VwGH 2007/21/0432

VwGH2007/21/043223.9.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 22. September 2007, Zl. VwSen- 400907/5/Gf/Mu/Ga, betreffend Schubhaft (weitere Partei:

Bundesministerin für Inneres; mitbeteiligte Partei: G, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6), zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art130 Abs2;
FrPolG 2005 §76 Abs1;
FrPolG 2005 §76 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §76 Abs2 Z2;
FrPolG 2005 §76 Abs2 Z3;
FrPolG 2005 §76 Abs2 Z4;
FrPolG 2005 §76 Abs2;
FrPolG 2005 §77 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
B-VG Art130 Abs2;
FrPolG 2005 §76 Abs1;
FrPolG 2005 §76 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §76 Abs2 Z2;
FrPolG 2005 §76 Abs2 Z3;
FrPolG 2005 §76 Abs2 Z4;
FrPolG 2005 §76 Abs2;
FrPolG 2005 §77 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde einer vom Mitbeteiligten, einem türkischen Staatsangehörigen, eingebrachten Schubhaftbeschwerde gemäß § 83 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) statt und stellte fest, dass dessen Anhaltung in Schubhaft rechtswidrig gewesen sei. Unter einem verpflichtete sie den Bund zum Ersatz der Verfahrenskosten.

Begründend führte die belangte Behörde aus, der Mitbeteiligte sei ohne über ein gültiges Reisedokument zu verfügen am 16. Juli 2007 von der Türkei kommend unter Zuhilfenahme eines Schleppers auf dem Landweg über eine ihm unbekannte Reiseroute, die ihn allenfalls auch über Rumänien geführt habe, in Österreich eingereist und habe hier am 17. Juli 2007 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt.

Mit Bescheid vom 8. August 2007 (der noch am selben Tag in Vollzug gesetzt wurde) habe die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck die Anhaltung des Mitbeteiligten in Schubhaft angeordnet. Dies sei von der Bezirkshauptmannschaft folgendermaßen begründet worden:

Der Mitbeteiligte verfüge weder über einen Identitätsnachweis noch über ein gültiges Reisedokument oder eine Aufenthaltsberechtigung. Er wäre unrechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist und mittellos. Anlässlich seiner Erstbefragung hätte er angegeben, dass zwei Onkeln in Österreich lebten und er für kein anderes Land ein Visum erhalten hätte. Demgegenüber hätte festgestellt werden können, dass für den Mitbeteiligten von Rumänien ein vom 17. Juni bis 16. Juli 2007 gültiges Visum ausgestellt worden wäre und er bereits am 18. Juni 2007 mit einem PKW über die Grenzkontrollstelle in Varna Veche/Rumänien eingereist wäre. Einen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz hätte er in Rumänien nicht gestellt. Am 6. August 2007 wäre mit Rumänien ein "Dublin-Konsultationsverfahren" eingeleitet worden. Auf Grund der bisherigen Ermittlungen wäre anzunehmen, dass der vom Mitbeteiligten gestellte Antrag mangels Zuständigkeit Österreichs zurückgewiesen werde.

Das Bundesasylamt - so die belangte Behörde in ihrer eigenen Begründung weiter - habe dem Mitbeteiligten mit Verfahrensanordnung vom 7. August 2007 gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) zur Kenntnis gebracht, dass beabsichtigt sei, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen.

Nach Wiedergabe des Wortlautes des § 76 Abs. 2 Z 4 FPG (von der belangten Behörde irrtümlich bezeichnet als Z 2) führte die belangte Behörde weiter aus, nach § 77 FPG sei von der Anordnung der Schubhaft Abstand zu nehmen, wenn die Behörde Grund zur Annahme habe, dass deren Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden könne. Es könnten nicht allein das Vorliegen einer vollstreckbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme, strafgerichtliche Verurteilungen oder fehlende Ausreisewilligkeit für die Tragfähigkeit der Prognose, dass sich "der Asylwerber" dem weiteren fremdenpolizeilichen Verfahren entziehen werde, hinreichen, es müsse vielmehr bei "einer darauf abzielenden Behauptung" seitens der Behörde konkret auch dessen soziale Verankerung in Österreich geprüft werden. Dazu habe der Mitbeteiligte bereits in seiner Ersteinvernahme vorgebracht, dass zwei nahe Verwandte, nämlich zwei Onkeln in Österreich lebten und sich diese bereit erklärt hätten, während des Asylverfahrens für seinen Unterhalt aufzukommen. Ermittlungsergebnisse, die in eine gegenteilige Richtung gedeutet hätten, seien dem von der Bezirkshauptmannschaft vorgelegten Akt nicht zu entnehmen.

Selbst wenn der Mitbeteiligte seinen vorangegangenen Aufenthalt in Rumänien zu verschleiern versucht hätte, und auch wenn es offenkundig sei, dass Rumänien zur Beurteilung seines Asylbegehrens zuständig sei, vermöge "die vorliegende Faktenlage" eine Schubhaftverhängung nicht zu rechtfertigen, weil der Mitbeteiligte einen Rechtsanspruch auf vorangehende Anwendung gelinderer Mittel hätte.

Da keine Hinweise dafür vorlägen, dass der Unterhalt des Mitbeteiligten nicht durch Unterstützung seiner Onkeln gesichert sei, hätte die Fremdenpolizeibehörde anstelle der Schubhaftverhängung gelindere Mittel zur Anwendung bringen müssen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Amtsbeschwerde der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage sowie Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde und den Mitbeteiligten erwogen hat:

Die Amtsbeschwerde wendet sich zum einen gegen die Ansicht der belangten Behörde, es bestehe ein Rechtsanspruch auf die Anwendung eines gelinderen Mittels und bringt dazu vor, aus der Formulierung des § 77 Abs. 1 FPG gehe hervor, dass diese Bestimmung Ermessen einräume. Zum anderen wird in der Amtsbeschwerde ausgeführt, dass entgegen der Auffassung der belangten Behörde ein Sicherungsbedarf anzunehmen gewesen sei. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck sei ausführlich auf die konkrete Situation des Mitbeteiligten, insbesondere auf seine Reisebewegung und seinen Aufenthalt in Österreich, eingegangen. Sie sei anhand des hervorgekommenen Sachverhalts zum Ergebnis gelangt, dass der Mitbeteiligte versucht habe, für ihn ungünstige Sachverhaltselemente "zu verschleiern, um sich ein Aufenthaltsrecht für Österreich zu erschleichen". Der Hinweis der belangten Behörde auf den Aufenthalt zweier Onkeln in Österreich reiche demnach nicht, um den Sicherungsbedarf zu entkräften.

Mit diesem Vorbringen wird im Ergebnis eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.

Gemäß § 76 Abs. 2 FPG kann die örtlich zuständige Fremdenpolizeibehörde über einen Asylwerber oder einen Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, Schubhaft zum Zwecke der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 oder zur Sicherung der Abschiebung anordnen, wenn gegen ihn eine durchsetzbare - wenn auch nicht rechtskräftige - Ausweisung (§ 10 AsylG 2005) erlassen wurde (Z 1), gegen ihn nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 ein Ausweisungsverfahren eingeleitet wurde (Z 2), gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist (Z 3) oder auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden auf internationalen Schutz mangels Zuständigkeit Österreichs zur Prüfung zurückgewiesen werden wird (Z 4).

Demgemäß hätte die belangte Behörde mit Blick auf das Fortschreiten des Asylverfahrens nicht auf den von ihr inhaltlich herangezogenen Schubhafttatbestand des § 76 Abs. 2 Z 4 FPG, sondern richtigerweise auf jenen des § 76 Abs. 2 Z 2 FPG abzustellen gehabt. Aus den Feststellungen ergibt sich, dass bereits im Zeitpunkt der Schubhaftverhängung, worauf im Übrigen seitens der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, die den Schubhaftbescheid auch auf die Z 2 des § 76 Abs. 2 FPG stützte, abgestellt wurde, vom Bundesasylamt infolge der an den Mitbeteiligten ergangenen Mitteilung nach § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG 2005 über der Vornahme von "Dublin-Konsultationen" von Gesetzes wegen nach § 27 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ein Ausweisungsverfahren (mit dem Ziel der Erlassung einer Ausweisung nach § 10 AsylG 2005) eingeleitet worden war.

Entscheidungswesentlich stellt sich im vorliegenden Fall allerdings die Beurteilung des Sicherungsbedarfes sowie damit zusammenhängend die Frage der Erreichung desselben allein durch Schubhaft dar.

Ohne nähere Begründung ging die belangte Behörde davon aus, im vorliegenden Fall läge ein Sicherungsbedarf vor. Im Weiteren legte sie nämlich nur noch dar, weshalb dieser auch durch Anwendung gelinderer Mittel im Sinn des § 77 FPG hätte erreicht werden können.

Zu der in diesem Zusammenhang von der belangten Behörde zu § 77 FPG vertretenen - und von der beschwerdeführenden Sicherheitsdirektion kritisierten - Rechtsauffassung ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgeführt hat, dass die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel im Sinn des § 77 Abs. 1 FPG eine Ermessensentscheidung ist. Allerdings wurde in der bisherigen Rechtsprechung auch dargelegt, dass die Anwendung gelinderer Mittel das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraussetzt. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel angeordnet werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer "ultima ratio" sein muss. Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen. In diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen. Der Ermessensspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfes davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich läge eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten würden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 25. März 2010, Zl. 2009/21/0276, mwN).

Die Zulässigkeit der Schubhaft verlangt nach ständiger Rechtsprechung - abgesehen vom Vorliegen eines die Schubhaft rechtfertigenden Tatbestandes - ihre Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit, zu deren Beurteilung eine einzelfallbezogene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung der Außerlandesschaffung bzw. Aufenthaltsbeendigung und dem privaten Interesse an der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen ist. Bei dieser Prüfung ist unter dem Gesichtspunkt des öffentlichen Interesses vor allem der Frage nachzugehen, ob im jeweils vorliegenden Einzelfall ein Sicherungsbedürfnis gegeben ist. Dies setzt die gerechtfertigte Annahme voraus, der Fremde werde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bzw. nach deren Vorliegen der Abschiebung (insbesondere) durch Untertauchen entziehen oder es/sie zumindest wesentlich erschweren. Fehlende Ausreisewilligkeit für sich allein - insoweit ist der belangten Behörde beizupflichten - erfüllt dieses Erfordernis noch nicht. Die bloße (Absicht der) Nichtbefolgung eines Ausreisebefehls vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Der Sicherungsbedarf muss vielmehr in weiteren Umständen begründet sein (vgl auch dazu das bereits erwähnte Erkenntnis Zl. 2009/21/0276).

Für die Befürchtung eines Entziehens vor dem behördlichen Zugriff müssen - vor allem aus dem bisherigen Verhalten des Fremden ableitbare - spezifische Hinweise bestehen. Hingegen ist - anders als die beschwerdeführende Sicherheitsdirektion meint - die Heranziehung des Gesichtspunktes, ein Fremder sei in Österreich nicht ausreichend integriert, bei Asylwerbern, die sich noch nicht lange in Österreich aufhalten, verfehlt. Der Frage der Integration kommt primär im Anwendungsbereich des § 76 Abs. 1 FPG Bedeutung zu (vgl. nochmals das Erkenntnis vom 24. Juni 2010, mwN).

In der Beschwerde wird allerdings berechtigt darauf hingewiesen, dass die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck sich ausführlich auf das vom Beschwerdeführer bisher gezeigte Verhalten berufen habe, und sie verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass der Mitbeteiligte seinen bisherigen Aufenthalt in Rumänien sowie die Erteilung eines Visums durch Rumänien bewusst verschwiegen hätte, um sich einen Aufenthalt in Österreich zu verschaffen und eine allfällige Außerlandesschaffung nach Rumänien zu vereiteln.

Demgegenüber bestritt der Mitbeteiligte, von der Existenz des Visums gewusst zu haben und führte dazu ins Treffen, dieses Visum habe der Schlepper ohne sein Wissen besorgt und er habe den Reiseweg nicht gekannt.

Die belangte Behörde ging davon aus, dass diese Umstände für die Beurteilung nicht relevant wären und führte deshalb den diesbezüglichen Sachverhalt keiner Klärung zu. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde stellt sich aber im vorliegenden Fall sowohl für die Beurteilung des Sicherungsbedarfes als auch des Ausreichens der Anwendung gelinderer Mittel zur Erreichung desselben das bisherige Verhalten des Mitbeteiligten, von dem nicht ohne Weiteres ausgeschlossen werden kann und wovon die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck ausging, dass es darauf gerichtet gewesen sein könnte, durch unwahre Angaben einen Verbleib in Österreich herbeizuführen, als wesentlich dar. Dabei wäre auch zu berücksichtigen, dass mit dem Fortschreiten der einzelnen Phasen des Asylverfahrens sich aus der Sicht des Asylwerbers die Wahrscheinlichkeit verdichtet, dass das Verfahren über seinen Antrag auf internationalen Schutz negativ beendet, er ausgewiesen und letztlich abgeschoben werden könnte. Bei typisierender Betrachtung - die offenbar auch die die Schubhaft anordnende Bezirkshauptmannschaft, die die Anhaltung des Mitbeteiligten in Schubhaft ab Einleitung des Ausweisungsverfahrens für erforderlich erachtete, vor Augen hatte -

ist demnach davon auszugehen, dass die hier maßgebliche Gefahr eines Untertauchens des Fremden umso größer wird, je mehr sich das Asylverfahren dem Ende nähert. Mit anderen Worten: In dem frühen Verfahrensstadium vor Einleitung des Ausweisungsverfahrens, in dem die Schubhafttatbestände der Z 4 und der Z 3 in Betracht kommen, bedarf es besonderer Umstände, die ein Untertauchen des betreffenden Fremden schon zu diesem Zeitpunkt konkret befürchten lassen. In einem späteren Stadium des Asylverfahrens, insbesondere nach Vorliegen einer durchsetzbaren Ausweisung, können dann unter Umständen auch weniger ausgeprägte Hinweise auf eine Vereitelung oder Erschwerung der Aufenthaltsbeendigung für die Annahme eines Sicherungsbedarfs genügen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. März 2010, Zl. 2008/21/0617). Insoweit könnte auch die zuvor vom Mitbeteiligten im Asylverfahren gezeigte Kooperation nach Entdeckung allfälliger falscher Angaben - sofern die Annahme der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, der Mitbeteiligte habe (von Beginn seines Aufenthalts im Bundesgebiet an) bewusst falsche Angaben gemacht, um den Verbleib in Österreich zu erreichen, zutrifft - einer gänzlichen Neubewertung zu unterziehen sein.

Sohin wäre die belangte Behörde aber infolge des widerstreitenden sachverhaltsbezogenen Vorbringens gehalten gewesen, den bislang ungeklärten und nach dem Gesagten entscheidungswesentlichen Sachverhalt im Rahmen einer mündlichen Verhandlung einer Klärung zu unterziehen, um sowohl die Beurteilung, ob ein Sicherungsbedarf vorliegt als auch ob derselbe nur durch Anhaltung des Mitbeteiligten in Schubhaft erreicht werden könnte, in gesetzmäßiger Weise vornehmen zu können. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde kann nicht davon gesprochen werden, der Sachverhalt erscheine aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt, weshalb die belangte Behörde mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 83 Abs. 2 Z 1 FPG nicht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung hätte Abstand nehmen dürfen.

Der angefochtene Bescheid war sohin wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben.

Bei diesem Ergebnis war dem Mitbeteiligten gemäß § 48 Abs. 3 in Verbindung mit § 47 Abs. 3 zweiter Halbsatz VwGG kein Aufwandersatz zuzusprechen.

Wien, am 23. September 2010

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