Normen
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
VStG §51g Abs3 Z1;
VStG §51i;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
VStG §51g Abs3 Z1;
VStG §51i;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid erkannte die belangte Behörde den Beschwerdeführer nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung schuldig, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der M GmbH mit Sitz in H, und damit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ, zu verantworten, dass diese Gesellschaft die serbischen Staatsangehörigen DA und BP sowie den ungarischen Staatsangehörigen TM in näher genannten Zeiträumen bis zum 30. September 2010 beschäftigt habe, obwohl für diese Ausländer keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen erteilt oder Bestätigungen ausgestellt gewesen seien.
Der Beschwerdeführer habe dadurch drei Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) begangen und es wurden über ihn drei Geldstrafen in der Höhe von je EUR 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 100 Stunden) verhängt.
Nach Darlegung des Inhalts des erstinstanzlichen Straferkenntnisses und der dagegen erhobenen Berufung stellte die belangte Behörde fest, dass die M GmbH in K über einen Lagerplatz verfüge, auf dem Bauschutt und andere Altmaterialien sortiert und gelagert würden. Bei der Kontrolle am 30. September 2010 um 9:10 Uhr durch Mitarbeiter des Finanzamtes Baden Mödling seien BP und TM im Mannschaftscontainer bei der Brückenwaage und DA am Parkplatz beim Fahrzeug seines Bruders angetroffen worden. Die Ausländer hätten seit drei bzw. zwei Tagen am Förderband gearbeitet, um Metall, Holz und Plastik aus dem Bauschutt zu sortieren. DA und BP hätten noch keinen Lohn von den ihnen zugesagten EUR 6,-- pro Stunde erhalten. TM habe nicht in Erfüllung der vom Beschwerdeführer vorgelegten Vereinbarung vom 5. Februar 2010 zwischen der M GmbH bzw. der M OEG und der Firma N in Sopron über die Durchführung von Sortierarbeiten von Ziegeln auf diversen Baustellen und Abrechnung pro Palette gereinigter und geschlichteter Ziegeln zu 240 Stück an der Reinigung von Ziegeln gearbeitet. Bewilligungen für die Beschäftigung in irgendeiner Form seien für keinen der Ausländer vorgelegen.
Beweiswürdigend stützte sich die belangte Behörde vor allem auf die als glaubwürdig gewertete Aussage des Zeugen DA, die von den Angaben des BP anlässlich seiner Einvernahme im Zusammenhang mit der Schubhaftverhängung über ihn und der Darstellung des TM in der Niederschrift vom 30. September 2010 bestätigt würden. Die Verantwortung des Beschwerdeführers, dass sich die Serben lediglich Recyclingmaterial geholt hätten und TM im Rahmen des Werkvertrages tätig gewesen sei, wertete sie hingegen als Schutzbehauptungen.
In ihrer rechtlichen Beurteilung des festgestellten Sachverhalts kam die belangte Behörde zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer die ihm angelasteten Verwaltungsübertretungen nach § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a AuslBG begangen habe. Gemäß § 2 Abs. 2 lit. e AuslBG gelte auch die Verwendung überlassener Arbeitskräfte im Sinn des § 3 Abs. 4 AÜG als Beschäftigung. Die Verantwortung des Beschwerdeführers, dass ihm die beiden Serben völlig unbekannt gewesen seien, könne ihn nicht entlasten, habe er als Geschäftsführer doch ein Kontrollsystem zu installieren und Maßnahmen zu setzen, die eine illegale Beschäftigung von Ausländern verhindere.
Abschließend begründete die belangte Behörde ihre Strafbemessung näher.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Der Beschwerdeführer wendet sich vorwiegend gegen die Beweiswürdigung der belangten Behörde und das dieser zugrundeliegende Ermittlungsverfahren, das dem Beschwerdevorbringen zufolge mangelhaft geblieben sei. Er zeigt damit im Ergebnis einen relevanten Verfahrensfehler auf.
Die behördliche Beweiswürdigung ist der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof dahin unterworfen, ob der maßgebliche Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die dabei angestellten Erwägungen schlüssig sind, was dann der Fall ist, wenn sie den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut nicht widersprechen. Eine Beweiswürdigung ist aber ferner nur dann mängelfrei, wenn (u.a.) alle zum Beweis strittiger Tatsachen nach der Aktenlage objektiv geeigneten Umstände berücksichtigt wurden.
Diesen Anforderungen wird die behördliche Beweiswürdigung nicht gerecht.
Gemäß § 51g Abs. 3 Z 1 VStG dürfen Niederschriften über die Vernehmung (u.a.) von Zeugen nur verlesen werden, wenn die Vernommenen in der Zwischenzeit gestorben sind, ihr Aufenthalt unbekannt ist oder ihr persönliches Erscheinen wegen ihres Alters, wegen Krankheit oder Gebrechlichkeit oder wegen entfernten Aufenthaltes oder aus anderen erheblichen Gründen nicht verlangt werden kann.
§ 51i zweiter Satz VStG bestimmt darüber hinaus, dass auf Aktenstücke nur insoweit Rücksicht zu nehmen ist, als sie bei der Verhandlung verlesen wurden, es sei denn, der Beschuldigte hätte darauf verzichtet, oder als es sich um Beweiserhebungen handelt, deren Erörterung infolge des Verzichts auf eine fortgesetzte Verhandlung gemäß § 51e Abs. 5 VStG entfallen ist.
Es ist ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass dann, wenn sich ein Zeuge im Ausland aufhält, zwar in der Regel sein persönliches Erscheinen wegen entfernten Aufenthaltes im Sinn des § 51g Abs. 3 Z 1 VStG vom unabhängigen Verwaltungssenat nicht verlangt werden kann. Die belangte Behörde muss aber - etwa durch schriftliche Anfragen - Bemühungen anstellen, mit dem Zeugen in Kontakt zu treten und ein Erscheinen oder zumindest eine schriftliche Stellungnahme von ihm zu erreichen (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 22. März 2012, Zl. 2009/09/0214, und vom 14. Oktober 2011, Zl. 2008/09/0325, mwN).
Die belangte Behörde hat - wie dargestellt - wesentliche Feststellungen des für ihre Entscheidung maßgeblichen Sachverhalts auf im Verfahren vor der Behörde erster Instanz und nach der Betretung der Ausländer aufgenommene Niederschriften des TM und des BP jeweils vom 30. September 2010 gestützt.
Zwar wurde durch die belangte Behörde versucht, den Zeugen TM an der Anschrift des in der Vereinbarung vom 2. Februar 2010 genannten ungarischen Unternehmens zu laden. Diese Ladung kam jedoch mit dem Vermerk "unbekannt" zurück. Weshalb eine Ladung dieses Zeugen an der von ihm selbst in der Niederschrift vom 30. September 2010 angegebenen genauen Wohnanschrift unterblieb, legte die belangte Behörde nicht dar. Ebenso unterließ sie jede Begründung dafür, weshalb eine Kontaktaufnahme mit dem Zeugen BP, für den ebenfalls eine Anschrift dem erstinstanzlichen Akt entnommen werden kann (siehe AS 32), nicht einmal versucht wurde.
Die belangte Behörde hätte daher nicht ohne weiteres von der - wenn auch nicht förmlich beantragten - Einvernahme der beiden Ausländer Abstand nehmen und ihre Beweiswürdigung insoweit ausschließlich auf die erstinstanzlichen Niederschriften stützen dürfen. Dies widerspricht dem Unmittelbarkeitsgrundsatz gemäß § 51g Abs. 3 und § 51i VStG, sodass die behördliche Beweiswürdigung, soweit die belangte Behörde die Aussagen des TM und des BP vor der Erstbehörde als glaubwürdig einstufte - ohne die Zeugen selbst vernommen und somit ohne einen unmittelbaren Eindruck von diesen gewonnen zu haben - nicht als schlüssig angesehen werden kann (siehe dazu etwa das Erkenntnis vom 15. Dezember 2011, Zl. 2009/09/0088). Zudem unterblieb eine beweiswürdigende Auseinandersetzung mit der Aussage des über Antrag des Beschwerdeführers einvernommenen Zeugen CS vor der belangten Behörde zur Gänze.
Bei dieser Sachlage ist nicht auszuschließen, dass die belangte Behörde bei Vermeidung der dargestellten Verfahrensfehler zu einem anderen, für den Beschwerdeführer günstigeren Bescheid gekommen wäre. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 17. Dezember 2013
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