OLG Linz 12Rs123/24f

OLG Linz12Rs123/24f28.1.2025

Das Oberlandesgericht Linz hat als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Dr. Barbara Jäger als Vorsitzende, Mag. Nikolaus Steininger, LL.M. und Dr. Dieter Weiß als weitere Richter sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Christian Stollmayer (Kreis der Arbeitgeber) und Martin Niederhammer (Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A*,geboren am **, Polizeibeamter, **, **straße **, vertreten durch die Anwaltssocietät Sattlegger Dorninger Steiner & Partner OG in Linz, gegen die beklagte Partei Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau, **, ** Straße **,vertreten durch deren Angestellten Mag. B*, wegen Versehrtenrente, infolge Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Arbeits- und Sozialgericht vom 7. Oktober 2024, Cgs*-9, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OLG0459:2025:0120RS00123.24F.0128.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten des Berufungsverfahrens selbst zu tragen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

 

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist Polizeibeamter und bei der Landespolizeidirektion C* in der Landesverkehrsabteilung eingesetzt. Im November 2020 erkrankte er schwer an Covid-19 und musste über mehrere Wochen im Krankenhaus intensivmedizinisch und stationär versorgt werden. Daran anschließend war ein Rehabilitationsaufenthalt notwendig. Bis einschließlich 9. Mai 2021 befand sich der Kläger im Krankenstand. Er leidet heute noch an den Folgen der Erkrankung.

Mit Bescheid vom 30. April 2024 lehnte die Beklagte die Anerkennung der Covid-Erkrankung des Klägers zum einen als Dienstunfall unter Hinweis auf die Judikatur des Obersten Gerichtshofes, zum anderen aber auch als Berufskrankheit ab, weil der Kläger nicht in einem geschützten Unternehmen tätig gewesen sei.

Dagegen richtet sich die rechtzeitige Klage mit dem Begehren auf „Feststellung, dass es sich bei der Erkrankung des Klägers um eine Berufskrankheit handle, und Gewährung einer Versicherungsleistung, insbesondere einer Versehrtenrente im gesetzlichen Ausmaß“ (mit Blick auf § 82 Abs 5 ASGG gemeint wohl auf Gewährung einer Versehrtenrente). Zusammengefasst brachte der Kläger vor, dass er sich während der Diensterbringung im November 2020 mit Covid-19 infiziert habe. Im Zeitraum 1. bis 10. November 2020 habe er vier Streifen- und einen Kanzleidienst in der Dauer von jeweils zwölf Stunden mit einem teilweise bereits erkrankten Kollegen verrichtet sowie einen 24-Stunden-Dienst in der Landesleitzentrale mit mehreren Kollegen auf engstem Raum. Aufgrund des Infektionsgeschehens an den Arbeitsplätzen/Arbeitsorten des Klägers im zu beurteilenden Zeitpunkt sei eine Schutzwürdigkeit der Tätigkeit des Klägers im gesetzgeberisch beabsichtigten Ausmaß iSd Nr 38 der Anlage 1 zum ASVG gegeben.

Die Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und entgegnete, dass es nicht auf die konkrete Tätigkeit ankomme, die ein Versicherter ausübe, sondern auf die abstrakte und typischerweise gegebene Gefährdung, die in einem Unternehmen herrsche. Dazu würden eben vor allem Krankenhäuser, Pflegeheime, Schulen, Apotheken, Laboratorien usw zählen. Die polizeiliche Tätigkeit, bei welcher man im Regelfall mit nicht infizierten Menschen zu tun habe, würde nicht darunter fallen. Einem grundsätzlichen Infektionsrisiko seien insbesondere während einer Pandemie fast alle erwerbstätigen Personen ausgesetzt.

Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das Klagebegehren schon aus rechtlichen Überlegungen ab. Gemäß § 92 Abs 1 B-KUVG würden als Berufskrankheiten die in der Anlage 1 des ASVG bezeichneten Krankheiten gelten, wenn sie durch Ausübung des die Versicherung begründenden Dienstverhältnisses in einem in Spalte 3 dieser Anlage bezeichneten Unternehmen bzw einer Dienststätte verursacht seien. Es handle sich dabei um Einrichtungen, die ihrer Typizität nach für die dort Beschäftigten ein erhöhtes Risiko der Ansteckung mit Infektionskrankheiten mit sich bringen würden. Es sei daher auch im gegenständlichen Fall nicht auf die konkrete Tätigkeit des Klägers bei seiner Dienstverrichtung als Polizeibeamter abzustellen, sondern auf den Polizeidienst als solches. Zurückliegend habe der Oberste Gerichtshof das Vorliegen einer Berufskrankheit bei einem Zollwachebeamten ebenso wie bei einem Sicherheitswachebeamten mit der Begründung verneint, Angehörige dieser Berufsgruppen hätten es im Regelfall mit gesunden Personen zu tun, der Kontakt mit allenfalls Infizierten beschränke sich auf eine kurze eingegrenzte Zeit. Einem solchen Risiko seien aber alle Erwerbstätigen ausgesetzt, die in intensivem ständigen Kontakt mit anderen Menschen stünden. Mit der selben Begründung habe der Oberste Gerichtshof auch die Subsumierung des Österreichischen Bergrettungsdienstes unter die Generalklausel abgelehnt. Prinzipiell treffe diese Argumentation in gleicher Weise auf den Polizeidienst zu. Eine Vergleichbarkeit des Polizeidienstes mit den bei (nunmehr) Nr 3.1 der Anlage 1 angeführten Unternehmen sei nicht gegeben.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers aus den Berufungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Klagsstattgabe; hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt in ihrer Berufungsbeantwortung, der Berufung keine Folge zu geben.

Die gemäß § 480 Abs 1 ZPO in nichtöffentlicher Sitzung zu behandelnde Berufung ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1 Thema des Verfahrens ist die Qualifikation der beim Kläger aufgetretenen Covid-19-Erkrankung als Berufskrankheit.

1.1 Nach § 92 Abs 1 B-KUVG iVm Nr 38 der Anlage 1 zum ASVG (Nr 3.1 seit 1. März 2024, BGBl I 2024/18) gelten Infektionskrankheiten als Berufskrankheiten, wenn sie durch Ausübung des die Versicherung begründenden Dienstverhältnisses in Krankenhäusern, Heil- und Pflegeanstalten, Entbindungsheimen und sonstigen Anstalten, die Personen zur Kur und Pflege aufnehmen, in öffentlichen Apotheken, in Einrichtungen der Fürsorge, in Schulen, Kindergärten und Säuglingskrippen, im Gesundheitsdienst, in Laboratorien für wissenschaftliche und medizinische Untersuchungen und Versuche, in Justizanstalten und Hafträumen der Verwaltungsbehörden oder in Unternehmen bzw Dienststätten, in denen eine „vergleichbare Gefährdung“ besteht, verursacht wurden.

1.2 Aus dieser Regelung ergibt sich, dass das Gesetz nicht jede Krankheit, die infolge arbeitsbedingter Einwirkungen auftreten kann, als Berufskrankheit anerkennt, sondern in Form einer taxativen Liste festlegt, welche Krankheit unter welchen Voraussetzungen als Berufskrankheit gilt. Die hier relevante Nr 38 der Anlage 1 („Infektionskrankheiten“) stellt pauschalierend auf besondere Unternehmen ab, weil die dort beschäftigten Personen nach durchschnittlicher Betrachtung und im Regelfall in einem ganz besonderen Ausmaß einem Infektionsrisiko ausgesetzt sind, während das bloße Risiko, mit allenfalls Infizierten kurz in Kontakt zu kommen, dem alle Erwerbstätigen ausgesetzt sind, die im intensiven, ständigen Kontakt mit Menschen stehen, nicht hinreicht, um Infektionskrankheiten als Berufskrankheit zu qualifizieren (OGH 10 ObS 114/24y [Rz 13 mwN]). Personen, die zwar mit Infizierten in Kontakt kommen können, aber nicht in einem geschützten Unternehmen beschäftigt sind, sind vom Versicherungsschutz hingegen ausgeschlossen, weil sie in der Regel überwiegend mit Gesunden zu tun haben (OGH 10 ObS 39/23t [Rz 17 mwN]). Die Nr 38 der Anlage 1 zielt somit darauf ab, Personen einen Schutz zu bieten, die wegen ihrer Erwerbstätigkeit in einem der dort bezeichneten Unternehmen in einer besonderen Ansteckungsgefahr schweben. In der Spalte 3 sind daher Einrichtungen genannt, die ihrer Typizität nach für die dort Beschäftigten ein erhöhtes Risiko der Ansteckung mit Infektionskrankheiten mit sich bringen (OGH 10 ObS 39/23t [Rz 14 mwN]). Die besondere Ansteckungsgefahr in den genannten Unternehmen ist kein Tatbestandsmerkmal der Regelung. Das im Vergleich zur allgemein bestehenden Ansteckungsgefahr signifikant höhere Infektionsrisiko ist vielmehr der Grund für die Aufnahme bestimmter Unternehmen in die Spalte 3 der Nr 38 der Anlage 1 (vgl OGH 10 ObS 39/23t [Rz 26]).

1.3 Der Gesetzgeber zielt nicht auf eine Lückenlosigkeit des Systems ab, indem jede irgendwie mit der Berufstätigkeit in Zusammenhang stehende Infektionskrankheit als Berufskrankheit anzuerkennen ist (RIS-Justiz RS0120384). Für manche Berufsgruppen stellt damit eine Krankheit eine Berufskrankheit dar, für andere aber nicht, was der Oberste Gerichtshof für verfassungsrechtlich unbedenklich hält (vgl RIS-Justiz RS0054077).

2 Der Kläger vertritt die Rechtsansicht, dass entgegen der Meinung des Erstgerichts die Polizei „als Ganzes“ von der Generalklausel der Nr 38 bzw nunmehr Nr 3.1 Spalte 3 der Anlage 1 zum ASVG umfasst sei.

2.1 Die „Polizei“ ist kein Unternehmen, das in Spalte 3 ausdrücklich angeführt wird. Eine Qualifikation der Covid-19-Infektion des Klägers als Berufskrankheit würde demnach voraussetzen, dass es sich bei der „Polizei“ um ein Unternehmen handelte, in dem eine „vergleichbare Gefährdung“ besteht. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers erfasst diese Generalklausel etwa den Bereich der Müllentsorgung oder Labore, in denen Blutderivate erzeugt werden (OGH 10 ObS 1/23d [Rz 11 mwN]).

2.2 Maßgeblich für das Vorliegen eines Unternehmens, „in [dem] eine vergleichbare Gefährdung“ iSd Nr 38 Anlage 1 zum ASVG besteht, ist danach die abstrakte – typischerweise – im Unternehmen bestehende Gefährdung, weil Nr 38 Anlage 1 zum ASVG auf Unternehmen mit vergleichbarem Risiko, aber nicht auf Tätigkeiten abstellt, sodass es erforderlich ist, unabhängig von der konkreten Tätigkeit des Versicherten die Gefährdung im Unternehmen zu betrachten (OGH 10 ObS 1/23d [Rz 12 mwN]). Nichts anderes hat für die unterschiedlichen Dienststätten zu gelten (vgl § 92 Abs 1 B-KUVG).

2.3 Der Kläger kommt in seiner Argumentation immer wieder auf die Covid-Pandemie zurück. Er führt ins Treffen, dass während des „harten Lockdowns“ dem Großteil der Bevölkerung jeglicher enge Kontakt zu Menschen außerhalb des eigenen Haushalts untersagt worden sei, während Polizeibeamte unverändert und mit erheblich höherem Infektionsrisiko als die breite Bevölkerung weiterhin Dienst verrichtet hätten. Es sei eine Unterscheidung bei Vorliegen einer Tätigkeit in einem systemrelevanten Unternehmen vorzunehmen.

2.4 Die Covid-Pandemie stellte jedenfalls eine Gemeingefahr dar; es bestand ein großes Ansteckungsrisiko für die Bevölkerung im Allgemeinen und zwar in vielen Lebensbereichen, insbesondere beim Zusammentreffen von Menschen. Bei der Beurteilung einer vergleichbaren Gefährdung kann unter diesem Gesichtspunkt daher nur eine abstrakte – typischerweise – im Unternehmen bestehende Gefährdung (losgelöst von einer Gemeingefahr) ausschlaggebend sein, wäre doch sonst nahezu jedes Unternehmen unter die Generalklausel zu subsumieren.

2.5 Eine solche Pandemie führt auf Basis der geltenden Gesetzeslage auch zu einer Ungleichbehandlung. Erkrankte Personen, die in kritischen Betrieben iSd Berufskrankheit Nr 38 der Anlage 1 zum ASVG tätig sind, können im Falle entsprechend gravierender gesundheitlicher Beeinträchtigungen auch Rentenleistungen aus der Unfallversicherung beanspruchen, während dies dem Großteil der auf andere Weise infizierten Personen trotz eines vergleichbar hohen Infektionsrisikos selbst bei vergleichbar gravierender gesundheitlicher Folgen versagt bleibt, was beim VfGH jedoch auf keine verfassungsrechtlichen Bedenken stößt (vgl Müller, Anmerkung zu OGH 10 ObS 85/23g, DRdA 2024, 552 [557] mwN).

3 Auch unabhängig von der Covid-Pandemie geht der Kläger von einer erhöhten Infektionsgefahr im Polizeidienst aus.

3.1 Die Berufung verweist darauf, dass die überwiegende Mehrheit der österreichischen Polizisten im Außendienst unter regelmäßigem engen Kontakt mit der Bevölkerung Dienst versehe, insbesondere beim Streifen- und Überwachungsdienst, Ermittlungs- und Erkennungsdienst, Verkehrsdienst, bei der Gefahrenabwehr oder der Ausübung der ersten allgemeinen Hilfeleistungspflicht. Die Listenunternehmen Justizanstalten und Hafträume der Verwaltungsbehörden seien am ehesten mit dem Polizeidienst vergleichbar. Dort herrsche die Praxis von strengen Testungen aller Inhaftierten samt weiterer Folgemaßnahmen bei festgestellten Infektionskrankheiten, bevor sich diese überhaupt für eine längere Zeit gemeinsam mit den tätigen Wachbeamten in geschlossenen Räumen aufhalten würden. Somit komme ein Großteil dieser Wachbeamten regelmäßig nicht – jedenfalls nicht über längere Zeit und in geschlossenen Räumen – mit allfällig Infizierten in Kontakt. Demgegenüber sei ein Polizist stets mit Personen von ungewissem Gesundheitszustand in Bezug auf Infektionskrankheiten in Kontakt.

3.2 Das Berufungsgericht verkennt nicht den umfangreichen Aufgabenbereich und die Einsatzbereitschaft der Exekutivbediensteten im Polizeidienst. Dass dieser unweigerlich auch mit (teilweise engem) Personenkontakt in Verbindung steht, ist allgemein bekannt. Wie aber bereits unter Pkt 2 dargelegt, reicht das Risiko, mit allenfalls Infizierten in Kontakt zu kommen, dem alle Erwerbstätigen ausgesetzt sind, die im intensiven, ständigen Kontakt mit Menschen stehen, nicht aus, um Infektionskrankheiten als Berufskrankheit zu qualifizieren (vgl OGH 10 ObS 114/24y [Rz 13 mwN]). So stellte der Oberste Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung 10 ObS 175/88 klar, dass Sicherheitswachebeamte im Regelfall mit gesunden Personen zu tun haben; ebenso Zollwachebeamte (OGH 10 ObS 159/88).

3.3 Der Kläger ist zudem der Ansicht, dass das Infektionsrisko in der Landesleitzentrale mit jenen an Schulen und Kindergärten verglichen werden könne. Zutreffend ist zwar, dass der OGH in seiner Entscheidung 10 ObS 149/22t ausführte, dass das besondere Infektionsrisiko an Schulen aus dem Zusammenkommen einer Vielzahl von Personen an einem Ort mit einem länger dauernden Aufenthalt in Innenräumen resultiert; dies allerdings zum Zweck des Unterrichts ([Rz 47]), was die Berufung negiert. Sie übergeht auch, dass der Gesetzgeber bei in Schulen Beschäftigten von einer erhöhten Infektionsgefahr ausgeht, da die Gefahr der Ansteckung mit Kinderkrankheiten, aber auch mit Tuberkulose und Darminfektionen besonders groß ist (vgl (ErläutRV 1059 BlgNR 11. GP  29). Eine vergleichbares Risiko besteht aber in einer Landesleitzentrale nicht und kann der dortige Betrieb nicht annähernd mit jenem in einer Schule bzw Kindergarten verglichen werden. Lediglich auf das „Zusammenkommen einer Vielzahl an Personen an einem Ort mit gleichzeitig länger dauerndem Aufenthalt in Innenräumen“ abzustellen, ist jedenfalls zu kurz gegriffen, müssten doch sonst auch andere Typen von Unternehmen, in denen ähnliche Verhältnisse vorliegen (zB Großraumbüros, Werkstätten, Produktionsbetriebe, ...) ebenfalls erfasst sein. Der Kläger beschränkte sich zudem auf das Vorbringen, dass in Gruppen auf engstem Raum gearbeitet worden sei, ohne die Gruppengröße bzw die räumliche Situation zu konkretisieren, sodass ein Vergleich unmöglich ist.

3.4 Mit März 2024 trat das Berufskrankheiten-Modernisierungsgesetz (BGBl I 2024/18) in Kraft. Dieses brachte eine veränderte Systematik der Berufskrankheitenliste in Anlage 1 zum ASVG, aber keine Änderung betreffend die Infektionskrankheiten als Berufskrankheit. Die Aufzählung der einschlägigen Unternehmen, in denen Infektionskrankheiten als Berufskrankheiten anerkannt werden können, samt der Öffnungsklausel „Unternehmen, in denen eine vergleichbare Gefährdung besteht“, blieben unverändert. Der Gesetzgeber hat sich also zu keiner Erweiterung der Anerkennung von Covid-19 als Berufskrankheit veranlasst gesehen (Müller, Anmerkung zu OGH 10 ObS 85/23g, DRdA 2024, 552 [557]). Dies spricht ebenfalls gegen die Rechtsansicht des Klägers.

4 Es fehlt daher im vorliegenden Fall an einem „Unternehmen, in [dem] eine vergleichbare Gefährdung besteht“ iSd Nr 38 Anlage 1 zum ASVG, sodass die Qualifikation der Covid-19-Erkrankung des Klägers als Berufskrankheit schon aus diesem Grund ausscheidet. Weitere Feststellungen zur Infizierung des Klägers mit Covid-19 und deren Auswirkungen sind damit nicht von rechtlicher Relevanz. Aus diesem Grund war es für das Erstgericht auch nicht notwendig, die beantragten medizinischen Sachverständigengutachten einzuholen und sich näher mit den vorgelegten Urkunden auseinanderzusetzen, betreffen diese doch nicht die maßgebliche Frage, ob von einem Unternehmen mit vergleichbarer Gefährdung iSd Nr 38 Anlage 1 zum ASVG auszugehen ist.

5 Wenn der Kläger dem Erstgericht in seiner Mängelrüge fehlende Feststellungen zur Last legt, so macht er damit in Wahrheit dem Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung zuzurechnende sekundäre Feststellungsmängel geltend. Solche liegen aber nicht vor, war doch bereits auf Basis des Vorbringens des Klägers die Klage abzuweisen.

6 Der Berufung musste somit ein Erfolg versagt bleiben.

7 Die Kostenentscheidung gründet auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Umstände für einen Kostenersatz nach Billigkeit trotz vollständigen Unterliegens wurden vom Kläger weder dargelegt noch ergeben sich diese aus der Aktenlage.

8 Die ordentliche Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO ist nicht zulässig, da zur Lösung der hier anstehenden Rechtsfrage bereits auf oberstgerichtliche Rechtsprechung zurückgegriffen werden konnte.

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