VwGH 2009/08/0010

VwGH2009/08/001028.3.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer, Mag. Nedwed und MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerde 1. der F GmbH, 2. des G G, beide in Wien und vertreten durch die Arnold Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz vom 12. August 2008, Zl. BMSK- 329523/0001-II/A/3/2008, betreffend Pflichtversicherung nach dem ASVG und dem AlVG (mitbeteiligte Parteien: 1. Wiener Gebietskrankenkasse in Wien, vertreten durch Dr. Georg Grießer, Dr. Roland Gerlach, Dr. Sieglinde Gahleitner, Mag. Eva Graf-Hohenauer, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Köllnerhofgasse 6/1/2,

2. Pensionsversicherungsanstalt in 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 3. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in 1201 Wien, Adalbert Stifterstraße 65-67), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §4 Abs2;
ASVG §539a Abs3;
ASVG §539a Abs5 Z3;
ASVG §539a;
BAO §21 Abs1;
BAO §22;
BAO §24;
EStG §2 Abs2;
EStG §2 Abs3;
EVHGB 04te Art7 Nr6;
FHStG 1993 §12 Abs2 Z5;
FHStG 1993;
UGB §105;
UGB §114;
UGB §115 Abs3;
ASVG §4 Abs2;
ASVG §539a Abs3;
ASVG §539a Abs5 Z3;
ASVG §539a;
BAO §21 Abs1;
BAO §22;
BAO §24;
EStG §2 Abs2;
EStG §2 Abs3;
EVHGB 04te Art7 Nr6;
FHStG 1993 §12 Abs2 Z5;
FHStG 1993;
UGB §105;
UGB §114;
UGB §115 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 und der erstmitbeteiligten Gebietskrankenkasse in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die erstmitbeteiligte Gebietskrankenkasse stellte mit Bescheid vom 4. Februar 2008 fest, dass der Zweitbeschwerdeführer aufgrund seiner Beschäftigung bei der erstbeschwerdeführenden Partei als Dienstgeber in der Zeit vom 1. bis 31. Jänner 2000, vom 1. Oktober 2000 bis 31. Jänner 2001, vom 10. September 2001 bis 1. Februar 2002, vom 1. März bis 30. Juni 2002, vom 1. Oktober 2002 bis 31. Jänner 2003, vom 1. März bis 30. Juni 2003, vom 1. Oktober 2003 bis 31. Juli 2004, vom 1. Oktober 2004 bis 31. Juli 2005, vom 1. Oktober 2005 bis 31. Jänner 2006, und vom 1. März bis 31. Juli 2006 der Vollversicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG und der Arbeitslosenversicherungspflicht gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG unterlegen sei. Gleichzeitig stellte sie fest, dass der Zweitbeschwerdeführer aufgrund dieser Tätigkeit in den genannten Zeiträumen daher nicht der Vollversicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Z 14 ASVG aufgrund der Verpflichtung zur Erbringung von Dienstleistungen aufgrund eines freien Dienstvertrages gemäß § 4 Abs. 4 ASVG unterlegen sei.

Begründend führte die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse u. a. aus, die der Beschäftigung zugrunde liegenden Vereinbarungen lauteten (bis 1. März 2006) wie folgt:

"Beauftragung von Lektorentätigkeiten …

Auftragnehmer (Firma): G(…)OEG …

Vertragsinhalt: Planung und Durchführung von Lektorentätigkeiten für das Wintersemester 1999/2000 am Fachhochschul-Studiengang für Tourismus-Management

Zeitrahmen: Vertragsdauer von 01.10.1999 bis 29.02.2000 Pflichten der durch die Gesellschaft des Auftragnehmers zu

entsendenden Lektoren:

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Ergänzung der Beschwerde, Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens durch die belangte Behörde, Erstattung einer Gegenschrift durch die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse und Erstattung einer Replik durch die beschwerdeführenden Parteien erwogen:

1. Die beschwerdeführenden Parteien machen - zusammengefasst -

geltend, die Bestimmungen des FHStG würden große Spielräume bei der Gestaltung der Lehraufträge einräumen. Eine gesetzliche Bestimmung, wonach ein Lehrauftrag nicht an Gesellschaften vergeben werden dürfe, existiere nicht. Es sei im Fachhochschulbereich allgemein üblich, dass Lehraufträge auch an juristische Personen oder Personengesellschaften vergeben würden. Auch ergebe sich insoweit keine Einschränkung aus § 1 EGG. Es bestünden keinerlei Hinweise auf Scheingeschäfte oder ein Umgehungsgeschäft. Der wahre Vertragspartner der erstbeschwerdeführenden Partei sei die G OEG. Die belangte Behörde habe den Missbrauch nicht entsprechend nachgewiesen und § 539a Abs. 1 ASVG überschießend ausgelegt. Als Verfahrensmangel rügen die beschwerdeführenden Parteien, die belangte Behörde habe den festgestellten Sachverhalt gänzlich außer Acht gelassen, das Parteivorbringen ignoriert, das Parteiengehör vernachlässigt sowie Aktenwidrigkeit zu verantworten.

2. § 539a ASVG (idF BGBl. Nr. 201/1996) lautet (samt Überschrift):

"Grundsätze der Sachverhaltsfeststellung

§ 539a. (1) Für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz ist in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend.

(2) Durch den Mißbrauch von Formen und durch Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes können Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden.

(3) Ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre.

(4) Scheingeschäfte und andere Scheinhandlungen sind für die Feststellung eines Sachverhaltes nach diesem Bundesgesetz ohne Bedeutung. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Beurteilung maßgebend.

(5) Die Grundsätze, nach denen

  1. 1. die wirtschaftliche Betrachtungsweise,
  2. 2. Scheingeschäfte, Formmängel und Anfechtbarkeit sowie
  3. 3. die Zurechnung

    nach den §§ 21 bis 24 der Bundesabgabenordnung für Abgaben zu beurteilen sind, gelten auch dann, wenn eine Pflichtversicherung und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten nach diesem Bundesgesetz zu beurteilen sind."

    Ein Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts iSd § 539a Abs. 2 ASVG liegt dann vor, wenn die Gestaltung der rechtlichen Verhältnisse anders als mit der Absicht der Umgehung gesetzlicher Verpflichtungen nicht erklärt werden kann. An die Stelle der nach der genannten Gesetzesstelle unbeachtlichen Rechtskonstruktion tritt gemäß § 539a Abs. 3 ASVG jene, die den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessen wäre (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. April 2011, Zl. 2008/08/0176).

    Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Einkommensteuerrecht ist Zurechnungssubjekt von Einkünften derjenige, der die Möglichkeit besitzt, die sich ihm bietenden Marktchancen auszunützen, Leistungen zu erbringen oder zu verweigern. Maßgeblich ist in erster Linie die tatsächliche, nach außen in Erscheinung tretende Gestaltung der Dinge. Die rechtliche Gestaltung ist nur maßgebend, wenn sich in wirtschaftlicher Betrachtungsweise nichts anderes ergibt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2008, Zl. 2006/15/0199, mwN). Bei der Einkünftezurechnung kommt es auf die wirtschaftliche Dispositionsbefugnis über die Einkünfte und nicht auf eine allenfalls nach § 24 BAO zu lösende Zurechnung von Wirtschaftsgütern, aber auch nicht - wie etwa im Bereich des § 22 BAO - auf das Vorliegen eventueller "außersteuerlicher" Gründe für eine vorgenommene Gestaltung an (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. Februar 2010, Zl. 2007/15/0194, mwN). Diese Grundsätze gelten nach § 539a Abs. 5 Z 3 ASVG auch dann, wenn eine Pflichtversicherung und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten zu beurteilen sind.

    3. Im vorliegenden Fall ist strittig, ob die Erbringung von Leistungen (sowie die Erzielung von Entgelten hiefür) als Lehrbeauftragter eines Fachhochschul-Studienganges dem Zweitbeschwerdeführer oder einer Personengesellschaft, deren Gesellschafter der Zweitbeschwerdeführer ist, zuzurechnen ist.

    Unstrittig wurden die Verträge formal zwischen der erstbeschwerdeführenden Partei und einer Personengesellschaft geschlossen. Die belangte Behörde geht gemäß § 539a ASVG davon aus, dass wahrer Vertragspartner der erstbeschwerdeführenden Partei der Zweitbeschwerdeführer sei.

    Eine OEG (seit 1. Jänner 2007, vgl. § 907 Abs. 2 UGB, OG) kann - ebenso wie eine KEG (KG) oder auch eine Kapitalgesellschaft (etwa eine GmbH) - nur durch natürliche Personen handeln; hiefür kommen ihre vertretungsbefugten Gesellschafter (bei Kapitalgesellschaften ihre Organe), aber auch ihre Mitarbeiter oder sonst von ihr Beauftragte in Frage. Wird also (etwa) eine OEG mit der Erbringung von Leistungen als Lektor beauftragt, so kann diese die Leistungen nicht (faktisch) "persönlich" erbringen. Bei einer (bloßen) Beauftragung einer OEG mit derartigen Leistungen steht demnach nicht fest, welche natürliche Person die Lektorentätigkeit tatsächlich erbringen soll und wird.

    Nach dem Inhalt der vorgelegten Vereinbarungen war die OEG berechtigt (und verpflichtet), LektorInnen aus ihrer Gesellschaft zu nominieren bzw. nach ihrem eigenen Dafürhalten (wenn auch in Abstimmung mit der erstbeschwerdeführenden Partei) eine Person auszuwählen, welche die Lektorentätigkeit sodann faktisch zu erbringen habe. Die OEG wäre demnach berechtigt gewesen, irgendeine (wenn auch fachlich geeignete) Person als Lektor zu bestimmen. Es könnte sich dabei also um einen Gesellschafter, einen Mitarbeiter oder auch einen beliebigen Dritten ("Subauftragnehmer") handeln.

    4. Das Bundesgesetz über Fachhochschul-Studiengänge (FHStG), BGBl. Nr. 340/1993, enthält - wie die Beschwerde an sich zutreffend ausführt - keine ausdrückliche Regelung darüber, ob Lehraufträge von Fachhochschulen nur an natürliche Personen oder auch an juristische Personen oder Personengesellschaften erteilt werden können (anders etwa - zur Frage, wer zu einem Geschäftsführer einer GmbH bestellt werden kann - § 15 Abs. 1 GmbHG: nur physische Personen; vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2008, Zl. 2008/15/0014, mwN).

    Eine Anerkennung (nunmehr (idF BGBl. I Nr. 110/2003) Akkreditierung) als Fachhochschul-Studiengang setzt nach § 12 Abs. 2 Z 3 FHStG (§ 8 Abs. 2 Z 3 FHStG idF BGBl. I Nr. 74/2011) voraus, dass der Unterricht durch einen wissenschaftlich, berufspraktisch und pädagogisch-didaktisch qualifizierten Lehrkörper (nunmehr: Lehr- und Forschungspersonal) abgehalten wird. Nach Z 5 leg. cit. muss der den Studiengang durchführende Lehrkörper (das den Studiengang durchführende Lehr- und Forschungspersonal) eine den Hochschulen entsprechende Autonomie besitzen.

    Die Autonomie des Lehrkörpers wurde in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (949 BlgNR 18. GP, 10) als einer der zentralen Punkte für die Gestaltung des Fachhochschulbereiches hervorgehoben. Zweck dieser - inneren - Autonomie ist (nach Schweighofer, zfhr 2006, 187 ff (196)), wissenschaftliche und pädagogisch reflektierte Strukturen zu gewährleisten. Ein Fachhochschul-Studiengang soll als Ort einer anspruchsvollen wissenschaftlich fundierten Berufsausbildung organisiert sein. Diese Leistung soll primär durch das professionelle Engagement eines hoch qualifizierten Lehrkörpers erbracht werden, der sich dieser Verantwortung auch bewusst ist. Darin unterscheidet sich die Fachhochschule von der Schule. Adressat der Autonomiegewährleistung ist der Erhalter, der im Rahmen seiner Organisationsgewalt dafür Sorge zu tragen hat, dass einer solchen professionellen Autonomie des Lehrkörpers Raum gegeben wird.

    Mit einer derartigen Autonomie des Lehr- und Forschungspersonals wäre es aber unvereinbar, würde das Lehrpersonal - wie in den vorliegenden Verträgen angeführt - nach dem Dafürhalten einer dritten Partei (hier der G OEG) ausgewählt, könnte doch diese dritte Partei (im Wege von Mitgesellschaftern (vgl. Art. 7 Nr. 6 der 4. EVHGB, nunmehr § 115 Abs. 3 UGB), als Dienstgeber oder als sonstiger Auftraggeber des Lektors) diesem auch (inhaltliche) Weisungen betreffend der Erbringung seiner Tätigkeiten erteilen. Selbst eine Beschäftigung des Lehr- und Forschungspersonals durch eine dem Erhalter des Fachhochschul-Studienganges nahestehende Person (samt Weisungserteilung aus dieser Beschäftigung) wäre in diesem Fall nicht ausgeschlossen, was aber der Autonomie des Lehr- und Forschungspersonals diametral entgegenstünde.

    Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 25. April 2007, Zl. 2005/08/0137, VwSlg. 17.185 A/2007, unter Verweis auf die Bestimmungen des FHStG dargelegt, dass die - in erster Linie gesetzlich - vorgegebene Struktur eines Fachhochschul-Studienganges eine tendenziell vertretungsfeindliche ist. Die Konstruktion der Erbringung von Leistungen des Lehrpersonals im Rahmen einer Fachhochschule durch eine OEG steht auch im Widerspruch zu dieser Vertretungsfeindlichkeit. Wenn schon die Vertretung einer (natürlichen) Person durch eine andere Person tendenziell ausgeschlossen ist, ist es umso mehr ausgeschlossen, dass die Auswahl des Lehrpersonals eines Fachhochschul-Studienganges an eine außenstehende Gesellschaft ausgelagert wird.

    Damit ist es aber im Allgemeinen ausgeschlossen, dass Lehraufträge von Fachhochschulen (oder Fachhochschul-Studiengängen) an juristische Personen (oder Personengesellschaften) erteilt werden. Abweichendes mag allenfalls (ohne dass dies hier abschließend zu prüfen wäre) dann gelten, wenn die Fachhochschule mit einer Gebietskörperschaft (oder auch einer Universität) vereinbart, dass diese einen qualifizierten Vertreter entsende; ein derartiger, in der Beschwerde angeführter Fall, liegt hier freilich nicht vor.

    Die Möglichkeit, eine Marktchance für eine Tätigkeit als Lektor an einer Fachhochschule (oder einem Fachhochschul-Studiengang) zu nützen, hat somit (im Allgemeinen) nur eine natürliche Person. Damit ist aber die Leistungserbringung (sowie die Einkunftserzielung) ausschließlich der natürlichen Person, nicht aber einer "zwischengeschalteten" juristischen Person oder Personengesellschaft zuzurechnen.

    Dem entsprach auch die tatsächliche Handhabung des Vertragsverhältnisses, wonach die Vortragstätigkeit tatsächlich ausschließlich vom Zweitbeschwerdeführer persönlich (und nicht von einer sonstigen, nach dem im Wesentlichen ungebundenen Dafürhalten der G OEG bestimmten Person) erbracht wurde. Auch ist darauf zu verweisen, dass - nach der Darstellung des Zweitbeschwerdeführers -

im Studienplan (wenn auch von ihm als "Kurzbezeichnung" genannt) lediglich sein Familienname aufschien (und nicht darauf verwiesen wurde, dass die Lehrveranstaltung von einer nach dem Dafürhalten einer Personengesellschaft ausgewählten Person gehalten werde).

Es ergibt sich daher schon bei wirtschaftlicher Betrachtung die Zurechnung an den Zweitbeschwerdeführer; auf eine allfällige Missbrauchs- oder Umgehungsabsicht kommt es demnach nicht an.

5. Die in der Beschwerde angeführte höchstgerichtliche Rechtsprechung steht dieser Beurteilung nicht entgegen:

Der Verfassungsgerichtshof hob mit dem Erkenntnis vom 15. Juni 2000, V 102/99, VfSlg. 15.811, in § 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Zuordnung der Bezüge von Lehrbeauftragten zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit das Wort "Fachhochschulen" und die Wortfolge "oder ähnlichen Bildungseinrichtungen" als gesetzwidrig auf. Ob eine unterrichtende Tätigkeit als selbständig oder unselbständig einzustufen sei, hänge davon ab, in welcher tatsächlichen Erscheinungsform und unter welchen rechtlichen Bedingungen sie entfaltet werde. Dass an Fachhochschulen Lehraufträge - wie das etwa für ein an zwei Wochenenden stattfindendes Seminar oder für eine mehrtägige Exkursion ganz offenkundig sei - auch in der Form von Werkverträgen vergeben werden könne, habe das Verfahren nicht in Frage gestellt. Die Verordnung wurde mangels gesetzlicher Grundlage als gesetzwidrig aufgehoben. Aus diesen Ausführungen ergibt sich aber nicht, dass Lehraufträge auch an Personengesellschaften erteilt werden könnten. Ergänzend ist darauf zu verweisen, dass der Verfassungsgerichtshof im Prüfungsbeschluss zu G 9/06, VfSlg. 17.875, ausführte, dass keine Bedenken gegen die Regelung des ersten Satzes des § 25 Abs. 1 Z 5 EStG 1988 (idF BGBl. I Nr. 142/2000) bestünden: Es liege im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, die Bezüge von Personen, die bei einer Bildungseinrichtung eine unterrichtende Tätigkeit im Rahmen eines von der jeweiligen Bildungseinrichtung vorgegebenen Lehr-, Studien- oder Stundenplanes ausübten, generell als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit einzuordnen.

Im Erkenntnis vom 8. März 2001, G 14/00 u.a., VfSlg. 16.120, sprach der Verfassungsgerichtshof aus, das öffentliche Interesse, dass die Rauchfangkehrerarbeiten in einer Art und Weise vorgenommen würden, dass sie unmittelbar physischen Personen, die eine entsprechende Befähigung besitzen und dafür zur Verantwortung gezogen werden können, zugerechnet werden können, sei nicht zu bezweifeln. Da es gerichtsbekannt sei, dass auch die natürlichen Personen, welche die gewerberechtliche Befugnis zur Ausübung des Rauchfangkehrergewerbes besitzen, die entsprechenden Arbeiten im Regelfall unter ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verantwortung von Arbeitnehmern ausüben lassen, reduziere sich die im öffentlichen Interesse erforderliche Zurechnung der Rauchfangkehrerarbeiten zu physischen Personen auf deren entsprechende gewerberechtliche und haftungsrechtliche Verantwortung. Diese den Ausschluss von Kapitalgesellschaften rechtfertigende persönliche Verantwortung des Rauchfangkehrers sei aber auch bei Personengesellschaften, welche dieses Gewerbe wahrnehmen, sichergestellt, wenn sämtliche persönlich haftende Gesellschafter der Personengesellschaft natürliche Personen sind und wenn vor allem der gewerberechtliche Geschäftsführer der Personengesellschaft ein persönlich haftender Gesellschafter sei, der nach dem Gesellschaftsvertrag zur Geschäftsführung und zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt sei. Anders als bei Kapitalgesellschaften sei sohin die "Personalisierung" - verstanden als Zurechenbarkeit zu physischen Personen und deren Verantwortung und Haftung - bei einer gewerbeberechtigten Personengesellschaft mit den angeführten besonderen Qualifikationsmerkmalen nicht geringer als bei einer natürlichen Person, welche eine Rauchfangkehrerberechtigung besitze.

Im hier vorliegenden Fall geht es freilich nicht um die Verantwortung und Haftung von physischen Personen, sondern um die gebotene unmittelbare - autonome - Erbringung der Leistung als Vortragender. Die Erwägungen des Verfassungsgerichtshofes sind daher auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar.

Der OGH kam in seinem Beschluss vom 28. November 2007, 9 ObA 165/07s, - unter Zugrundelegung der in jenem Verfahren getroffenen Feststellungen - zum Ergebnis, dass die Rechtsauffassung der Vorinstanzen, die die persönliche Abhängigkeit der dortigen Klägerin und damit das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses verneinten, keineswegs unvertretbar sei. Mit der Frage, ob ein Lehrauftrag einer Fachhochschule auch an eine Personengesellschaft erteilt werden könne, hat sich der OGH nicht befasst.

Das Erkenntnis vom 27. Februar 2008, Zl. 2004/13/0118, betrifft die Zurechnung von Umsätzen nach dem UStG 1994, welche aber - zumindest zum Teil - anderen Kriterien als jene der Zurechnung von Einkünften folgt (vgl. Ruppe/Achatz, UStG4, § 1 Tz 258, zu "höchstpersönlichen Leistungen" aaO Tz 261).

6. Wenn die Beschwerde darauf verweist, dass Freiberuflergesellschaften, bei denen es durchwegs um deutlich höhere Qualifikationen und sensiblere Leistungen als bei Lehrenden gehe, gesetzlich zugelassen sind, so ist zunächst zu bemerken, dass insoweit kein gesetzliches Gebot einer autonomen Leistungserbringung (wie bei einer Fachhochschule) besteht. Im Übrigen enthält aber etwa gerade die in der Beschwerde angesprochene Rechtsanwaltsordnung detaillierte Anforderungen, die bei Gesellschaften zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft jederzeit erfüllt sein müssen (§ 21c RAO). Ähnliche organisatorische Vorkehrungen bestehen im allgemeinen Gesellschaftsrecht aber nicht, sodass dort eine autonome Leistungserbringung im Wege einer juristischen Person oder einer Personengesellschaft nicht sichergestellt ist.

7. Der Zweitbeschwerdeführer hat Lehrveranstaltungen durchgeführt, die Bestandteil von Fachhochschul-Studiengängen sind. Mit dem bereits zitierten Erkenntnis vom 25. April 2007, Zl. 2005/08/0137, hat der Verwaltungsgerichtshof in einem (insoweit) im Wesentlichen gleichgelagerten Fall das Vorliegen einer Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit und damit den Eintritt der Pflichtversicherung (Vollversicherung) gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 erster Satz ASVG sowie der Arbeitslosenversicherung gemäß § 1 Abs. 1 lit. a AlVG bejaht und sich dabei u.a. auf die gesetzlichen Vorschriften über die Lehrtätigkeit an Fachhochschulen des FHStG gestützt. Aus den in jenem Erkenntnis angeführten Gründen, auf welche gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, ist auch im hier vorliegenden Fall von einer unselbständigen Beschäftigung als Dienstnehmer auszugehen, was in der Beschwerde auch nicht bestritten wird.

8. Vor dem Hintergrund der dargelegten Rechtslage sind die in der Beschwerde geltend gemachten Verfahrensmängel nicht relevant.

9. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 28. März 2012

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