Normen
AVG §56;
AVG §59 Abs1 impl;
B-VG Art130 Abs2;
FrPolG 2005 §76 Abs1;
FrPolG 2005 §77 Abs1;
FrPolG 2005 §77 Abs5;
FrPolG 2005 §82 Abs1;
FrPolG 2005 §83 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
AVG §56;
AVG §59 Abs1 impl;
B-VG Art130 Abs2;
FrPolG 2005 §76 Abs1;
FrPolG 2005 §77 Abs1;
FrPolG 2005 §77 Abs5;
FrPolG 2005 §82 Abs1;
FrPolG 2005 §83 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als er die Administrativbeschwerde als unbegründet abweist und in Bezug auf die Kostenentscheidung, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein türkischer Staatsangehöriger, reiste am 27. Jänner 2012 illegal nach Österreich ein und stellte am 30. Jänner 2012 bei der EASt Ost einen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz, wobei er unter einem seinen türkischen Personalausweis vorlegte. Der Beschwerdeführer wurde in der Betreuungsstelle Ost in Traiskirchen untergebracht.
Dieser Antrag wurde im Instanzenzug mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 8. März 2012 abgewiesen; gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer in die Türkei ausgewiesen. Anlässlich der gemäß § 23 Abs. 3 AsylG 2005 vorgenommenen Zustellung dieser Entscheidung am 12. März 2012 wurde der Beschwerdeführer gemäß § 39 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) festgenommen. Nach seiner Vernehmung wurde über ihn noch am selben Tag mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden (BH) gemäß § 76 Abs. 1 FPG iVm § 57 AVG die Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung verhängt.
In der Begründung, die auch mehrere, keinen konkreten Fallbezug aufweisende Textbausteine enthält, führte die BH sonst im Wesentlichen aus, gegen den Beschwerdeführer bestehe eine rechtskräftige Ausweisung; zu deren Durchsetzung sei beabsichtigt, den Beschwerdeführer abzuschieben. Die Festnahme sei erfolgt, weil "durch Informationen der Lagerleitung" der Verdacht bestanden habe, der Beschwerdeführer wolle "das Lager verlassen und an einer anderen Adresse Unterkunft nehmen". Da "zeitgleich" der "Bescheid des AGH auf der PI Traiskirchen zur Zustellung bereit lag", sei von der BH entschieden worden, dem Beschwerdeführer diese Entscheidung zuzustellen und den Flug für die Abschiebung zu buchen. Aufgrund der Tatsache, dass der Beschwerdeführer nicht ausreisewillig sei und mehrmals angegeben habe, nicht in die Türkei reisen zu wollen, bestehe bei ihm ein erhöhter Sicherungsbedarf, weshalb die Schubhaft angeordnet werde. Der Beschwerdeführer besitze - so begründete die BH weiter - kein gültiges Reisedokument, sodass er auch nicht in der Lage sei, das Bundesgebiet zu verlassen; es sei daher eine fremdenpolizeiliche Maßnahme zu treffen. Für den weiteren Aufenthalt verfüge der Beschwerdeführer nicht über ausreichende Mittel; auch eine rechtmäßige Beschäftigung könne er nicht ausüben. Es müssten daher öffentliche Mittel aufgewendet werden bzw. es sei der Schluss zulässig, der Beschwerdeführer werde durch die Begehung strafbarer Handlungen versuchen, seinen Unterhalt zu "fristen". Außerdem verfüge der Beschwerdeführer über keinen "ordentlichen Wohnsitz" im Bundesgebiet. Unter Gesamtwürdigung des vorliegenden Falles (illegale Beschäftigung, illegaler Aufenthalt und Einreise) sei somit die Annahme gerechtfertigt, dass der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung, insbesondere im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen und einen geordneten Arbeitsmarkt, gefährde. Die Anwendung gelinderer Mittel sei - so begründete die BH abschließend - im vorliegenden Fall auszuschließen, weil aufgrund des bisherigen Verhaltens des Beschwerdeführers die Annahme gerechtfertigt sei, dass er sich dem behördlichen Zugriff entziehen und die Abschiebung zumindest erheblich erschweren werde.
Am 15. März 2012 erhob der Beschwerdeführer eine Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 FPG und beantragte, den Schubhaftbescheid der BH vom 12. März 2012 und die darauf gegründete Anhaltung für rechtswidrig zu erklären. Er bestritt den angenommenen Sicherungsbedarf und brachte vor, in Wien lebten seine zwei Brüder, die vor längerer Zeit als Flüchtling anerkannt worden seien; einer der beiden sei mittlerweile österreichischer Staatsbürger. Der Beschwerdeführer habe beabsichtigt, zu seinen Geschwistern zu ziehen und sich dort anzumelden. Deshalb habe er sich an die zuständige Stelle im "Lager Traiskirchen" gewandt und den Übersiedlungswunsch deponiert. Weshalb dieses Faktum ein Beleg oder auch nur ein Indiz für einen Sicherungsbedarf sei, lasse der Bescheid der BH unbeantwortet; es spreche unter dem Gesichtspunkt einer sozialen Verankerung vielmehr dagegen, dass er sich aufenthaltsbeendenden Maßnahmen entziehen wolle. Der Beschwerdeführer habe das "Lager" nicht einfach verlassen, sondern sich mit seinem Umzugswunsch an die dafür verantwortlichen Personen gewandt, um keinesfalls ein unkorrektes Verhalten zu setzen. Der Beschwerdeführer habe somit kein Verhalten gesetzt, das auf einen die Verhängung der Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarf schließen lasse. Selbst ein "explizites Nichtzurückkehrenwollen" oder mangelnde berufliche Verankerung reichten dafür nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht aus. Im Übrigen habe den Beschwerdeführer bis zum Tag der Schubhaftverhängung überhaupt noch keine Ausreiseverpflichtung getroffen und ihm sei keine Möglichkeit zur freiwilligen Ausreise gegeben worden. Außerdem habe der Beschwerdeführer im Asylverfahren seine Identität durch ein Personaldokument belegt. Er hätte bei seinen hier integrierten Geschwistern Unterkunft nehmen können und er wäre von ihnen - sie seien beide beschäftigt - auch finanziell unterstützt worden. Es hätten also keine öffentlichen Mittel aufgewendet werden müssen und die Mutmaßung der BH, der Beschwerdeführer werde durch die Begehung strafbarer Handlungen seinen Unterhalt "fristen", entbehre jeder Grundlage.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 20. März 2012 wies der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich (die belangte Behörde) die Schubhaftbeschwerde gemäß § 67c Abs. 3 AVG iVm § 83 FPG als unbegründet ab und stellte gemäß § 83 Abs. 4 erster Satz FPG fest, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen. Schließlich wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz gemäß § 79a AVG iVm § 83 Abs. 2 FPG abgewiesen.
Nach wörtlicher Wiedergabe des Bescheides der BH und der Schubhaftbeschwerde und nach Zitierung des § 76 FPG stellte die belangte Behörde fest, gegen den Beschwerdeführer sei im Asylverfahren eine rechtskräftige Ausweisung erlassen worden. "Aufgrund von Informationen der Lagerverwaltung" habe der Verdacht bestanden, dass der Beschwerdeführer "das Lager verlassen und an einer Adresse Unterkunft nehmen wolle". In weiterer Folge sei der Beschwerdeführer von der geplanten Abschiebung in Kenntnis gesetzt worden. Am 14. März 2012 sei dann der Versuch einer Abschiebung fehlgeschlagen, weil sich der Beschwerdeführer geweigert habe, die Zelle zu verlassen. Ein neuerlicher Abschiebeversuch sei für 19. März 2012 vorgesehen gewesen. Ungeachtet des seitens des "Stationsleiters" am Flughafen unternommenen Versuches, den Beschwerdeführer zur Kooperation zu bewegen, habe er aufgrund seines Verhaltens fixiert werden müssen und zu schreien begonnen. Er sei daher vom Flug ausgeschlossen und die Abschiebung sei in der Folge abgebrochen worden. Der Beschwerdeführer habe sich somit zweimal der geplanten Abschiebung widersetzt. Er habe damit eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass er nicht gewillt sei, sich der Abschiebung zu unterziehen. Es sei somit offensichtlich, dass der Sicherungsbedarf nicht nur angenommen werden könne, sondern er sei "zweifelsfrei evident" und somit die Abschiebung nur durch das Mittel der Schubhaft zu erreichen. Unmittelbar daran anschließend führte die belangte Behörde Folgendes aus:
"Somit liegt weder eine soziale oder wirtschaftliche Integration vor. Daher wurde ein entsprechender Sicherungsbedarf zu Recht angenommen, da ansonsten die Gefahr bestanden hätte, der Beschwerdeführer würde sich der Abschiebung entziehen.
Zu berücksichtigen ist auch, dass der Sicherungsbedarf mit dem zeitlichen Herannahen der geplanten tatsächlichen Abschiebung zweifellos steigt. Im Hinblick darauf, dass die Schubhaft erst wenige Tage vor der geplanten Abschiebung verhängt wurde und alle Vorbereitungen zur Durchführung der Abschiebung getroffen waren, konnte von einem erhöhten Sicherungsbedarf ausgegangen werden."
Nach Zitierung des § 77 FPG begründete die belangte Behörde noch, dass die Anwendung gelinderer Mittel "bei mangelnder beruflicher oder sozialer Verankerung im Inland" nicht in Betracht komme. Da der Beschwerdeführer in Österreich "nicht entsprechend integriert" sei, "ist ein Sicherungsbedürfnis geradezu unumgänglich geboten, somit scheidet die Anwendbarkeit eines gelinderen Mittels aus". Daher sei die Anhaltung in Schubhaft die einzige Möglichkeit zur Sicherung der Abschiebung des Beschwerdeführers, wobei die belangte Behörde auch in diesem Zusammenhang noch einmal auf die zwei vom Beschwerdeführer vereitelten Abschiebeversuche hinwies.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage erwogen hat:
Die gegenständliche Schubhaft wurde auf § 76 Abs. 1 FPG gestützt. Gemäß dieser Bestimmung können Fremde festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um (u.a.) die Abschiebung zu sichern. Die Zulässigkeit dieser Maßnahme verlangt nach ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung ihre Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit, zu deren Beurteilung eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der Außerlandesschaffung (Aufenthaltsbeendigung) und dem privaten Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen ist. Bei dieser Prüfung ist unter dem Gesichtspunkt des öffentlichen Interesses vor allem der Frage nachzugehen, ob im jeweils vorliegenden Einzelfall ein Sicherungsbedürfnis gegeben ist. Das setzt die gerechtfertigte Annahme voraus, der Fremde werde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bzw. nach deren Vorliegen der Abschiebung (insbesondere) durch Untertauchen entziehen oder es/sie zumindest wesentlich erschweren. Fehlende Ausreisewilligkeit für sich allein erfüllt dieses Erfordernis noch nicht. Die bloße (Absicht der) Nichtbefolgung eines Ausreisebefehls vermag somit für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen, sondern der Sicherungsbedarf muss in weiteren Umständen begründet sein, wofür etwa eine mangelnde soziale Verankerung in Österreich in Betracht kommt. Für die Bejahung eines Sicherungsbedarfs kommen daher im Anwendungsbereich des § 76 Abs. 1 FPG insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei Prüfung des Sicherungsbedarfs freilich auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 17. März 2009, Zl. 2007/21/0542, mwN; siehe daran anschließend etwa auch die Erkenntnisse vom 25. März 2010, Zl. 2009/21/0276, und vom 23. September 2010, Zl. 2007/21/0432; vgl. aus der letzten Zeit etwa auch das Erkenntnis vom 19. März 2013, Zl. 2011/21/0260, mwN).
Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat die Behörde bei Vorliegen der in § 76 FPG genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt somit das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt es, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer "ultima ratio" sein muss. Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen. Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich läge eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde (vgl. zum Ganzen das schon erwähnte Erkenntnis vom 25. März 2010, Zl. 2009/21/0276, mwN; siehe daran anschließend das ebenfalls schon zitierte Erkenntnis vom 23. September 2010, Zl. 2007/21/0432). Der unabhängige Verwaltungssenat hat auch in die Prüfung der Rechtmäßigkeit des die Schubhaft anordnenden Bescheides und der darauf gegründeten Anhaltung die Frage der Anwendung eines gelinderen Mittels einzubeziehen. Wäre dessen Anwendung geboten gewesen, führt dies zur Rechtswidrigkeit der mit Schubhaftbeschwerde bekämpften Maßnahmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 2008, Zl. 2007/21/0246, mwN).
Einen die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarf sah die belangte Behörde in erster Linie darin, dass sich der Beschwerdeführer den für 14. März 2012 und für 19. März 2012 geplanten Abschiebungen widersetzte und sie somit vereitelte. Der belangten Behörde kann nicht entgegen getreten werden, wenn sie angesichts dieses Verhalten des Beschwerdeführers die Notwendigkeit seiner Anhaltung in Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung für "zweifelsfrei evident" hielt und die Anwendung gelinderer Mittel für ausgeschlossen erachtete. Die bereits manifestierte wiederholte Weigerung, bei einer Abschiebung mitzuwirken, indizierte in ausreichender Weise, dass der Beschwerdeführer - wurde er nicht in Schubhaft angehalten - für eine Abschiebung nicht zur Verfügung stehen und für die Behörde auch nicht erreichbar sein werde.
Dieser Auffassung tritt auch die Beschwerde nicht konkret entgegen. Sie führt aber ins Treffen, die verweigerte Mitwirkung an der Abschiebung im Stande der Schubhaft könne jedenfalls nicht als Argument für die Annahme der Rechtmäßigkeit der Verhängung der Schubhaft herangezogen werden, sondern allenfalls für die Aufrechterhaltung derselben.
Dem ist beizupflichten. Für die Frage der Rechtmäßigkeit des Schubhaftbescheides und der darauf gegründeten Anhaltung kommt es nämlich auf das Bestehen eines ausreichenden Sicherungsbedarfs im Zeitpunkt der Schubhaftverhängung an. Für dessen Beurteilung wäre es maßgeblich vor allem auf das davor vom Beschwerdeführer gezeigte Verhalten angekommen. In diesem Sinn hat sich die belangte Behörde - wie in der Beschwerde zu Recht aufgezeigt wird -
fast wortgleich wie die BH im Wesentlichen nur darauf gestützt, dass aufgrund von Informationen der Lagerverwaltung der Verdacht bestanden habe, der Beschwerdeführer wolle das Lager verlassen und an einer (anderen) Adresse Unterkunft nehmen. Abgesehen davon, dass weder die BH noch der belangte unabhängige Verwaltungssenat dazu nähere Feststellungen getroffen haben, ist Letzterem vor allem vorzuwerfen, dass er sich mit dem diesbezüglichen Vorbringen in der Schubhaftbeschwerde nicht auseinandergesetzt hat. Diesen Begründungsmangel macht die Beschwerde zu Recht geltend. Er ist auch relevant. Trifft es nämlich zu, dass der Beschwerdeführer - wie von ihm vorgebracht - bei der Leitung der Betreuungseinrichtung bloß seine Absicht bekanntgab, zu seinen in Wien wohnenden Brüdern ziehen und sich dort anmelden zu wollen, so wäre daraus für einen Sicherungsbedarf nichts zu gewinnen gewesen.
Auch das weitere Argument der belangten Behörde, der Beschwerdeführer sei in Österreich nicht sozial integriert, ist angesichts des Hinweises auf seine beiden Brüder, die auch für Unterkunft und Unterhalt hätten sorgen sollen, nicht nachvollziehbar. Die fehlende berufliche (wirtschaftliche) Integration hätte aber in einer solchen Konstellation - bezogen auf den Zeitpunkt der Schubhaftverhängung - nicht den Schluss zugelassen, der Beschwerdeführer werde eine Abschiebung zumindest wesentlich erschweren. Auch das macht die Beschwerde zutreffend geltend. Andere, nicht tragfähige Überlegungen der BH - wie etwa die (in der Niederschrift am 12. März 2012 bloß geäußerte) mangelnde Ausreisewilligkeit und die Unterstellung der Gefährdung der öffentlichen Ordnung im Hinblick auf die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers - hat die belangte Behörde ohnehin nicht übernommen.
Die Abweisung der Schubhaftbeschwerde erweist sich somit nach dem Gesagten sowohl in Bezug auf den Schubhaftbescheid und als auch in Bezug auf die gesamte folgende Anhaltung bis 20. März 2012 als mangelhaft begründet. Daran ändert nichts, dass die Annahme eines ausreichenden Sicherungsbedarfs während dieser Anhaltung durch die Verweigerung der ersten Abschiebung am 14. März 2012 nachträglich gerechtfertigt wurde, weil ein einmal rechtswidriger Schubhaftbescheid nicht - quasi partiell für einen "Teilzeitraum" -
konvalidieren kann, zumal dies im Ergebnis einer im Gesetz insoweit nicht vorgesehenen Schubhaftverhängung "auf Vorrat" gleichkommen würde. War der Schubhaftbescheid rechtswidrig, so muss das auch für die gesamte Zeit der auf ihn gestützten Anhaltung gelten. Zu einer "Heilung" kam es nur durch den einen neuen Schubhafttitel darstellenden Ausspruch gemäß § 83 Abs. 4 FPG, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlagen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. August 2012, Zl. 2010/21/0388, mwN; siehe aus der letzten Zeit auch das Erkenntnis vom 19. März 2013, Zl. 2011/21/0250).
Die belangte Behörde argumentierte zwar - grundsätzlich zutreffend - noch damit, dass der Sicherungsbedarf mit dem zeitlichen Herannahen der geplanten Abschiebung steige und dass im vorliegenden Fall die Schubhaft erst wenige Tage vor der geplanten Abschiebung verhängt worden sei. Richtig ist, dass der Beschwerdeführer am 12. März 2012, um 13.45 Uhr, festgenommen und anschließend in Schubhaft genommen wurde und seine Abschiebung bereits für den 14. März 2012, 18.00 Uhr, geplant war. Angesichts dessen wären allerdings - statt Schubhaft - weniger eingriffsintensive Maßnahmen nach § 77 Abs. 5 FPG in Betracht gekommen. Nach der genannten Bestimmung steht nämlich auch die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung einer Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen auch aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten (vgl. zu einer solchen "Direktabschiebung" das hg. Erkenntnis vom 16. Mai 2012, Zl. 2012/21/0085; zu § 77 Abs. 5 FPG siehe auch noch das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 2011, Zlen. 2009/21/0214, 0224).
Der angefochtene Bescheid war daher insoweit, als mit ihm die Schubhaftbeschwerde als unbegründet abgewiesen wurde, angesichts der diesbezüglichen Begründungsmängel gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben; ebenso die damit zusammenhängende und im angefochtenen Bescheid auch getroffene Kostenentscheidung. Im Übrigen, nämlich soweit es den Fortsetzungsausspruch gemäß § 83 Abs. 4 FPG betrifft, war die Beschwerde aber als unbegründet abzuweisen.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 50 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 11. Juni 2013
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