werde entgegen dem Gesetzeswortlaut nicht möglichst effizient eingesetzt, was einen Abweisungsgrund für das Vorhaben darstelle.

§ 1 Abs. 3 Stmk ElWOG hat folgenden (auszugsweisen) Wortlaut:

"Geltungsbereich, Ziele

§ 1. (1) ...

(3) Ziel dieses Gesetzes ist es,

1. ...

6. den hohen Anteil erneuerbarer Energieträger in der

Elektrizitätswirtschaft weiter zu erhöhen;

7. die Bevölkerung und die Umwelt vor Gefährdungen und

unzumutbaren Belästigungen durch Erzeugungsanlagen zu schützen

8. die bei der Erzeugung zum Einsatz gelangende

Energie möglichst effizient einzusetzen und

9. das öffentliche Interesse an der Versorgung mit

elektrischer Energie, insbesondere aus heimischen, erneuerbaren Ressourcen, bei der Bewertung von Infrastrukturprojekten zu berücksichtigen."

Vorauszuschicken ist, dass es sich bei der Vorschrift des § 1 Abs. 3 Z 8 Stmk ElWOG lediglich um eine Zielbestimmung handelt. Im Unterschied z.B. zum OÖ ElWOG handelt es sich dabei nicht um eine der in § 10 Stmk ElWOG genannten Genehmigungsvoraussetzungen. Schon aus diesem Grund könnte eine Nichteinhaltung dieses Ziels nicht zur Abweisung des Antrags führen.

Die Beschwerdeargumentation, wonach es dem Bundesgesetzgeber verwehrt wäre, diese vom Landesgesetzgeber wahrgenommenen Interessen zu torpedieren, scheitert daher bereits daran, dass auch der Landesgesetzgeber das Interesse an einem effizienten Energieeinsatz bei der Erzeugung von Energie (hier: durch ein Kraftwerk) nicht als zwingend einzuhaltende Voraussetzung normiert hat.

Abgesehen davon zielt § 1 Abs. 3 Z 8 Stmk ElWOG auf den effizienten Einsatz der bei der Erzeugung von Strom durch das Kraftwerk eingesetzten Energie und nicht etwa auf den effizienten Einsatz der durch das Kraftwerk erzeugten Energie. Auf dieses mögliche Missverständnis hat der angefochtene Bescheid (S. 19) ausdrücklich hingewiesen und weiters dargetan, dass auf Grundlage der eingeholten Gutachten an der Effizienz der Energieerzeugung - sollten die Beschwerdeführer diesen Aspekt tatsächlich gemeint haben - nicht gezweifelt werden könne.

Die Beschwerde (0224) wiederholt die diesbezüglichen Berufungsausführungen der Erst- und Zweitbeschwerdeführerinnen, ohne auf die darauf bezugnehmenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid einzugehen. Sie legt auch nicht näher dar, aus welchem Grund am effizienten Energieeinsatz bei der Erzeugung der Energie zu zweifeln wäre. Diese Argumentation führt die Beschwerde daher nicht zum Erfolg.

5.3.4. Ein weiterer Aspekt der Beschwerdeausführungen bezieht sich auf das Privatgutachten der P; die Beschwerde (0224) wirft der belangten Behörde vor, sie hätte dieses Gutachten zu Unrecht ignoriert. Die belangte Behörde gehe von populärwissenschaftlichen Darstellungen als Grundlage für ihre Interessenabwägung aus und komme wegen des Fehlens eines Gutachtens auf dem Gebiet der Energiewirtschaft daher zu unrichtigen Ergebnissen.

Dieses Vorbringen bezieht sich offenbar auf die Darstellung öffentlicher Interessen bzw. der Interessenabwägung unter Punkt 6.7 (Exkurs) des angefochtenen Bescheides, die im Zusammenhang mit § 17 Abs. 3 ForstG steht (siehe dazu auch die Ausführungen unter Punkt 9).

Was das genannte Gutachten der P betrifft, so ging die Erstbehörde im Rahmen ihrer beweiswürdigenden Überlegungen noch von einem unzulässigen Beweismittel aus, weil diesem Gutachten die Person des Gutachters nicht zu entnehmen sei und es zudem die Unterschrift des Erstellers nicht aufweise. Die belangte Behörde bezog sich nun im Gegensatz dazu (auf S. 23 des angefochtenen Bescheides) im Zusammenhang mit ihren Ausführungen über die Energieeffizienz ausdrücklich auf das genannte Gutachten ebenso wie auf das Gutachten des Technischen Büros T und auf die Aussage des R im Rahmen der vor der belangten Behörde durchgeführten mündlichen Verhandlung.

Der Vorwurf der Beschwerdeführer, das genannte Gutachten wäre von der Behörde nicht beachtet worden, ist daher nicht nachvollziehbar.

Inhaltlich wird in den genannten Gutachten die Ansicht vertreten, dass konsequente Energieeffizienzpolitik das gegenständliche Projekt entbehrlich machte; zu fördern wären alternative Maßnahmen der Energieeffizienz wie

z. B. Gebäudesanierung, Nutzung von Dächern für Photovoltaikanlagen, Sanierung von Kleinkraftwerken, Forcierung anderer Arten von Energieerzeugung etc.

Wie die belangte Behörde zutreffend festhielt, hat sie sich mit einem konkreten Projekt zu befassen und dessen Genehmigungsfähigkeit zu beurteilen; der Projektwerber hat einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Bewilligung bei Vorliegen der Voraussetzungen. Die in den genannten Gutachten vertretenen Aspekte und Alternativvorschläge sind in erster Linie energiepolitischer Art und können im Rahmen der rechtlichen Beurteilung des Projektes nicht berücksichtigt werden (siehe dazu bereits die oben unter 5.3.1. getroffenen Ausführungen). Der Projektsbezug eines Anlageverfahrens und die Rechtslage erlauben es nicht, der politisch gewünschten Steigerung der Energieeffizienz insofern zum Durchbruch zu verhelfen, als dem Projekt deshalb die Bewilligung zu versagen wäre, weil die aufgezeigten Alternativen unter dem Aspekt der Energieeffizienz "effizienter" wären.

Die mit diesem Aspekt des Verfahrens im Zusammenhang stehende Rüge des Protokolls der Verhandlung vor der belangten Behörde (S. 44 der Beschwerde) erweist sich daher als für das Verfahrensergebnis unerheblich.

6. Zur fehlenden Berücksichtigung der Raumordnungsverordnung der Stadt Graz:

6.1. In der Beschwerde (0224) heißt es unter Punkt 4.3, die belangte Behörde hätte die "Raumordnungsverordnung der Stadt Graz" berücksichtigen müssen, die dem Rechtsbestand landesgesetzlicher Vorschriften angehöre. Es fehlten aber entsprechende Gutachten betreffend die Raumordnung Graz. Wäre ein entsprechendes Gutachten eingeholt worden, hätte dies die Genehmigung des Projektes in Frage gestellt und die Behörde zu einer anderen Entscheidung kommen lassen, weil auch dieses Gutachten bei der Abwägung des öffentlichen Interesses eine bedeutende Rolle gespielt hätte.

Punkt 4.6.3 der Beschwerde (0224) kommt neuerlich auf die "Raumordnungsverordnung Graz" zurück und konstatiert als inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides den Umstand, dass in diesem Zusammenhang wichtige Rechtsvorschriften nicht beachtet worden seien.

6.2. Eine "Raumordnungsverordnung der Stadt Graz" gibt es nicht. Die Beschwerde meint damit möglicherweise das Stadtentwicklungskonzept der Landeshauptstadt Graz (Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 19. September 2005, mit der ein regionales Entwicklungsprogramm für die Planungsregion (politische Bezirke) Graz und Graz-Umgebung erlassen wird, LGBl Nr. 106/2005).

6.3. Das UVP-G 2000 nimmt in § 12 Abs. 5 Z 5 leg. cit. auf die Raumordnung Bezug, wenn es als einen Teil des UVP-Gutachtens fachliche Aussagen zu den zu erwartenden Auswirkungen des Vorhabens auf die Entwicklung des Raumes unter Berücksichtigung öffentlicher Konzepte und Pläne und in Hinblick auf eine nachhaltige Nutzung von Ressourcen fordert. Dass die mitbeteiligte Partei dieser Anforderung nicht nachgekommen wäre, wird nicht behauptet.

Im Erstbescheid wurde nun unter Hinweis auf § 3 Z 6 des Steiermärkischen Baugesetzes (Stmk BauG) die Ansicht vertreten, dass für das Bauwerk des gegenständlichen Kraftwerkes keine Baubewilligung erforderlich sei, weil dieses nach dem WRG 1959 zu genehmigen sei und daher auch der Widmungshoheit der Stadt Graz nicht unterliege. Angesichts des § 12 Abs. 5 Z 5 UVP-G 2000 seien die Raumordnungsakte aber in Bezug auf die Auswirkungen des Vorhabens zu prüfen. Die Erstbehörde befasste sich vor diesem Hintergrund mit den durch Sachverständige bewerteten Auswirkungen des Vorhabens auf den Raum (Punkt 4.4. des Erstbescheides), und zwar in örtlicher und überörtlicher Hinsicht. Die Sachverständigen waren insgesamt zum Ergebnis gelangt, dass die projektbedingten Auswirkungen im Hinblick auf die relevanten öffentlichen Konzepte und Pläne auf der Ebene der örtlichen und überörtlichen Raumplanung als gering nachteilig anzusehen seien. Die Erstbehörde übernahm die von den Sachverständigen in diesem Zusammenhang vorgeschlagenen Auflagen in den Bescheidspruch.

Im angefochtenen Bescheid wird auf diese Gutachten als Grundlage für die Vorschreibung einschlägiger Auflagen verwiesen und weiters festgehalten, dass sich die Genehmigungskriterien für Projekte der gegenständlichen Art nicht aus § 12 leg. cit., sondern allein aus § 17 UVP-G 2000 ergäben. Zu den auf das Projekt eines Wasserkraftwerks anzuwendenden Verwaltungsvorschriften zählten aber weder das Steiermärkische Raumordnungsgesetz (und die dortige Standortplanung) noch das Stmk BauG (Stadtbild). Beschlüsse bzw. das Fehlen von Beschlüssen von Organen der Standortgemeinde könnten daher der Genehmigung eines Wasserkraftwerkes nicht entgegenstehen. Die Berufungsvorbringen, die die Verletzung von bau- und raumordnungsrechtlichen Vorschriften geltend machten, seien somit als unbegründet abzuweisen.

Auch unter dem Aspekt des § 17 Abs. 5 UVP-G 2000 befasst sich die belangte Behörde mit den Aspekten der örtlichen Raumplanung (S. 58f des angefochtenen Bescheides) und verweist insbesondere darauf, dass die Stadt Graz als Planungsträgerin im erstinstanzlichen Verfahren intensiv mitgewirkt habe (Masterplan Mur Graz Mitte), was im Juni 2011 zu einem positiven Gemeinderatsbeschluss geführt habe; die Stadt Graz habe auch keine Berufung gegen den Erstbescheid erhoben. Trotz der von der Neuntbeschwerdeführerin genannten substantiierten Bedenken auch in Bezug auf die Raumplanung ergäben sich insgesamt keine Bedenken von dem Gewicht, das die Anwendung des Versagungstatbestandes des § 17 Abs. 5 UVP-G rechtfertigte.

Die Beschwerde (0224) geht weder auf die rechtliche Argumentation des angefochtenen Bescheides, wonach Vorschriften der Raumordnung bzw. des Baurechtes im vorliegenden Verfahren nicht unmittelbar anzuwenden seien, noch auf die Prüfung dieser Aspekte vor dem Hintergrund des § 17 Abs. 5 UVP-G 2002 näher ein. Den eingeholten Gutachten kann aber - vor dem Hintergrund des oben dargestellten Prüfungskalküls des Verwaltungsgerichtshofes - die Schlüssigkeit und Plausibilität nicht abgesprochen werden; die Beschwerde (0224) erweist sich daher auch in diesem Punkt als unbegründet.

7. In Bezug auf die unter der Überschrift "Fehlende und unvollständige Gutachten eines Humanmediziners bzw. des Sachverständigen für Luftreinhaltung" in der Beschwerde (0224) enthaltenen Ausführungen wird auf die Punkte 9. und 13.2. des vorliegenden Erkenntnisses verwiesen, wo auf diese Aspekte näher eingegangen wird.

8. Zur "Ausnahmegenehmigung von Schutzbestimmungen":

8.1. Unter der Überschrift "Zur fehlenden Voraussetzung für eine Ausnahmegenehmigung von Schutzbestimmungen" (nach dem Stmk NSchG) finden sich in der Beschwerde (0224) umfangreiche Ausführungen zum Natur- und Artenschutz, insbesondere in Bezug auf die Würfelnatter; in diesem Teil der Beschwerde finden sich weiters Ausführungen über "Baumverluste" (S. 37 bis S. 42).

Im Wesentlichen wird in dem den Artenschutz betreffenden Teil der Beschwerdeausführungen beanstandet, dass die Ist-Zustandserhebung durch die mitbeteiligte Partei mangelhaft erfolgt sei und die Wirksamkeit der Absammlung (des Einfangens) der Würfelnatter bezweifelt werde. Bezweifelt würde ebenfalls die Wirksamkeit der Ausgleichsmaßnahmen; der nicht amtliche Sachverständige habe diesbezüglich keine Prognose abgeben können. Zweifel ergäben sich auch daraus, weil dieser Sachverständige und ihm folgend nun die belangte Behörde die Vorlage eines ökologischen Detailkonzeptes fordere. Die Voraussetzungen für die Erteilung von Ausnahmebewilligungen nach § 13d Abs. 5 des Stmk NSchG sei nicht gegeben. Die mitbeteiligte Partei benötige weiters zusätzliche Ausnahmebewilligungen für das Absammeln und Töten der Würfelnatter-Individuen, welche aber von ihr nicht beantragt und vom Umweltsenat nicht als erforderlich angesehen und nicht erteilt worden seien.

In der Beschwerde (0286) finden sich ebenfalls Ausführungen zum Thema Natur- und Artenschutz, ebenfalls zur Würfelnatter, aber auch zum Huchen.

Diese Beschwerde weist auf die Weisung des Europarates an Österreich bezüglich der Würfelnatter hin, aus der eine besondere Verantwortung für die Populationen der Würfelnatter u.a. an der Mur erkennbar sei. Aufgrund dieser Vorgaben wäre die Bewilligung des Murkraftwerkes nur unter den Voraussetzungen der Umsetzung eines umfassenden, den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben entsprechenden Natur- und Artenschutzes möglich. Der nichtamtliche Sachverständige DI K. habe aber keine wissenschaftlich fundierten Prognosen zum Erfolg der vorgeschlagenen Maßnahmen geliefert. Ohne vollständige, präzise und endgültige Feststellungen könnten vernünftige wissenschaftliche Zweifel hinsichtlich der Auswirkungen auf die Population der Würfelnatter an der Mur nicht ausgeräumt werden. Dazu werde auf den näher dargestellten "Leitfaden zum strengen Schutzsystem für Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse im Rahmen der FFH-Richtlinie 92/43/EWG " verwiesen. Mit zum Teil den gleichen Worten wie die Erst- bis Fünftbeschwerdeführer rügen die zu 0286 einschreitenden Beschwerdeführer die Formulierung der Auflage E.2 in Bezug auf die vorgeschriebene Abfangmethodik bzw. den Absammelzeitraum.

Die Beschwerde (0215) beinhaltet allein Bedenken im Zusammenhang mit der Würfelnatter und damit mit der Ausnahmebewilligung nach dem Stmk NSchG. Sie weist darauf hin, dass die belangte Behörde vor dem Hintergrund des beigezogenen Gutachtens des naturschutzfachlichen Sachverständigen davon ausgegangen sei, dass die Populationserhebungen ausreichend seien und die quantitative Ermittlung der Zahl der betroffenen Individuen unerheblich sei, zumal die Rechtsvorschriften auf die Populationen und deren günstigen Erhaltungszustand abstellten und den günstigen Erhaltungszustand als Zielzustand postulierten. Die fachlichen Grundlagen für diese Prämissen seien zum Teil grob mangelhaft. So sei der beigezogene nicht-amtliche Sachverständige für Naturschutz (DI K.) kein Herpetologe und es seien im erst- und im zweitinstanzlichen Verfahren sämtliche einschlägigen Fragen von dem Gutachter beantwortet worden, der für die mitbeteiligte Partei die Projektsunterlagen erarbeitet habe (Mag. Dr. T.). Dass die Behörde keine geeigneten Fachleute herangezogen habe, sei befremdlich.

Zur Vorbereitung dieser Beschwerde habe die Zehntbeschwerdeführerin an das von ihr bereits im Verwaltungsverfahren mit fachlichen Stellungnahmen betraute ÖKOTEAM den Auftrag erteilt, insbesondere die fachliche Nachvollziehbarkeit und Plausibilität der Annahmen und Aussagen im angefochtenen Bescheid in Bezug auf die Würfelnatter zu prüfen. Auf Basis dieser unter einem vorgelegten Arbeit sei der belangten Behörde entgegen zu halten, dass die Frage des Referenzzeitpunktes und eine möglichst genaue Ermittlung der Individuenzahl Voraussetzung für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung sei. Die Aussagen des nicht-amtlichen naturschutzfachlichen Sachverständigen zu diesen Themen seien fachlich falsch bzw. unzureichend. Eine Prognose hinsichtlich der Erreichung des Zielzustandes des günstigen Erhaltungszustandes sei daher nicht möglich.

Die Beschwerde (0215) bringt weiter vor, es komme im Fall der Konsumation der Bewilligung auch zur Tötung von Würfelnatterindividuen. Die belangte Behörde habe zwar die Auflage E.2 nun derart abgeändert, dass offenbar das Risiko der projektskausalen Tötung über das normale Lebensrisiko der betroffenen Art nicht mehr hinausgehe. Aber auch diese Annahme beruhe auf falschen fachlichen Vorgaben, weil der nicht-amtliche naturschutzfachliche Sachverständige zu Unrecht davon ausgehe, dass weit mehr als 50% des lokalen Bestandes gefangen und umgesiedelt werden könnten. Dies habe der von ihr namhaft gemachte Privatsachverständige während der mündlichen Verhandlung plausibel dargelegt. Nach einem Hinweis auf die ihrer Ansicht nach realitätsfremde Erweiterung der UVE-Maßnahme N-06 führt die Zehntbeschwerdeführerin aus, das Vorsorgeprinzip sei nicht gewahrt, weshalb ebenfalls gegen das Verbot der absichtlichen Tötung verstoßen werde. So fehle es an einem Nachweis, dass die Nattern tatsächlich möglichst vollständig abgesammelt worden seien.

Auch die Interpretation des Begriffs "Fangen" durch die belangte Behörde sieht die Beschwerde (0215) kritisch. Dieser Begriff sei keinesfalls nur im Sinne von "Einfangen" zu verstehen, zumal das Fangen und Freilassen an einem anderen Ort eine verpönte Störung der Population darstelle. Diese absichtliche Störung habe Auswirkungen auf den Erhaltungszustand einer Population, weshalb eine Ausnahmegenehmigung im Sinne des Art. 16 der FFH-Richtlinie erforderlich sei. Ebenfalls unrichtig sei die Nichtberücksichtigung der Einwände in Bezug auf die genetische Verarmung der Population und die Erfordernisse der Vernetzung von Lebensräumen.

8.2. §§ 13 und 13d des Stmk NSchG haben folgenden Wortlaut:

"Kohärentes europäisches ökologisches Netz

'NATURA 2000' Artenschutz Begriffsbestimmungen

(1) Die §§ 13a und 13b dienen dem Schutz der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und der europäischen Vogelschutzgebiete. Das sind Gebiete, die von der Europäischen Kommission als Teil des kohärenten europäischen ökologischen Netzes mit der Bezeichnung 'NATURA 2000' festgelegt worden sind.

(2) Die §§ 13 c bis 13 e dienen dem Schutz und der Pflege der wild lebenden Tier- und Pflanzenarten in ihrer natürlichen und historisch gewachsenen Vielfalt.

(3) Im Sinne der §§ 13 a bis 13 e bedeuten:

1. Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie):

Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen, Amtsblatt der EG, L 206 vom 22. Juli 1992, S. 7, in der Fassung der Richtlinie 97/62/EG des Rates vom 27. Oktober 1997, Amtsblatt der EG, L 305 vom 8. November 1997, S. 42.

2. Vogelschutz-Richtlinie: Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wild lebenden Vogelarten, Amtsblatt der EG, L 103 vom 25. April 1979, S. 1, zuletzt geändert durch die Richtlinie 97/49/EG der Kommission vom 29. Juli 1997, Amtsblatt der EG, L 223 vom 13. August 1997, S. 9.

3. Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung: Gebiete, die in signifikantem Maße dazu beitragen, einen natürlichen Lebensraumtyp des Anhanges I oder eine Art des Anhanges II der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie in einem günstigen Erhaltungszustand zu bewahren oder einen solchen wiederherzustellen und die auch in signifikantem Maße zur Kohärenz des Netzes 'NATURA 2000' oder zur biologischen Vielfalt beitragen können. Bei Tierarten, die große Lebensräume beanspruchen, entsprechen diese Gebiete den Orten im natürlichen Verbreitungsgebiet dieser Arten, welche die für ihr Leben und ihre Fortpflanzung ausschlaggebenden physischen und biologischen Elemente aufweisen. Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung sind in der Liste nach Artikel 4 Abs. 2 dritter Satz der FFH-Richtlinie eingetragen.

4. ...

Schutz der Tiere

§ 13d. (1) Die im Anhang IV lit. a der FFH-Richtlinie angeführten Tiere sind durch Verordnung der Landesregierung vollkommen zu schützen. Der Schutz gilt für alle Entwicklungsstadien der Tiere. Sonstige, von Natur aus frei lebende, nicht dem Jagdrecht unterliegende Tiere, deren Bestand gefährdet oder aus Gründen der Erhaltung eines ausgeglichenen Naturhaushaltes zu sichern ist und für die ein Schutzbedürfnis besteht, können durch eine solche Verordnung der Landesregierung geschützt werden. Bei der Erlassung von Verordnungen ist die steirische Landesjägerschaft anzuhören.

(2) Für diese geschützten Tierarten gelten folgende Verbote:

  1. 1. alle absichtlichen Formen des Fanges oder der Tötung,
  2. 2. jede absichtliche Störung, insbesondere während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten,

    3. jede absichtliche Zerstörung oder Beschädigung sowie die Entnahme von Eiern aus der Natur,

    4. jede Beschädigung oder Vernichtung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten,

    5. Besitz, Transport, Handel oder Austausch und Angebot zum Verkauf oder Austausch von aus der Natur entnommenen Exemplaren oder deren Körperteilen; vor Inkrafttreten dieses Gesetzes rechtmäßig entnommene Exemplare sind hievon ausgenommen.

(3) ...

(5) Sofern es keine andere Möglichkeit gibt und die Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen, kann die Landesregierung von den Schutzbestimmungen des Abs. 2 und Abs. 4 Ausnahmen bewilligen:

1. zum Schutz der übrigen wild lebenden Tiere und Pflanzen und zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume,

2. zur Verhütung ernster Schäden insbesondere an Kulturen und in der Tierhaltung sowie an Wäldern, Fischgründen, Gewässern und Eigentum,

3. im Interesse der Volksgesundheit und der öffentlichen Sicherheit oder aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art oder positiver Folgen für die Umwelt,

4. zu Zwecken der Forschung und des Unterrichtes, der Bestandsauffüllung und Wiederansiedlung und der für diese Zwecke erforderlichen Aufzucht,

5. um unter strenger Kontrolle selektiv und im beschränkten Ausmaß die Entnahme einer begrenzten, von der Behörde spezifizierten Anzahl von Exemplaren bestimmter Tierarten zu erlauben.

Die Bewilligung von Ausnahmen ist erforderlichenfalls unter Vorschreibung von Auflagen oder Bedingungen zu erteilen.

(6) ...".

Gemäß Art. 12 der FFH-Richtlinie 92/43/EWG in der Fassung zuletzt der RL 2006/105/EG treffen die Mitgliedstaaten die notwendigen Maßnahmen, um ein strenges Schutzsystem für die in Anhang IV Buchstabe a) genannten Tierarten in deren natürlichen Verbreitungsgebieten einzuführen; dieses verbietet

a) alle erheblichen Formen des Fangs oder der Tötung von aus der Natur entnommenen Exemplaren dieser Arten;

b) jede absichtliche Störung dieser Arten, insbesondere während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten;

c) jede absichtliche Zerstörung oder Entnahme von Eiern aus der Natur;

d) jede Beschädigung oder Vernichtung der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten.

Art. IV lit. a der FFH-Richtlinie listet Arten von streng zu schützenden Tieren von gemeinschaftlichem Interesse auf. Darin findet sich u.a. die Würfelnatter.

8.3.1. Während noch im Konsensantrag der mitbeteiligten Partei vom 30. Juni 2010 keine Berührungspunkte mit dem Artenschutz zu finden waren, bezog sich ihr ergänzender Schriftsatz vom 9. Mai 2011 und die auf fachlicher Grundlage erfolgte Ergänzung der UVE darauf, dass in der Bauphase der Verbotstatbestand des § 13d Abs. 2 Z 2 und in der Betriebsphase zusätzlich derjenige des § 13d Abs. 2 Z 4 Stmk NSchG verwirklicht werde ((Semi)terrestische Tiere und Pflanzen und ihre Lebensräume, Artenschutzrechtliche Prüfung, verfasst von ARGE K). Eine weitere Ergänzung der UVE erfolgte mit den mit Schriftsatz vom 29. November 2011 vorgelegten fachlichen Stellungnahmen; einerseits einer ergänzenden Stellungnahme zu den vorgebrachten Kritikpunkten, verfasst von der ARGE K, andererseits dem Gutachten "M Präzisierungsband zur UVE: Fachbeitrag Würfelnatter", verfasst von Mag. Dr. T., B Technisches Büro für Biologie und Ökologie. Das letztgenannte Gutachten geht davon aus, dass im Projektsgebiet der Zustand der Population als "B" bis "C" (gut bis mittelschlecht), der Gesamtbestand an der Mur hingegen "A" (hervorragend) abgeschätzt werden könne. Dieses Gutachten nimmt in weiterer Folge auch eine an den Tatbeständen des § 13d Abs. 2 Stmk NSchG orientierte artenschutzrechtliche Prüfung vor.

Der nicht-amtliche Sachverständige DI K. erstattete das Teilgutachten zum Umweltverträglichkeitsgutachten für den Fachbereich Naturschutz und gelangte zusammengefasst zum Ergebnis, dass gegen den Verbotstatbestand des absichtlichen Tötens nicht verstoßen werde, es aber zu einem absichtlichen Fangen von Nattern im Rahmen der schadensvermeidenden Maßnahmen N-06 und sohin zu einer Verbotsverletzung der § 13d Abs. 2 Z 1 Stmk NSchG komme; ein Verstoß gegen das Störungsverbot der Z 2 wurde hingegen verneint. Es komme aber zu einer Zerstörung der Fortpflanzungs- und Ruhestätten (vor allem während der Bauphase) und damit zu einer Verwirklichung des Tatbestandes des § 13d Abs. 2 Z 4 Stmk NSchG.

Der Bescheid der Behörde erster Instanz enthält in seinem Spruchpunkt III.7 eine artenschutzrechtliche Ausnahmebewilligung vom Verbot des § 13d Abs. 2 Z 4 Stmk NSchG, auch wenn in der Begründung auf eine erteilte Bewilligung auch für den Tatbestand des Abs. 2 Z 1 leg. cit. Bezug genommen wird.

Die belangte Behörde widmete dem Aspekt des Artenschutzes einen großen Teil ihrer mündlichen Verhandlung vom 30. April 2013. Der nicht-amtliche Sachverständige für Naturschutz DI K. nahm an der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde teil, in deren Rahmen der von der Umweltanwältin beigezogene Privatsachverständige Kritik an seinem Gutachten äußerte, insbesondere im Zusammenhang mit den Angaben über den Zustand der Population. Der Sachverständige DI K. replizierte unter Hinweis auf die dem Projekt zu Grunde liegenden "hochwertigen Gutachten", die übereinstimmend u.a. eine Störung der Vermehrungsstätten verneint hätten. Dieser Ansicht, die Hand und Fuß habe, sei er aber trotzdem nicht gefolgt, sondern habe im Sinne des Vorsorgeprinzips und der für fachliche Aussagen notwendigen Sicherheit eine Verletzung des Verbotstatbestandes (gemeint: des § 13d Abs. 2 Z 4 Stmk NSchG) angenommen. Der Verbotstatbestand des Tötens stelle sich aber nicht; es sei ausreichend Vorsorge gegen ein Töten im Zuge des Einsammelns getroffen worden.

Im weiteren Verlauf der mündlichen Verhandlung wurden auf fachlicher Ebene die für das Einsammeln notwendigen Tage, die Abfangmethoden, die Einsammelquote und die Ausgleichsflächen diskutiert. Schließlich führte der nicht-amtliche Sachverständige für Naturschutz mit näherer Begründung aus, dass die ihm vorgelegte Aufstellung von Ausgleichsflächen ausreichende und qualitativ geeignete Ausgleichsflächen darstelle. Er wies auch darauf hin, dass es unterschiedliche Erhaltungszustände (biogeografische Region, gesamte Mur und im Bereich der Kraftwerke bzw. des Stadtraums Graz) gäbe, die sich im Wesentlichen nicht veränderten. Die Würfelnatter werde als Population weder mittelfristig noch langfristig gefährdet und nicht zerstört. Der Zustand der Population im Projektsbereich sei (im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung) schlecht. Es trete nur eine Schwächung der Population in der Bauphase ein; im Laufe der Inbetriebnahme und durch die Ausgleichsmaßnahmen bekäme die Würfelnatter die Möglichkeit, sich auf das alte Maß weiter zu entwickeln.

8.3.2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der mitbeteiligten Partei (im Instanzenzug) die artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung nach § 13d Abs. 2 Z 4 in Verbindung mit § 13d Abs. 5 Stmk NSchG vom Verbot der Beschädigung oder Vernichtung von Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der Würfelnatter erteilt; die - neben anderen - auf den Artenschutz, insbesondere den der Würfelnatter, Bezug nehmende Nebenbestimmung der Auflage E.2 wurde neu formuliert. Die belangte Behörde ging weiters davon aus, dass der Verbotstatbestand des § 13d Abs. 2 Z 1 Stmk NSchG vor dem Hintergrund der verschärften Auflage E.2 nicht verwirklicht worden sei.

Der Begründung des angefochtenen Bescheides ist zu entnehmen, dass das Vorhaben weder in einem nach dem Stmk NSchG geschützten Gebiet noch in einem nach der FFH-Richtlinie gemeldeten Gebiet zur Ausführung kommen solle. Im erstinstanzlichen Verfahren sei seitens der beigezogenen Sachverständigen insgesamt die Beurteilung getroffen worden, dass in Bezug auf den Lebensraum der Würfelnatter ungeachtet aller vorgesehenen CEF-Maßnahmen (= vorgezogene Ausgleichmaßnahmen) eine Ausnahmebewilligung erforderlich sei. Die Erstbehörde habe dementsprechend geprüft, ob eine Ausnahmebewilligung erteilt werden könne, und habe eine solche im erstinstanzlichen Bescheid (Spruchpunkt III 7) erteilt. In Bezug auf die Würfelnatter stellte die belangte Behörde weiters klar, dass das Bundesland Steiermark und die Republik Österreich gegenüber der Europäischen Union den Projektsbereich nicht als ein dem besonderen Schutz der Würfelnatter gewidmetes Gebiet bestimmt hätten. Sodann könne den anwendbaren Rechtsvorschriften nicht entnommen werden, dass die quantitative Ermittlung der Zahl der betroffenen Individuen entscheidungserheblich sei, stellten die Rechtsvorschriften doch auf die Populationen und deren günstigen Erhaltungszustand in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet ab. Weiters werde auf den günstigen Erhaltungszustand als Zielzustand abgestellt; eingreifende Maßnahmen seien nicht von vornherein ausgeschlossen, wenn der Ausgangszustand ein ungünstiger sei, sofern nur der im Rahmen der Projektsverwirklichung zu realisierende Zielzustand ein günstiger sei. Daher stelle sich die Frage nicht, ob irgendein in der Vergangenheit liegender Referenzzeitpunkt maßgeblich sein könnte. Weiters sei es nicht notwendig, dass mehrere als solche geeignete Lebensräume derart vernetzt sein müssten, dass zwischen den Populationen der betreffenden Art ein genetischer Austausch ermöglicht werde, wie dies in verschiedenen Berufungsschriftsätzen gefordert worden sei.

Der Lebensraum geschützter Tierarten sei in gewissem Umfang einer Gestaltung insoweit zugänglich, als nachteilige Eingriffe durch entsprechende Ersatz- und Ausgleichsmaßnahmen kompensiert werden könnten. Die belangte Behörde vertrat zum Erfordernis einer Ausnahmebewilligung nach § 13d Abs. 5 Stmk NSchG die Ansicht, dass nach Lehre und Rechtsprechung "absichtliches Töten" bereits dann vorliege, wenn dies billigend in Kauf genommen werde. Der beigezogene Sachverständige habe in der mündlichen Verhandlung wiederholt, dass viele Individuen gefangen werden könnten, dass einige flüchten würden, er habe sich aber außer Stande gesehen, quantifizierend darzulegen, dass keine Individuen zu Tode kommen würden. Die belangte Behörde sehe es als nicht gerechtfertigt, aber auch als zur Projektsverwirklichung nicht erforderlich an, eine Genehmigung zu erteilen, die das Töten von Individuen billigend in Kauf nehme. In diesem Sinn werde die hier einschlägige Auflage E.2 in Spruchpunkt IV des Erstbescheides strenger gefasst. Die Würfelnatter-Individuen seien nicht nur "möglichst effizient", sondern "möglichst vollständig" abzusammeln. Da die vom Experten der Steiermärkischen Umweltanwältin in der Verhandlung vorgetragene Kritik plausibel sei, wonach zehn Fangtermine nach Lage des Falls unzureichend sein könnten, solle diese Limitierung entfallen. Schließlich werde eine entsprechende Instruierung der Bauarbeiter vorgeschrieben, die auch eine Unterbrechung von Bauarbeiten erforderlich machen könne. Bei Einhaltung dieser Auflagen könne nicht mehr davon gesprochen werden, dass ein Töten von Würfelnattern billigend in Kauf genommen werde. Eine Ausnahmebewilligung (vom Verbot des § 13d Abs. 2 Z 1 - zweiter Tatbestand - Stmk NSchG) sei in dieser Hinsicht daher nicht erforderlich.

Weiters gehe die belangte Behörde davon aus, dass das gesetzliche Tatbestandselement des "Fangens" (§ 13d Abs. 2 Z 1 - erster Tatbestand - Stmk NSchG) nach Sinn und Zweck nur im Sinn von "Einfangen" verstanden werden könne. "Einfangen" eines Individuums, um es ohne schuldhafte Säumnis sogleich an seinem Zielort frei zu lassen, stelle in diesem Sinn kein "Fangen" dar. Für die projektsgemäßen bzw. auflagenförmig vorgeschriebenen Umsiedlungsmaßnahmen sei daher eine Ausnahmebewilligung ebenfalls nicht erforderlich.

Der Sachverständige habe aber dargelegt, dass von einer Beschädigung oder Vernichtung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten der Würfelnatter auszugehen sei. In diesem Sinne habe die Erstbehörde über eine diesbezügliche Ausnahmebewilligung abgesprochen (vgl. deren Spruchpunkt III Punkt 7). Dieser rechtlichen Beurteilung trete die belangte Behörde bei.

In weiterer Folge legte die belangte Behörde näher dar, aus welchem Grund ihres Erachtens die Voraussetzungen für die genannte Ausnahmebewilligung gegeben seien. Als Rechtfertigungsgrund komme das Vorliegen von zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art in Betracht. Mit dem Attribut "zwingend" werde nicht eine besondere Qualifikation zum Ausdruck gebracht; in seiner neueren Rechtsprechung spreche der EuGH vom "Allgemeininteresse". Dies ergebe sich aus der (näher dargestellten) Rechtsprechung zur gleichartigen Formulierung in Art. 6 Abs. 4 der FFH-RL. Nach Wiedergabe der entsprechenden Rechtsprechung des EuGH und des deutschen Bundesverwaltungsgerichtes bezog sich die belangte Behörde auf eine - nicht verbindliche - Meinung der Europäischen Kommission, wonach es angemessen sei, davon auszugehen, dass sich die "zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art" auf solche Situationen bezögen, in denen sich in Aussicht genommene Pläne bzw. Projekte als unerlässlich erwiesen. Dies sei z.B. im Rahmen von Handlungen bzw. Politiken der Fall, die auf den Schutz von Grundwerten für das Leben der Bürger abzielten, im Rahmen grundlegender Politiken für Staat und Gesellschaft und im Rahmen der Durchführung von Tätigkeiten wirtschaftlicher oder sozialer Art zur Erbringung bestimmter gemeinwirtschaftlicher Leistungen. Nach Ansicht der belangten Behörde könne es nicht zweifelhaft sein, dass ein Projekt, das der verbrauchsnahen Versorgung der Allgemeinheit diene, das als CO2-freie Stromerzeugung dem völkerrechtlich und unionsrechtlich vorgeprägten Ziel des Klimaschutzes entspreche und das die verpflichtende unionsrechtliche Vorgabe zur Erhöhung des Anteils von Strom auf der Basis von erneuerbarer Energie erfülle, dem in § 13d Abs. 5 Z 3 Stmk NSchG verankerten Rechtfertigungstatbestand entspreche.

Daran anschließend befasste sich die belangte Behörde mit der Prüfung der Frage, ob "es keine andere Möglichkeit gebe" und ob "die Populationen der betroffenen Art in einem natürlichen Verbreitungsgebiet ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilten". In Bezug auf die erste Frage verwies die belangte Behörde auf die Argumentation des Erstbescheides, wonach der gewählte Standort des Murkraftwerkes der beste im Vorfluter Mur sei und keine Möglichkeit bestehe, das Kraftwerk in einem anderen Bereich zu bauen, der nicht zum Lebensraum der Würfelnatter zähle, da der gesamte Murfluss einen Wanderkorridor der Würfelnatter bilde. Andere Projekte, insbesondere Windenergie, böten nicht in gleicher Weise zufriedenstellende Lösungen. Zur zweiten Frage verwies die belangte Behörde auf das Gutachten, dessen CEF-Konzept über normale Ausgleichsmaßnahmen hinausgehe und ein prinzipiell geeignetes Instrument darstelle, um der durch Richtlinie und Gesetz vorgegebenen Anforderung zu entsprechen. Nach Darstellung der Voraussetzungen dafür, dass CEF-Maßnahmen die Qualifikation als Verweilen in einem günstigen Erhaltungszustand rechtfertigten, vertrat die belangte Behörde den Standpunkt, dass dies im vorliegenden Fall durch die in den Gutachten vorgeschlagenen Maßnahmen erfüllt würde. In der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde habe der Gutachter die von der mitbeteiligten Partei vorgelegte vorläufige Parzellenliste als im Prinzip geeignet bezeichnet, jedoch eine Konkretisierung verlangt, damit von einem ökologischen Detailkonzept gesprochen werden könne. Gemäß der Auflage E.2 in Spruchpunkt IV sei die Umsiedelung der Würfelnattern vor Projektsbeginn durchzuführen und das Detailkonzept der Behörde zwei Monate vor Beginn der Umsiedelung vorzulegen. Die belangte Behörde habe es als erforderlich erachtet, dies durch Ergänzung der erwähnten Auflage dahin zu konkretisieren, dass die Eignung der endgültigen Parzellenliste und des ökologischen Detailkonzepts vor Baubeginn von der ökologischen Bauaufsicht zu bestätigen sei. Zudem werde die gegenständliche Genehmigung gemäß § 17 Abs. 4 UVP-G 2000 unter der Bedingung erteilt, dass die Ausgleichsflächen langfristig gesichert seien. Damit sei dem CEF-Konzept entsprochen. Im Ergebnis werde die von der Erstbehörde erteilte Ausnahmebewilligung gemäß § 13 Abs. 5 des Stmk NSchG bestätigt. In Anbetracht der Ergänzungen und Präzisierungen werde den Anforderungen der FFH-RL sowie der diese umsetzenden Bestimmungen des Stmk NSchG entsprochen.

8.3.3. Die in Spruchpunkt IV des Erstbescheides enthaltene und durch den angefochtenen Bescheid modifizierte Auflage E.2 hat folgenden Wortlaut:

"2. Präzisierung der UVE-Maßnahme N-06 Umsetzung von Reptilien:

Abfangmethodik: Vor Rodungsbeginn sind die Würfelnattern möglichst vollzählig abzusammeln (ca. von km 174,0 bis ca. km 176,6) und zu übersiedeln. Die erste Absammlung hat (je nach Witterung) ca. Mitte April zu beginnen, wenn Tiere sich im Nahbereich der Winterquartiere aufhalten. Die nächsten Sammeltermine haben während der Hauptaktivitätsperiode im Mai/Juni stattzufinden. Ende August ist der letzte Absammlungstermin vorzusehen (die alten Winterquartiere sind bereits aus April bekannt und werden gezielt aufgesucht). Die Sammeltermine sind bei Schönwetter ganztägig durchzuführen, wobei darauf zu achten ist, dass die Hauptaktivität am Land zwischen 9:00 bis 12:00 Uhr stattfindet. Hier wird der gut geplante Einsatz von künstlichen Versteckplätzen hilfreich sein. Die künstlichen Versteckplätze sollen besonnt sein und die Platzierung ist so zu wählen, dass es zu keiner Störung der Erholungssuchenden kommen kann.

Die mit Bauarbeiten in diesem Bereich befassten Personen sind zu instruieren, dass die Würfelnatter geschützt ist, dass eine Verletzung oder Tötung der Tiere verboten ist und dass Arbeiten an der betreffenden Stelle bei gleichzeitiger Unterrichtung der ökologischen Bauaufsicht zu unterbrechen sind, wenn Würfelnattern oder bewohnte Quartiere angetroffen werden.

Umsiedlungsplätze: Das naturschutzfachliche Ziel der Auffindung der geeigneten Umsiedlungsplätze hat darin zu bestehen, dass zur Zeit der Umsiedelung wenige oder keine Individuen auf einem guten Potenziallebensraum vorhanden sind (z.B. frisch naturierter Bereich vom benachbarten Kraftwerk G) und die Distanz zu den beeinflussten Dammbereichen des M-Kraftwerks gering ist, damit die Wiederbesiedelung der beeinträchtigten Dammbereiche möglichst rasch stattfinden kann. Im nächstgelegenen gerade errichteten Kraftwerk G sind gute Potenziallebensräume vorhanden, die sich derzeit als Würfelnatterhabitate weiterentwickeln. Eine Umsiedlung in diese Bereiche wird die Wiederbesiedelung durch die Würfelnatter fördern und beschleunigen. Weiter ist ein Teil der abgefangenen Individuen unterhalb der Eintiefungsstrecke (ab ca. km 173,021) des M-Kraftwerks bzw. deutlich unterhalb des Schmalwandbaubereiches (frühestens ab km 174,0) in Kombination mit der Schaffung von besonnten Totholz- bzw. Steinhaufen (Maßnahme N- 11) auszusetzen. Die erforderliche Besonnung und das Einbringen von Totholz- bzw. Steinhaufen sind sicherzustellen. Zwei Monate vor Beginn der Umsiedlung ist der ökologischen Bauaufsicht ein entsprechendes Detailkonzept vorzulegen.

Vor Beginn der Umsiedlung und der Bauarbeiten ist die Bestätigung der ökologischen Bauaufsicht einzuholen, wonach die vorgesehenen Lebensräume und die vorgeschlagenen Detailkonzepte aus fachlicher Sicht - unter Berücksichtigung der Z 5, 10, 11, 12 und 14 dieses Auflagenpunktes E - den Anforderungen an geeignete Lebensräume der Würfelnatter entsprechen. Diese Bestätigung ist zur Einsichtnahme durch die Behörde bereitzuhalten.

Die gegenständliche Genehmigung wird unter der auflösenden Bedingung erteilt, dass im Interesse der langfristigen Sicherung auf den vorgenannten Flächen keine Maßnahmen, wie insbesondere Bau- und Erdarbeiten, gesetzt werden, die nachteilige Eingriffe in den Lebensraum der Würfelnatter darstellen."

8.4. Gegenstand der Prüfung, ob die Verbotstatbestände des § 13d Abs. 2 Stmk NSchG verwirklicht werden oder nicht, ist das vorliegende Projekt, und zwar in der Form, in der es in die Realität umgesetzt werden wird. Zum Antrag und den vorgesehenen UVE-Maßnahmen, mit denen die geplante Anlage und die Details ihrer Ausführung näher umschrieben werden, treten daher bei dieser Beurteilung die in die Bewilligung aufzunehmenden Auflagen hinzu, die ihrerseits die Anlage inhaltlich mitgestalten. Dies deshalb, weil die Umsetzung einer unter Auflagen erteilten Bewilligung nur auflagenkonform erfolgen darf (vgl. dazu das zum Salzburger Naturschutzgesetz ergangene hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2012, 2011/07/0190). Das Gleiche gilt für die im hier vorliegenden Verfahren angesprochenen CEF-Maßnahmen; auch ihre Wirkung ist in die Beurteilung einzubeziehen.

Vor diesem Hintergrund ist auf die Beschwerdeausführungen näher einzugehen.

Um die rechtliche Beurteilung des Vorliegens von Verbotstatbeständen bzw. der Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung treffen zu können, bedarf es einer sachverständig festgestellten Grundlage über die Auswirkungen des Projektes im Fall seiner Umsetzung. Ein Teil der Beschwerdeausführungen bezweifelt die fachkundigen Grundlagen, die der behördlichen Beurteilung zu Grunde lagen.

8.4.1. Vorgebracht wird - wie schon im Verwaltungsverfahren und in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde -, es seien in Bezug auf die Individuenzahl nicht ausreichend Erhebungen getroffen worden.

Die belangte Behörde ist vor dem Hintergrund der ihr vorliegenden Gutachten (auch zu diesem Aspekt) und des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung mit näherer Begründung zur Auffassung gelangt, dass die Populationserhebungen der Würfelnatter ausreichend erfolgt seien, um eine Charakterisierung und Einschätzung der Population und des Habitats vornehmen zu können. Es ergibt sich zudem aus der Verhandlungsschrift nicht, dass die bei der mündlichen Verhandlung anwesenden und debattierenden Sachverständigen für Naturschutz (DI K., Mag. Dr. T. und der Privatsachverständige der Umweltanwältin Dr. H.) in Bezug auf die Populationsgröße von stark unterschiedlichen Annahmen ausgingen; strittig waren vielmehr die Einschätzung des Erhaltungszustandes, die Abfangquote und die Eignung der Ausgleichsmaßnahmen.

Die Beschwerde (0215) wiederholt die bereits während des Verfahrens vorgebrachten Bedenken. Ihnen stehen nicht nur die gegenteilige Annahme des Privatsachverständigen Mag. Dr. T., und die der UVE (Fachbereich semiterrestrische Tiere) zu Grunde liegenden Annahmen, sondern auch die Ansicht des nicht-amtlichen Sachverständigen DI K. entgegen. Schließlich wurden bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides seitens der Zehntbeschwerdeführerin keine (anderen, konkreten) Zahlen in Bezug auf die Populationsgröße genannt, sodass sie den diesbezüglichen Angaben im Projekt bzw. durch den Privatsachverständigen Mag. Dr. T. (im Rahmen der mündlichen Verhandlung) nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen trat.

Wenn die Beschwerde (0215) dieser Annahme nunmehr mit einer (im Jänner 2014 vorgelegten) "Bestandserhebung der Würfelnatter an der Mur im südlichen Stadtgebiet von Graz" vom November 2013 entgegentritt, so ist sie darauf zu verweisen, dass einer Berücksichtigung der "Bestandserhebung" und der dort ermittelten Zahlen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot entgegensteht, weshalb auf diese Daten nicht näher einzugehen war.

In Bezug auf die in diesem Zusammenhang erstatteten Rügen an der Art der Ermittlung der Populationsgröße liegen einander widersprechende Angaben von Gutachtern vor; dass die belangte Behörde hier die Ansicht der Beschwerdeführerin nicht teilte, ist vor dem Hintergrund des eingeschränkten Prüfungskalküls des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu beanstanden.

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sich der Vorwurf der Beschwerde (0215), wonach lediglich der Privatsachverständige Mag. Dr. T. und nicht der nicht-amtliche Sachverständige DI K. die einschlägigen Fragen zur Würfelnatter beantwortet habe, über den Akteninhalt und insbesondere den Inhalt der Verhandlungsschrift hinwegsetzt. Zweifel an der Fachkunde des nicht-amtlichen Sachverständigen DI K. sind bei der belangten Behörde nicht entstanden; dies gilt auch für den Verwaltungsgerichtshof.

8.4.2. Die Beschwerde (0215) wirft - in dem Teil, in dem die Stellungnahme des naturschutzfachlichen Privatsachverständigen der Zehntbeschwerdeführerin zitiert wird - die Frage des Referenzzeitpunktes zur Beurteilung des Zustands der lokalen Population auf und meint, der Annahme, es handle sich dabei um den Istzustand, stehe entgegen, dass es sich dabei um eine "Salamitaktik" handle. Diesfalls könne man mittelfristig durch die kumulative Wirkung mehrerer in Einzelbetrachtung unerheblicher Projekte eine lokale Population so weit verkleinern, dass sie erlösche. Es könne daher nur der Zeitpunkt relevant sein, zu dem die Bestimmungen des strengen Artenschutzes gemäß FFH-Richtlinie in der Steiermark umgesetzt worden seien (im Jahr 2005; oder zwischen 1997 bis 2007), damals sei der Erhaltungszustand der Würfelnatter günstig gewesen.

Dem ist entgegen zu halten, dass es keinen Anhaltspunkt dafür gibt, als Referenzzeitpunkt für die Ermittlung des Zustandes einer Population auf einen anderen Zustand als den Ist-Zustand im Zeitpunkt der Einreichung des Projektes abzustellen. Dieser Zustand war bei der Würfelnatterpopulation - dies erscheint unstrittig - aber im Bereich des Kraftwerkes bzw. des Stadtraumes G und national als nicht günstig zu beurteilen. Während der Privatsachverständige Dr. H. den ungünstigen Erhaltungszustand auch in dem seines Erachtens allein relevanten biogeografischen Bereich verwirklicht sah, stellte der nicht-amtliche Sachverständige für Naturschutz wesentlich auf den günstigen Erhaltungszustand im Bereich der Mur ab. Vor diesem fachlichen Hintergrund ist der Vorschlag der Absiedlung der Würfelnattern aus dem Projektsbereich in geeignete Lebensräume (im Wesentlichen an der Mur) zu verstehen. Auf lokaler Ebene komme es - nach Einschätzung des zuletzt genannten Sachverständigen - während der Bauphase zu einer leichten Verschlechterung, in der Betriebsphase wiederum zu einer Verbesserung. Im Ergebnis werde die Würfelnatter in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen; der günstige Erhaltungszustand der Population werde nicht gefährdet.

Vor dem Hintergrund der eingeschränkten Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes bestehen keine Bedenken dagegen, dass die belangte Behörde die übereinstimmenden Aussagen des nichtamtlichen Sachverständigen, des Privatsachverständigen Mag. Dr. T. als Grundlage für ihre Bewertung des Erhaltungszustandes bzw. seiner Änderungen heranzog.

8.5. Strittig ist, ob bzw. welche Verbotstatbestände des § 13d Stmk NschG verwirklicht wurden.

8.5.1. § 13d Abs. 2 Z 1 Stmk NSchG verbietet absichtliche Formen der Tötung von geschützten Tieren. In diesem Zusammenhang ist die strengere Formulierung der Auflage E.2 (Präzisierung der UVE-Maßnahme N-06) zu sehen, der zufolge die Würfelnattern vor Rodungsbeginn möglichst vollständig abzusammeln und zu übersiedeln sind. Der Ansicht der belangten Behörde, bei Einhaltung dieser Auflage könne nicht mehr davon gesprochen werden, dass ein Töten von Würfelnattern billigend in Kauf genommen werde, kann nicht widersprochen werden (zu den Einwendungen gegen die Formulierung dieser Auflage siehe unten Punkt 8.5.4.).

Die Beschwerde (0215) behauptet in diesem Zusammenhang, dass durch die projektgemäß auftretende Unterbindung des Migrationskorridors eine Tötung von Tieren bzw. ein Erlöschen der lokalen Population zu erwarten sei; die belangte Behörde habe "in völliger Unkenntnis fachlicher Grundlagen in nahezu selbstherrlicher Weise" das Vorliegen eines weiteren Verbotstatbestandes verkannt.

Dieser Vorwurf kann nicht nachvollzogen werden; die belangte Behörde hat sich auch mit diesem Aspekt argumentativ näher befasst. So verweist das Gutachten des nicht-amtlichen Sachverständigen für Naturschutz im Zusammenhang mit der Korridorfunktion auf das Vorhandensein hochwirksamer Maßnahmen zu ihrer Wiederherstellung (nach der Bauphase) und nennt zahlreiche UVE-Maßnahmen, die das Ziel haben, diese Korridorfunktion wieder zu garantieren. Diese Maßnahmen sind Projektsgegenstand und somit Teil der Bewilligung. Das Vorliegen des genannten Verbotstatbestandes wurde daher auf ausreichender fachlicher Grundlage nicht angenommen.

8.5.2. § 13d Abs. 2 Z 2 Stmk NSchG verbietet auch absichtliche Formen des Fangens von geschützten Tieren. Die Beschwerden machen geltend, dieses Verbot werde auch dann übertreten, wenn Tiere im Rahmen der Beweissicherung oder im Rahmen der Übersiedlungsmaßnahme (Auflage E.2) gefangen würden.

Das auflagenmäßig vorgeschriebene Fangen der Würfelnattern hat im vorliegenden Fall allein den Hintergrund, möglichst alle Tiere in einen Lebensbereich zu übersiedeln, in dem sich die Population gut weiter entwickeln kann. Diese vor Baubeginn durchzuführende Maßnahme steht daher in unmittelbarem Zusammenhang mit den möglichen Folgen der im Rahmen einer Ausnahmebewilligung (nach § 13d Abs. 2 Z 4 iVm Abs. 5 Stmk NSchG) als zulässig erklärten Beschädigung oder Vernichtung von Fortpflanzungs- oder Ruhestätten und hat das Ziel, die sich daraus für die Tiere ergebenden Nachteile zu minimieren; sie stellt einen Teil des insgesamt zu beurteilenden Eingriffs in den Lebensraum dieser Tiere dar. Ohne Verwirklichung des Verbotstatbestandes des § 13d Abs. 2 Z 4 leg. cit. wäre es zum Auftrag des möglichst vollzähligen Fangens der Tiere (vor Baubeginn) nicht gekommen.

Die Überlegungen, die hinter der Ausnahmebewilligung des Eingriffs in den Schutz des § 13d Abs. 2 Z 4 Stmk NSchG standen, umfassten daher im hier vorliegenden Fall das Szenario eines Umsiedelungsaktes und damit auch den in § 13d Abs. 2 Z 1 leg. cit. genannten Aspekt des "absichtlichen Fangens". Einer gesonderten Ausnahmebewilligung von diesem Verbot bedurfte es hier maßnahmenbezogen daher nicht.

8.5.3. Die Verwirklichung des Verbotstatbestandes des § 13d Abs. 2 Z 4 leg. cit. (Beschädigung oder Vernichtung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten der Würfelnatter) ist schließlich unbestritten. Diesbezüglich wurde mit dem angefochtenen Bescheid eine Ausnahmebewilligung erteilt (vgl. dazu auch unter Punkt 8.7.).

8.5.4. Die Auflage E.2, die sich inhaltlich mit der Umsiedlung von Reptilien (insbesondere mit der Abfangmethodik und den Umsiedlungsplätzen) befasst, stützt sich auf die fachlichen Vorschläge des beigezogenen nicht-amtlichen Sachverständigen für Naturschutz. Die einzelnen Aspekte der vorgeschriebenen Vorgangsweise, die die Beschwerden aufgreifen, sind aber nicht geeignet, Zweifel an der Umsetzbarkeit dieser Auflage zu erwecken.

So erscheint z.B. die Formulierung "möglichst vollständig" im Zusammenhang mit dem Auftrag des Absammelns weder als rechtswidrig noch als zu wenig bestimmt. Die Annahme der Beschwerdeführer, es werde nur ein sehr kleiner Teil der Population abgesammelt werden können, weil bei allen Untersuchungen zu Populationsgrößen nur ein kleiner Teil der Population erfasst werde, wendet sich weniger gegen die Formulierung der Auflage als gegen die Annahme, damit werde einem Großteil der Würfelnattern das Überleben gesichert.

Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang darauf, dass der Begründung des angefochtenen Bescheides zu entnehmen ist, dass die ursprünglich vorgesehenen (nur) 10 Fangtermine unzureichend sein könnten, und diese Limitierung daher in Entsprechung der Kritik des von der Umweltanwältin beigezogenen Privatsachverständigen entfiel; Ziel dieser Auflage ist aber das, was auch verbal zum Ausdruck gebracht wird, nämlich das "möglichst vollständige" Fangen der Tiere. Eine zahlenmäßige Orientierung boten im Bescheiderlassungszeitpunkt die Erhebungszahlen der Jahre 2009 und 2012 (zu letzteren siehe die Angaben in der Verhandlungsschrift). In diesem Zusammenhang können allerdings die aktuellen Bestandzahlen aus dem Jahr 2013, die mit der Beschwerde (0215) vorgelegt wurden, aber durchaus Bedeutung gewinnen, ist die Einhaltung dieser Auflage doch am aktuellen Bestand zu messen.

Auch die Befürchtung der Beschwerdeführer, dass der Großteil der Würfelnatterpopulation bei der Baufeldfreimachung ums Leben komme, kann so nicht nachvollzogen werden, müssen doch die Nattern vor Baubeginn gefangen werden. Zusätzlich schreibt der durch die belangte Behörde ergänzte (zweite) Absatz der Auflage E.2 eine Unterbrechung von Bauarbeiten vor, wenn Würfelnattern angetroffen werden. Zu dieser Befürchtung und der Befürchtung der Zehntbeschwerdeführerin, die Zweifel an der faktischen Umsetzung dieser Auflage hegt, ist grundsätzlich zu bemerken, dass der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung dieser Auflagen davon auszugehen hat, dass diese eingehalten werden; Gegenstand der Prüfung ist die konsensgemäße Umsetzung der Bewilligung, nicht die befürchtete Nichteinhaltung von Auflagen oder anderen Nebenbestimmungen (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 25. März 2010, 2008/05/0113).

Was die im angefochtenen Bescheid erfolgte Vorschreibung der Lage der Versteckplätze betrifft, nämlich besonnt und so, dass "es zu keiner Störung der Erholungssuchenden kommt", so ist dazu zu bemerken, dass es sich hier offenbar um einen sprachlichen Übertragungsfehler aus dem Erstbescheid handelt. Dort heißt es in der diesbezüglich nicht veränderten Auflage, dass "es zu keiner Störung durch Erholungssuchende kommt" (vgl. S. 12 des Erstbescheides). In der nun in der Auflage aufgenommenen Formulierung liegt eine auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit im Sinn des § 62 Abs. 4 AVG; der Gedanke, den die Behörde offenbar aussprechen wollte, wurde unrichtig wiedergegeben. Dieser Teil der Auflage entspricht daher dem Willen der Behörde offenbar nicht; sie hat sich hier deutlich erkennbar (bloß) im Ausdruck vergriffen (vgl. dazu u.a. das hg. Erkenntnis vom 29. März 2013, 2011/06/0161). Dieser Teil der Auflage E.2 ist daher - in Ermangelung eines Berichtigungsbescheides - berichtigend dahingehend auszulegen, dass aufgetragen wurde, dass es "zu keiner Störung durch Erholungssuchende kommt."

Die weiteren fachlichen Aspekte der Auflage E.2 gehen im Detail auf die vorgeschlagene Formulierung des nicht-amtlichen Sachverständigen für Naturschutz zurück und wurden gemeinsam mit anderen Details der Vorschreibungen in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert. Diese Formulierungen begegnen - vor dem Hintergrund des eingeschränkten Prüfungskalküls des Verwaltungsgerichtshofes im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung - ebenso keinen Bedenken wie die vorgeschriebene Dimensionierung der Ausgleichsflächen und die Vorschreibung der Detailkonzepte, die der ökologischen Bauaufsicht noch vorzulegen seien, oder der Wiederbesiedelung der beeinträchtigten Dammbereiche.

8.6. Im Zusammenhang mit der Ausnahmebestimmung des § 13d Abs. 5 Stmk NSchG bzw. des Art. 16 der FFH-RL wenden sich die Beschwerden (0224 und 0286) schließlich auch gegen die Passage im angefochtenen Bescheid, der zufolge das verfahrensgegenständliche Gebiet nicht als ein dem Schutz der Würfelnatter besonders gewidmetes Gebiet gelte. Sie meinen, der strenge Artenschutz gelte überall, weil die Würfelnatter im Anhang IV der FFH-Richtlinie gelistet sei, und zwar unabhängig davon, ob das Land Steiermark ein Schutzgebiet ausgewiesen habe.

Dazu ist zu bemerken, dass die belangte Behörde zwar darauf hinwies, dass das Bundesland Steiermark und die Republik Österreich gegenüber der Europäischen Union den Projektsbereich nicht als ein dem besonderen Schutz der Würfelnatter gewidmetes Gebiet bestimmt haben und ihn auch nicht als geschütztes Gebiet nach dem Stmk NSchG ausgewiesen haben. Schlussfolgerungen dahingehend, dass in Bezug auf die Würfelnatter deshalb ein geringeres Schutzniveau gelte, wurden aber nicht gezogen.

8.7. Den Beschwerden (0224 und 0286) sind keine nachvollziehbaren Argumente im Zusammenhang mit der Begründung der Erteilung der Ausnahmegenehmigung nach § 13d Abs. 5 Stmk NSchG zu entnehmen. So wird in der Beschwerde (0224) unter dem Punkt "Fehlende Voraussetzungen für die Ausnahmegenehmigung von Schutzbestimmungen" lediglich allgemein auf die negativen Auswirkungen des Kraftwerkes und auf Kumulierungseffekte verwiesen; eine Auseinandersetzung mit den detaillierten Überlegungen der belangten Behörde zu den Voraussetzungen der Ausnahmebewilligung nach dem Stmk NSchG finden sich an dieser Stelle nicht.

Die Beschwerde (0286) befasst sich unter der Überschrift "Naturschutz und Artenschutz" ebenfalls mit dem Schutz der Würfelnatter; zu den Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nach § 13d Abs. 5 Stmk NSchG finden sich aber auch hier keine rechtlich fundierten Ausführungen.

Lediglich der Beschwerde (0215) kann entnommen werden, dass nach Ansicht der dortigen Beschwerdeführerin eine Prognose hinsichtlich der Erreichung des Zielzustandes des günstigen Erhaltungszustandes und damit die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nicht möglich wäre, und die belangte Behörde daher zu Unrecht eine Ausnahmegenehmigung erteilt habe.

Zur Frage der Erhaltungszustände und Zielzustände, auf die bei der Erteilung der Bewilligung nach § 13d Abs. 5 Stmk NSchG zu achten sei, findet sich im angefochtenen Bescheid eine detaillierte Auseinandersetzung mit der diesbezüglichen Rechtsprechung des EuGH. Die belangte Behörde legte näher dar, dass die Erteilung einer Ausnahmebewilligung nicht von vornherein ausgeschlossen sei, wenn sich eine Population in einem ungünstigen Erhaltungszustand befinde. Die Struktur der Prüfung in den Fällen, in denen eine Art nicht in einem günstigen Erhaltungszustand verweile, sei keine andere als in den Fällen, in denen eine Art im günstigen Erhaltungszustand sei (vgl. dazu das "Wolfs-Urteil", EuGH vom 14. Juni 2007, C-342/05 , Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Finnland, und das Urteil des deutschen Bundesverwaltungsgerichtes vom 27. April 2010, 9 B 5.10-B 31 Immenstadt-Friedrichshafen; sowie das "Feldhamster-Urteil", EuGH vom 9. Juni 2011, C-383/09 , Vertragsverletzungsverfahren gegen die Französische Republik).

Wie die belangte Behörde zutreffend dargelegt hat, ergibt sich aus dem erstgenannten Urteil (u.a.), dass eine Ausnahmegenehmigung auch dann zulässig ist, wenn hinreichend nachgewiesen sei, dass sie den ungünstigen Erhaltungszustand der Populationen nicht verschlechtere und die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes nicht behindern könne. In Bezug auf den solcherart zu prüfenden Zielzustand ist auf die in Punkt 8.4. genannte Rechtsprechung zu verweisen, wonach dieser Prüfung der Zustand zu Grunde zu legen ist, der nach Umsetzung der CEF-Maßnahmen und der übrigen Auflagen eintritt. Im vorliegenden Fall wird durch die CEF-Maßnahmen und die Bedingung, die sich im letzten Absatz der Auflage E.2 in Bezug auf die langfristige Sicherung der Ausgleichsflächen findet, nach Angabe der Sachverständigen sicher gestellt, dass die Würfelnattern einen geeigneten Lebensraum vorfinden, sodass den Anforderungen an eine Ausnahmebewilligung unter diesem Aspekt Genüge getan worden sei. Die belangte Behörde hat diese Schlussfolgerung ausführlich unter Auseinandersetzung mit den vorliegenden Gutachten begründet; vor dem Hintergrund des eingeschränkten Prüfungskalküls des Verwaltungsgerichtshofes ist dieses Ergebnis ihrer Überlegungen aber nicht zu beanstanden.

Zu den weiteren Voraussetzungen für die Erteilung der Ausnahmebewilligung, nämlich des "Vorliegens zwingender Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses" bzw. des Vorhandenseins "keiner anderer Möglichkeit" im Sinne des § 13d Abs. 5 Stmk NSchG, finden sich keine substantiierten Ausführungen in den Beschwerden. Es bestand daher keine Veranlassung für den Verwaltungsgerichtshof, auf diese Aspekte näher einzugehen.

8.8. Die Beschwerde (0286) bezieht sich auch auf den Schutz der Huchen und vertritt die Ansicht, dass auch dieser zu den nach der FFH-RL geschützten Tierarten zähle und sein Lebensraum durch das Vorhaben beeinträchtigt werde, zumal er zum Laichen in die Mur wandere. Aus diesem Grund bestehe - entgegen der Ansicht der belangten Behörde - auch eine Auswirkung auf das Europaschutzgebiet Nr. 5.

Die belangte Behörde hatte im angefochtenen Bescheid festgestellt, dass sich der Huchen in den Anhängen II und V der FFH-RL finde. Anhang II sei im Zusammenhang mit Art. 3 der RL zu sehen, der zufolge die Republik Österreich die Pflicht zur Ausweisung entsprechender Schutzgebiete treffe. Dies sei durch die Entwicklung eines 110 km langen Gewässerverbundes von P, X und Y mit der Donau geschehen. Ein auf den Huchen ausgerichtetes Schutzsystem an der Mur sei jedoch nicht vorgesehen. Anhang V der RL sei im Zusammenhang mit Art. 14 und 15 dieser RL zu sehen, worin Beschränkungen für die Entnahme sowie das Fangen und Töten der Tierarten vorgesehen werden könnten; das verfahrensgegenständliche Projektgenehmigungsverfahren werde davon nicht tangiert. Anhaltspunkte für Auswirkungen des Projektes auf das Europaschutzgebiet Nr. 5 hätte das Ermittlungsverfahren nicht erbracht.

Die belangte Behörde nimmt mit den "Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens" auf die - in der Beschwerde (0286) nicht bestrittenen - Feststellungen im Erstbescheid Bezug, wonach das Europaschutzgebiet Nr. 5 (Verordnung der Stmk. Landesregierung vom 19. April 2006, LGBl. Nr. 65/2006), von dem die Beschwerde spricht, an der O, rund 75 km nördlich der Stauwurzel der geplanten Kraftwerks liegt. Zwischen dem Murkraftwerk und dem Beginn des Europaschutzgebietes Nr. 5 befinden sich mehr als ein Dutzend Wasserkraftwerke, von denen einige mit keiner Fischaufstiegshilfe ausgestattet sind. Zu einer entsprechenden Nachrüstung werde es erst Ende 2015 oder später kommen. Die nördlich gelegenen Sperrenbauwerke verhinderten die Wanderung des Huchens aus dem Wasserkörper des Murkraftwerkes in das Europaschutzgebiet Nr. 5.

Übereinstimmung besteht darin, dass der Huchen keine nach Anhang IV lit. a FFH-RL geschützte Art ist. Ein Gebietsschutz nach Anhang II FFH-RL besteht im Projektsgebiet ebenfalls nicht. Eine Begründung für die Behauptung, es komme trotz der dargestellten Sachlage zu einer Beeinträchtigung der Huchenwanderung und damit zu Auswirkungen auf das Europaschutzgebiet Nr. 5 findet sich in der Beschwerde (0286) nicht; eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wird daher auch unter diesem Aspekt nicht aufgezeigt.

Die Beschwerde (0286) macht unter Punkt II 6 weiters geltend, es seien in unzulässiger Weise keine Fischabstiegs- und Fischaufstiegshilfen vorgeschrieben worden, dies obwohl es zu einer Störung des Lebensraumes aufgrund einer Durchschneidung kommen werde.

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides dargestellt, dass im Projekt ein "vertical slot pass" vorgesehen und fachlich nicht beanstandet worden sei. Unter Hinweis auf ein fachliches Grundlagenpapier im Auftrag des BMLFUW und die dortigen Vorschläge für die Dimensionierung von Fischaufstiegshilfen und weiterer Rahmenbedingungen wird auf die bewiesene Passierbarkeit von Huchen in einem "vertical slot pass" verwiesen. Fischabstiegshilfen hingegen wären zwar wünschenswert, entsprächen jedoch nicht dem Stand der Technik.

Die Beschwerdebehauptungen gehen auf die - hinter der Argumentation der belangten Behörde stehenden - fachlichen Aspekte nicht näher ein, sondern behaupten nur allgemein, es sei nicht gewährleistet, dass der Lebensraum der Mur nicht durchschnitten werde; damit zeigen sie aber keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

8.9. Die Beschwerde (0224) macht weiters unter Punkt 4.6.5 geltend, das Stmk NSchG fordere das kalendarische Setzen einer zweijährigen Baubeginnsfrist. Die Behörde habe den Baubeginn jedoch gesetzwidrig auf 30. Juni 2016 - also fast drei Jahre ab Bewilligungserteilung - festgesetzt, was den Bestimmungen des Stmk NSchG widerspreche.

§ 21 Abs. 2 leg. cit. hat folgenden Wortlaut:

"§ 21. (1) ...

(2) Eine Bewilligung nach ... erlischt, wenn binnen

zwei Jahren nach Eintritt ihrer Rechtskraft hievon kein Gebrauch gemacht oder das Vorhaben binnen drei Jahren nach Beginn der Ausführung nicht vollendet wurde, soweit nicht im Bewilligungsbescheid selbst Fristen für den Beginn oder die Beendigung des Vorhabens festgesetzt sind."

Die Behörde ist nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes befugt, im Einzelfall in der Bewilligung selbst Fristen für den Beginn oder die Beendigung des Vorhabens festzusetzen. Dies hat sie im vorliegenden Fall getan. Eine andere Fristsetzung als für die Dauer von zwei Jahren erweist sich daher im vorliegenden Fall nicht als rechtswidrig.

9. Die Beschwerde (0224) befasst sich innerhalb des Punktes 4.5 ("Zur fehlenden Voraussetzung für eine Ausnahmegenehmigung von Schutzbestimmungen") auch (ab S. 37) mit Ausführungen über den Baumverlust und die damit verbundenen Umweltauswirkungen.

Auf dieses Thema nimmt die Beschwerde (0286) unter Punkt II 1 "Immissionen und Klima" und unter Punkt II 2 "Baumschutz und Rodungsverbot" Bezug.

9.1. Im Zusammenhang mit der materiell-rechtlichen Prüfung nach dem Forstgesetz hatte die Erstbehörde in ihrem Bescheid festgehalten, dass für die durch das Projekt bedingten Rodungen Ersatzaufforstungen auf diversen Flächen innerhalb und außerhalb des Projektgebietes in einem Ausmaß von insgesamt 6,79 ha vorgesehen seien. Der forsttechnische Sachverständige habe das Ausmaß der geplanten Ersatzaufforstungen als ausreichend befunden. In Bezug auf das Steiermärkische Baumschutzgesetz heißt es, dass insgesamt 1417 Bäume, die nach dem Steiermärkischen Baumschutzgesetz in Verbindung mit der Grazer Baumschutzverordnung geschützt seien, gefällt bzw. eingestaut würden. Auf bestimmten Flächen sollte die Ersatzpflanzung von 2206 Bäumen erfolgen, welche nach Einschätzung des Sachverständigen für Naturschutz den Verlust der Stadtbäume mittelfristig kompensieren werde. Auf Grund des Ausgleichfaktors von 1:1,5 werde es zu einer Vergrößerung der Anzahl der Stadtbäume um 50 % kommen.

Auf Seite 376 ff ihres Bescheides befasste sich die Erstbehörde mit den Bewilligungsvoraussetzungen nach dem Forstgesetz und verwies auf die diesbezüglich eingeholten Gutachten. Demnach komme den zu rodenden Waldflächen zwar eine geringe Schutzfunktion, allerdings eine hohe Wohlfahrts- und Erholungsfunktion zu. Der Sachverständige komme zum Ergebnis, dass dem Erhalt dieser Waldfläche ein besonderes öffentliches Interesse an der Walderhaltung zukomme. Um eine Bewilligung nach § 17 Abs. 3 Forstgesetz zu erteilen, sei es notwendig, dass das öffentliche Interesse an der Verwirklichung des Kraftwerkes höher liege als dasjenige an der Walderhaltung. Um diese Interessenabwägung durchführen zu können, sei eine entsprechende Sachverhaltsermittlung durchgeführt worden. Das öffentliche Interesse an der Walderhaltung stehe dem öffentlichen Interesse an der Realisierung des Wasserkraftwerkes gegenüber. Der Errichtung und dem Betrieb des Murkraftwerkes komme ein besonders hohes öffentliches Interesse zu. Der forsttechnische Sachverständige sei demgegenüber in seinem Gutachten zu dem Schluss gekommen, dass die projektimmanenten Ausgleichsmaßnahmen langfristig einen regionalen Ausgleich für den dauernden und befristeten Verlust an Waldflächen und Waldfunktionen bewirkten, der zumindest nach einigen Jahrzehnten voll zur Geltung kommen werde. Die Energiewende sei ohne Wasserkraft nicht machbar. Das Kraftwerk mit einer Leistung von 16 MW stelle ein regionales Großkraftwerk dar, das zudem einen entsprechenden Verbrauch ohne langes Übertragungsnetz ermögliche. Dem stehe der Verlust der hohen Wohlfahrts- und Erholungswirkung gegenüber, der aber mittelfristig kompensiert werde, wobei hinzukomme, dass ein Teil der Rodung im Absterben der eingestauten Waldflächen bestehe, was sich nicht sofort, sondern sukzessive über einen längeren Zeitraum vollziehe. Der nach den Aussagen der Sachverständigen kompensierbare Verlust der Waldflächen führe zum Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an der Verwirklichung des Vorhabens jenes an der Walderhaltung der Flächen überwiege.

Schließlich seien die vorgesehenen Ersatzaufforstungen fachlich auch als ausreichend angesehen, und es seien auch waldverbessernde Maßnahmen, nämlich ein Neophytenmanagement im Ausmaß der befristeten Rodung, vorgeschrieben worden.

Gegen diese Annahmen wandten sich die Berufungen der Beschwerdeführer. Insbesondere der Fünftbeschwerdeführer verwies mehrfach und eingehend auf das Feinstaubbindungspotenzial der in Frage stehenden Waldbestände. Diese Frage sei nicht adäquat behandelt worden. Als Bekräftigung wurde eine von zwei Professoren der Universität Salzburg (Univ. Prof. Dr. W/DI Dr. P) verfasste Stellungnahme zur Darstellung der Feinstaubbindungseffekte von Baumbeständen in quantifizierender Hinsicht nachgereicht.

Im Rahmen der vor der belangten Behörde durchgeführten mündlichen Verhandlung nahmen die beigezogenen Sachverständigen (u.a. für Forsttechnik, für Luft und Klima und für Umweltmedizin) zu diesem Gutachten und zu den Berufungsausführungen u.a. der Beschwerdeführer ausführlich Stellung.

Die belangte Behörde gelangte im angefochtenen Bescheid zur Ansicht, dass dem Privatgutachten nicht zu folgen sei. Bereits im Erstverfahren sei die Frage der Feinstaubbindung durch Baumbestände kontrovers diskutiert und vertiefend darauf eingegangen worden. Der forsttechnische Sachverständige sei davon ausgegangen, dass solche Effekte zwar anzunehmen seien, es jedoch methodisch schwierig sei, diese Effekte zu konkretisieren, insbesondere zu quantifizieren. Er habe die methodischen Schwierigkeiten der fachlichen Begründung zwar anerkannt, aber gerade den Aspekt der Feinstaubbildung als ausschlaggebend für die von ihm zugrunde gelegte hohe Gewichtung der Wohlfahrtsfunktion der forstlichen Flächen und in letzter Konsequenz zur Feststellung eines besonderen Interesses an der Walderhaltung im Sinn von § 17 Abs. 2 Forstgesetz angesehen.

Auf Grund dessen sei gemäß § 17 Abs. 3 Forstgesetz in die Interessenabwägung einzutreten gewesen. Im Kern der forstrechtlichen Abwägung stehe die Gewichtung der Wohlfahrtsfunktion als Leitfunktion der in Frage stehenden Waldbestände. Die Sachverständigen hätten die Feinstaubbindungsfunktion nicht bestätigt. Der forsttechnische Sachverständige hätte eine solche vorsorglich nicht ausgeschlossen sehen wollen, habe aber in Beantwortung des Vorbringens des Fünftbeschwerdeführers in der vor dem Umweltsenat durchgeführten mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass die quantitative Beurteilung des Feinstaubes durch die Gutachten W/P nur im Modellversuch bzw. im Labor durchgeführt worden seien. Die Schwierigkeit bestehe darin, in der Realität festzustellen, ob das Filtern von Staub durch Bäume tatsächlich möglich sei. Es sei aber sehr schwer, die Filterung von Staub durch Blätter und Nadeln von Bäumen zu messen, die Filterung von Nadelhölzern sei nicht nur deshalb höher, weil die meisten Nadelhölzer ganzjährig benadelt seien.

Nach einem ausführlichen Exkurs über "Öffentliches Interesse und Interessenabwägung" (siehe dazu unten Punkt 9.3.2.) fuhr die belangte Behörde fort, auch Anlagenvergleiche erschütterten die Beurteilung nicht, wonach ein im Nahebereich des Versorgungsgebietes errichtetes Wasserkraftwerk, dessen Erzeugung in das örtliche Verteilernetz eingespeist werde, geeignet sei, dem öffentlichen Interesse an der Energieversorgung und dem öffentlichen Interesse an der Erhöhung des Anteils an Strom aus erneuerbarer Energie zu dienen. Unter Auseinandersetzung mit den einzelnen Einwänden der Beschwerdeführer gelangte die belangte Behörde schließlich zur Ansicht, dass sich das öffentliche Interesse an der Erhaltung des Waldes als ein öffentliches Interesse von relativem Gewicht darstelle. Demgegenüber sei das öffentliche Interesse an der anderen Verwendung des Waldes aus Gründen der Versorgung der Allgemeinheit und zur Erfüllung der zwingenden Erfordernisse der Erhöhung des Anteils der erneuerbaren Energie an der Stromproduktion von hinreichend dokumentiertem höheren Gewicht. Vor diesem Hintergrund sei eine Rodungsbewilligung in Anwendung von § 17 Abs. 3 Forstgesetz zu erteilen.

9.2.1. Die Beschwerde (0224) wendet sich gegen diese Annahmen der belangten Behörde.

Eingangs der Beschwerdeausführungen heißt es in diesem Zusammenhang, dass "zwischenzeitlich der Fünftbeschwerdeführer eine von einem unabhängigen Sachverständigenbüro begleitend überprüfte Bestandserhebung der Bäume vorgenommen" habe, "die den Einreichunterlagen wesentlich" widerspreche. An anderer Stelle heißt es, dass "nunmehr eine Dokumentation aller Bäume" vorliege. Insoweit diese Ausführungen darlegen sollten, dass nach dem Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides eine solche Bestandserhebung bzw. Dokumentation vorgelegt worden sei, wäre diese Vorlage vom Neuerungsverbot des § 41 VwGG umfasst. Der Verwaltungsgerichtshof müsste auf ein solches Vorbringen daher nicht weiter eingehen.

Möglicherweise handelt es sich aber bei diesen Angaben bloß um die Wiederholung von Einwendungen während des Verwaltungsverfahrens. Zu diesem Themenbereich wurde aber in der mündlichen Verhandlung und im angefochtenen Bescheid ausführlich Stellung genommen.

9.2.2. Wenn es in der Beschwerde (0224) heißt, die belangte Behörde habe die Stellungnahme W/P bei der Entscheidungsfindung "überhaupt nicht berücksichtigt", was einen Verfahrensmangel darstelle, erweist sich diese Rüge als aktenwidrig.

Die belangte Behörde führte eine mündliche Verhandlung durch, in deren Rahmen die von ihr beigezogenen Sachverständigen gerade auf die vorgelegte Stellungnahme W/P detailliert eingingen. So wies z.B. der forsttechnische Sachverständige darauf hin, dass die Beurteilung des Feinstaubs durch W/P nur im Modellversuch bzw. im Labor durchgeführt worden sei und daher kein ausreichendes Gewicht für die in der Realität gegebenen Umstände habe. Aber auch andere Aspekte dieses Gutachtens wurden ausführlich erörtert.

Dazu zählt auch die nun in den Beschwerden neuerlich als unrichtig bezeichnete Zahl der zu fällenden Bäume. Der von der Behörde beigezogene Sachverständige für Forsttechnik bestätigte die von ihm ermittelte Zahl (auf Nichtwaldflächen 1.417 Einzelbäume bzw. auf Waldflächen 3,73 ha) und bezeichnete die vom Fünftbeschwerdeführer angegebenen Zahlen (6.000 bis 8.000 Bäume) als weit überhöht. Es liege zudem auch nicht Auwald vor, sondern auf - in harter Verbauung errichteten - Flussdämmen durch Naturanflug entstandene Laubbaumarten, was durch entsprechende jahrzehnteumfassende Dokumentationen belegt sei.

Die belangte Behörde maß vor dem Hintergrund dieser kontroversiellen Gutachten den Angaben des von ihr beigezogenen Sachverständigen höhere Glaubwürdigkeit zu und begründete dies näher. Ein relevanter Verfahrensmangel kann darin - vor dem Hintergrund des Überprüfungskalküls des Verwaltungsgerichtshofes in Angelegenheiten der Beweiswürdigung - nicht erblickt werden.

9.2.3. Im Übrigen stellte die belangte Behörde das besondere Interesse an der Walderhaltung im Sinne des § 17 Abs. 2 ForstG keineswegs in Frage, wobei die Wohlfahrtsfunktion als Leitfunktion angesehen wurde, vor allem wegen ihrer - wenn auch nicht großräumig bestimmbaren - Luftfilterwirkung und der Stabilisierung der Bodenfeuchtigkeit. Gerade wegen der hoch eingeschätzten Wohlfahrtswirkung des Waldes war seitens der einschreitenden Behörden gemäß § 17 Abs. 3 ForstG eine Interessenabwägung durchzuführen.

9.3. Beide Beschwerden (0224 und 0286) weisen aber auf Widersprüche in der behördlichen Argumentation hin, und zwar in Hinblick darauf, dass Mahnschreiben der Europäischen Union 2008/2183 vorlägen, in denen die Feinstaubsituation in Graz als hinterfragenswert betont worden sei. Dazu stünden die von der belangten Behörde eingeholten sachverständigen Annahmen im Widerspruch; der entscheidungswesentliche Sachverhalt sei aus diesem Grund jedenfalls unvollständig und ergänzungsbedürftig.

Es bleibt allerdings offen, auf welcher Rechtsgrundlage das Vorliegen eines Mahnschreibens der Europäischen Union an sich zur Versagung der angestrebten Bewilligung nach dem ForstG führen sollte. Vermutlich beziehen sich die Beschwerdeführer damit auf die Interessenabwägung nach § 17 Abs. 3 ForstG durch die belangte Behörde. Auch Teile der zum Abschnitt "Rechtswidrigkeit zufolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung" erstatteten Ausführungen der Beschwerde (0224; dort Punkt 4.6.2.) könnten darauf Bezug nehmen.

9.3.1. An dieser Stelle befasst sich Beschwerde (0224) auch mit der Frage der Energieeffizienz und zwar mit der Richtlinie 2012/27/EU . Sie hält fest, dass sich aus dieser Energie-Effizienz-Richtlinie (EE-RL) sehr wohl verbindliche Verbrauchsreduktionsziele für Energieverteiler und Energieeinzelhandelsunternehmen ergäben. Im Falle der Projektwerber handle es sich um vertikal strukturierte Unternehmen, die sowohl im Bereich der Energieerzeuger als auch in den Bereichen Energieverteilung und Energiehandel tätig seien, weshalb die EE-RL auf diese Unternehmen unmittelbaren Einfluss entfalte. Es komme zu automatischen Wechselwirkungen zwischen den genannten Tätigkeitsbereichen. Zusätzlich müsse auf die Begründung der Europäischen Kommission zur EE-RL Bedacht genommen werden, die besonders auf die Versäumnisse im Bereich der Energieeffizienz hinweise und verstärkte Anstrengungen der Mitgliedsstaaten fordere. Daraus ergebe sich der Vorrang der Energieeffizienz gegenüber den anderen Zielen im Energiebereich. Weiters heißt es in der Beschwerde, die Tatsache, dass sich der Projektwerber mit keinen anderen Alternativen beschäftigen wolle, könne nicht zum Ausschluss anderer Lösungen und der automatischen Zuerkennung des öffentlichen Interesses führen. Auf diese Art könnten die Projektwerber einseitig das öffentliche Interesse definieren.

Bei der mündlichen Verhandlung sei kein Sachverständiger aus dem Bereich der Energiewirtschaft geladen worden, obwohl gerade dieser Bereich für die Zuerkennung des öffentlichen Interesses von entscheidender Bedeutung sei. So sei der entsprechende Hinweis der Zweitbeschwerdeführerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 30. April 2013 auf die Unzulässigkeit dieser Vorgangsweise in der Verhandlungsschrift nicht berücksichtigt worden. Trotz einer Rüge der Verhandlungsschrift sei die belangte Behörde nicht von einer Unvollständigkeit der Niederschrift durch das Fehlen der Erklärung des Berichters der belangten Behörde, wonach über Energieeffizienz im Zusammenhang mit einem Wasserkraftwerk nicht zu reden sei, ausgegangen. Die fehlende Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Energiebereich habe auf die Meinungsbildung der belangten Behörde Auswirkungen gehabt, wenn sich im angefochtenen Bescheid der Satz finde, dass Maßnahmen im Bereich des Energiesparens nicht zur Erhöhung des relativen Anteils der Stromerzeugung aus erneuerbarer Energie beitrügen. Diese Aussage sei völlig unhaltbar, stelle doch die rasche Realisierung von Energieeffizienzmaßnahmen die wichtigste Voraussetzung zur Erreichung der EU-Ziele im Bereich der Produktion aus erneuerbaren Energiequellen dar. Dies stelle auch die EU-Kommission in ihrer Begründung zur EE-RL fest. Im Falle des gegenständlichen Vorhabens führe die Realisierung von Effizienzmaßnahmen im Ausmaß der geplanten Produktion des Wasserkraftwerkes sogar zur wesentlich stärkeren Erhöhung des Anteils der Produktion aus erneuerbaren Energieträgern als dies durch die Realisierung des Vorhabens erreicht werden könne. Dies deshalb, weil die Effizienzmaßnahmen zur Gänze eine Reduktion der Produktion aus nicht erneuerbaren Quellen bewirkten, während im Falle der Realisierung des Vorhabens kaum solche Effekte zu verzeichnen wären.

9.3.2. Die belangte Behörde hatte in der Interessenabwägung nach § 17 Abs. 3 ForstG die Ansicht vertreten, die mit dem gegenständlichen Kraftwerk erzeugte elektrische Energie werde zur Gänze in das öffentliche Netz eingespeist und diene daher der Versorgung der Allgemeinheit. Aus den Ergebnissen der amtlichen Statistik und aus dem Ökostrombericht 2012 ergebe sich, dass der während des erstinstanzlichen Verfahrens eingetretene Verbrauchsanstieg von zeitweilig nur 0,1 % durch die Wirtschaftskrise im Jahr 2009 und den dadurch verursachten Rückgang von 3,6 % gegenüber dem Vorjahr begründet werden könne. Für 2012 könne man von einem gegenüber dem Jahr 2011 größeren Anstieg des Stromverbrauches ausgehen - so sei in den ersten vier Kalendermonaten des Jahres 2012 der Stromverbrauch bereits um 2,2 % über dem Niveau des gleichen Zeitraums 2011 gelegen.

Soweit in mehreren Berufungen geltend gemacht werde, dass Energieeffizienz und Energiesparen unzureichend verfolgt und Maßnahmen der Gebäudesanierung, der Nutzung von Dächern für Photovoltaikanlagen, der Sanierung von Kleinkraftwerken, der Forcierung anderer Formen der Energieerzeugung etc. in diesem Zusammenhang angesprochen würden, wobei der von den Bürgerinitiativen als Experte beigezogene R diese Maßnahmen als wesentlich effizienter bezeichnet habe, so verkenne die belangte Behörde nicht, dass es sich beim Anliegen der Energieeffizienz aus verschiedenen Gründen um eines der wichtigsten Themen der Gegenwart handle. Die mehrjährige Diskussion auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene sowie die bis heute nicht erreichte Einigung auf ein Energieeffizienzpaket des Bundes ließen deutlich erkennen, dass es um zentrale Fragen der Energiepolitik und um die Konzeption eines entsprechenden Maßnahmenmixes gehe. Das Anliegen der Energieeffizienz sei mit der bloßen Verringerung von Energieverbrauch nicht gleichzusetzen, sondern umfasse unter anderem auch die Energieerzeugung auf erneuerbarer Basis. Energie aus Wasserkraft gelte als Energieerzeugung auf erneuerbarer Basis.

Die belangte Behörde sei mit einem konkreten Projekt konfrontiert und müsse prüfen, ob dieses öffentlichen Interessen, insbesondere der Energieversorgung, diene. Ob man im Rahmen der allgemeinen politischen Beurteilung die Gewichte von Energieeffizienzmaßnahmen auf die eine oder andere Weise akzentuieren solle, bilde nicht nur keinen Teil des gesetzlichen Entscheidungsprogrammes in Anlagengenehmigungsverfahren, sondern könne von vornherein nicht im Rahmen eines konkreten Projektgenehmigungsverfahrens beurteilt und entschieden werden.

Die in der Verhandlung vor dem Umweltsenat mehrfach angesprochene Richtlinie 2012/27/EU zur Energieeffizienz sei bis zum 5. Juni 2014 umzusetzen. Aus dieser Richtlinie ergäben sich allein Verpflichtungen der Republik Österreich als Mitgliedstaat, jedoch keine im Rahmen der Genehmigung von Energieerzeugungsanlagen relevanten Anordnungen. Eine unmittelbare Anwendung dieser auf die Erreichung bestimmter Effizienzziele ausgerichteten Richtlinie - im Speziellen der auf Energieverteiler und Energieeinzelhandelsunternehmen (nicht jedoch auf Energieerzeuger) bezogenen Bestimmung des Art. 7 dieser Richtlinie - komme einerseits aus zeitlichen Gründen und andererseits mangels ausreichend bestimmter Anordnung konkreter Maßnahmen nicht in Betracht.

Beim derzeitigen Stand der Dinge müsse davon ausgegangen werden, dass zusätzliche Anlagen zur Erzeugung elektrischer Energie, die in das öffentliche Netz eingespeist werde, im Interesse der Allgemeinheit erforderlich seien und daher dem öffentlichen Interesse der gesicherten inländischen Energieversorgung dienten.

In Bezug auf die Zweifel der Zuordnung des erzeugten Stromes zum Versorgungsgebiet Graz verwies die belangte Behörde auf ein näher genanntes Gutachten, demzufolge die erzeugte elektrische Energie ins Umspannwerk Graz/Süd eingespeist werde, welches Bestandteil des öffentlichen Netzes sei und aus welchem unmittelbar Transformatorstationen und Abnehmer des Stromnetzes in Graz versorgt würden. In weiterer Folge befasste sich die belangte Behörde mit den Zielkonzeptionen des Ökostromgesetzes und dem Umstand, dass es sich im vorliegenden Fall beim erzeugten Strom aus Wasserkraft um eine Form der Stromerzeugung aus erneuerbarer Energie handle. Maßnahmen im Bereich des Energiesparens seien zwar von großer gesellschaftlicher Bedeutung, könnten jedoch nicht zur Erhöhung des relativen Anteils der Stromerzeugung aus erneuerbarer Energie beitragen. Überlegungen, die dahin zielten, dass andere Formen der Erzeugung von erneuerbaren Energien angedacht werden sollten, stießen an die Grenzen von Projektgenehmigungsverfahren der gegenständlichen Art:

Wenn etwa die Ausstattung von hunderten Dächern in Graz mit Photovoltaikanlagen vorgeschlagen werde, so könnte dies nur relevant sein, wenn die Projektwerberin über diese Dächer verfügungsbefugt wäre. Dies gelte in ähnlicher Form für die Vorschläge der Errichtung von Windenergieanlagen und der Aufrüstung von Kleinwasserkraftanlagen. Ganz allgemein habe ein Projektgenehmigungsverfahren das vom Projektwerber eingereichte Projekt zum Gegenstand und nicht andere Projekte, die unter dem Blickwinkel einer Alternativenprüfung nicht einmal als "Alternativen" zu werten wären. Schließlich ging die belangte Behörde noch auf das Vorbringen ein, wonach das Projekt keinen Beitrag zur Verfolgung des Ziels der Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien leiste und nicht der langfristigen Verfolgung öffentlicher Interessen diene.

Was die in Zweifel gezogene Langfristigkeit betreffe, so werde das Wasserrecht bis zum 31. Dezember 2102 verliehen, sodass an seiner langfristigen Wirksamkeit nicht zu zweifeln sei. Was die Angabe der Erzeugungskapazität (mit 16,4 Megawatt/MW) betreffe, so sei die Leistung einer Wasserkraftanlage vom schwankenden Wasserdargebot abhängig. Diese Schwankungen seien aber keine Besonderheit der Wasserkraft, sondern gälten auch für Windparks und Photovoltaikflächen. Im Hinblick auf die Beurteilung des öffentlichen Interesses an der sicheren Versorgung werde auf die jeweils maßgeblichen Volllaststunden abgestellt, wobei die Anlage mit 4.540 Volllaststunden pro Jahr im Vergleich zu Windkraftwerken und Photovoltaikanlagen einen überdurchschnittlich guten Wert aufweise.

Insgesamt sei festzuhalten, dass Anlagenvergleiche die grundsätzliche Beurteilung nicht zu erschüttern vermöchten, dass ein im Nahbereich des Versorgungsgebietes errichtetes Wasserkraftwerk, dessen Erzeugung in das örtliche Verteilernetz eingespeist werde, geeignet sei, dem öffentlichen Interesse an der Energieversorgung und dem öffentlichen Interesse an der Erhöhung des Anteils an Strom aus erneuerbarer Energie zu dienen.

9.3.3. Die angesprochene RL 2012/27/EU trifft Anordnungen in Bezug auf Energieverteiler und Energieeinzelhandelsunternehmen und ist bis zum 5. Juni 2014 umzusetzen. Zwar entfalten Richtlinien bereits vor Fristablauf sogenannte Vorwirkungen (vgl. dazu Öhlinger/Potacs, EU-Recht und staatliches Recht, S. 117, und die dort angeführte Rechtsprechung); die von den Beschwerdeführern angesprochene unmittelbare Wirkung konnte die Richtlinie jedoch frühestens nach dem Ende der Umsetzungsfrist entfalten, sodass sich die Prüfung, ob und welche unmittelbaren Wirkungen aus dieser RL ableitbar sind, erübrigt.

Die Beschwerde vertritt weiters die Ansicht, dass die Realisierung von Effizienzmaßnahmen im Ausmaß der geplanten Produktion des Wasserkraftwerkes zur Erhöhung des Anteils der Produktion aus erneuerbaren Energieträgern diente. Während die Effizienzmaßnahmen die Stromproduktion aus nicht erneuerbaren Energieträgern reduzierten, wären solche Effekte im Fall der Errichtung des geplanten Kraftwerks nicht zu verzeichnen. Die von der belangten Behörde getroffene gegenteilige Annahme, die für das öffentliche Interesse von entscheidender Bedeutung sei, sei aus fachlicher Sicht völlig unhaltbar.

Damit übersieht die Beschwerde aber, dass es keine Rechtsgrundlage gibt, diese im Ausmaß der geplanten Produktion des Projekts angedachten Effizienzmaßnahmen einem Adressaten verbindlich vorzuschreiben; die Beschwerde bleibt hier auch bei allgemeinen Behauptungen. Diese Überlegungen haben daher weder im Rahmen einer Alternativenprüfung noch bei der Bewertung der Frage eines öffentlichen Interesses an der Energieerzeugung durch ein Wasserkraftwerk Gewicht. Auch im Rahmen der Beurteilung des öffentlichen Interesses an der Umsetzung des geplanten Projektes bleiben diese Möglichkeiten rein spekulativ, weshalb ihnen von der belangten Behörde zu Recht kein Gewicht beigemessen wurde. Allfälligen damit im Zusammenhang stehenden Verfahrensmängeln fehlt es schon deshalb an Relevanz.

9.3.4. Die Interessenabwägung im Zusammenhang mit § 17 Abs. 3 ForstG wird daher letztlich argumentativ nicht erschüttert. Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen zeigt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

10. Die Beschwerde (0224) befasst sich unter Punkt 4.6 mit Ausführungen "zur Rechtswidrigkeit zufolge unrichtiger rechtlicher Beurteilung" und bringt vor, die belangte Behörde hätte sich nicht damit auseinandergesetzt, ob zwingende öffentliche Interessen gemäß Art. 6 Abs. 4 FFH-RL im vorliegenden Fall überwögen.

Es bleibt unklar, auf welche Interessenabwägung sich die Beschwerde mit diesem Hinweis bezieht. Art. 6 Abs. 4 FFH-RL befasst sich mit der Verträglichkeitsprüfung von Plänen oder Projekten im Zusammenhang mit einem besonderen Schutzgebiet. Welches besondere Schutzgebiet betroffen und aus welchem Grund diese Bestimmung hier (unmittelbar) anwendbar wäre, legt die Beschwerde aber nicht da. Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wird mit diesem Vorbringen daher nicht aufgezeigt.

11. Zu den "Kumulierungseffekten":

11.1. Die Beschwerde (0224) macht geltend, dass die Berücksichtigung kumulierender Effekte in den einzelnen Fachbereichen mit den bereits bestehenden bzw. in Bau befindlichen Ober- und Unterliegerkraftwerksanlagen bei der Abwägung der öffentlichen Interessen nach § 104a WRG im UVP-Verfahren nicht ausreichend Beachtung gefunden habe. Es wäre zu berücksichtigen gewesen, dass der Lebensraum Mur bereits von fünf neuen Staukraftwerksprojekten beeinträchtigt werde. Es wäre daher die Summenwirkung zu beurteilen gewesen; dies sei nicht erfolgt. § 17 Abs. 5 UVP-G stelle jedoch auf eine Gesamtbewertung ab, welche nicht entsprechend berücksichtigt worden sei. Art. 4 Abs. 8 der Wasserrahmenrichtlinie 2000/60/EG betreffend die Auswirkungen auf andere Wasserkörper sei nicht ordnungsgemäß umgesetzt worden und hätte unmittelbar angewandt werden müssen.

Auch die Beschwerde (0286) bringt unter Punkt II 3 vor, es hätte die Kumulierung dieses Projekts mit weiteren geplanten und bewilligten Projekten der Wasserkraftnutzung berücksichtigt und auf die Summenwirkung abgestellt werden müssen. Die belangte Behörde übergehe das mit der Kumulierung auf jeden Fall verbundene Eintreten schwerwiegender Umweltbeeinträchtigungen und unterlasse die erforderliche umfassende und nachhaltige Erforschung des speziell aus der Kumulation der Projekte erwachsenden entscheidungsrelevanten Sachverhaltes. Die aus der dargestellten Kumulierung resultierenden schwerwiegenden Umweltbelastungen könnten auch durch die Vorschreibung und Einhaltung einer Vielzahl von Auflagen, Bedingungen, Befristungen, Ausgleichsmaßnahmen und Modifikationen nicht auf ein erträgliches Maß vermindert werden, sodass die Bewilligung auch unter Berücksichtigung des § 17 UVP-G 2000 nicht hätte erteilt werden dürfen.

11.2. Zu diesem Thema nahm die Erstbehörde, aber auch die belangte Behörde ausführlich Stellung. Die belangte Behörde wies in der Begründung des angefochtenen Bescheides mit näherer Begründung darauf hin, dass die eingeholten Sachverständigengutachten erkennen ließen, dass die Gutachter den Aspekten additiver und kumulativer Effekte in adäquater Weise Beachtung geschenkt hätten. Im Zusammenhang mit der Umsetzung des Art. 4 Abs. 8 der Wasserrahmenrichtlinie 2000/60/EG (WRRL) - betreffend Auswirkungen auf andere Wasserkörper - werde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Jänner 2010, 2009/07/0038, verwiesen, der ein solches Vorbringen als nicht begründet beurteilt habe. Die einschlägigen Gutachten hätten nicht nur den Oberflächenwasserkörper (OWK) Nr. 802710012, sondern auch den flussabwärts anschließenden OWK Nr. 802710015 in die Beurteilung einbezogen.

11.3. Die Beschwerdeausführungen gehen auf diese Argumentation des angefochtenen Bescheides überhaupt nicht ein. Weshalb Art. 4 Abs. 8 der WRRL nicht ausreichend umgesetzt worden sei, wird ebenfalls nicht näher ausgeführt. Auch der allgemeine Hinweis auf "mit Sicherheit aus der dargestellten Kumulierung resultierende schwerwiegende Umweltbelastungen" erscheint viel zu unbestimmt, um eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun, der sich mit dieser Frage vor dem Hintergrund eingeholter Gutachten bzw. den Ausführungen zum Verschlechterungsverbot (siehe dazu den folgenden Punkt 12) näher befasst hat.

Auch dieses Beschwerdevorbringen bleibt daher erfolglos.

12. Wasserrechtliches Verschlechterungsverbot:

12.1. Die Beschwerde (0224) vertritt die Ansicht, die Ausnahmebestimmung vom wasserrechtlichen Verschlechterungsverbot sei falsch angewandt worden. So gehe aus dem von der Behörde eingeholten gewässerökologischen Gutachten hervor, dass zwar eine Verschlechterung der stofflichen Situation nicht zu erwarten sei, dass jedoch die Erreichung des guten ökologischen Zustandes im Fall der Verwirklichung des Projekts dauerhaft ausgeschlossen erscheine, während die Erreichung eines guten ökologischen Potenzials möglich sei. Von Seiten der Beschwerdeführer könne also festgehalten werden, dass keiner der genannten Oberflächenwasserkörper als künstliche und erheblich veränderte Oberflächenwasserkörper eingestuft oder ausgewiesen worden sei. Beide fielen als Gewässer im Sinne des § 30a WRG und nach dem nationalen Gewässerschutzplan 2009 in das Regime natürlicher Gewässer. Nur Verschlechterungen um eine Güteklasse fielen unter das Verschlechterungsverbot des § 30a (und damit letztlich auch unter § 104a) WRG.

So bestehe die Möglichkeit, unter gewissen Voraussetzungen nach Durchführung einer Interessenabwägung den derzeit guten Zustand beispielsweise in einen mäßigen zu verändern. Es gehe aber nicht mehr um die Verschlechterung von einer Güteklasse in eine andere, sondern um eine Verschlechterung, die ein natürliches Fließgewässer zu einem erheblich veränderten degradiere. Wenn also gutachterlich festgehalten werde, dass nach der Errichtung des Murkraftwerkes nur mehr ein ökologisches Potenzial am betroffenen Oberflächenwasserkörper erreicht werden könne, so handle es sich um einen falschen Zielzustand eines natürlichen Fließgewässers. Die Erreichung des eigentlichen Zielzustandes für natürliche Gewässer werde auf Dauer verhindert. Diese Verschlechterung sei auch in Anwendung von § 104a WRG nicht zu rechtfertigen und als wesentlicher Verfahrensmangel zu monieren.

Überhaupt sei die Regelung des § 104a WRG offenbar unionsrechtswidrig, weil sie die in Art. 4 Abs. 7 WRRL normierten Voraussetzungen der Ausnahmen vom Verschlechterungsverbot bei weitem nicht vollständig umsetze. Es werde daher beantragt, der Verwaltungsgerichtshof möge bei Zweifeln über die Auslegung des Art. 4 Abs. 7 WRRL den Europäischen Gerichtshof im Wege eines Vorabentscheidungsverfahrens gemäß Art. 267 AEUV anrufen.

Die Beschwerde (0286) nimmt in Punkt II 4 auf das Verschlechterungsverbot nach dem WRG Bezug. Sie bringt vor, die belangte Behörde übersehe, dass nach der Beurteilung des gewässerökologischen Gutachtens die Erreichung des ökologisch guten Zustandes für den Fall möglich erscheine, in dem das Murkraftwerk nicht in Betrieb genommen werde. Daher liege in seinem Betrieb sehr wohl eine gegen das "wasserrechtliche Verschlechterungsverbot laut § 105 WRG 1959 verstoßende Verschlechterung" des Gewässerzustandes, was der Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung entgegenstehe. Schließlich sei auch die Nutzung sämtlicher Projekte, die für Freizeit- und Erholungsfunktionen an der Mur geplant seien, und mit denen in der Öffentlichkeit intensiv für den Bau des Kraftwerks geworben werde, nicht möglich, sollte durch den Kraftwerksbau die Wasserqualität wieder auf einen nur mäßigen Zustand absinken.

12.2. Die belangte Behörde hatte nach Wiedergabe der entscheidungswesentlichen wasserrechtlichen Vorschriften und der Stellungnahmen zum Thema Grundwasser auf das gewässerökologische Gutachten Bezug genommen, in welchem die Auswirkungen des Projekts hinsichtlich stofflicher und ökologischer Aspekte beleuchtet worden waren. So sei insbesondere auf die Verringerung der Fließgeschwindigkeit und die verringerte Fischpassierbarkeit, und zwar sowohl in Bezug auf die Betriebsphase als auch in Bezug auf die Bauphase, eingegangen worden. Die Angaben aus der UVE würden jeweils durch weitere Ergebnisse fachlicher Untersuchungen ergänzt. Näherhin heiße es in dem Gutachten, dass das gegenständliche Vorhaben in den OWK Nr. 802710012 und Nr. 802710015 situiert sei. Der erstgenannte OWK sei im nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan, BGBl. II Nr. 103/2010, mit mäßigem Zustand, geringer Sicherheit ausgewiesen; auf Basis von im Jahr 2010 durch das Amt der Steiermärkischen Landesregierung erhobenen Messdaten für die Fischfauna erreiche er den guten ökologischen Zustand. Auf Basis des nationalen Gewässerbewirtschaftungsplanes sei für diesen OWK auch der gute chemische Zustand gegeben. Für den flussab anschließenden OWK Nr. 802710015 habe ebenfalls der gute chemische Zustand zugewiesen werden können, der ökologische Zustand sei aber als unbefriedigend zu definieren. Beide OWK seien keine Kandidaten für einen erheblich veränderten Wasserkörper. Sohin seien für die Bewertung des Vorhabens die Vorgaben der Qualitätszielverordnungen (QZV Chemie OG und QZV Ökologie OG) heranzuziehen. Auf dieser Grundlage komme das Gutachten zu der Beurteilung, dass zwar eine Verschlechterung der stofflichen Situation nicht zu erwarten sei, dass jedoch das Erreichen des guten ökologischen Zustands im Fall der Verwirklichung des Projektes dauerhaft ausgeschlossen erscheine, während das Erreichen eines ökologischen Potenzials möglich sei. In der Folge nehme das Gutachten zu den bis dahin eingelangten Einwendungen Stellung und schlage abschließend Auflagen vor, die im Genehmigungsbescheid übernommen worden seien.

Unter Hinweis auf ausführliche Auseinandersetzungen im Erstbescheid mit der Frage, ob die Voraussetzungen für eine Ausnahme vom Verschlechterungsverbot vorlägen, vertrat die belangte Behörde die Ansicht, die Erstbehörde sei dabei entsprechend der vom Umweltsenat im Fall Gössendorf/Kalsdorf bzw. vom Verwaltungsgerichtshof (hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2010, 2009/07/0038, Punkt 6) gebilligten Vorgangsweise vorgegangen. Die belangte Behörde wies weiters darauf hin, dass der Begriff des öffentlichen Interesses in § 104a Abs. 2 Z 2 WRG umfassend zu verstehen und nicht mit den öffentlichen Interessen im Sinne des § 105 WRG gleichzusetzen sei. Dazu zählten etwa die Energieversorgung, das Erreichen von Zielen der nationalen oder europäischen Energiepolitik, Arbeitsplatzbeschaffung oder -erhaltung und dergleichen. Solche öffentliche Interessen erfüllten nur dann die Voraussetzungen des Abs. 2 Z 2 erster Fall, wenn es sich um "übergeordnete" öffentliche Interessen handle. Nach Wiedergabe der im Erstbescheid angeführten relevanten öffentlichen Interessen und der im Erstverfahren vorgetragenen Gegenargumente trat die belangte Behörde im Ergebnis der von der Erstbehörde getroffenen Beurteilung bei, dass die Realisierung des Vorhabens prinzipiell im öffentlichen Interesse liege. Im Hinblick auf das konkrete Projekt sei ergänzend darauf hinzuweisen, dass es auf Grund seiner vergleichsweise günstigen Verfügbarkeit und auf Grund seiner Nähe zu einem bedeutenden Verbrauchsbereich nach Größe und Standort in besonderer Weise geeignet sei, dem öffentlichen Interesse zu dienen. In weiterer Folge befasste sich die belangte Behörde mit einzelnen Berufungseinwänden gegen die Interessenabwägung der Erstbehörde. Unter anderem ging sie davon aus, dass es im Rahmen der rechtlichen Beurteilung eines Projektes nicht darauf ankommen könne, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 104a WRG bereits in anderen Fällen als erfüllt erkannt worden seien. Wenn in einer Berufung vorgebracht werde, dass es nicht um eine Verschlechterung um eine Zustandsklasse, sondern darum gehe, dass ein Gewässer zu einem künstlichen bzw. erheblich veränderten gemacht werde, so liege ein Missverständnis vor, weil Beurteilungen nach § 30b WRG nicht im Rahmen eines Projektgenehmigungsverfahrens vorzunehmen seien, sondern einer Verordnung bedürften.

Zum Berufungsvorbringen, wonach die Ausführungen im Erstbescheid zum Überwiegen der öffentlichen Interessen an der Projektsverwirklichung mangelhaft seien, weil sich die Erstbehörde nicht mit dem vorgelegten energiewirtschaftlichen Privatgutachten auseinandergesetzt habe, führte die belangte Behörde aus, in diesem Gutachten werde ein alternatives energiepolitisches Szenario entwickelt. Mit Projektsalternativen habe sich die Erstbehörde in begründeter und schlüssiger Weise auseinandergesetzt. Insoweit in den Berufungen in Wahrheit auf eine Neuorientierung der steirischen Energiepolitik abgezielt werde, so könne dies nicht Gegenstand eines auf ein konkretes Vorhaben bezogenen UVP-Verfahrens sein.

In weiterer Folge befasste sich die belangte Behörde mit Berufungsvorbringen im Zusammenhang mit der Prüfung von öffentlichen Interessen im Sinn des § 105 WRG und kommt insgesamt zum Ergebnis, dass bei Einhaltung der Auflagen nicht davon auszugehen sei, dass wesentliche Beeinträchtigungen der in § 105 WRG aufgezählten oder ihnen gleichkommenden öffentlichen Interessen zu gewärtigen seien. In Bezug auf die Umsetzung des Art. 4 Abs. 8 WRRL verwies die belangte Behörde darauf, dass der Verwaltungsgerichtshof der bereits im Verfahren Gössendorf/Kalsdorf aufgestellten Behauptung einer nicht ordnungsgemäßen Umsetzung nicht beigetreten sei.

12.3. Die entscheidungswesentlichen wasserrechtlichen Bestimmungen lauten:

"Umweltziele für Oberflächengewässer

§ 30a. (1) Oberflächengewässer einschließlich erheblich veränderter und künstlicher Gewässer (§ 30b) sind derart zu schützen, zu verbessern und zu sanieren, dass - unbeschadet § 104a - eine Verschlechterung des jeweiligen Zustandes verhindert und - unbeschadet der §§ 30e und 30f - bis spätestens 22. Dezember 2015 der Zielzustand erreicht wird. Der Zielzustand in einem Oberflächengewässer ist dann erreicht, wenn sich der Oberflächenwasserkörper zumindest in einem guten ökologischen und einem guten chemischen Zustand befindet. Der Zielzustand in einem erheblich veränderten oder künstlichen Gewässer ist dann erreicht, wenn sich der Oberflächenwasserkörper zumindest in einem guten ökologischen Potential und einem guten chemischen Zustand befindet.

(2) ...

Einstufung als künstliche oder erheblich veränderte

Oberflächenwasserkörper

§ 30b. (1) Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft,

Umwelt und Wasserwirtschaft kann mit Verordnung

Oberflächenwasserkörper als künstliche oder erheblich veränderte,

gegliedert nach Planungsräumen (§ 55b Abs. 2) einstufen, wenn

1. die zur Erreichung eines guten ökologischen

Zustands erforderlichen Änderungen der hydromorphologischen

Merkmale des Oberflächenwasserkörpers signifikante negative

Auswirkungen hätten auf

a) die Umwelt im weiteren Sinne oder

b) die Schifffahrt, einschließlich

Hafenanlagen oder die Freizeitnutzung oder

c) die Tätigkeiten, zu deren Zweck das Wasser

gespeichert wird, wie Trinkwasserversorgung, Stromerzeugung oder

Bewässerung oder

d) die Wasserregulierung, Schutz vor

Überflutungen, Landentwässerung oder

e) andere ebenso wichtige nachhaltige

Entwicklungstätigkeiten des Menschen

und

2. die nutzbringenden Ziele, denen die veränderten

Merkmale des Oberflächenwasserkörpers dienen, nicht in sinnvoller

Weise durch andere Mittel erreicht werden können. Diese anderen

Mittel müssen

a) technisch durchführbar sein und

b) jedenfalls eine wesentlich bessere

Umweltoption darstellen und

c) keine unverhältnismäßigen Kosten verursachen.

(2) ...

Vorhaben mit Auswirkungen auf den Gewässerzustand

§ 104a. (1) Vorhaben, bei denen

1. durch Änderungen der hydromorphologischen

Eigenschaften eines Oberflächenwasserkörpers oder durch Änderungen

des Wasserspiegels von Grundwasserkörpern

a) mit dem Nichterreichen eines guten

Grundwasserzustandes, eines guten ökologischen Zustandes oder

gegebenenfalls eines guten ökologischen Potentials oder

b) mit einer Verschlechterung des Zustandes

eines Oberflächenwasser- oder Grundwasserkörpers zu rechnen ist,

2. durch Schadstoffeinträge mit einer Verschlechterung

von einem sehr guten zu einem guten Zustand eines

Oberflächenwasserkörpers in der Folge einer neuen nachhaltigen

Entwicklungstätigkeit zu rechnen ist, sind jedenfalls Vorhaben,

bei denen Auswirkungen auf öffentliche Rücksichten zu erwarten

sind (§§ 104 Abs. 1, 106).

(2) Eine Bewilligung für Vorhaben gemäß Abs. 1, die einer Bewilligung oder Genehmigung auf Grund oder in Mitanwendung wasserrechtlicher Bestimmungen bedürfen, kann nur erteilt werden, wenn die Prüfung öffentlicher Interessen (§§ 104, 105) ergeben hat, dass

1. alle praktikablen Vorkehrungen getroffen wurden, um die negativen Auswirkungen auf den Zustand des Oberflächenwasser- oder Grundwasserkörpers zu mindern und

2. die Gründe für die Änderungen von übergeordnetem öffentlichem Interesse sind und/oder, dass der Nutzen, den die Verwirklichung der in §§ 30a, c und d genannten Ziele für die Umwelt und die Gesellschaft hat, durch den Nutzen der neuen Änderungen für die menschliche Gesundheit, die Erhaltung der Sicherheit der Menschen oder die nachhaltige Entwicklung übertroffen wird und

3. die nutzbringenden Ziele, denen diese Änderungen des Oberflächenwasser- oder Grundwasserkörpers dienen sollen, aus Gründen der technischen Durchführbarkeit oder auf Grund unverhältnismäßiger Kosten nicht durch andere Mittel, die eine wesentlich bessere Umweltoption darstellen, erreicht werden können.

(3) ...

(4) Die Gründe für ein Abweichen vom Verschlechterungsverbot sind im Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan (§ 55c) im Einzelnen darzulegen und die Ziele alle sechs Jahre zu überprüfen (§§ 133 Abs. 6, 135)."

12.4.1. Die Beschwerde (0286) übersieht mit ihrem Vorbringen, dass die belangte Behörde, wie schon die Erstbehörde, gerade vor dem Hintergrund des gewässerökologischen Gutachtens davon ausging, dass vorliegendenfalls gegen das Verschlechterungsverbot verstoßen werde; es werde zu einer Verschlechterung der biologischen Qualitätskomponenten Makrozoobenthos und Fischfauna um eine Zustandsklasse kommen. Beide Behörden legten aber, jeweils ausführlich begründet, dar, dass und warum die Voraussetzungen für eine Ausnahme vom Verschlechterungsverbot nach § 104a WRG 1959 vorlägen.

Wenn in der Beschwerde (0286) nun auf die anzunehmende mangelnde Nutzbarkeit der Projekte zur Freizeitgestaltung und Erholung verwiesen wird, weil die Wasserqualität wieder auf ein mäßiges Niveau absinke, so setzt sie sich damit über den Inhalt des Gutachtens hinweg, in dem festgehalten wird, dass sich die stoffliche Situation in den OWK und der flussab gelegenen Fließstrecke nicht verschlechtert.

12.4.2. Die Beschwerde (0224) stützt sich in erster Linie auf die Behauptung, es gehe im vorliegenden Fall nicht um die Verschlechterung von einer Güteklasse in eine andere, sondern um eine Verschlechterung, die ein natürliches Oberflächengewässer zu einem erheblich veränderten OWK (§ 30b WRG 1959) "degradiere".

Die Ausgangslage in den betroffenen OWK war - folgt man den Gutachten - beim OWK 802710012 der gute ökologische und gute chemische Zustand; beim OWK 802710015 hingegen der gute chemische, aber ein unbefriedigender ökologischer Zustand. Dem Gutachten ist weiters zu entnehmen, dass beide OWK keine Kandidaten für eine Qualifikation als erheblich veränderter Wasserkörper seien. Es sei zwar keine Verschlechterung der stofflichen Situation zu erwarten, die Erreichung des guten ökologischen Zustandes sei jedoch im Falle der Verwirklichung des Projektes dauerhaft ausgeschlossen, während die Erreichung eines ökologischen Potentials möglich sei.

Beide OWKs wurden durch den Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplan nicht als erheblich veränderte OWK eingestuft.

Es bleibt offen, ob vom Vorliegen eines Tatbestandes des § 104a Abs. 1 Z 1 lit. a WRG oder des § 104a Abs. 1 Z 1 lit. b WRG auszugehen ist. Während die Gutachten vom "Nichterreichen eines guten ökologischen Zustandes", aber von der Erreichbarkeit des "guten ökologischen Potentials" sprechen und sich damit der Terminologie des § 104a Abs. 1 Z 1 lit. a WRG bedienen, befasst sich der Bescheid mit Zustandsklassen und deren Verschlechterung und scheint damit eher auf den Tatbestand der Z 1 lit. b abzuzielen.

Eine genaue Zuordnung kann hier aber dahinstehen, weil das Vorhaben jedenfalls die Voraussetzungen des § 104a Abs. 1 WRG erfüllt und daher Abs. 2 und damit die Möglichkeit der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Anwendung gelangt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Prüfung der Voraussetzungen des § 104a Abs. 2 WRG einen Unterschied dahingehend macht, welcher der beiden Tatbestände des § 104a Abs. 1 Z 1 leg. cit. erfüllt ist.

Der Umstand, dass in den Gutachten von der Erreichung des "guten ökologischen Potentials" die Rede ist, ein Begriff, der als Zielzustand für erheblich veränderte Gewässer in § 30a Abs. 1 (letzter Satz) WRG genannt wird, führt nun entgegen der Ansicht in der Beschwerde nicht dazu, dass die Bestimmung des § 104a Abs. 2 WRG 1959 hier nicht zur Anwendung gelangte. Entscheidend ist - mangels Einstufung der hier in Rede stehenden OWK mit einer Verordnung nach § 30b WRG -, ob eine Verschlechterung im obgenannten Sinn vorliegt und bejahendenfalls, ob die Voraussetzungen für die Ausnahmebewilligung nach § 104a Abs. 2 WRG gegeben sind.

Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer (0286) führte eine Verschlechterung des "unbefriedigenden" ökologischen Zustandes auch nicht zu einem "falschen Zielzustand" eines natürlichen Fließgewässers, sondern gegebenenfalls zu einem "schlechten" ökologischen Zustand (vgl. zu den Zustandsklassen des ökologischen Zustands Anhang C des WRG). Die in der Beschwerde getroffenen Ausführungen zu den künstlichen oder erheblich veränderten Wasserkörpern gehen daher am Gegenstand dieses Bescheidteiles vorbei.

Zur mangelnden Umsetzung des Art. 4 Abs. 7 WRRL und der Anregung eines Vorabentscheidungsersuchens wird schließlich auf die diesbezüglichen Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2010, 2009/07/0038, verwiesen.

12.5. Zur Begründung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Ausnahme vom Verschlechterungsverbot nach § 104a Abs. 2 WRG finden sich in beiden Beschwerden (0224, 0286) keine konkreten Ausführungen; es war daher seitens des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht näher darauf einzugehen.

13. Zum Thema Umweltmedizin und Luftreinhaltung:

13.1. In der Beschwerde (0286) finden sich Ausführungen zum Thema Humanmedizin und zwar im Zusammenhang mit dem Aspekt der Luftreinhaltung. Die Beschwerdeführer meinen, die belangte Behörde hätte nicht übergehen dürfen, dass im Gutachten der TU/FVT nicht nur die konventionellen Schadstoffe, sondern auch PM 2,5 beurteilt worden sei. Die medizinische Beurteilung Dris. C habe ergeben, dass aus umwelthygienischer Sicht die Bauphase aus Sicht der Anrainer als belästigend zu beurteilen, aber im Bereich der Zusatzbelastung Luftschadstoffe mit keiner Zunahme der Erkrankungen der Atemwegsorgane zu rechnen sei, weil die Vorbelastung in diesem Gebiet schon sehr hoch sei. Der von der Behörde herangezogene umweltmedizinische Sachverständige habe dieses Bewertungsschema wie in den beiden genannten Gutachten übernommen. Allerdings lägen seine Prognosebelastungen um etwa ein Drittel unterhalb jener der FVT. Auch weitere, näher dargestellte Aussagen dieses Gutachtens (etwa zum wenig wahrscheinlichen Zusammenfallen der höchsten Vorbelastung mit der höchsten Zusatzbelastung) träfen nicht zu. Unverständlicherweise würden vom umweltmedizinischen Sachverständigen relevante Zusatzbelastungen in außerordentlichem Ausmaß akzeptiert und in weiterer Folge von der belangten Behörde übernommen. Weiters fehle in der - in Bezug auf die Zusatzbelastung zwischen Bau- und Betriebsphase differenzierenden - Bescheidbegründung der Umstand, dass zusätzliche Immissionen langfristig auf der Basis eines Programmes oder Maßnahmenkatalogs zu reduzieren seien. Solche Programme oder Maßnahmenkataloge gebe es aber für den Bereich G nicht. Schließlich stehe die Übernahme des medizinischen Beurteilungsschemas aus dem Gutachten der FVT durch die medizinischen Sachverständigen im Widerspruch zum IG-L und zu den Bestimmungen der EU zur Luftreinhaltung bzw. zur RL 2008/50/EG , sodass von einer weiteren Verletzung gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben durch den angefochtenen Bescheid auszugehen sei.

In der Beschwerde (0224) wird in diesem Zusammenhang gerügt, dass der Sachverständige aus dem Bereich Humanmedizin keine fachliche Stellungnahme zu den vorgelegten Privatgutachten abgegeben habe, sodass es der Behörde nicht möglich gewesen sei, das Gutachten Dris. C heranzuziehen. Zu rügen sei in diesem Zusammenhang das Fehlen von Untersuchungen der Vermehrung von Sekundärfeinstaubbildung aufgrund der erhöhten Nebelbildung und der Auswirkungen des Verlusts von 8000 Bäumen.

13.2. Im angefochtenen Bescheid heißt es zum Thema Immissionen und Klima, dass sich die Genehmigung eines bestimmten Projektes nach § 17 UVP-G 2000 in Verbindung mit den einschlägigen Verwaltungsvorschriften, hier nach dem IG-L, richte. Das Stadtgebiet von G sei in der Verordnung BGBl. II Nr. 483/2008 als belastetes Gebiet bestimmt. Gemäß § 2 Z 1 der Steiermärkischen Luftreinhalteverordnung, LGBl. Nr. 2/2012, sei der Großraum G als Sanierungsgebiet festgelegt. Allerdings bestimme sich die Genehmigung neuer Wasserkraftwerke nicht nach dieser Verordnung, sondern es sei dafür § 20 IG-L maßgeblich. Beim gegenständlichen Projekt gehe es bei der Beurteilung von Emissionen unstrittig allein um Luftverunreinigungen während der Bauphase. In dieser Hinsicht sei der rechtliche Gehalt des Gesetzes nicht völlig klar. Auf der einen Seite habe das IG-L vor allem Anlagen als Quellen von Emissionen vor Augen, auf der anderen Seite spreche § 2 Abs. 10 Z 3 leg. cit. dafür, dass auch "Arbeiten" auf Liegenschaften, die Emissionen von Luftschadstoffen verursachten, erfasst sein sollten; freilich sei damit noch nicht klar, ob dies auch für verschiedenartige Bauarbeiten in einem größeren, sich über mehrere km erstreckenden Gebiet gelte. Des Weiteren zielten das Gesetz und die festgelegten Immissionsgrenzwerte auf den dauerhaften Schutz unter anderem der Gesundheit des Menschen. Dies spreche dagegen, dass solche Grenzwerte auch den Maßstab für bloß vorübergehend wirksame Erhöhungen der Immissionsbelastung, etwa während Bauphasen, bilden sollten. Es überrasche daher nicht, dass das Gutachten des Klimatologen festhalte, dass es im Hinblick auf die Immissionsbeurteilung nach IG-L keine fachlichen Standards für reine "Bauarbeiten" gebe, sodass die Beurteilung dem umweltmedizinischen Sachverständigen obliege. Das führe zu der weiteren Frage, was unter einem relevanten Beitrag im Sinne von § 20 Abs. 3 Z 1 IG-L zu verstehen und wie dieser zu bestimmen und zu ermitteln sei. Die belangte Behörde gehe davon aus, dass es sich nicht um eine reine Rechtsfrage handle. Der Gesetzgeber habe nicht auf einen bestimmten Wert abgestellt, sondern spreche allgemein von einem "relevanten Beitrag". Die "Relevanz" des zusätzlichen Beitrags zur Luftbelastung sei nun unter Beiziehung von Sachverständigen unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des jeweiligen Falles zu bestimmen. Bereits in der RV 1147 Blg. NR 22. GP sei festgehalten, dass die vorgenannten Werte lediglich beispielhaft zu verstehen seien und es der Behörde im Einzelfall obliege, einen angemessenen Schwellenwert festzulegen.

Die belangte Behörde verwies darauf, dass zeitlich und räumlich beschränkte Grenzwertüberschreitungen während der Bauphase eine eigenständige Beurteilung erforderlich machten; im klimatechnischen Gutachten, welches auch kumulative Effekte der Bautätigkeiten am zentralen Sammelkanal und am Südgürtel einbeziehe, werde festgehalten, dass sich die höchste Belastung im dritten Jahr der Bautätigkeit ergeben werde. Es sei je nach Baumaßnahme mit zeitlich beschränkten und in bestimmten räumlichen Bereichen immissionswirksamen Belastungen der Luftqualität zu rechnen. Als Abhilfe werde eine Reihe von emissionsvermeidenden bzw. emissionsmindernden zusätzlichen Auflagen vorgeschlagen. Diese Auflagen seien von der Behörde in den Spruch des Bescheides übernommen worden. Auch der Umweltmediziner habe die Ist-Situation und die zu erwartenden Zusatzbelastungen unter Mitberücksichtigung der Bauarbeiten am zentralen Speicherkanal und am Südgürtel dargestellt. Auflagen seien auch von diesem Sachverständigen vorgeschlagen worden, damit das Projekt in der Bauphase, vor allem im dritten Jahr, keine inakzeptable Immissionsbelastung bewirke. In diesem Gutachten finde sich eine tabellarische Zusammenstellung der Staub-Überschreitungskonstellationen und es werde festgehalten, dass die Zusatzbelastungen demnach nur im Kerngebiet und nur im dritten Baujahr Werte um 5 % der Grenzwerte erreichten, was auf Grund der Höhe und Zusammensetzung der zusätzlichen Staubimmissionen und ihrer begrenzten Einwirkungszeit gesundheitlich unbedenklich sei. Außerdem würden die Gesamtbelastungen nach Ende der Bauzeit projektbedingt reduziert werden. Schließlich vertrete der Gutachter auch die Ansicht, dass bei vollständiger Durchführung der Schutz- und Kompensationsmaßnahmen und der Einhaltung der von ihm vorgeschlagenen Auflagen auch in der Bauphase und im Störfall nicht mit Gesundheitsgefährdungen oder wesentlichen Beeinträchtigungen durch das Projekt zu rechnen sei. In der Betriebsphase überwögen aus umweltmedizinischer Sicht die positiven Auswirkungen, die nachhaltig seien.

Nach sorgfältiger Prüfung und Abwägung aller humanmedizinisch relevanten Auswirkungen und projektsgemäß vorgesehenen Ausgleichsmaßnahmen und Gegenüberstellung mit Hygienegrenzwerten und Schutzzielen nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft werde das Projekt als umweltverträglich beurteilt. Die in diesem Gutachten vorgeschlagenen Auflagen seien vorgeschrieben worden. Die belangte Behörde erachte die durch die genannten Gutachten vorgenommene fachliche Beurteilung als schlüssig und plausibel. Aus den Berufungen hätten sich keine zusätzlichen oder neuen Gesichtspunkte ergeben, die dieses Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene zu entkräften vermocht hätten.

13.4. § 20 IG-L hat folgenden Wortlaut:

"§ 20. (1) Anlagen, die nach den anzuwendenden Verwaltungsvorschriften des Bundes einer Genehmigungspflicht unterliegen, und der Neubau einer straßenrechtlich genehmigungspflichtigen Straße oder eines Straßenabschnittes bedürfen keiner gesonderten luftreinhalterechtlichen Genehmigung und es gelten die Bestimmungen der Abs. 2 und 3 als zusätzliche Genehmigungsvoraussetzungen.

(2) Emissionen von Luftschadstoffen sind nach dem Stand der Technik (§ 2 Abs. 8 Z 1 AWG 2002) zu begrenzen.

(3) Sofern in dem Gebiet, in dem eine neue Anlage oder eine emissionserhöhende Anlagenerweiterung oder ein Neubau einer straßenrechtlich genehmigungspflichtigen Straße oder eines Straßenabschnittes genehmigt werden soll, bereits mehr als 35 Überschreitungen des Tagesmittelwertes für PM10 gemäß Anlage 1a oder eine Überschreitung

(4) ..."

13.5. Die Beschwerden (0224, 0286) weisen zum einen punktuell auf eine angebliche Unrichtigkeit des Gutachtens des Umweltmediziners und zum anderen auf einen Widerspruch des angefochtenen Bescheides zu § 20 Abs. 3 IG-L bzw. zu europarechtlichen Vorgaben hin.

Die vom umweltmedizinischen Sachverständigen herangezogenen Werte entsprechen denjenigen, die von der FVT in ihrer ergänzenden Stellungnahme, in der der gleichzeitige Bau des Südgürtels und des Kraftwerkes behandelt wurde (Schriftsatz vom 9. November 2011), dargestellt worden waren; der Sachverständige erstellte eine korrigierte Tabelle zur Luftschadstoffbelastung (S. 10 bis 12 seines Teilgutachtens) und gab mit näherer Begründung an, auf welchen Überlegungen bzw. Informationen seine Schlussfolgerungen aufgebaut wurden. So fußte z.B. die Problematisierung der Aufpunkte 1 und 2 bzw. der dort gemessenen Daten im Umstand der gerade an diesen Punkten gegebenen hohen Vorbelastung. Der Sachverständige stellte auch einen Bezug zu den vorzuschreibenden Auflagen und deren Auswirkungen näher dar. Punktuell aus dem Gesamtzusammenhang des Gutachtens entnommene Werte und deren Problematisierung sind vor dem Hintergrund der eingeschränkten Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes in Fragen der Beweiswürdigung aber nicht geeignet, die Annahmen der belangten Behörde, die auf diesem Gutachten aufbauten, erfolgreich zu erschüttern. Die vom Sachverständigen geforderten Auflagen wurden zudem in den angefochtenen Bescheid übernommen.

Auf die ausführliche rechtliche Argumentation der belangten Behörde zu § 20 Abs. 3 Z 1 IG-L (S. 15 ff des angefochtenen Bescheides) gehen die Beschwerden nicht näher ein; sie rügen aber die Nichterfüllung des § 20 Abs. IG-L wegen des Fehlens eines Programms gemäß § 9a oder eines Maßnahmenkatalogs gemäß § 10 IG-L. Dabei übersehen sie aber, dass es im vorliegenden Fall um die Genehmigungsvoraussetzung des § 20 Abs. 3 Z 1 IG-L ("wenn die Emissionen keinen relevanten Beitrag zur Immissionsbelastung leisten") ging; die alternativ dazu in Z 2 des § 20 Abs. 3 leg. cit. vorgesehenen Programme gemäß § 9a und Maßnahmen gemäß § 10 IG-L für den Fall der Notwendigkeit der Kompensation zusätzlicher Emissionen spielen im vorliegenden Fall keine Rolle.

Zu den Ausführungen in der Beschwerde (0224), wonach "der Sachverständige auf dem Gebiet der Humanmedizin trotz wiederholter Befragung keine fachliche Stellungnahme zu den vorgelegten Privatgutachten abgab, sodass es der Behörde nicht möglich war, die GA Dris. C heranzuziehen", ist zu bemerken, dass sich diese Darstellung offenbar auf den Vorgang im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde (S. 18f) bezieht. Demnach erklärte der umweltmedizinische Sachverständige, dass das Gutachten Dris. C für ihn nicht maßgebend gewesen sei, weil er zu eigenen Schlussfolgerungen gekommen sei und sich zudem auf die Ausführungen des forsttechnischen Sachverständigen und des Sachverständigen für Klima und Luft gestützt habe. Er könne im Detail aufzeigen, wie er zu seiner Aussage in Bezug auf die projektbedingen Gesundheitsgefährdungen gekommen sei (diesbezüglich folgt in der Verhandlungsschrift eine detaillierte Darstellung). Worauf die in der Beschwerde genannte Verfahrensrüge abzielt, bleibt angesichts dessen offen; entscheidend war im gegebenen Zusammenhang der Inhalt des Gutachtens des umweltmedizinischen Sachverständigen, dem die belangte Behörde Schlüssigkeit und Glaubwürdigkeit attestierte, und nicht der Umstand, dass eine Stellungnahme zu nicht näher genannten Privatgutachten angeblich nicht erfolgte. Entgegen den Angaben der Beschwerdeführer wurden auch die Auswirkungen des Baumverlusts durch die Behörden beider Instanzen geprüft. Die allgemein formulierten Vorwürfe in diesem Beschwerdeteil zeigen daher ebenfalls keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

14.1. Unter dem Titel "Anwendung des § 17 Abs. 5 UVP-G" rügt die Beschwerde (0286), dass die Behörde fälschlicherweise die dortige Generalklausel nicht angewandt habe, zumal mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sei, dass der Klimaschutz durch das Projekt erheblich beeinträchtigt werde. Es würden 5000 Bäume ohne entsprechende Ausgleichsmaßnahmen gefällt, ein Fließgewässer werde eingestaut und die Windhäufigkeit nehme ab; es sei anzunehmen, dass die Grundwasserfließgeschwindigkeit abnehme und die Verweildauer von belasteten Wässern zunehme.

14.2. § 17 UVP-G hat folgenden Wortlaut:

"§ 17. (1) Die Behörde hat bei der Entscheidung über den Antrag die in den betreffenden Verwaltungsvorschriften und im Abs. 2 bis 6 vorgesehenen Genehmigungsvoraussetzungen anzuwenden. Die Zustimmung Dritter ist insoweit keine Genehmigungsvoraussetzung, als für den betreffenden Teil des Vorhabens in einer Verwaltungsvorschrift die Möglichkeit der Einräumung von Zwangsrechten vorgesehen ist. Die Genehmigung ist in diesem Fall jedoch unter dem Vorbehalt des Erwerbs der entsprechenden Rechte zu erteilen.

(2) Soweit dies nicht schon in anzuwendenden Verwaltungsvorschriften vorgesehen ist, gelten im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge zusätzlich nachstehende Genehmigungsvoraussetzungen:

1. Emissionen von Schadstoffen sind nach dem Stand der

Technik zu begrenzen,

2. die Immissionsbelastung zu schützender Güter ist

möglichst gering zu halten, wobei jedenfalls Immissionen zu

vermeiden sind, die

a) das Leben oder die Gesundheit von Menschen

oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der

Nachbarn/Nachbarinnen gefährden,

b) erhebliche Belastungen der Umwelt durch

nachhaltige Einwirkungen verursachen, jedenfalls solche, die

geeignet sind, den Boden, die Luft, den Pflanzen- oder Tierbestand

oder den Zustand der Gewässer bleibend zu schädigen, oder

c) zu einer unzumutbaren Belästigung der

Nachbarn/Nachbarinnen im Sinne des § 77 Abs. 2 der Gewerbeordnung

1994 führen,

3. Abfälle sind nach dem Stand der Technik zu

vermeiden oder zu verwerten oder, soweit dies wirtschaftlich nicht vertretbar ist, ordnungsgemäß zu entsorgen.

(3) ...

(4) Die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung (insbesondere Umweltverträglichkeitserklärung, Umweltverträglichkeitsgutachten oder zusammenfassende Bewertung, Stellungnahmen, einschließlich der Stellungnahmen und dem Ergebnis der Konsultationen nach § 10, Ergebnis einer allfälligen öffentlichen Erörterung) sind in der Entscheidung zu berücksichtigen. Durch geeignete Auflagen, Bedingungen, Befristungen, Projektmodifikationen, Ausgleichsmaßnahmen oder sonstige Vorschreibungen (insbesondere auch für Überwachungs-, Mess- und Berichtspflichten und Maßnahmen zur Sicherstellung der Nachsorge) ist zu einem hohen Schutzniveau für die Umwelt in ihrer Gesamtheit beizutragen.

(5) Ergibt die Gesamtbewertung, dass durch das Vorhaben und seine Auswirkungen, insbesondere auch durch Wechselwirkungen, Kumulierung oder Verlagerungen, unter Bedachtnahme auf die öffentlichen Interessen, insbesondere des Umweltschutzes, schwerwiegende Umweltbelastungen zu erwarten sind, die durch Auflagen, Bedingungen, Befristungen, sonstige Vorschreibungen, Ausgleichsmaßnahmen oder Projektmodifikationen nicht verhindert oder auf ein erträgliches Maß vermindert werden können, ist der Antrag abzuweisen. Im Rahmen dieser Abwägung sind auch relevante Interessen der Materiengesetze oder des Gemeinschaftsrechts, die für die Realisierung des Vorhabens sprechen, zu bewerten."

14.3. Die belangte Behörde befasste sich (S. 56 ff) ausführlich mit der Beurteilung der Gesamtbewertung im Sinne des § 17 Abs. 5 leg. cit., insbesondere damit, ob die dort genannten schwerwiegenden Umweltbelastungen zu erwarten seien. Unter Hinweis auf die genannte Bestimmung vertrat die belangte Behörde die Ansicht, negative Auswirkungen auf die Umwelt, die nicht nur geringfügig, sondern auch merklich nachteilig sein könnten, würden vom Gesetzgeber auf Grund des klaren Wortlauts des Abs. 5 offenbar akzeptiert und böten keine Rechtsgrundlage für eine Abweisung des Genehmigungsantrages. Die theoretische Möglichkeit schwerwiegender Umweltbelastungen reiche für eine Abweisung nicht aus, sondern es müsse das Eintreten sehr wahrscheinlich ("zu erwarten") sein. Wenn diese auch durch Auflagen, Bedingungen, Befristungen oder sonstige Vorschreibungen, Ausgleichsmaßnahmen oder Projektsmodifikationen nicht auf ein erträgliches Maß reduziert werden könnten, sei der Antrag zwingend abzuweisen.

Im vorliegenden Fall seien die in den Berufungen geltend gemachten Bedenken fast durchgehend Gegenstand konkreter gesetzlicher Bestimmungen, die die Zulässigkeit bzw. die Grenzen der Zulässigkeit von bestimmten Auswirkungen regelten. Diese Auswirkungen seien an den materiengesetzlichen Regeln und Vorgaben zu messen und durch entsprechende Vorschreibung auf das Maß des Vertretbaren zu begrenzen. Fragen der Anwendung des § 17 Abs. 5 UVP-G 2000 stellten sich dagegen dann, wenn Auswirkungen nicht Gegenstand von gesetzlichen Zulässigkeitsregelungen seien, sei dies, weil solche Regelungen nicht bestünden, sei es, weil sie im konkreten Verfahren nicht anwendbar seien. Im konkreten Fall hätten sich vor allem Angelegenheiten der örtlichen Raumplanung und Aspekte des Klimaschutzes (Mikroklima) als Fragen herausgestellt, die nicht Gegenstand von im Verfahren anwendbaren gesetzlichen Regelungen seien. Weiters werde die Verbauung einer verbliebenen freien Fließstrecke durch die Verdichtung der Kraftwerkskette an der Mur releviert.

Nach Ausführungen zu den Fragen der örtlichen Raumplanung ging die belangte Behörde auf die Aspekte des "Klimas" näher ein und wies darauf hin, dazu bedürfe es zunächst der Differenzierung. Die Feinstaubproblematik werde anhand des einschlägigen IG-L näher behandelt. Davon seien aber Treibhausgase, insbesondere CO2, nicht umfasst. Vor dem Hintergrund eines dazu eingeholten Gutachtens habe sich ergeben, dass diese Emissionen (während der Bauphase) nicht von solcher Bedeutung seien, dass von schwerwiegenden Umweltbelastungen die Rede sein könne. Unter Klima sei auch das viel zitierte, aber begrifflich nicht endgültig geklärte "Mikroklima" zu begreifen. Es sei davon auszugehen, dass durch den Entfall eines quantitativ erheblichen zentrumsnahen Baumbestandes sowie durch die örtliche Verringerung der Fließgeschwindigkeit der Mur nachteilige lokale Veränderungen von Temperaturhaushalt und Luftfeuchtigkeit zu gewärtigen seien. Diese Auswirkungen seien in der UVE angesprochen und vom klimatechnischen Gutachter nachgeprüft worden. Dieser habe festgehalten, dass natürlich mit solchen Auswirkungen ("im mikroskaligen Bereich") zu rechnen sei, wie bei jeder Oberflächengestaltung, dass diese jedoch von lokaler Natur (nicht "außerhalb des unmittelbaren Betriebsgeländes") wären. Der forsttechnische Gutachter habe zwar auch die kleinklimatischen Auswirkungen der Projektsverwirklichung diskutiert, jedoch seine vorsorgliche Akzentuierung der Wohlfahrtsfunktion der Baumbestände allein auf die Staubfilter- und Bodenfeuchtestabilisierungsfunktion gestützt. Insgesamt ergebe sich daraus für die belangte Behörde, dass zwar mit nachteiligen Auswirkungen auf das lokale Kleinklima zu rechnen sei; diese Auswirkungen seien jedoch nicht von solcher Art, dass von "schwerwiegenden Umweltbelastungen" die Rede sein könne. Insgesamt vertrat die belangte Behörde die Ansicht, es bestehe keine Veranlassung zu einem Vorgehen auf der Grundlage des § 17 Abs. 5 UVP-G 2000. 14.4. § 17 Abs. 5 UVP-G 2000 legt der Behörde die Verpflichtung auf, einen Antrag abzuweisen, wenn die Gesamtbewertung ergibt, dass schwerwiegende Umweltbelastungen zu erwarten sind, die durch Auflagen, Bedingungen, Befristungen, sonstige Vorschreibungen, Ausgleichsmaßnahmen oder Projektmodifikationen nicht verhindert oder auf ein erträgliches Maß vermindert werden können. Solche schwerwiegenden Umweltbelastungen wurden von der belangten Behörde mit näherer Begründung verneint.

In der Beschwerde (0286) werden in diesem Zusammenhang lediglich Aspekte des Klimas (wie oben wiedergegeben) angesprochen und - ohne auf die Argumentation der belangten Behörde zu diesem Punkt und die Ausführungen der von der Behörde beigezogenen Sachverständigen näher einzugehen - das Gegenteil der Bescheidbegründung behauptet. In der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde war aber u.a. auch der Aspekt des Klimaschutzes mit den Sachverständigen für Luft und Klima, für Forsttechnik und für Umweltmedizin ausführlich erörtert worden.

Die Beschwerdebehauptungen sind daher nicht geeignet, die Einschätzung der belangten Behörde, wonach zwar mit nachteiligen Auswirkungen auf das lokale Kleinklima zu rechnen sei, diese Auswirkungen aber nicht von solcher Art seien, dass von den vom Gesetz als Voraussetzung für die Versagung einer Bewilligung geforderten schwerwiegenden Umweltbelastungen die Rede sein könne, zu erschüttern.

Auch dieses Beschwerdevorbringen zeigt daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

15. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47ff VwGG iVm § 79 Abs. 11 VwGG und § 3 der VwGH-AufwErsV, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl II Nr. 8/2014, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr. 455.

Das Bundesverwaltungsgericht verwies im Beschwerdeverfahren (0286) mit Schreiben vom 18. März 2014 auf die in den anderen Beschwerdeverfahren erfolgte Aktenvorlage, verzichtete auf die Erstattung einer Gegenschrift und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Mangels Erstattung einer Gegenschrift war der Antrag auf Zuerkennung von Aufwandersatz abzuweisen.

Wien, am 24. Juli 2014

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