Normen
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
ForstG 1975 §17;
ForstG 1975 §19 Abs4 Z4;
UVPG 2000 §17;
UVPG 2000 §19 Abs1 Z1;
UVPG 2000 §19 Abs1 Z2;
UVPG 2000 §19 Abs1;
UVPG 2000 §19 Abs10;
UVPG 2000 §19 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
ForstG 1975 §17;
ForstG 1975 §19 Abs4 Z4;
UVPG 2000 §17;
UVPG 2000 §19 Abs1 Z1;
UVPG 2000 §19 Abs1 Z2;
UVPG 2000 §19 Abs1;
UVPG 2000 §19 Abs10;
UVPG 2000 §19 Abs3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
Spruch:
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 2.572,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
Mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 27. April 2007 wurde der Beschwerdeführerin nach den Bestimmungen des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000 (UVP-G 2000) die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Test- und Autosportanlage nach Maßgabe der Projektunterlagen und bei Einhaltung näher beschriebener Nebenbestimmungen erteilt. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass diese Genehmigung
- für im Einzelnen genannte Vorhabenselemente als gewerberechtliche Genehmigung gemäß § 74 Abs. 2 iVm § 77 Gewerbeordnung 1994 und § 93 Arbeitnehmerschutzgesetz,
- für im Einzelnen genannte Flächen als forstrechtliche Rodungsbewilligung gemäß den §§ 17 und 18 Forstgesetz 1975,
- für im Einzelnen genannte Vorhabenselemente als baurechtliche Bewilligung gemäß den §§ 5, 19, 22 und 29 des Stmk. Baugesetzes sowie
- für im Einzelnen genannte Vorhabenselemente als Genehmigung der Betriebsstätte gemäß den §§ 21, 22 und 22b Stmk. Veranstaltungsgesetz
gelte.
Gegen diesen Bescheid erhoben die mitbeteiligten Parteien Berufungen. Die erst- bis siebentmitbeteiligten Parteien brachten im Wesentlichen vor, sie lebten in unmittelbarer Nachbarschaft des Vorhabens (sie seien sowohl "UVP-Nachbarn" als auch "Materiengesetznachbarn") und befürchteten massive gesundheitsschädigende Auswirkungen des Vorhabens durch Lärm, Staub und Luftschadstoffe für sich und ihre Kinder. Die in den anzuwendenden Materiengesetzen normierten Schutzbestimmungen (Genehmigungstatbestände) seien zumindest zum Teil nicht erfüllt. Grob unzutreffend sei auch die Auffassung der Behörde, es bestehe am beantragten Vorhaben ein das Walderhaltungsinteresse überwiegendes öffentliches Interesse am Projekt. Eine "tatsächliche Interessenabwägung" sei dem Genehmigungsbescheid nicht zu entnehmen.
Die achtmitbeteiligte Partei brachte vor, sie lebe nördlich des Vorhabens in einer Entfernung von ca. 1.800 m, es bestünden jedoch zwischen ihrem Grundstück und dem Vorhaben keinerlei lärmmindernd wirkende Objekte, Geländeformationen oder Ähnliches. Sie sei "UVP-Nachbar" sowie "Materiengesetznachbar" im Umfang der anzuwendenden Verwaltungsvorschriften und befürchte massive gesundheitsschädigende und unzumutbare Beeinträchtigungen durch Schall- und Staubimmissionen, die durch das Vorhaben der Beschwerdeführerin bewirkt würden. Ebenso wie die erst- bis siebentmitbeteiligten Parteien rügte sie, dass dem Genehmigungsbescheid die gebotene Abwägung des öffentlichen Walderhaltungsinteresses mit einem an der Rodung bestehenden Interesse nicht zu entnehmen sei. Die Genehmigungstatbestände der anzuwendenden Verwaltungsvorschriften seien zumindest zum Teil nicht erfüllt.
Die neuntmitbeteiligte Partei machte geltend, sie lebe ca. 100 Höhenmeter über dem Projektgelände in einer minimalen Entfernung von ca. 1.500 m zum Vorhaben der Beschwerdeführerin. Sie befürchte eine Gefährdung ihrer Gesundheit durch Lärm und Luftverunreinigung, insbesondere Feinstaub.
Aus Anlass dieser Berufungen wurde mit dem erstangefochtenen Bescheid der Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 27. April 2007 dahingehend abgeändert, dass der Antrag der Beschwerdeführerin gemäß den §§ 17 Abs. 1 und 40 Abs. 1 UVP-G 2000 sowie § 17 Abs. 2 bis 5 Forstgesetz 1975 abgewiesen wurde.
Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, es lägen, selbst wenn man die Parteistellung der acht- und neuntmitbeteiligten Parteien in Frage stelle, jedenfalls zulässige Berufungen der übrigen mitbeteiligten Parteien vor, deren Stellung als Nachbarn nicht in Zweifel zu ziehen und von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten worden sei. Auf Grund dieser Berufungen sei der Umweltsenat als Berufungsbehörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG ermächtigt, in der Sache selbst zu entscheiden.
Mit einer zulässigen Berufung, durch welche Partei des Verfahrens immer, erwachse, wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 10. Juni 1999, Zl. 96/07/0191, ausgesprochen habe, der Berufungsbehörde jedenfalls im Anlagenbewilligungsverfahren eine völlig uneingeschränkte Befugnis, die von der Behörde - und nur von der Behörde - wahrnehmbaren öffentlichen Interessen umfassend und damit auch dort und in jenem Ausmaß zu prüfen, wo und in welchem Ausmaß eine Prüfung der zu beachtenden öffentlichen Interessen von der Erstbehörde versäumt worden sei. Die Wahrnehmung von von der Erstbehörde vernachlässigten öffentlichen Interessen der (auf Grund einer zulässigen Berufung zur Abänderung des bekämpften Bescheides nach jeder Richtung hin und zur Setzung ihrer Anschauung anstelle jener der Unterbehörde nach § 66 Abs. 4 Satz 2 AVG berechtigten und verpflichteten) Berufungsbehörde zu verwehren, widerspräche nicht nur Wortlaut und Sinn der Bestimmung des § 66 Abs. 4 AVG, sondern bewirkte auch eine Reduzierung des Schutzes der durch die öffentlichen Interessen geschützten Rechtsgüter der Allgemeinheit, die in Kauf genommen zu haben dem Gesetzgeber der Verfahrensordnung nicht zugesonnen werden könne.
Davon ausgehend komme der Berufungsbehörde im vorliegenden Fall die Befugnis zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der erstinstanzlichen Anwendung sämtlicher in Betracht kommender Materiengesetze, somit auch der forstrechtlichen Bestimmungen zu:
Nach § 17 Abs. 2 Forstgesetz 1975 habe sie in einem ersten Schritt zu prüfen, ob ein besonderes öffentliches Interesse an der Walderhaltung der zur Rodung beantragten Flächen bestehe. Die Erfüllung dieser Voraussetzung stehe auf Grund des schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens des forsttechnischen Amtssachverständigen fest. Es sei daher in einem zweiten Schritt eine Interessenabwägung gemäß § 17 Abs. 3 und 4 Forstgesetz 1975 vorzunehmen. Nur dann, wenn diese Interessenabwägung ergäbe, dass das öffentliche Interesse an einer anderen Verwendung der Waldflächen das öffentliche Interesse an der Walderhaltung überwiege, dürfe eine Rodungsbewilligung erteilt werden. Auf Grund der der Berufungsbehörde vorliegenden bzw. von ihr eingeholten Gutachten könne - aus näher dargelegten Gründen - nicht von einem Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Projektverwirklichung gegenüber jenem an der Erhaltung der in Rede stehenden Flächen als Wald gesprochen werden. Da somit die gemäß § 17 Abs. 1 UVP-G 2000 mitanzuwendenden Genehmigungsvoraussetzungen des § 17 Forstgesetz 1975 nicht erfüllt seien, sei schon aus diesem Grund der Genehmigungsantrag der Beschwerdeführerin abzuweisen gewesen. Auf weitere in der Berufung aufgeworfene Fragen, insbesondere der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens im Hinblick auf Lärm- und Luftschadstoffemissionen sowie des Artenschutzes, sei nicht mehr einzugehen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur hg. Zl. 2010/06/0262 protokollierte Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Die erst- bis achtmitbeteiligten Parteien erstatteten ebenfalls eine Gegenschrift, in der sie beantragten, die Beschwerde kostenpflichtig zurück- bzw. abzuweisen.
II.
Mit Bescheid des Umweltsenates vom 5. November 2008 wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 76 Abs. 1 AVG aufgetragen, die dem Umweltsenat im Zuge des unter I. dargestellten Berufungsverfahrens erwachsenen Barauslagen für die Beiziehung eines nichtamtlichen Sachverständigen in Höhe von EUR 20.248,70 zu ersetzen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Umweltsenat habe im Zuge der Prüfung der für die Erteilung der Rodungsbewilligung maßgebenden Vorschrift des § 17 Abs. 3 Forstgesetz 1975 eine Interessenabwägung vorzunehmen gehabt. Seitens der Erstbehörde sei keine vollständige Erhebung der öffentlichen Interessen und keine vollständige Interessenabwägung vorgenommen worden. Es hätten daher die regionalwirtschaftlichen Auswirkungen des Vorhabens der Beschwerdeführerin durch den Umweltsenat ermittelt und hiezu ein nichtamtlicher Sachverständiger beigezogen werden müssen. Die dafür aufgelaufenen Kosten seien der Beschwerdeführerin als Barauslagenersatz vorzuschreiben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die zur hg. Zl. 2010/06/0263 protokollierte Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
III.
Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, die beiden Beschwerden wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung zu verbinden, und hat erwogen:
Zunächst ist dem Vorbringen in der Gegenschrift der erst- bis achtmitbeteiligten Parteien, die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid sei zurückzuweisen, weil der Beschwerdeführerin wegen der von ihr öffentlich bekanntgegebenen Absicht, ein modifiziertes Projekt zu planen, die Beschwer mangle, zu entgegnen, dass nach der vorliegenden Aktenlage kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass die Beschwerdeführerin an einer Erledigung ihrer Beschwerde kein rechtliches Interesse mehr habe. Die bei unveränderter Antragslage erfolgende öffentliche Bekanntgabe, gegebenenfalls ein geändertes Projekt zu verfolgen, ist für eine solche Annahme nicht ausreichend.
Die maßgebenden Bestimmungen des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000, UVP-G 2000, BGBl. Nr. 697/1993 idF BGBl. I Nr. 2/2008, lauten auszugsweise wie folgt:
"Einleitung der Umweltverträglichkeitsprüfung
§ 5. (1) Der Projektwerber/die Projektwerberin eines Vorhabens, für das gemäß §§ 3 oder 3a eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, hat bei der Behörde einen Genehmigungsantrag einzubringen, der die nach den Verwaltungsvorschriften für die Genehmigung des Vorhabens erforderlichen Unterlagen und die Umweltverträglichkeitserklärung in der jeweils erforderlichen Anzahl enthält.
...
Entscheidung
§ 17. (1) Die Behörde hat bei der Entscheidung über den Antrag die in den betreffenden Verwaltungsvorschriften und im Abs. 2 bis 6 vorgesehenen Genehmigungsvoraussetzungen anzuwenden. Die Zustimmung Dritter ist insoweit keine Genehmigungsvoraussetzung, als für den betreffenden Teil des Vorhabens in einer Verwaltungsvorschrift die Möglichkeit der Einräumung von Zwangsrechten vorgesehen ist. Die Genehmigung ist in diesem Fall jedoch unter dem Vorbehalt des Erwerbs der entsprechenden Rechte zu erteilen.
(2) Soweit dies nicht schon in anzuwendenden Verwaltungsvorschriften vorgesehen ist, gelten im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge zusätzlich nachstehende Genehmigungsvoraussetzungen:
1. Emissionen von Schadstoffen sind nach dem Stand der Technik zu begrenzen,
2. die Immissionsbelastung zu schützender Güter ist möglichst gering zu halten, wobei jedenfalls Immissionen zu vermeiden sind, die
a) das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn/Nachbarinnen gefährden,
b) erhebliche Belastungen der Umwelt durch nachhaltige Einwirkungen verursachen, jedenfalls solche, die geeignet sind, den Boden, die Luft, den Pflanzen- oder Tierbestand oder den Zustand der Gewässer bleibend zu schädigen, oder
c) zu einer unzumutbaren Belästigung der Nachbarn/Nachbarinnen im Sinne des § 77 Abs. 2 der Gewerbeordnung 1994 führen,
3. Abfälle sind nach dem Stand der Technik zu vermeiden oder zu verwerten oder, soweit dies wirtschaftlich nicht vertretbar ist, ordnungsgemäß zu entsorgen.
...
(4) Die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung (insbesondere Umweltverträglichkeitserklärung, Umweltverträglichkeitsgutachten oder zusammenfassende Bewertung, Stellungnahmen, einschließlich der Stellungnahmen und dem Ergebnis der Konsultationen nach § 10, Ergebnis einer allfälligen öffentlichen Erörterung) sind in der Entscheidung zu berücksichtigen. Durch geeignete Auflagen, Bedingungen, Befristungen, Projektmodifikationen, Ausgleichsmaßnahmen oder sonstige Vorschreibungen (insbesondere auch für Überwachungs-, Mess- und Berichtspflichten und Maßnahmen zur Sicherstellung der Nachsorge) ist zu einem hohen Schutzniveau für die Umwelt in ihrer Gesamtheit beizutragen.
(5) Ergibt die Gesamtbewertung, dass durch das Vorhaben und seine Auswirkungen, insbesondere auch durch Wechselwirkungen, Kumulierung oder Verlagerungen, unter Bedachtnahme auf die öffentlichen Interessen, insbesondere des Umweltschutzes, schwer wiegende Umweltbelastungen zu erwarten sind, die durch Auflagen, Bedingungen, Befristungen, sonstige Vorschreibungen, Ausgleichsmaßnahmen oder Projektmodifikationen nicht verhindert oder auf ein erträgliches Maß vermindert werden können, ist der Antrag abzuweisen.
...
Partei- und Beteiligtenstellung sowie Rechtsmittelbefugnis
§ 19. (1) Parteistellung haben
1. Nachbarn/Nachbarinnen: Als Nachbarn/Nachbarinnen gelten Personen, die durch die Errichtung, den Betrieb oder den Bestand des Vorhabens gefährdet oder belästigt oder deren dingliche Rechte im In- oder Ausland gefährdet werden könnten, sowie die Inhaber/Inhaberinnen von Einrichtungen, in denen sich regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen; als Nachbarn/Nachbarinnen gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe des Vorhabens aufhalten und nicht dinglich berechtigt sind; hinsichtlich Nachbarn/Nachbarinnen im Ausland gilt für Staaten, die nicht Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, der Grundsatz der Gegenseitigkeit;
2. die nach den anzuwendenden Verwaltungsvorschriften vorgesehenen Parteien, soweit ihnen nicht bereits nach Z 1 Parteistellung zukommt;
- 3. der Umweltanwalt gemäß Abs. 3;
- 4. das wasserwirtschaftliche Planungsorgan zur Wahrnehmung der wasserwirtschaftlichen Interessen gemäß § 55 Abs. 4 WRG 1959;
- 5. Gemeinden gemäß Abs. 3;
- 6. Bürgerinitiativen gemäß Abs. 4, ausgenommen im vereinfachten Verfahren (Abs. 2) und
7. Umweltorganisationen, die gemäß Abs. 7 anerkannt wurden.
...
(3) Der Umweltanwalt, die Standortgemeinde und die an diese unmittelbar angrenzenden österreichischen Gemeinden, die von wesentlichen Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt betroffen sein können, haben im Genehmigungsverfahren und im Verfahren nach § 20 Parteistellung. Sie sind berechtigt, die Einhaltung von Rechtsvorschriften, die dem Schutz der Umwelt oder der von ihnen wahrzunehmenden öffentlichen Interessen dienen, als subjektives Recht im Verfahren geltend zu machen und Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
(4) Eine Stellungnahme gemäß § 9 Abs. 5 kann durch Eintragung in eine Unterschriftenliste unterstützt werden, wobei Name, Anschrift und Geburtsdatum anzugeben und die Unterschrift beizufügen ist. Die Unterschriftenliste ist gleichzeitig mit der Stellungnahme einzubringen. Wurde eine Stellungnahme von mindestens 200 Personen, die zum Zeitpunkt der Unterstützung in der Standortgemeinde oder in einer an diese unmittelbar angrenzenden Gemeinde für Gemeinderatswahlen wahlberechtigt waren, unterstützt, dann nimmt diese Personengruppe (Bürgerinitiative) am Verfahren zur Erteilung der Genehmigung für das Vorhaben und nach § 20 als Partei oder als Beteiligte (Abs. 2) teil. Als Partei ist sie berechtigt, die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften als subjektives Recht im Verfahren geltend zu machen und Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben.
...
(10) Eine gemäß Abs. 7 anerkannte Umweltorganisation hat Parteistellung und ist berechtigt, die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften im Verfahren geltend zu machen, soweit sie während der Auflagefrist gemäß § 9 Abs. 1 schriftlich Einwendungen erhoben hat. Sie ist auch berechtigt, Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
...
Behörden
§ 39. (1) Für die Verfahren nach dem ersten und zweiten Abschnitt ist die Landesregierung zuständig. Die Zuständigkeit der Landesregierung erstreckt sich auf alle Ermittlungen, Entscheidungen und Überwachungen nach den gemäß § 5 Abs. 1 betroffenen Verwaltungsvorschriften und auf Änderungen gemäß § 18b. ...
...
§ 40. (1) In den Angelegenheiten des ersten und zweiten Abschnittes ist der Umweltsenat, auch im Fall einer Delegation gemäß § 39 Abs. 1 dritter Satz, Berufungsbehörde und sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Sinne der §§ 5, 68 und 73 AVG. Er entscheidet auch über Wiederaufnahmsanträge nach § 69 AVG.
(2) Die Berufung ist von der Partei binnen vier Wochen einzubringen.
..."
Die maßgebenden Bestimmungen des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 440/1975 idF BGBl. I Nr. 59/2002, lauten auszugsweise
wie folgt:
"Rodung
§ 17. (1) Die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) ist verboten.
(2) Unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 1 kann die Behörde eine Bewilligung zur Rodung erteilen, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald nicht entgegensteht.
(3) Kann eine Bewilligung nach Abs. 2 nicht erteilt werden, kann die Behörde eine Bewilligung zur Rodung dann erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt.
(4) Öffentliche Interessen an einer anderen Verwendung im Sinne des Abs. 3 sind insbesondere begründet in der umfassenden Landesverteidigung, im Eisenbahn-, Luft- oder öffentlichen Straßenverkehr, im Post- oder öffentlichen Fernmeldewesen, im Bergbau, im Wasserbau, in der Energiewirtschaft, in der Agrarstrukturverbesserung, im Siedlungswesen oder im Naturschutz.
(5) Bei der Beurteilung des öffentlichen Interesses im Sinne des Abs. 2 oder bei der Abwägung der öffentlichen Interessen im Sinne des Abs. 3 hat die Behörde insbesondere auf eine die erforderlichen Wirkungen des Waldes gewährleistende Waldausstattung Bedacht zu nehmen. Unter dieser Voraussetzung sind die Zielsetzungen der Raumordnung zu berücksichtigen.
...
Rodungsverfahren
§ 19. (1) Zur Einbringung eines Antrags auf Rodungsbewilligung sind berechtigt:
- 1. der Waldeigentümer,
- 2. der an der zur Rodung beantragten Waldfläche dinglich oder obligatorisch Berechtigte in Ausübung seines Rechtes unter Nachweis der Zustimmung des Waldeigentümers,
...
(4) Parteien im Sinne des § 8 AVG sind:
1. die Antragsberechtigten im Sinn des Abs. 1 im Umfang ihres Antragsrechtes,
2. der an der zur Rodung beantragten Waldfläche dinglich Berechtigte,
3. der Bergbauberechtigte, soweit er auf der zur Rodung beantragten Waldfläche nach den bergrechtlichen Vorschriften zum Aufsuchen oder Gewinnen bergfreier oder bundeseigener mineralischer Rohstoffe befugt ist,
4. der Eigentümer und der dinglich Berechtigte der an die zur Rodung beantragten Waldfläche angrenzenden Waldflächen, wobei § 14 Abs. 3 zweiter Halbsatz zu berücksichtigen ist, und
5. das zuständige Militärkommando, wenn sich das Verfahren auf Waldflächen bezieht, die der Sicherung der Verteidigungswirkung von Anlagen der Landesverteidigung dienen.
..."
Dem erstangefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, die belangte Behörde sei zufolge der von den mitbeteiligten Parteien gegen den Genehmigungsbescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 27. April 2007 erhobenen Berufungen uneingeschränkt ermächtigt, diesen Bescheid in Ansehung der öffentlichen Interessen umfassend zu prüfen und nach jeder Richtung abzuändern. Die belangte Behörde sei daher befugt, in die Abwägung der öffentlichen Interessen gemäß § 17 Abs. 3 Forstgesetz 1975 in gleicher Weise wie die Erstbehörde einzutreten. Nach - näher begründeter - Auffassung der belangten Behörde bestehe am Vorhaben der Beschwerdeführerin aber kein das öffentliche Interesse an der Walderhaltung überwiegendes öffentliches Interesse. Es seien daher die gemäß § 17 Abs. 1 UVP-G 2000 mitanzuwendenden Genehmigungsvoraussetzungen des § 17 Forstgesetz 1975 nicht erfüllt, sodass der Genehmigungsantrag der Beschwerdeführerin schon aus diesem Grunde abzuweisen sei.
Die Beschwerdeführerin führt dagegen aus, die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde sei im Falle der Berufung von Parteien, denen wie im vorliegenden Fall nur ein eingeschränktes Mitspracherecht zustehe, auf jenen Bereich beschränkt, in dem das Mitspracherecht bestehe. In Ermangelung des Einschreitens von Verfahrensparteien mit einem uneingeschränkten Mitspracherecht sei es der belangten Behörde daher verwehrt gewesen, die Frage der forstrechtlichen Interessenabwägung aufzugreifen.
Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes darf die Berufungsbehörde auf Grund der von einer Partei mit einem eingeschränkten Mitspracherecht erhobenen Berufung bei ihrer Entscheidung nicht über den Themenkreis hinausgehen, in dem diese Partei mitzuwirken berechtigt ist. Sache iSd § 66 Abs. 4 AVG ist ausschließlich jener Bereich, in welchem dem Berufungswerber ein Mitspracherecht zusteht. Die Berufungsbehörde ist auch nicht berechtigt, aus Anlass der Berufung andere Fragen als (rechtzeitig geltend gemachte) Rechtsverletzungen der betreffenden Partei aufzugreifen (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Dezember 1980, VwSlg. 10.317/A, sowie z.B. die hg. Erkenntnisse vom 2. Juni 2005, Zl. 2004/07/0064, vom 21. Mai 2008, Zl. 2006/10/0017, und vom 23. November 2009, Zl. 2008/05/0080, jeweils mwN).
Dem von der belangten Behörde zur Stützung ihres Standpunktes herangezogenen hg. Erkenntnis vom 10. Juni 1999, Zl. 96/07/0191, in dem es um einen Ersatz für Sachverständigengebühren ging, ist zwar die gegenteilige Auffassung zu entnehmen: (Wörtlich: "Darüber hinaus vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung …") Der Berufungsbehörde erwachse mit einer zulässigen Berufung durch welche Partei des Verfahrens immer jedenfalls im Anlagenbewilligungsverfahren eine völlig uneingeschränkte Befugnis, die von der Behörde - und nur von der Behörde - wahrnehmbaren öffentlichen Interessen umfassend und damit auch dort und in jenem Ausmaß zu prüfen, wo und in welchem Ausmaß eine Prüfung der zu beachtenden öffentlichen Interessen von der Erstbehörde verabsäumt worden sei. Diese Auffassung ist allerdings vereinzelt geblieben und war als "obiter dictum" nicht tragend für die Entscheidung. Der Verwaltungsgerichtshof ist in seiner späteren Judikatur darauf auch nicht mehr zurückgekommen (vgl. z.B. das zitierte hg. Erkenntnis vom 2. Juni 2005).
Soweit sich die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift auf das (auch im genannten hg. Erkenntnis vom 10. Juni 1999 angeführte) hg. Erkenntnis vom 26. Februar 1996, Zl. 94/10/0192, bezieht, ist zu bemerken, dass in dem diesem Erkenntnis zu Grunde liegenden Fall der angefochtene Bescheid nicht auf Grund der Berufung einer Partei mit einem nur eingeschränkten Mitspracherecht ergangen war, sondern auf Grund einer Berufung der (uneingeschränkt mitspracheberechtigten) Bewilligungswerberin gegen die erstinstanzliche Versagung der naturschutzbehördlichen Bewilligung ihres Projekts. Gleiches gilt für den Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 8. Juni 2005, Zl. 2004/03/0116, dem eine Berufungsentscheidung zu Grunde lag, die auf Grund einer Berufung der Antragstellerin gegen die ihr mit der erstinstanzlich erteilten Bewilligung auferlegten Vorschreibung von Nebenbestimmungen ergangen war. Auf die Frage, ob die Behörde aus Anlass der Berufung einer Partei mit nur eingeschränktem Mitspracherecht eine Überprüfung der Rechtsrichtigkeit des erstinstanzlichen Bescheides ohne Beschränkung auf jenen Bereich vornehmen darf, in dem die Partei mitspracheberechtigt ist, kam es in diesen Fällen nicht an.
Dem Hinweis auf das (auch im zitierten hg. Erkenntnis vom 10. Juni 1999 erwähnte) hg. Erkenntnis vom 22. November 1994, Zl. 93/04/0102, und auf jenes vom 22. Juni 1999, Zl. 98/04/0233, ist zu entgegnen, dass es im vorliegenden Fall nicht darauf ankommt, ob die gewerberechtlichen Vorschriften die Auffassung der belangten Behörde decken würden, hat sich diese doch nicht auf solche, sondern ausschließlich auf forstrechtliche Bestimmungen gestützt.
Die belangte Behörde verneinte die Voraussetzungen für die Erteilung einer Rodungsbewilligung nach den §§ 17 f Forstgesetz 1975 mangels eines das öffentliche Interesse an der Walderhaltung überwiegenden Interesses am Rodungsvorhaben der Beschwerdeführerin und wies schon aus diesem Grund den Antrag der Beschwerdeführerin auf Genehmigung nach den Bestimmungen des UVP-G 2000 ab.
Es führt aber - im Gegensatz zu der von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift vertretenen Auffassung - auch die der Behörde durch das UVP-G 2000 auferlegte Verpflichtung zur "integrativen Betrachtungsweise" nicht zum Ergebnis, dem Umweltsenat komme als Berufungsbehörde - abweichend vom Regelfall -
eine uneingeschränkte Entscheidungsbefugnis zu. Dem UVP-G 2000 liegt nämlich im Gegenteil der Standpunkt zu Grunde, dass öffentliche Interessen im Verfahren nur von Parteien geltend gemacht werden können, denen dies als subjektives Recht ausdrücklich zugestanden ist. Das ergibt sich daraus, dass das UVP-G 2000 zwei Arten von Parteien vorsieht, und zwar einerseits solche Parteien, die sie betreffende subjektive Rechte im Verfahren geltend machen können, und andererseits solche Parteien, die öffentliche Interessen (Einhaltung von Umweltschutzvorschriften) als subjektive Rechte im Verfahren geltend machen können. Die öffentlichen Interessen können daher auch nur von den letztgenannten, nicht aber von allen Parteien an die Berufungsbehörde herangetragen werden (vgl. § 19 Abs. 3 und 10 UVP-G 2000). Eine Befugnis der Berufungsbehörde, über die Rechtsrichtigkeit des erstbehördlichen Bescheides abzusprechen, ist daher nur in jenem Umfang gegeben, in dem eine Partei eine Rechtsverletzung bei der Berufungsbehörde geltend machen kann. Die Zulässigkeit der Wahrnehmung öffentlicher Interessen durch die Berufungsbehörde hängt folglich davon ab, ob diese von einem Berufungswerber, der dazu befugt war, geltend gemacht wurden, und zwar unabhängig davon, dass die Behörde erster Instanz selbstverständlich zu einer umfassenden Prüfung verpflichtet ist.
Soweit sich die mitbeteiligten Parteien in der Berufung auf ihre Stellung als "UVP-Nachbarn" beriefen, konnten sie damit jedenfalls keine öffentlichen Interessen des Forstwesens geltend machen (vgl. § 19 Abs. 1 Z. 1 UVP-G 2000). Die mitbeteiligten Parteien konnten aber auch als - wie sie in ihrer Berufung behaupteten - "Materiengesetznachbarn" gemäß § 19 Abs. 1 Z. 2 UVP-G 2000 iVm § 19 Abs. 4 Z. 4 Forstgesetz 1975 gegen die von der Beschwerdeführerin beantragte Rodung ein subjektives Recht (nur) insoweit geltend machen, als es um den Schutz von Waldflächen, an denen sie Eigentum haben oder dinglich berechtigt sind, vor nachteiligen Einwirkungen geht, die durch die Rodung hervorgerufen werden, nicht hingegen die Beeinträchtigung anderer öffentlicher Interessen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 3. Oktober 2008, Zl. 2008/10/0196, mwN). Soweit sie sich daher gegen die Annahmen der Erstbehörde betreffend das Vorliegen eines öffentlichen Interesses an der beantragten Rodung wenden, gehen sie über jenen Bereich hinaus, in welchem ihnen ein Mitspracherecht eingeräumt ist (vgl. nochmals das zitierte hg. Erkenntnis vom 3. Oktober 2008).
Dies führt im Ergebnis zu einer eingeschränkten Prüfungsbefugnis der Berufungsbehörde, da der belangten Behörde nur die Berufungen der Mitbeteiligten vorlagen, denen kein umfassendes Mitspracherecht gesetzlich eingeräumt ist. Der belangten Behörde war es verwehrt, auf Grund dieser Berufungen die Frage aufzugreifen, ob entsprechend den Annahmen der Behörde erster Instanz an der beantragten Rodung ein das öffentliche Interesse an der Walderhaltung überwiegendes öffentliches Interesse besteht.
Indem sie dies verkannte, hat die belangte Behörde den erstangefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden musste.
Gemäß § 75 Abs. 1 AVG sind, sofern sich aus den §§ 76 bis 78 AVG nicht anderes ergibt, die Kosten für die Tätigkeit der Behörden im Verwaltungsverfahren von Amts wegen zu tragen.
Erwachsen der Behörde bei einer Amtshandlung Barauslagen, so hat dafür, sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht auch diese Auslagen von Amts wegen zu tragen sind, gemäß § 76 Abs. 1 AVG die Partei aufzukommen, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat. Als Barauslagen gelten auch die Gebühren, die den Sachverständigen und Dolmetschern zustehen.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat eine Partei für die Kosten eines von der Behörde eingeholten Gutachtens gemäß § 76 Abs. 1 AVG nicht aufzukommen, wenn die Einholung des Sachverständigengutachtens nicht notwendig war (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, S. 1706 unter E 30 f wiedergegebene hg. Judikatur).
Ein solcher Fall ist hier gegeben: Wie oben dargelegt, war es der belangten Behörde auf Grund der ihr vorliegenden Berufungen verwehrt, die erstbehördliche Abwägung der an der Walderhaltung bestehenden öffentlichen Interessen mit den am Rodungszweck bestehenden öffentlichen Interessen zum Gegenstand ihrer Entscheidung zu machen. Somit bedurfte es nicht der Einholung eines Gutachtens zur Beurteilung der am Rodungszweck bestehenden öffentlichen Interessen.
Auch der zweitangefochtene Bescheid war daher als inhaltlich rechtswidrig gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden musste.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am 22. Dezember 2010
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