VwGH 2008/10/0196

VwGH2008/10/01963.10.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde

1.) des DDr. K R und 2.) der E R, beide in Steyr, beide vertreten durch Dr. Martin Peter Schloßgangl, Rechtsanwalt in 4400 Steyr, Promenade 4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 14. Juli 2008, Zl. ForstR-100819/9-2008-Le/Scw, betreffend Rodungsbewilligung (mitbeteiligte Partei: Energie AG Oberösterreich Netz GmbH in 4021 Linz, Böhmerwaldstraße 3), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §8;
ForstG 1975 §14 Abs2;
ForstG 1975 §14 Abs3;
ForstG 1975 §17 Abs1;
ForstG 1975 §17 Abs2;
ForstG 1975 §17 Abs3;
ForstG 1975 §17 Abs4;
ForstG 1975 §19 Abs4 Z4;
ForstG 1975 §19 Abs4;
AVG §8;
ForstG 1975 §14 Abs2;
ForstG 1975 §14 Abs3;
ForstG 1975 §17 Abs1;
ForstG 1975 §17 Abs2;
ForstG 1975 §17 Abs3;
ForstG 1975 §17 Abs4;
ForstG 1975 §19 Abs4 Z4;
ForstG 1975 §19 Abs4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 14. Juli 2008 der mitbeteiligten Partei die Bewilligung zur dauernden Rodung einer 103 m2 großen Teilfläche eines näher beschriebenen Grundstückes zur Errichtung einer Umspannstation nach Maßgabe der Projektunterlagen und unter Vorschreibung von im Einzelnen genannten Nebenbestimmungen gemäß den §§ 17 bis 19 Forstgesetz 1975 (ForstG) erteilt; den u.a. von den beschwerdeführenden Parteien gegen die erstinstanzliche Rodungsbewilligung erhobenen Berufungen wurde keine Folge gegeben. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges, des von der Berufungsbehörde eingeholten Gutachtens eines forsttechnischen Amtssachverständigen und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, die bestehende Schaltstation Wolfernstraße, die sich in einer Entfernung von ca. 50 m zum geplanten Standort befinde, müsse aus Altersgründen erneuert werden. In unmittelbarer Nähe seien für die Errichtung einer Umspannstation keine geeigneten Grundstücke vorhanden. Die geplante Inanspruchnahme der Waldfläche zum Zwecke der Errichtung der - im öffentlichen Interesse an der Versorgung der Bevölkerung mit elektrischer Energie gelegenen - Umspannstation überwiege das öffentliche Interesse an der Walderhaltung.

Für den nachbarlichen Wald stelle die zur Rodung beantragte Waldfläche - wie im forstfachlichen Gutachten dargelegt - keinen

maßgeblich erkennbaren Deckungsschutz dar: Die in Rede stehenden

Waldbestände stockten auf einer mäßig steil nach Osten bzw. Nordosten abfallenden Hangfläche, sie seien weder in der westlichen Hauptwindrichtung situiert, noch befänden sie sich in einer exponierten Lage. Vielmehr befinde sich die Rodefläche in einer Mulde, die im Norden durch eine bestockte Straßenböschung und in südlicher und westlicher Richtung ebenfalls durch bestockte Hangflächen begrenzt sei. Durch die Muldenlage sei die Windangriffsfläche stark gemindert. Darüber hinaus entspreche eine Rodefläche von lediglich 103 m2 einer äußerst kleinflächigen Nutzung; es bestehe kein Unterschied zu einer regulären, naturnahen und einzelbaumweisen Waldnutzung. Außerdem bleibe noch zwischen dem zum Deckungsschutz beantragten Waldbestand und der Rodefläche ein Waldstreifen von mindestens 10 m Breite erhalten.

Entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Parteien erachte die Berufungsbehörde das Gutachten des forsttechnischen Amtssachverständigen für schlüssig, nachvollziehbar und mit den Denkgesetzen in Einklang stehend. Die beschwerdeführenden Parteien hätten ihre Auffassung, dass durch die "kanalartige Situierung" eine dem West- wie dem Nordostwind exponierte Windangriffsfläche vorliege, der entgegen den Darlegungen des forsttechnischen Amtssachverständigen eines Deckungsschutzes bedürfe, nicht auf gleicher fachlicher Ebene vorgebracht. Sie hätten ihre Auffassung auch nicht durch ein forstliches Gutachten unterstützt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 17 Abs. 1 Forstgesetz 1975 (ForstG) ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) verboten.

Unbeschadet der Bestimmung des Abs. 1 kann die Behörde gemäß § 17 Abs. 2 ForstG die Bewilligung zur Rodung erteilen, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald nicht entgegensteht.

Kann eine Bewilligung nach Abs. 2 nicht erteilt werden, kann die Behörde gemäß § 17 Abs. 3 ForstG eine Bewilligung zur Rodung dann erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt.

Öffentliche Interessen an einer anderen Verwendung iSd Abs. 3 sind gemäß § 17 Abs. 4 ForstG insbesondere begründet in der umfassenden Landesverteidigung, im Eisenbahn-, Luft- oder öffentlichen Straßenverkehr, im Post- oder öffentlichen Fernmeldewesen, im Bergbau, im Wasserbau, in der Energiewirtschaft, in der Agrarstrukturverbesserung, im Siedlungswesen oder im Naturschutz.

Parteien iSd § 8 AVG sind im Rodungsverfahren gemäß § 19 Abs. 4 ForstG

1. die Antragsberechtigten iSd Abs. 1 im Umfang ihres Antragsrechtes,

2. der an der zur Rodung beantragten Waldfläche dinglich Berechtigte,

3. der Bergbauberechtigte, soweit er auf der zur Rodung beantragten Waldfläche nach den bergrechtlichen Vorschriften zum Aufsuchen oder Gewinnen bergfreier oder bundeseigener mineralischer Rohstoffe befugt ist,

4. der Eigentümer und der dinglich Berechtigte der an die zur Rodung beantragten Waldfläche angrenzenden Waldflächen, wobei § 14 Abs. 3 zweiter Halbsatz zu berücksichtigen ist, und

5. das zuständige Militärkommando, wenn sich das Verfahren auf Waldflächen bezieht, die der Sicherung der Verteidigungswirkung von Anlagen der Landesverteidigung dienen.

Gemäß § 14 Abs. 2 ForstG hat jeder Waldeigentümer Fällungen entlang seiner Eigentumsgrenzen in einer Entfernung von weniger als 40 m zu unterlassen, wenn durch die Fällung nachbarlicher Wald einer offenbaren Windgefährdung ausgesetzt würde (Deckungsschutz).

Gemäß § 14 Abs. 3 ForstG ist jedem Eigentümer des angrenzenden Waldes sowie den Eigentümern etwaiger an diesen angrenzender Wälder der Deckungsschutz zu gewähren, sofern die jeweilige Entfernung von der Eigentumsgrenze der zum Deckungsschutz verpflichteten weniger als 40 m beträgt; allfällige zwischen den Waldflächen liegende, unter § 1a Abs. 1 nicht fallende Grundflächen von weniger als 10 m Breite sind hiebei nicht einzurechnen.

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, am Rodungsvorhaben der mitbeteiligten Partei bestehe ein das öffentliche Walderhaltungsinteresse überwiegendes öffentliches Interesse. Durch die Rodung würde der nachbarliche Wald der beschwerdeführenden Parteien keiner offenbaren Windgefährdung ausgesetzt, zumal die zur Rodung beantragte Fläche dem nachbarlichen Wald keinen maßgeblichen Deckungsschutz biete.

Die beschwerdeführenden Parteien bringen gegen den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen vor, es bestehe an der Erhaltung der zur Rodung beantragten Fläche ein sehr hohes öffentliches Interesse, das nicht ausreichend berücksichtigt worden sei. Die Ausweisung der Fläche im Kataster als "Baufläche begrünt" sei ohne rechtliche Bedeutung. Die belangte Behörde habe weiters ungeprüft gelassen, ob Ersatzflächen zur Verfügung stünden, die die beantragte Rodung hinfällig machten. Vielmehr habe sie sich mit der bloßen Behauptung der mitbeteiligten Partei begnügt, dass keine anderen geeigneten Flächen zur Verfügung stünden. Die Interessenlage iSd § 17 ForstG sei daher unrichtig beurteilt worden. Die gutachterlichen Ausführungen des Amtssachverständigen seien dem Bescheid ungeprüft zu Grunde gelegt worden. Völlig unberücksichtigt geblieben sei auch der Einwand der beschwerdeführenden Parteien, dass ihre Waldflächen eines ausreichenden Deckungsschutzes bedürften. Sie hätten nämlich vorgebracht, dass "auf Grund der besonderen Situierung eine kanalartige Windangriffsfläche" entstehe, die "besonders dem West- , aber auch dem Nordostwind eine exponierte Angriffsfläche" biete. Zur Abklärung der Windbelastung hätte daher ein ergänzendes "meteorologisches/geodynamisches Gutachten" eingeholt werden müssen, zumal dem beigezogenen forsttechnischen Amtssachverständigen "die erforderliche einschlägige Fachkenntnis für Windrichtungen, Windströmungen und Windbelastungen im gegenständlichen Bereich" fehle.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt:

Die Bestimmungen des ForstG sehen im Rodungsverfahren die Parteistellung des Eigentümers eines angrenzenden Waldgrundstückes vor. Diesem kommt ein subjektives Recht, das er als Partei des Verfahrens geltend machen kann, jedoch nur insoweit zu, als es um den Schutz seines Waldes vor nachteiligen Einwirkungen geht, die durch die Rodung hervorgerufen werden. Es ist ihm daher verwehrt, eine Beeinträchtigung anderer als der mit seinem Wald im Zusammenhang stehenden öffentlichen Interessen geltend zu machen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 24. November 2003, Zl. 2002/10/0058, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Soweit sich die beschwerdeführenden Parteien gegen die Annahmen der belangten Behörde betreffend das öffentliche Interesse an der beantragten Rodung wenden, gehen sie somit über jenen Bereich hinaus, in welchem ihnen ein Mitspracherecht eingeräumt ist. Soweit sie jedoch nachteilige Auswirkungen der Rodung für ihren Wald behaupten und vorbringen, es sei der erforderliche Deckungsschutz nicht gewährleistet, ist ihnen zu entgegnen, dass der Amtssachverständige für Forsttechnik in seinem - im angefochtenen Bescheid unbestritten wiedergegebenen - Gutachten eingehend und in nicht als unschlüssig zu erkennender Weise dargelegt hat, aus welchen Gründen nachteilige Auswirkungen der geplanten Rodung auf den Waldbestand der beschwerdeführenden Parteien nicht zu erwarten sind. Dem haben die beschwerdeführenden Parteien - wie sie vorbringen - zwar entgegengehalten, dass eine "besondere" Situation vorliege, sie behaupten aber selbst nicht, Darlegungen auf gleicher fachlicher Ebene erstattet bzw. durch ein forstfachliches Gutachten unterstützt zu haben. Vielmehr beschränken sie sich auf den Vorwurf, es sei die besondere Situation der Waldflächen nicht geprüft und auch kein ergänzendes meteorologisches/geodynamisches Gutachten eingeholt worden. Damit wird allerdings nicht dargelegt, dass der belangten Behörde, indem sie den angefochtenen Bescheid auf das von ihr eingeholte forsttechnische Gutachten stützte, Verfahrensfehler unterlaufen wären, bei deren Vermeidung sie zu einem im Ergebnis anderen Bescheid hätte gelangen können. Mit diesem Vorbringen wird daher kein im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG relevanter Verfahrensmangel aufgezeigt.

Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 3. Oktober 2008

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