VwGH 2011/12/0018

VwGH2011/12/001823.11.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Köhler, über die Beschwerde des CD in J, vertreten durch Dr. Thomas Praxmarer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Bürgerstraße 19/I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 22. Dezember 2010, Zl. IVa-821373/78-2010, betreffend Abweisung eines Antrages auf Ruhestandsversetzung gemäß § 12 LDG 1984, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §52;
BDG 1979 §14 Abs1 impl;
BDG 1979 §14 Abs3 impl;
LDG 1984 §12 Abs1 idF 2006/I/090;
LDG 1984 §12 Abs3 idF 2006/I/090;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2011:2011120018.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Landeslehrer in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Tirol.

Am 27. Mai 2010 beantragte er seine Versetzung in den Ruhestand "aus gesundheitlichen Gründen".

Dem Antrag war eine "Stellungnahme zur psychotherapeutischen Behandlung" Dris. W vom 16. März 2010 angeschlossen, in welcher es heißt:

"Der Beschwerdeführer befand sich bei mir bereits zwischen 1999 und 2007 in regelmäßiger psychotherapeutischer Behandlung, die er nun seit Herbst 2009 wieder aufgenommen hat. Vor dem Hintergrund einer Mobbing-Thematik kam es besonders seit November 09 zu einer als massiv zu bewertenden Symptomhäufung, wie sie aufgrund einer komplexen Verschränkung schwerer physischer und psychischer Symptome einer Burnout-Problematik zuordenbar ist. Die Fachärztliche Behandlung findet durch Dr. G (FA f. Innere Medizin, I) statt.

Um eine weitere Verschlechterung durch ein Andauern der pathogenen Dynamik rechtswirksam zu unterbinden, wurde dem Klienten, der bereits von sich aus Kontakt zur Mobbing-Beauftragten der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst aufgenommen hat, die Konsultation eines Rechtsanwaltes angeraten."

Weiters wurde dem Antrag ein "ärztliches Attest" des Facharztes für Innere Medizin Dr. G vom 28. Mai 2010 angeschlossen, in welchem dieser mit eingehender Begründung (zusammengefasst) zum Ergebnis kommt, beim Beschwerdeführer liege eine als gravierend zu bewertende Symptomhäufung (insbesondere wegen rezidivierender schwerer Infektionen im Bereich des Atemtrakts) vor. Diese Symptome seien Folge einer massiven psychischen Belastung, vor allem durch eine ausgesprochen kräftezehrende Mobbing-Thematik im schulischen Bereich, welche eine intensive Burnout-Problematik zur Folge habe. Die Ausheilung derselben erfordere langwierige Therapieanstrengungen. Vor diesem Zeitpunkt sei auf Grund einer "kolossalen Schwächung" des Abwehrsystems des Beschwerdeführers immer wieder mit dem Ausbruch schwerer Infektionen zu rechnen.

Die belangte Behörde holte in der Folge ein am 28. Juli 2010 erstelltes Gutachten des Amtsarztes Dr. Sch ein, in welchem es (auszugsweise) heißt wie folgt:

" Erhobene Befunde:

Fieberfreier Patient, kein Husten kein Auswurf, Körpergröße 178 cm 88 kg, Appetit wird als gut angegeben, Schlafstörung und Albträume werden geschildert, die Lunge ist frei belüftet, im Armvorhalteversuch zeigt sich kein Händetremor und kein Lidflattern, das Gleichgewicht ist mäßiggradig eingeschränkt, die Herzaktion ist rhythmisch mit 72 Schlägen pro Minute, der Blutdruck 140/90 mm Hg, die submandibulären Lymphknoten sind mäßig vergrößert. Die Extremitäten und der Stamm sind frei beweglich. Es werden anamnestisch als Operationen eine Appendektomie und Tonsillektomie vor Jahren angegeben.

Der Beschwerdeführer ist Nichtraucher und trinkt sehr selten Alkohol, die Merkgrenze wird mit 3 Bier angegeben.

Folgende Diagnosen ergeben sich aus dem vorgelegten schulmedizinisch verwertbaren Befunden, Ein Z.n. Bronchitis und Gastroenteritis, welcher zu einer stationären Aufnahme im Krankenhaus X am 25.02.2010 führte ist nachvollziehbar. Weiters liegt eine Hepatopathie (krankhaft veränderte Leberwerte vor). Aufgrund der selbst erhobenen Anamnese und der Stellungnahme des Psychotherapeuten Dr. W, kann eine psychische Belastungsreaktion ebenfalls bescheinigt werden. Als Ursache dieser Belastungsreaktion sieht der Patient eine Mobbing Symptomatik und vermittelt dieses Bild auch seinen behandelnden Internisten und Psychotherapeuten. Aufgrund der Eigenanamnese führt mit großer Wahrscheinlichkeit eine Überforderung im Schuldienst, verbunden mit insuffizienten und überzogenen Disziplinierungsmaßnahmen und die dadurch entstehende Reaktion der Elternschaft zu nachvollziehbarer psychischer Belastung. Die vom Internisten Dr. G geschilderte kolossale Schwächung des Abwehrsystems, belegt selbiger mit schulmedizinisch nicht zugelassenen Methoden wie der Regulationsthermographie, ist im geschilderten Ausmaß nicht nachvollziehbar.

Amtsärztliche Stellungnahme:

Aufgrund der amtsärztlichen Untersuchung und der vorgelegten Befunde kann eine psychische Belastungsreaktion, eine Hepatopathie sowie ein Zustand nach Bronchitis und Gastroenteritis bescheinigt werden. Zurzeit liegt die Dienstfähigkeit nicht vor und es kann und muss in Zukunft mit vermehrten Krankenständen aufgrund der verringerten psychischen Belastbarkeit in Verbindung mit den sichtlich anhaltenden pädagogischen Schwierigkeiten gerechnet werden. Es bedarf einer gezielten therapeutischen Behandlung und suffizienten ärztlicher Betreuung um im Laufe von Monaten die psychische Belastbarkeit zu verbessern. Nichts desto trotz wird die erhöhte Wahrscheinlichkeit weiterer Krankenstände vorhanden bleiben.

Eine Lösung wäre eine Versetzung in den Verwaltungsdienst oder sonstige nichtschulische Tätigkeiten sofern dies für den Arbeitgeber möglich ist. Sollte die erhöhte Krankenstandswahrscheinlichkeit zu einer vorübergehenden Ruhestandsversetzung nicht ausreichen, müsste eine pensionsgutachterliche Stellungnahme eines auf Burn-out-Symptomatik spezialisierten Psychiaters eingeholt werden. Selbiger sollte antworten inwieweit bei adäquatem Behandlungsplan die Eingliederung in die Lehrverpflichtung oder Verwaltungstätigkeit möglich ist."

Daraufhin beauftragte die belangte Behörde den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. D mit der Erstellung eines Gutachtens, welches mit 14. September 2010 datiert und (auszugsweise) zu folgenden Befunden und Diagnosen gelangte:

" Somatischer Befund:

1,78 großer, 87 kg schwerer Untersuchter. RR 135/90. Keine signifikante Einschränkung der Motilität. Keine Koordinationsstörungen. Auch keine klinischen Symptome einer Hepatopathie. Keine Dyspnoe.

Psychisch:

Bewusstseinsklar, voll orientiert. Keine Verlangsamung oder Aufmerksamkeitsschwäche. Nicht tiefer greifend depressiv oder gehemmt. Im Verhalten umständlich. Deutlich eingeschränkte Introspektionsfähigkeit, verminderte Realitätskontrolle.

Die Atteste des Psychotherapeuten Dr. W, sowie des Ganzheitsmediziners liegen dem Amt der Landesregierung vor. Sie sind nur teilweise nachvollziehbar und nicht weiter zu kommentieren.

ZUSAMMENFASSUNG:

Vom körperlichen Befund her liegt - trotz entsprechender Atteste - keine fassbare Einschränkung der Dienstfähigkeit vor.

Zum psychiatrischen Aspekt ist anzumerken, dass beim Beschwerdeführer zweifellos eine Persönlichkeitsvariante mit eingeschränkter Introspektionsfähigkeit und sensitiven Zügen vorliegt.

Die vom Beschwerdeführer geschilderten Vorkommnisse im Herbst 2009 - die ja im Wesentlichen dienstrechtliche und disziplinäre Maßnahmen darstellen - sind nicht von Vornherein als 'Mobbing' zu klassifizieren (wie ja überhaupt der Begriff 'Mobbing' zuletzt sehr bereitwillig und kritiklos verwendet wird).

Ebensowenig kann ein 'schweres Burn-Out' bestätigt werden (das ja ebenfalls eine entsprechende äußere Belastung und Arbeitsmotivation voraussetzt).

Insgesamt besteht also aus fachärztlicher Sicht keine zureichende objektive Begründung für einen monatelangen Krankenstand. Auch eine 'krankheitsbedingte' Versetzung in den Ruhestand wäre nach üblichen Maßstäben nicht gerechtfertigt.

Zu hinterfragen ist allerdings die Eignung als Lehrer mit Vorbildcharakter."

Zu diesem Gutachten erstattete der Beschwerdeführer sodann am 3. November 2010 eine Stellungnahme, in welcher er kritisierte, der Sachverständige bewege sich außerhalb seines Fachgebietes, es lägen seiner Einschätzung widersprechende fachärztliche Atteste vor und er begründe nicht, weshalb diese fachmedizinischen Atteste für ihn unbeachtet bleiben könnten. Unklar seien überdies die Aussagen des Sachverständigen, wonach lediglich ein "schweres Burn-Out" nicht bestätigt werden könne, was das Vorliegen eines Burn-Outs nicht ausschließe; unklar bleibe auch, was mit der Aussage, die Eignung des Beschwerdeführers als Lehrer mit Vorbildcharakter sei zu hinterfragen, gemeint sein sollte.

Mit dieser Eingabe legte der Beschwerdeführer auch eine umfangreiche Äußerung Dris. G vom 18. Oktober 2010 vor, in welcher sich dieser ausführlich und kritisch mit dem Gutachten des Sachverständigen Dr. D auseinander setzt.

Über entsprechende Fragestellungen der belangten Behörde äußerte sich der Sachverständige Dr. D schließlich in einem ergänzenden Schreiben vom 11. November 2010 wie folgt:

" Die im Schreiben vom 09. 11. 2010 gestellten Fragen sind wie folgt zu beantworten:

Aus dem körperlichen Befund - wie er am 14. 09. 2010 erhoben wurde - hat sich kein Hinweis auf eine signifikante Einschränkung der Mobilität, der Kreislaufsituation ergeben.

Der Beschwerdeführer wies auch keine klinischen Zeichen einer 'manifesten' Hepatopathie auf. Aus diesem Grunde ist auch keine Einschränkung der körperlichen Dienstfähigkeit anzunehmen.

Die Atteste von Herrn Dr. G - einschließlich des Nachtragsbefundes vom 18. 10. 2010 - entsprechen nicht den Kriterien einer evidenzbasierten, rational nachvollziehbaren Beurteilung.

Die Stellungnahme des Psychotherapeuten Dr. W wurde eingesehen und mitberücksichtigt.

Abschließend sei nochmals darauf hingewiesen, dass längst nicht jede disziplinäre Maßnahme den Tatbestand eines 'Mobbings' erfüllt. Der Begriff 'Burn-Out-Syndrom' wurde ursprünglich verwendet, um zu illustrieren, dass sich ein pflichtbewusster, ehrgeiziger, mit seinem Aufgabenbereich identifizierender Mensch hiebei erschöpft hat.

Diese Kriterien treffen jedoch zweifellos nicht bei allen Zuständen - für die die Bezeichnung 'Burn-Out-Syndrom' gebraucht wird - zu.

Eine Motivationsschwäche und verminderte Leistungsbereitschaft stellt noch kein 'Burn-Out-Syndrom' dar.

Ich halte meine gutachterliche Beurteilung vom 14. 09. 2010 auch im Lichte der zugesandten Schriftstücke weiter aufrecht."

In einer dazu ergangenen Stellungnahme vom 13. Dezember 2010 wiederholte der Beschwerdeführer seine (bereits in der Stellungnahme vom 3. November 2010 gestellten) Anträge auf persönliche Einvernahme vor der Dienstbehörde, auf Einbeziehung des Gutachtens Dris. G vom 18. Oktober 2010, auf Einholung eines Gutachtens aus dem Fachgebiet der Inneren Medizin "zur Abklärung der Frage, ob ein Krankheitsbild vorliegt, gegebenenfalls welches" sowie auf Einholung eines neuen Sachverständigengutachtens aus dem Fachgebiet der Psychiatrie bzw. um Ergänzung des Gutachtens des Sachverständigen Dr. D zwecks Stellungnahme zum Gutachten Dris. G.

Dieser Eingabe war auch ein Befund des Facharztes für Neurologie Dr. P angeschlossen, welcher dem Beschwerdeführer auf Grund eines Erschöpfungszustandes bei neu diagnostiziertem Schlafapnoesyndrom mit primär psychischer Symptomatik und länger dauernder Belastungssituation aktuelle Arbeitsunfähigkeit attestiert.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 22. Dezember 2010 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 27. Mai 2010 auf Versetzung in den Ruhestand gemäß § 12 des Landeslehrer-Dienstrechtsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 302 (im Folgenden: LDG 1984), abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen Folgendes aus:

"Sie haben mit Schreiben vom 27.05.2010 die Versetzung in den Ruhestand aus gesundheitlichen Gründen beantragt. Die Landesregierung hat daraufhin ein Ermittlungsverfahren eröffnet und eine amtsärztliche Untersuchung angeordnet. Auf Grund der Ausführungen des Amtsarztes Dr. Sch in seinem Gutachten vom 28.07.2010, Zl. 6-1 BH Kufstein, und Ihren eigenen Angaben ging hervor, dass Sie Ihrer Ansicht nach auf Grund einer psychischen Erkrankung (Burn-Out, Depressionen) dienstunfähig seien. Aus diesem Grund wurde von der Landesregierung Herr OMR Dr. D als gerichtlich beeideter Sachverständiger und Facharzt für Neurologie und Psychiatrie zum nicht-amtlichen Sachverständigen bestellt und mit der Erstellung eines Gutachtens zur Frage Ihrer Dienstfähigkeit beauftragt.

Beweis wurde durch Einsichtnahme in das Gutachten und Ergänzungsgutachten Dr. D, in die 'Erläuterungen bzw. Ergänzungen' zu diesem Gutachten und weitere Atteste des Internisten Dr. G, in die Stellungnahmen des Psychotherapeuten Dr. W, in das Attest von Dr. P, in die amtsärztlichen Stellungnahmen, sowie in Ihre Stellungnahmen und in den Personalakt aufgenommen. Von der von Ihnen beantragten Einholung eines weiteren Gutachtens eines gerichtlich beeideten Sachverständigen für Innere Medizin konnte vor dem Hintergrund einer behaupteten psychischen Erkrankung abgesehen werden. Ebenso war von der beantragten persönlichen Einvernahme Ihrer Person vor der Dienstbehörde abzusehen, da eine solche Einvernahme nicht zur Klärung der Frage beitragen kann, ob bei Ihnen eine psychische Erkrankung vorliegt. Die Beurteilung der Frage, ob eine psychische Erkrankung vorliegt oder nicht, ist dem Gutachten eines neurologisch-psychiatrischen Sachverständigen vorzubehalten.

Aufgabe des fachärztlichen Sachverständigen ist es, in Anwendung seiner Sachkenntnisse Feststellungen über den Gesundheitszustand zu treffen und die Auswirkungen zu bestimmen, die sich aus festgestellten Leiden oder Gebrechen auf die Erfüllung dienstlicher Aufgaben ergeben. Dabei ist, um der Dienstbehörde eine Beurteilung des Kriteriums 'dauernd' zu ermöglichen, auch eine Prognose zu stellen. Die Dienstbehörde hat in der Folge anhand der dem Gutachten zu Grunde gelegten Tatsachen die Schlüssigkeit des Gutachtens kritisch zu prüfen und einer sorgfältigen Beweiswürdigung zu unterziehen.

Dr. D legt in seinem fachärztlichen Gutachten eindeutig dar, dass bei Ihnen keinerlei Anzeichen einer psychischen Erkrankung vorliegen. Dr. D wiederholt diese Diagnose in seinem Ergänzungsgutachten und geht darin auch auf die von Ihnen aufgeworfenen Fragen ein. Gegenteilige Behauptungen des Internisten Dr. G sind nicht dazu geeignet dieses Gutachten zu erschüttern.

Bei dem von Herrn OMR Dr. D erstatteten Sachverständigenbeweis vom 14.09.2010 und dem Ergänzungsgutachten dazu vom 11.11.2010 handelt es sich um ein schlüssiges und nachvollziehbares Gutachten aus der entsprechenden medizinischen Fachrichtung. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann ein solches Gutachten in seiner Beweiskraft nur durch ein gleichwertiges Gutachten erschüttert werden (vgl. z.B. VwGH 18.03.1994, Zl. 90/97/0018 oder 21.09.1995, Zl. 93/07/0005). Schreiben und Atteste sind keine Gutachten im rechtlichen Sinn, weil sie lediglich Schlussfolgerungen enthalten, aber keinen Befund aus dem die Schlussfolgerungen nachvollziehbar ableitbar wären. Sie sind demnach auch nicht geeignet, Bedenken an den auf einem umfassenden Befund beruhenden ärztlichen Feststellungen des Sachverständigen zu erwecken (vgl. z.B. VwGH 22.03.1995, Zl. 94/12/0245)."

Sodann gab die belangte Behörde § 12 Abs. 1 und 3 LDG 1984 wieder und vertrat gestützt auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Auffassung, die Frage der dauernden Dienstunfähigkeit sei eine von ihr zu entscheidende Rechtsfrage. Sodann heißt es zusammengefasst, auf Grund der vorliegenden Beweismittel, insbesondere auf Grund des fachärztlichen Gutachtens Dris. D erachte die Dienstbehörde nach wie vor die volle Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers als gegeben. Sein Antrag sei daher abzuweisen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, den angefochtenen Bescheid aus diesem Grunde aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 12 Abs. 1 und 3 LDG 1984 idF BGBl. I Nr. 90/2006 lautet:

"§ 12. (1) Der Landeslehrer ist von Amts wegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dauernd dienstunfähig ist.

...

(3) Der Landeslehrer ist dienstunfähig, wenn er infolge seiner gesundheitlichen Verfassung seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihm kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben er nach seiner gesundheitlichen Verfassung zu erfüllen imstande ist und der ihm mit Rücksicht auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann."

Zutreffend rügt der Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof, dass es die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid verabsäumt habe, sich mit den vom Beschwerdeführer gegen das Sachverständigengutachten Dris. D erhobenen materiellen Einwänden sowie insbesondere mit dem ihr vorliegenden Gutachten des Amtsarztes Dr. Sch inhaltlich auseinander zu setzen:

Zunächst ist festzuhalten, dass die von der belangten Behörde ins Treffen geführte Judikatur zu "Schreiben und Attesten", die keine Gutachten sind, auf die sachverständige Äußerung Dris. Sch keinesfalls Anwendung finden kann, beruhte letztere doch auf einer persönlichen Befundaufnahme. Nun werden im angefochtenen Bescheid zwar "Ausführungen des Amtsarztes Dr. Sch" zitiert; dies jedoch nur im Zusammenhang mit der eigenen Einschätzung des Beschwerdeführers über seinen Gesundheitszustand. Die Diagnose, zu der Dr. Sch gelangte und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers wurden im angefochtenen Bescheid hingegen nicht einmal erwähnt.

Jedenfalls aus der Sicht des medizinischen Laien ist nicht von vornherein selbstverständlich, dass die von Dr. Sch diagnostizierte psychische Belastungssituation mit "eingeschränkter Introspektionsfähigkeit und sensitiven Zügen", wie sie von Dr. D diagnostiziert wurden, ident wäre. Insofern könnte schon in Bezug auf die Diagnose ein Widerspruch zwischen diesen Gutachten bestehen.

Darüber hinaus erwähnt Dr. Sch, dass die von ihm diagnostizierte psychische Belastungsreaktion trotz fachgerechter Behandlung auch in Zukunft eine erhöhte Wahrscheinlichkeit weiterer Krankenstände nach sich ziehen werde. Für die Frage der dauernden Dienstunfähigkeit eines Beamten ist auch eine Prognose über die Zahl, das Ausmaß und die Entwicklung der Krankenstände, die infolge einer psychischen Erkrankung zu erwarten sind, maßgeblich. Dabei handelt es sich um eine Fachfrage, die von einem Sachverständigen in Anwendung seiner Sachkenntnisse zu klären ist (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 17. Dezember 2007, Zl. 2006/12/0212, und vom 17. Oktober 2008, Zl. 2005/12/0110). Insofern hätte die belangte Behörde schon in Ansehung des Gutachtens des Sachverständigen Dr. Sch auf eine Präzisierung des (jährlichen) Ausmaßes an trotz Therapiemaßnahmen auf Dauer zu befürchtenden Krankenständen des Beschwerdeführers infolge seiner psychischen Beeinträchtigung dringen müssen.

Von dieser Verpflichtung war sie auch nicht durch die vom Sachverständigen Dr. D - möglicherweise auf Basis einer abweichenden Diagnose - getroffene Annahme entbunden, wonach keine zureichende objektive Begründung für einen "monatelangen Krankenstand" bestehe. Von welchem Ausmaß von Krankenstandstagen pro Jahr dieser Sachverständige auf Grund seiner Diagnose ausgeht, bleibt auf Grund seines Gutachtens offen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht kein Anspruch auf Beiziehung von Fachärzten bestimmter Richtung, weil es nur auf die Begründung und die Schlüssigkeit des Gutachtens ankommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2006, Zl. 2002/12/0161, m.w.H.). Im Hinblick darauf gilt - umgekehrt - auch, dass ein schlüssiges Gutachten auch nicht allein mit der Begründung außer Betracht gelassen werden darf, der entsprechende Gutachter sei kein einschlägiger Facharzt.

Vor diesem Hintergrund erweist sich auch die in der Beschwerde erhobene Rüge als berechtigt, wonach es die belangte Behörde unterlassen habe, sich inhaltlich mit den Darlegungen des Sachverständigen Dr. G auseinander zu setzen. Im Hinblick auf dessen behauptete Stellung als ein den Beschwerdeführer seit vielen Jahren behandelnder Arzt kann nämlich nicht ungeprüft davon ausgegangen werden, dass die in seinen Äußerungen gezogenen fachlichen Schlussfolgerungen jeglicher Befundaufnahme (durch Untersuchung des Beschwerdeführers) entbehrt hätten.

Zu der vom Beschwerdeführer bestrittenen Schlüssigkeit des Gutachtens Dris. D ist Folgendes auszuführen:

Zunächst steht die Reflexion dieses Sachverständigen betreffend den Charakter dienst- und disziplinarrechtlicher Maßnahmen als "Mobbing" schon infolge Irrelevanz der Schlüssigkeit seines Gutachtens nicht entgegen.

Nichts anderes gilt für seine Äußerung, wonach vom körperlichen Befund her keine fassbare Einschränkung der Dienstfähigkeit vorliege. Damit wurde lediglich zum Ausdruck gebracht, dass von diesem Sachverständigen objektiv keine Einschränkungen der Dienstfähigkeit festgestellt werden konnten.

Einer näheren Begründung bedürfte - und dies wird die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren klarzustellen haben - hingegen die vom Sachverständigen Dr. D getroffene Einschätzung, die von ihm diagnostizierten psychischen Beeinträchtigungen rechtfertigten "nach üblichen Maßstäben" keine krankheitsbedingte Versetzung in den Ruhestand. Nichts anders gilt aber auch für die vom Sachverständigen Dr. Sch getroffene Prognose "vermehrter Krankenstände" infolge der von ihm getroffenen Diagnose. In diesem Zusammenhang wären beide Sachverständige anzuhalten die Auswirkungen der von ihnen diagnostizierten gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf die Tätigkeit eines Lehrers zumindestens in Grundzügen zu schildern, um die Plausibilität der diesbezüglichen Einschätzungen nachzuvollziehen.

Sodann wird es Sache der belangten Behörde sein, sich mit diesen Gutachten beweiswürdigend auseinanderzusetzen.

Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 23. November 2011

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