European Case Law Identifier: ECLI:AT:OLG0639:2025:0100BS00035.25K.0312.001
Rechtsgebiet: Strafrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Auf die Berufung wegen Nichtigkeit wird keine Rücksicht genommen.
Der weiteren Berufung wird dahin Folge gegeben, dass über A* in Anwendung des § 37 Abs 1 StGB die Geldstrafe von 300 Tagessätzen zu je EUR 4,00, im Uneinbringlichkeitsfall 150 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt wird.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
EntscheidungsGRÜNDE:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch ein Adhäsionserkenntnis von EUR 6.000,00 zu Gunsten der B* GmbH und einen Verfallsausspruch nach § 20 Abs 3 StGB von EUR 6.000,00 enthält, wurde der am ** in ** geborene, rumänische Staatsangehörige, A* des Vergehens des schweren Betrugs nach den §§ 146, 147 Abs 2 StGB schuldig erkannt und hiefür nach dem § 147 Abs 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe im Ausmaß von acht (8) Monaten verurteilt, wobei die Strafe gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Zudem wurde der Angeklagte gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Kostenersatz verpflichtet.
Dem Schuldspruch zu Folge hat A* am 24. Jänner 2024 in ** mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich unrechtmäßig zu bereichern, Verantwortliche des Finanzamtes Österreich durch die konkludente Vorgabe, der seitens der B* GmbH irrtümlich auf das Abgabenkonto des Angeklagten überwiesene Betrag in Höhe von EUR 12.000,00 stehe ihm zu, mithin durch Täuschung über Tatsachen zur Überweisung des genannten Betrages auf sein Privatkonto mit dem IBAN: **, mithin zu einer Handlung verleitet, die die B* GmbH in einem EUR 5.000,00 übersteigenden Betrag am Vermögen schädigte.
Gegen dieses Urteil richtet sich die rechtzeitig angemeldete, als „Anschpruch“ bezeichnete (ON 12,1), in der Folge jedoch nicht ausgeführte Berufung des anwaltlich nicht vertretenen Angeklagten, mit welcher er unmissverständlich einen umfassenden Anfechtungswillen zum Ausdruck brachte (vgl RIS-Justiz RS0100007, RS0099951; OGH 14 Os 119/17g)
Auf die vom Erstgericht getroffenen Konstatierungen, dessen Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Urteilsseiten 2 bis 5 verwiesen (RIS-Justiz RS0124017 [T3]).
Der Berufungswerber hat weder bei der Anmeldung der Berufung noch in einer Berufungsschrift ausdrücklich erklärt, welche Nichtigkeitsgründe er geltend machen wolle, weswegen auf seine Berufung wegen Nichtigkeit keine Rücksicht zu nehmen ist (§ 467 Abs 2 iVm § 489 Abs 1 StPO).
Rechtliche Beurteilung
Von Amts wegen wahrzunehmende materielle Nichtigkeitsgründe haften dem Urteil nicht an.
Lediglich der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) eine Täuschung gegenüber „Verantwortliche[n] des Finanzamtes Österreich“, mithin natürlichen Personen, festgestellt wird, weshalb an dem Willen des Erstgerichts zur Feststellung (entscheidender Tatsachen, nämlich) der Täuschung einer natürlichen Person, keine Bedenken bestehen.
Die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld hat keinen Erfolg.
Gegen die auf einer lebensnahen Beweiswürdigung beruhenden Feststellungen zur objektiven und subjektiven Tatseite bestehen keine Bedenken (vgl. §§ 489 Abs 1 iVm 473 Abs 2 StPO; vgl zum Prüfungsumfang des Berufungsgerichtes RIS-Justiz RS0132299). Das Erstgericht hat alle relevanten und greifbaren Beweismittel vollständig ausgeschöpft und eine an allgemeinen Erfahrungssätzen und den Denkgesetzen der Logik orientierte ausführliche Beweiswürdigung (US 2 bis 5) vorgenommen. Dem Gebot gedrängter Darstellung (RIS-Justiz RS0106642) folgend hat es schlüssig und gut nachvollziehbar gemessen am – einverständlich gemäß § 252 Abs 1 Z 4 StPO verlesenen (ON 14,9) – Akteninhalt dargelegt, aus welchen Gründen es die Tatsachenfeststellungen getroffen hat. Die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen und damit verbunden die Ablehnung der leugnenden Verantwortung des Angeklagten als Schutzbehauptung (ON 14,2ff) – der (zusammengefasst) eine (aktive) Antragstellung beim Finanzamt negierte, die Entgegennahme des überwiesenen Betrages jedoch zugestand, dies aber mit einer erwarteten Auszahlung der Familienbeihilfe durch das Finanzamt und damit einhergehend (im Ergebnis) mit einem Ausschluss einer ungerechtfertigten Bereicherung rechtfertigte – sind gestützt auf die Zeugenaussagen (C* [ON 6.3; ON 14,4ff] und D* [ON 4.6; ON 14.4,8]) sowie den von der Kriminalpolizei (ON 6.1) beigeschafften und der Anzeige (ON 2.2) beigelegten Unterlagen (ON 2.3 bis ON 2.6 sowie ON 6.4) unbedenklich und gut nachvollziehbar.
Wenngleich die Angaben des Angeklagten, wonach er erst im August/September 2022 nach Österreich gekommen sei, er hier einen Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe (siehe auch ON 14,6) gestellt habe und er bei der Überweisung im Jänner 2024 davon ausgegangen sei, dass es sich um eine Nachzahlung der Familienbeihilfe gehandelt habe (ON 14,3 und ON 14,5), die in weiterer Folge in zwei Tranchen auch tatsächlich ausbezahlt (EUR 10.498,00 [ON 14,5]) wurde, a prima vista nicht gänzlich unplausibel erscheinen, zeigt sich doch bei einer differenzierteren Betrachtung, dass der vom Erstgericht vorgenommenen Beweiswürdigung intersubjektiv betrachtet keine Bedenken gegenüberstehen. Ungeachtet des Umstands, dass die ausständige Familienbeihilfe im Jänner 2024, bei einem nunmehr monatlich ausgezahlten Betrag von EUR 340,00 (ON 14,3), bei einer Hochrechnung nicht einmal ansatzweise dem überwiesenen Betrag entsprach und die Behauptung des Angeklagten, er habe über diesen Umstand nicht nachgedacht und ihm sei die konkrete Höhe der Familienbeihilfe nicht geläufig gewesen (ON 14,3 und ON 14,4), nicht lebensnahe erscheint, zumal aus dem Akteninhalt eine mehr als laienhafte Auseinandersetzung mit diesem Thema durch den Angeklagten indiziert ist, überzeugt die Verantwortung des Angeklagten konform dem Erstgericht auch aus anderen Gesichtspunkten nicht. Maßgebend dafür ist der Umstand, dass der Angeklagte die Antragstellung bei der Finanzbehörde über seinen persönlichen Finanz-Online-Zugang, mit teils absurden Erklärungsversuchen (die auch in der Berufungsverhandlung prolongiert wurden), konsequent in Abrede stellte (ON 14,3) und lediglich anführte, er sei davon ausgegangen, dass es sich bei der durchgeführten Überweisung auf sein Gehaltskonto um die Rückzahlung der ausständigen Familienbeihilfe gehandelt habe. Diese Einlassung ist jedoch, basierend auf den unbedenklichen Angaben der Zeugin C* (ON 14,4ff) und des Zeugen D* (ON 4.6; ON 14.4,8) sowie den Angaben des Angeklagten selbst, wonach er seine Zugangsdaten nie weitergegeben habe (ON 14,3), als Schutzbehauptung zu werten. Zwischen der Auszahlung des Geldes und der Antragstellung (§ 86 iVm § 239 BAO) bei der Finanzbehörde besteht nämlich ein Ursachenzusammenhang. Wäre die Antragstellung nicht erfolgt, hätte es keine Auszahlung auf das Girokonto des Angeklagten gegeben. Da der Angeklagte selbst einräumt (ON 14,5), er habe an sich gewusst, dass die Familienbeihilfe auf sein Girokonto überwiesen werde, bestehen vor dem Hintergrund der unbedenklich festgestellten dreimaligen persönlichen Antragstellung durch den Angeklagten (siehe auch ON 6.4,5) auf Auszahlung des am Abgabenkonto befindlichen Guthabens keine Bedenken an den getroffenen Feststellungen (US 2) zur Täuschungshandlung und dem Täuschungs-, Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz in einem EUR 5.000,00 übersteigenden Betrag. Ausgehend von dem Wissensstand des Angeklagten, wonach die Familienbeihilfe (automatisch) auf das Girokonto überwiesen werde, hätte es nämlich angesichts der neutral gehaltenen Buchungsmitteilung mit dem Vermerk „Gutschrift-Zahlung“ (ON 14,6) keine Veranlassung zur Antragstellung über seinen Finanz-Online-Zugang gegeben, weswegen die Beweiswürdigung des Erstgerichtes, wonach der Angeklagte von Anfang an wusste, dass ihm dieses Geld nicht zustehe und er dies auch zu keinem Zeitpunkt zurückzahlen wollte, überzeugend ist. Der Umstand, dass sich der Angeklagte im April 2024 erneut an die Finanzbehörde wandte, um die monatlich ausbleibende Familienbeihilfe (ON 14,6) zu monieren, indiziert nicht, dass er bei der Auszahlung im Jänner 2024 davon ausging, dass es sich dabei um eine ihm zustehende Nachzahlung handelte. Vielmehr ist es auf Grund der Überweisung im Jänner 2024 lebensnahe, dass der Angeklagte im April 2024 genau wusste, dass die Auszahlung der Familienbeihilfe eigentlich noch ausstehe und er sich deshalb an die Finanzbehörde wandte. Aus der erfolgten Lohnpfändung (ON 6.4), der sofortigen Begleichung von Schulden (ON 14,3) sowie der nun vorliegenden Unmöglichkeit der Rückzahlung des empfangenen Geldes (ON 14,9) ist den Denkgesetzen der Logik entsprechenden auf einen (damals) vorliegenden Liquidationsengpass und ein dadurch ausgelöstes Tatmotiv zu schließen. Überzeugend hat das Erstgericht auch das Nachtatverhalten des Angeklagten in seine Überlegungen miteinbezogen. Bereits im März 2024 (ON 14,8) wurde der Angeklagte von seinem Arbeitgeber und nachfolgend von der Finanzbehörde (ON 14,7) und sogar von der Arbeiterkammer (ON 14,7) aufgefordert das empfangene Geld zurückzuzahlen, was der Angeklagte, selbst nachdem er die ausständige Familienbeihilfe erhielt, mit teils nicht nachvollziehbaren Ausreden negierte, weswegen daraus ein von Anfang an bestehender Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz deduziert werden kann.
Lediglich der Vollständigkeit halber ist anzuführen, dass die im Zeitpunkt der Tathandlung ausstehende Familienbeihilfe, mithin eine Forderung gegenüber der Finanzbehörde, einen Tatvorsatz nicht auszuschließen vermag. Zum einen ist die B* GmbH als Geschädigte zu betrachten, zumal nur Getäuschter und Verfügender identisch sein müssen und Geschädigter auch ein Dritter sein kann (L/St/Flora, StGB4 § 146 Rz 38). Gegen die B* GmbH bestand jedoch zum Zeitpunkt der Tathandlung keine fällige Gegenforderung (hier: zurückbehaltener Lohn). Zum anderen wurde ein Aufrechnungswille auch gar nicht erklärt (RIS-Justiz RS0094353).
Die Feststellungen zur subjektiven Tatseite und deren nachvollziehbare Ableitung aus der angespannten Vermögenslage sowie dem objektiven Geschehensablauf, aus welchem ohne Weiteres Rückschlüsse auf das Wissen und Wollen des Angeklagten gezogen werden können (RIS-Justiz RS0098671; RS0116882), sind methodisch unbedenklich und nicht zu kritisieren.
Eine diversionelle Erledigung kam im gegenständlichen Fall nicht in Betracht. Zwar indiziert üblicherweise die hier letztlich vorliegende Bereitschaft zur Schadensgutmachung (ON 14,9) bzw zum Tatfolgenausgleich eine gewisse Verantwortungsübernahme (Schroll/Kert, WK StPO § 198 Rz 36/2 mwN) und es ist dem Angeklagten auch zuzugestehen, dass ein Schuldeinbekenntnis hinsichtlich aller das Unrecht der vorgeworfenen Tat betreffenden Begleitumstände nicht erforderlich ist (Schroll/Kert, aaO Rz 36/3). Allerdings muss der Angeklagte die ihm angelastete Tat dem Grunde nach als Fehlverhalten einbekennen (Schroll/Kert, aaO Rz 36/3 mwN). Fehlt eine solche Einsicht, so gebietet dieses Verhalten in der Regel einen Schuldspruch und eine Straffestsetzung. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen und nach einer wertenden Gesamtbetrachtung der Verantwortung des Angeklagten, der selbst nach Belehrung über die Möglichkeit eines diversionellen Vorgehens (ON 14,5) keine Verantwortung übernahm und bis zuletzt (lächelnd [ON 14,9]) meinte, es sei sein Geld, stehen einer diversionellen Erledigung daher deutliche spezialpräventive Bedenken entgegen.
Strafnormierend ist § 147 Abs 1 StGB mit einem Strafrahmen von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe.
Der vom Erstgericht angenommene Erschwerungsgrund des § 33 Abs 1 Z 2 StGB hat zu entfallen, weil – wie von der Oberstaatsanwaltschaft zutreffend ausgeführt – die aus der ECRIS-Auskunft (ON 10,4) ersichtliche Verurteilung des Angeklagten wegen Diebstahls zu einer Freiheitsstrafe (Gesamtstrafe) von einem Jahr und acht Monaten - eine bedingte Strafnachsicht ist in der ECRIS-Auskunft nicht ausgewiesen, wobei der Angeklagte in der Berufungsverhandlung angab, nur „kurz“ in Haft gewesen zu sein - durch das Judecătoria Baia Mare am 25. Oktober 2006 (rechtskräftig: 9. November 2006) bereits getilgt ist. Gemäß § 7 Abs 1 TilgG stehen ausländische Verurteilungen jedoch tilgungsrechtlich inländischen Verurteilungen gleich, sodass fallbezogen die (maximale) Tilgungsfrist gemäß § 3 Z 3 TilgG zehn Jahre beträgt. Die Tilgungsfrist ausländischer Verurteilungen beginnt mit dem Tag, der sich ergibt, wenn man dem Tag ihrer Rechtskraft die Dauer der mit ihr ausgesprochenen Freiheits- oder Ersatzfreiheitsstrafe oder der Summe dieser Strafen hinzurechnet (§ 7 Abs 2 TilgG). Demnach begann die Tilgungsfrist am 9. Juli 2008 und war mit 9. Juli 2018 abgelaufen. Dem Angeklagten kommt daher der Milderungsgrund des § 34 Abs 1 Z 2 StGB zugute. Die vom Angeklagten erklärte Bereitschaft zur Schadensgutmachung reicht zur Verwirklichung des Milderungsgrunds des § 34 Abs 1 Z 15 StGB allerdings nicht aus (RIS-Justiz RS0091325). Sehr wohl war aber die teilweise Schadensgutmachung durch Zurückbehalten von zwei Monatsgehältern des Angeklagten durch die B* GmbH als mildernd zu werten.
Die zweifache Überschreiten der Wertgrenze des § 147 Abs 2 StGB war zwar nicht als besonderer Erschwerungsgrund, jedoch im Rahmen des § 32 Abs 3 StGB aggravierend zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0091126; Riffel, WK2 StGB § 32 Rz 77).
Ausgehend von den dargestellten Strafzumessungsgründen (§ 32 Abs 2 erster Satz StGB) erweist sich auf Grundlage der Schuld des Angeklagten (§ 32 Abs 1 StGB) und mit dessen in der Berufungsverhandlung erteilten Zustimmung nach § 295 Abs 2 zweiter Satz StPO als Ergebnis originärer Strafbemessung nach § 37 Abs 1 StGB (RIS-Justiz RS0120194, RS0091264 [T 1]) die Verhängung der (unbedingten) Geldstrafe von 300 Tagessätzen als tat- und schuldangemessen. Sie erscheint aus spezialpräventiver Hinsicht hinreichend aber auch notwendig, um den unbescholtenen Angeklagten von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Die Höhe des einzelnen Tagessatzes ist mit Blick auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Angeklagten - der aktuell Arbeitslosenunterstützung von monatlich rund EUR 1.250,00 bezieht und seine im gemeinsamen Haushalt mit ihm und seiner Ehefrau (die geringfügig beschäftigt ist) lebenden beiden Kinder betreut - mit EUR 4,00 festzusetzen. Die für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von 150 Tagen ergibt sich aus § 19 Abs 3 StGB.
Die (im Zweifel erhobene [vgl Mayerhofer, StPO5 § 467 E 5a]) Berufung wegen des Ausspruchs über die privatrechtlichen Ansprüche bleibt erfolglos, weil der zugesprochene Betrag (zur rechtzeitigen Bezifferung im Sinne § 67 Abs 3 StPO; vgl ON 2.2.,5) an die Privatbeteiligte B* GmbH im Schuldspruch und den unbedenklichen Feststellungen des Erstgerichts Deckung findet (US 2f).
Der (nicht ausgeführten) Berufung des Angeklagten wegen des Ausspruchs über den Verfall kommt ebenfalls keine Berechtigung zu.
Der Verfall nach § 20 Abs 1 StGB, der keine Strafe, sondern eine Maßnahme eigener Art ist und keine Schuld voraussetzt (vgl EBRV 918 BlgNR 24. GP 7), erfordert, dass der Täter für oder durch die Begehung einer mit Strafe bedrohten Handlung Vermögenswerte erlangt hat. Soweit diese Vermögenswerte oder ihre Nutzungen und Ersatzwerte (Abs 2) nicht sichergestellt oder beschlagnahmt sind, hat das Gericht einen Geldbetrag für verfallen zu erklären, der diesen Vermögenswerten entspricht (Abs 3). Während § 20 Abs 1 StGB somit den „Grundtyp des gegenstandsbezogenen Verfalls“ umschreibt, der sich zufolge des Abs 2 leg cit auch auf Nutzungen und Ersatzwerte erstreckt, erfasst der „Wertersatzverfall“ nach Abs 3 leg cit jene Fälle, in denen der Verfall nach § 20 Abs 1 und Abs 2 StGB nicht durchführbar ist (vgl OGH 15 Os 55/15z, 14 Os 147/14w; 11 Os 69/16f). Maßgeblich ist jener Vermögenswert, den der Täter unmittelbar durch oder für die Begehung der Straftat erlangte. Eine Bereicherung des Täters wird nicht vorausgesetzt (RIS-Justiz RS0133116). Unter Vermögenswerten im Sinne des § 20 StGB sind alle wirtschaftlichen Vorteile, die in Zahlen ausgedrückt werden können, zu verstehen (OGH 13 Os 142/14b; 13 Os 143/14z).
Nach den getroffenen Feststellungen (US 5) erlangte der Angeklagte durch die Begehung der der rechtlichen Kategorie des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB subsumierbaren Tat einen Betrag „in Höhe von letztlich zumindest verbleibend EUR 6.000,00 (US 5)“, der nach dem Vorgesagten dem Verfall nach § 20 Abs 3 StGB unterliegt.
Die Kostenentscheidung gründet auf § 390a Abs 1 StPO.
Oberlandesgericht Graz, Abteilung 10
Graz, am 12. März 2025
Dr. Christoph Sutter, Senatspräsident
Elektronische Ausfertigunggemäß § 79 GOG
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