Normen
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
GewO 1973 §356 Abs3;
GewO 1973 §77 Abs1;
GewO 1973 §81 Abs1;
GewO 1994 §356 Abs3;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §81 Abs1;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §8;
GewO 1973 §356 Abs3;
GewO 1973 §77 Abs1;
GewO 1973 §81 Abs1;
GewO 1994 §356 Abs3;
GewO 1994 §77 Abs1;
GewO 1994 §81 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Namen des Landeshauptmannes als Organ der mittelbaren Bundesverwaltung erlassenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 10. November 1997 wurde der Beschwerdeführerin "die Änderung der genehmigten Betriebsanlage durch Aufstellung einer Papier- und Folienschneidemaschine im OG, Zwischenlagerung von Papier im OG, Asphaltierung eines südwestseitigen Vorplatzes für den Antransport von Papierware und Ladetätigkeit, Benützung der nordostseitigen Rampe bzw. des angrenzenden Vorplatzes für den Abtransport" an einem näher bezeichneten Standort nach Maßgabe im Einzelnen aufgezählter Projektsunterlagen unter Vorschreibung von Auflagen genehmigt.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 27. Oktober 1998 wurde der Berufung der mitbeteiligten Parteien gegen den erstbehördlichen Bescheid Folge gegeben und das Ansuchen der Beschwerdeführerin vom 18. Dezember 1996 unter Aufhebung des erstbehördlichen Bescheides gemäß den §§ 77 und 353 GewO 1994 mit der wesentlichen Begründung abgewiesen, bei der nordostseitigen Rampe, auf die sich das Genehmigungsansuchen der Beschwerdeführerin auch beziehe, handle es sich nicht um einen genehmigten Bestand. Denn der Verwaltungsgerichtshof habe mit Erkenntnis vom 26. Mai 1998, Zl. 98/04/0023, eine Beschwerde gegen einen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, der die Genehmigungspflicht für die Verschiebung der Halle um 5 m in Richtung der Längsachse gegen Nordosten und die geänderte Ausführung der Laderampe im Vergleich zum ursprünglich eingereichten Projekt aus dem Jahre 1993 festgestellt habe, als unbegründet abgewiesen. Um die Genehmigung dieser Änderung sei nicht angesucht worden, sondern es sei im Gegenteil dem Wortlaut des vorgelegten schalltechnischen Projektes zufolge diese Rampe als genehmigter Bestand vom Antrag ausgenommen. Da es dem Sinn des gewerbebehördlichen Genehmigungsverfahrens widerspreche, ein Projekt zu genehmigen, welches Tätigkeiten in einem nicht genehmigten Bauwerk genehmige, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen. Auch die mitbeteiligten Parteien beantragen in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Genehmigung der in Rede stehenden Betriebsanlage unter Einhaltung der die berechtigten Nachbarinteressen schützenden Auflagen verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes macht sie geltend, aus dem von ihr vorgelegten schalltechnischen Projekt sei entgegen der Annahme der belangten Behörde eindeutig zu entnehmen, daß sich ihr Antrag lediglich auf die an der Nordwestseite der Lagerhalle befindliche Laderampe beziehe, während die von der nordöstlichen Rampe ausgehenden Lärmimmissionen als tatsächliche örtliche Verhältnisse im Verfahren zu berücksichtigen gewesen wären. Abgesehen davon gingen (aus näher dargelegten Gründen) von der in Rede stehenden Betriebsanlage keine die Interessen des § 74 Abs. 2 GewO 1994 berührenden Emissionen aus. Die belangte Behörde habe ferner bei der Zuordnung der nordostseitigen Rampe rechtsirrig eine Identität der Inhaber zugrunde gelegt. Tatsächlich sei Inhaberin der in erster Instanz genehmigten Betriebsanlage die Beschwerdeführerin, während Inhaberin der Rampe eine Gesellschaft m.b.H & Co. KG., sohin eine andere Person sei. Einrichtungen verschiedener Betriebsinhaber seien aber auch dann als gesonderte Betriebsanlagen zu behandeln, wenn sie, wie hier, im räumlichen Zusammenhang stünden. Die belangte Behörde habe ferner die Grenzen ihrer Entscheidungsbefugnis überschritten, weil Sache im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG ausschließlich jener Bereich gewesen wäre, in welchem den Berufungswerbern ein Mitspracherecht zustehe. Erhöben, wie hier, die Nachbarn zulässige Einwendungen wegen Lärmimmissionen, bleibe auch die Prüfungsbefugnis der Berufungsbehörde auf diese Frage beschränkt. Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügen die Beschwerdeführer, daß die Erstbehörde ihr zugrunde liegendes Ansuchen vom 20. Dezember 1995 und 18. Dezember 1996 rechtsirrig als solches um Genehmigung der Änderung einer bestehenden Betriebsanlage und nicht als solches um (Neu)Genehmigung der Errichtung und des Betriebes einer gewerblichen Betriebsanlage gedeutet habe. Das ändere allerdings nichts an dem Projekt, das die Beschwerdeführerin einer Genehmigung zugeführt sehen wollte, zumal dadurch die anderen Verfahrensparteien auch keine Beeinträchtigung ihrer subjektiven Rechte erfahren hätten. Es seien bei einer Betriebsanlagenneugenehmigung die Genehmigungsvoraussetzungen ohnedies keine anderen als bei einer Genehmigung der Änderung einer Betriebsanlage. Nur in eventu werde daher geltend gemacht, es bilde einen Verfahrensmangel, daß es die belangte Behörde verabsäumt habe, den Charakter des Genehmigungsansuchens zu klären. Hätte dies die belangte Behörde getan, hätte sich herausgestellt, daß den zugrunde liegenden Anträgen unmißverständlich zu entnehmen gewesen sei, daß es sich um solche um Genehmigung einer Betriebsanlage im Sinne des § 77 GewO 1994 handle. Schließlich hätte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin, wenn sie den Standpunkt vertrete, die in Rede stehende Rampe sei nicht konsensfähig, die Gelegenheit zu einer entsprechenden Modifizierung des Ansuchens geben müssen.
Die Beschwerdeführerin irrt zunächst, wenn sie meint, die belangte Behörde wäre in ihrer Prüfungsbefugnis auf das Vorbringen in der Berufung gegen den erstbehördlichen Bescheid beschränkt gewesen. Da es sich bei der Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage um einen unteilbaren Abspruch handelt, hatte die belangte Behörde dem Auftrag des § 66 Abs. 4 AVG entsprechend die vorliegende Verwaltungsangelegenheit im Rahmen der durch den Inhalt des erstbehördlichen Bescheides vorgegebenen Sache nach jeder Richtung hin zu prüfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. November 1994, Zl. 93/04/0102).
Der Verwaltungsgerichtshof vermag auch der Meinung der Beschwerdeführerin nicht zu folgen, die in Rede stehende nordostseitige Rampe sei nur unter dem Gesichtspunkt der tatsächlichen örtlichen Verhältnisse in die Prüfung ihres Genehmigungsansuchen einzubeziehen, weil sich aus der dem vorliegenden Verfahren zugrunde liegenden Ansuchen der Beschwerdeführerin vom 20. Dezember 1995 angeschlossenen Beschreibung "der Produktions- und Arbeitsvorgänge" eindeutig ergibt, daß Verladearbeiten sowohl an der "ostseitigen Verladerampe" als auch an der "westseitigen Hallenöffnung" beabsichtigt sind. Es ist daher der belangten Behörde zuzustimmen, daß sich das Genehmigungsansuchen der Beschwerdeführerin auch auf Arbeitsvorgänge bezieht, die sich im Bereich der fraglichen nordostseitigen Rampe ereignen. Handelte es sich tatsächlich bei dem dem gegenständlichen Verfahren zugrunde liegenden Antrag um einen solchen um Genehmigung der Änderung einer gewerblichen Betriebsanlage, so müßte aus den schon im hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1998, Zl. 98/04/0023, dargelegten Gründen (auf die gem. § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird) der belangten Behörde in ihrer Rechtsansicht zugestimmt werden, daß dieser Antrag mangels Vorliegens einer genehmigten Betriebsanlage, die den Gegenstand der beantragten Änderung bilden könnte, als verfehlt abzuweisen wäre, sofern nicht wenigstens für einen Teil der Betriebsanlage, auf den sich der vorliegende Antrag bezieht, eine (andere) Betriebsanlagengenehmigung besteht. Tatsächlich handelt es sich aber, wie die Beschwerdeführerin zutreffend hervorhebt und woran nach seinem Wortlaut kein Zweifel besteht, bei ihrem Genehmigungsansuchen vom 20. Dezember 1995 auch in der mit Schriftsatz vom 18. Dezember 1996 modifizierten Form um einen solchen um (Neu)Genehmigung einer Betriebsanlage im Sinne des § 77 GewO 1994. An diesen Antrag war die Behörde, da es sich sowohl bei der Genehmigung der Errichtung und des Betriebes einer gewerblichen Betriebsanlage nach § 77 GewO 1994 wie auch bei der Genehmigung der Änderung einer bereits genehmigten Betriebsanlage nach § 81 GewO 1994 um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt handelt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 17. April 1998, Zl. 96/04/0221), gebunden. Es war daher schon von der Behörde erster Instanz verfehlt, in Abweichung vom Genehmigungsantrag der Beschwerdeführerin die Genehmigung der Änderung einer bestehenden Betriebsanlage nach § 81 GewO 1994 zu erteilen.
Die belangte Behörde belastete daher den angefochtenen Bescheid dadurch mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, daß sie, anstatt den erstbehördlichen Bescheid nach § 66 Abs. 2 AVG zu beheben und der Erstbehörde die Behandlung des vorliegenden Antrages als solchen auf Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage gemäß § 77 GewO 1994 aufzutragen, den vorliegenden Antrag als einen im Sinne des § 81 GewO 1994 qualifizierte und dessen Abweisung auf das Fehlen einer genehmigten Betriebsanlage gründete. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Für das fortgesetzte Verfahren sieht sich der Verwaltungsgerichtshof zu der Bemerkung veranlaßt, daß die ihm vorliegende Aktenlage eine Beurteilung der Frage, ob die Beschwerdeführerin ihr zur Genehmigung eingereichtes Projekt zutreffend als die (Neu)Errichtung einer Betriebsanlage qualifizierte, mangels Feststellungen darüber, ob und allenfalls welche aufrechte Betriebsanlagengenehmigung(en) für den in Rede stehenden Standort bestehen, nicht zuläßt.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Wien, am 2. Juni 1999
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