OGH 9ObA165/07s

OGH9ObA165/07s28.11.2007

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling und Dr. Hradil sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler und Mag. Michael Zawodsky als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Dr. Karin *****, vertreten durch Dr. Andreas Mirecki, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei F*****, vertreten durch Mag. Martin Reihs, Rechtsanwalt in Wien, wegen 4.631,47 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23. August 2007, GZ 7 Ra 74/07i-32, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin versucht, aus verschiedenen Bestimmungen des Fachhochschul-Studiengesetzes (FHStG) abzuleiten, dass der beklagte Verein rechtlich gar nicht in der Lage sei, freie Dienstverträge mit Lektoren abzuschließen. Für diese Annahme fehlt es jedoch an jeglicher rechtfertigender Grundlage. Die dazu angeführten Bestimmungen über Aufgaben und Ziele von Fachhochschulen sowie über die gebotene Qualitätssicherung haben mit der Frage nach der rechtlichen Fähigkeit der Beklagten, Verträge einer bestimmten Art abzuschließen, überhaupt nichts zu tun. Weshalb die rechtlichen Möglichkeiten der Beklagten insoweit beschränkt sein sollen, ist in keiner Weise erkennbar. Nichts anderes gilt für den Umstand, dass dem Leiter des Fachhochschulkollegiums nach § 16 Abs 4 FHStG die Erteilung von Anweisungen zu Art und Umfang der Ausübung der Lehrverpflichtung obliegt, soweit dies zur ordnungsgemäßen Aufrechterhaltung des Studienbetriebs nach Maßgabe der Studienpläne erforderlich ist. Dieser Hinweis ist im Übrigen schon deshalb verfehlt, weil - wie schon die zweite Instanz richtig ausgeführt hat - die Möglichkeit der Erteilung sachlicher Weisungen, die der Abgrenzung des Leistungsgegenstandes dienen, mit freien Dienstverträgen keineswegs unvereinbar ist (8 ObA 45/03f ua). Anders wäre die Möglichkeit zu beurteilen, dem Dienstnehmer persönliche Weisungen zu erteilen, die seine Gestaltungsfreiheit bei der Erbringung der Dienstleistung weitgehend ausschalten. Eine derartige Weisungsbefugnis der Beklagten ist aber der zitierten Bestimmung nicht zu entnehmen und hier auch nicht vereinbart worden. Die Rechtsauffassung der Vorinstanzen, dass die Gerichte bei der rechtlichen Qualifizierung des Vertragsverhältnisses an die sozialversicherungs- oder steuerrechtliche Beurteilung durch die dazu berufenen Behörden nicht gebunden sind, entspricht der völlig herrschenden Rechtsprechung (9 ObA 73/05h uva). Die von der Revisionswerberin zitierte Entscheidung des VwGH betrifft zwar einen an einer Fachhochschule tätigen Lehrbeauftragten, aber nicht den Fall der Klägerin. Zudem sind die der zitierten Entscheidung zugrunde liegenden Tatsachenannahmen mit den hier getroffenen Feststellungen - etwa hinsichtlich der Möglichkeit der Vertretung bei der Leistungserbringung - keineswegs ident.

Dass die im Vertrag vereinbarte Befugnis der Klägerin, sich vertreten zu lassen, als „Scheingeschäft" zu werten sei, weil eine solche Vereinbarung mit den objektiven Anforderungen der Unternehmensorganisation der Beklagten und deren vertretungsfeindlicher Struktur nicht in Einklang zu bringen sei, steht im Widerspruch zum festgestellten Sachverhalt: Zwar wurde festgestellt, dass die Klägerin von ihrem Vertretungsrecht nicht Gebrauch gemacht hat. Ebenso steht aber fest, dass sich - was die Klägerin wusste - andere vergleichbare Lektoren des Beklagten sehr wohl vertreten ließen, ohne vorher das Einverständnis des Beklagten einzuholen. Die Qualität der Vertreter unterlag keiner laufenden Kontrolle, sondern wurde nur im Falle von Beschwerden in Nachhinein überprüft.

Zu Recht haben die Vorinstanzen überdies hervorgehoben, dass die Kurszeiten unter Berücksichtigung der Präferenzen der Lektoren festgelegt und nachträglich von diesen geändert werden konnten. Auch der Kursort konnte vom Lektor - auch außerhalb der Räume des Beklagten - bestimmt werden; dass die Klägerin, die gerne mit der Infrastruktur des Beklagten arbeitete, auch diese Möglichkeit nicht nützte, ändert daran nichts, zumal andere Lektoren sehr wohl davon Gebrauch machten. Dass der Klägerin die Kursthemen (ohnedies nur zum Teil) und die einzusetzenden Lernbehelfe vorgegeben wurden, betrifft die Abgrenzung des Vertragsgegenstandes und macht angesichts der übrigen hervorgehobenen Umstände die Rechtsauffassung der Vorinstanzen, die die persönliche Abhängigkeit der Klägerin und damit das Vorliegen eines Arbeitsverhältnisses verneinten, keineswegs unvertretbar.

Stichworte