Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das Berufungsurteil wird dahin abgeändert, dass das Ersturteil zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung aufgehoben wird.
Die Kostenentscheidung ist der Endentscheidung vorbehalten.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war von 20. 10. 2008 bis 13. 5. 2011 bei der Beklagten beschäftigt. Sein Arbeitsvertrag enthielt folgende Überstundenregelung:
„6.5. Geleistete 50%ige Überstunden werden am Ende des Monats zur Hälfte auf ein Zeitguthabenkonto verrechnet. Bei Erreichen von 100 Guthabensstunden werden alle weiteren Überstunden ausbezahlt. Samstagsstunden sind von dieser Regelung ausgenommen. ....“
Zwischen den Streitteilen bestand eine Durchrechnungsvereinbarung, nach der jeweils jene Überstunden, die die 100‑Stunden‑Marke überschritten, am Ende des jeweiligen Monats ausbezahlt und bis zu maximal 100 geleistete Überstunden jeweils während des Durchrechnungszeitraums in den nächsten Monat mitgenommen werden sollten. Der Durchrechnungszeitraum betrug jeweils ein Kalenderjahr. Das Arbeitsverhältnis endete durch Arbeitnehmerkündigung.
Über das Vermögen der Beklagten wurde mit Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 7. 12. 2010, AZ 19 S 121/10g, das Sanierungsverfahren eröffnet und ein Sanierungsverwalter bestellt. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger ein Überstundenguthaben von 82,25 Überstunden mit 50%igem Zuschlag. Der Kläger konnte dieses Guthaben bis 31. 12. 2010 nicht durch Zeitausgleich abbauen, weil seine Arbeitskraft benötigt wurde.
Mit Forderungsanmeldung vom 13. 12. 2010 meldete er eine Gesamtforderung von 4.299 EUR als Insolvenzforderung an, in der auch die „Überstunden 50 % (1. 11. 2010 ‑ 30. 11. 2010) 82,85 Stunden“ mit einem Betrag von 1.581,67 EUR brutto enthalten waren. Der Insolvenzverwalter erkannte den gesamten Betrag an. Eine Bestreitung durch andere Gläubiger fand nicht statt. Die Gemeinschuldnerin gab keine Erklärung zu dieser Forderung ab.
In der Prüfungs‑ und Sanierungsplantagsatzung vom 21. 2. 2011 wurde ein Sanierungsplan angenommen, nach dem die nunmehr Beklagte zur ratenweisen Zahlung von 30 % der Forderungen, überwacht durch den Sanierungsverwalter als Treuhänder, verpflichtet ist. Der Sanierungsplan wurde mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 20. 4. 2011 bestätigt und zugleich das Sanierungsverfahren aufgehoben. Die Entscheidung erwuchs in Rechtskraft.
Bis zum Schluss der Verhandlung des vorliegenden Verfahrens zahlte der Treuhänder die ersten drei Quoten laut Sanierungsplan an die Gläubiger ‑ an den Kläger insgesamt 139,23 EUR ‑ aus.
Soweit revisionsgegenständlich, begehrte der Kläger mit der am 20. 7. 2011 eingebrachten Klage, die Beklagte zur Zahlung des brutto 1.581,67 EUR entsprechenden Nettobetrags an Entgelt für 82,25 im Jahr 2010 angefallene Überstunden inklusive 50%igem Zuschlag abzüglich der drei Quoten von 139,23 EUR zu verpflichten. Diese Überstunden sind mit den in der Forderungsanmeldung enthaltenen 82,25 Überstunden ident.
Er bringt dazu vor, der für die Anmeldung der Klagsforderung im Sanierungsverfahren zuständige Referent der Arbeiterkammer sei zunächst davon ausgegangen, dass es sich dabei um zum Zeitpunkt der Eröffnung des Sanierungsverfahrens fällige Überstundenentgelte gehandelt habe, er habe sie dementsprechend nicht als Zeitausgleich, sondern als Überstunden im Konkursverfahren angemeldet. Der Masseverwalter habe dies ohne nähere Prüfung anerkannt. Im Zuge der von Amts wegen durchzuführenden Prüfung der I***** GmbH sei festgestellt worden, dass es sich um keine zum Zeitpunkt der Eröffnung des Sanierungsverfahrens fällige Überstundenentgelte, sondern um Zeitausgleichsguthaben, die erst zu einem späteren Zeitpunkt in natura hätten abgebaut werden sollen, handle. Ein Zeitguthaben wandle sich erst dann, wenn es nicht mehr konsumiert werden könne, in einen Entgeltanspruch um, so bei Beendigung eines Dienstverhältnisses oder unter den Voraussetzungen der §§ 19 ff AZG. Die Forderungen seien daher nicht als Konkursforderungen zu qualifizieren, noch sei der Rechtsweg unzulässig. Es handle sich um voll von der Beklagten zu befriedigende Masseforderungen. Der Insolvenzfonds habe dementsprechend die Zuerkennung dieser als Überstundenentgelte angemeldeten Forderungen nicht anerkannt. Die Arbeiterkammer habe der Beklagten mitgeteilt, dass die Forderungsanmeldung in diesem Umfang zu Unrecht erfolgt sei. Dem Insolvenzgericht sei die Einschränkung der angemeldeten Forderung um die streitgegenständlichen Überstunden mitgeteilt worden. Die in Unkenntnis dieser Umstände vom Treuhänder ausbezahlten Quoten lasse sich der Kläger anrechnen.
Die Beklagte bestritt, beantragte kostenpflichtige Klagsabweisung und erwiderte, dass diese Überstunden bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens geleistet worden seien, die Entgeltforderung also schon vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden und somit als ‑ im Übrigen längst anerkannte ‑ Insolvenz‑ und nicht als Masseforderung zu qualifizieren sei. Die Rechtsqualität jener Forderung habe der Kläger selbst zugestanden, indem er die vom Treuhänder ausgeschütteten Insolvenzquoten bedingungslos angenommen habe. Die Rechtsauffassung der I***** GmbH entfalte keinerlei Bindungswirkung für die Gerichte. Infolge Anmeldung und Anerkennung der Forderung im Insolvenzverfahren sei eine Anspruchsdurchsetzung im Rechtsweg nicht mehr zulässig.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Nach der Judikatur stehe einer Leistungsklage wie der gegenständlichen zwar nicht das Prozesshindernis der entschiedenen Sache entgegen, jedoch entwickle die Anerkennung einer Forderung als Insolvenzforderung im Insolvenzverfahren Bindungswirkung für einen idente Ansprüche beinhaltenden Leistungsprozess, womit die nachträgliche Umqualifizierung einer anerkannten Insolvenzforderung als Masseforderung ausscheide. Auch widerspreche es dem Sinn eines Sanierungsverfahrens, dass ein Gläubiger einerseits aufgrund des rechtskräftig bestätigten Sanierungsplans vorbehaltlos die festgelegten Quoten lukriere, andererseits die zugrunde liegende Forderung vom Schuldner als Masseforderung eintreiben wolle, zumal der Schuldner gemäß § 156 IO durch den rechtskräftig bestätigten Sanierungsplan und dessen Erfüllung von der Verbindlichkeit befreit werde, dem Gläubiger den erlittenen Ausfall nachträglich zu ersetzen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers keine Folge. Die einschlägigen vormaligen Bestimmungen der KO/AO hätten durch die neu geschaffene IO keine relevanten Änderungen erfahren, womit weiterhin die die Forderungsanmeldung und ‑feststellung betreffenden Normen und von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze auch bezüglich des in den §§ 169 ff IO geregelten Sanierungsverfahrens eingreifen würden. Das Berufungsgericht stellte in der Folge die rechtlichen Grundlagen dar und führte zusammengefasst aus, mit der Forderungsfeststellung würden im Insolvenzverfahren in Bezug auf Leistungsklagen nur Vollstreckungs‑ und Bindungswirkungen, aber keine Einmaligkeitswirkung ausgelöst. Die Bindungswirkung trete ab Rechtskraft der Aufhebung des Insolvenz‑(Sanierungs‑)Verfahrens ein. Sie hindere zwar eine spätere Leistungsklage des Gläubigers nicht, wohl aber eine in Bezug auf den Grund und die Höhe der festgestellten Forderung abweichende Entscheidung. Die rechtskraftähnliche Bindungswirkung erstrecke sich auch auf die Qualifikation der festgestellten Forderung als Insolvenzforderung. Sie könne ausschließlich mit Mitteln des Prozessrechts (Wiederaufnahms‑, Nichtigkeitsklage) beseitigt werden. Das Gericht sei daher auch bei Leistungsklagen wie der gegenständlichen an die Feststellungswirkung der Eintragung im Anmeldungsverzeichnis gebunden. Dagegen könne nicht ins Treffen geführt werden, dass der Titel nur zum Schein oder aufgrund eines vom Schuldner verursachten Irrtums geschaffen worden sei. Jener Rechtssatz, wonach die Anmeldung einer Masseforderung durch den Massegläubiger als Insolvenzforderung und deren Feststellung als Insolvenzforderung den Massegläubiger nicht hindere, volle Befriedigung zu verlangen (5 Ob 40/58, 8 Ob 22/94), könne nur so verstanden werden, dass er lediglich bis zur ‑ die Bindungswirkung des § 60 Abs 2 IO auslösenden - rechtskräftigen Aufhebung des Insolvenzverfahrens Geltung habe, zumal Masseforderungen und Insolvenzforderungen rechtlich verschieden zu beurteilen seien, Massegläubiger Gläubiger eigener Art, nicht etwa besonders bevorrechtete Insolvenzgläubiger seien und eine Insolvenzforderung im Verhältnis zu einer Masseforderung somit kein bloßes „Minus“ bilde. Nehme man eine Bindungswirkung der Forderungsfeststellung auch im Umfang der Qualifikation als Insolvenzforderung an, müsse dies gerade bei nachträglicher Behauptung einer identen Masseforderung gelten. Die Qualifikation als Masse‑ oder Insolvenzforderung betreffe schließlich die Frage, in welcher Rangordnung eine Forderung im Insolvenzverfahren zu befriedigen sei. Infolge der Bindung an den Anspruchsgrund und die Anspruchshöhe sowie die Rechtsqualität als Insolvenzforderung könne die festgestellte Insolvenzforderung nicht als Masseforderung zuerkannt werden. Daran ändere auch die erst geraume Zeit nach Aufhebung des Sanierungsverfahrens dem Insolvenzgericht bekannt gegebene Einschränkung der festgestellten Konkursforderung nichts, weil die Forderungsfeststellung nur während des Insolvenzverfahrens zur Disposition des Gläubigers stehe. Die Forderungsanmeldung könne bis zum Beginn der Sanierungstagsatzung ohne Weiteres zurückgenommen oder eingeschränkt werden, danach bedürfe es zur Wirksamkeit der Zurückziehung oder Einschränkung aber entweder der Zustimmung des Insolvenzverwalters oder eines Verzichts auf eine neuerliche Anmeldung. In diesem Licht sei auch jene Judikatur zu sehen, wonach es einem Insolvenzgläubiger freistehe, die bereits erfolgte Anmeldung „jederzeit“ zurückzuziehen oder einzuschränken, weil in einer solchen Zurückziehung/Einschränkung nicht ein Verzicht auf den Anspruch überhaupt, sondern nur ein Verzicht auf die Insolvenzteilnahmebefugnis zu erblicken sei und zurückgezogene Anmeldungen bis zur Aufhebung des Sanierungsverfahrens neu bewirkt werden könnten.
Die Revision sei zulässig, weil jüngere höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob sich die Bindungswirkung einer Forderungsfeststellung im Insolvenzverfahren auch auf die Rechtsqualität als Insolvenzforderung beziehe und insoweit einer klagsweisen Durchsetzung einer identen Forderung als Masseforderung entgegenstehe, fehle.
In seiner dagegen gerichteten Revision beantragt der Kläger, das Berufungsurteil im Sinne einer Klagsstattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt, der Revision keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig und berechtigt.
1. Zur Qualifikation von aus Zeitguthaben resultierenden Entgeltansprüchen als Masseforderungen ist vorab auf die Entscheidung 8 ObA 86/05p zu verweisen (RIS‑Justiz RS0120934; s auch RIS‑Justiz RS0120406). Aus ihr geht hervor, dass die Insolvenzeröffnung ein bestehendes Zeitguthaben (dort: Freizeitphase bei Altersteilzeitmodell) unberührt lässt und dieses prinzipiell so lange nach Konkurseröffnung noch ‑ in natura ‑ verbraucht werden kann, als das Arbeitsverhältnis aufrecht besteht. Insoweit bildet das Zeitguthaben auch keine betagte, mit der Insolvenzeröffnung fällig werdende Geldforderung (§ 14 Abs 2 IO), sondern ist dann, wenn es in der Folge nicht konsumierbar ist, als Masseforderung zu qualifizieren.
Wenn der Kläger nun aber meint, dass der Entgeltanspruch erst mit Beendigung des Dienstverhältnisses fällig geworden und insofern selbst keine Masseforderung vorgelegen sei, steht dem sein gegenteiliges Vorbringen in erster Instanz (ON 29 AS 32) entgegen.
2. Das Berufungsgericht hat die maßgeblichen Bestimmungen, ua zur Abgrenzung von Insolvenz‑ und Masseforderungen (§ 51 Abs 1, § 46 Z 3 IO), zur Feststellung einer Insolvenzforderung im Insolvenzverfahren (§ 109 Abs 1 IO) sowie zu den Wirkungen eines rechtskräftig bestätigten Sanierungsplans (§ 156 Abs 1, Abs 4 IO) zutreffend dargestellt, sodass darauf verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 ZPO). Die nachstehenden Erwägungen können sich daher auf die Frage konzentrieren, ob sich die Bindungswirkung einer Forderungsfeststellung im Insolvenzverfahren auch auf ihre Qualifikation als Insolvenzforderung bezieht.
Gemäß § 60 Abs 2 IO bindet dann, wenn der Schuldner eine Insolvenzforderung nicht ausdrücklich bestritten hat, ihre Feststellung die Gerichte und, wenn besondere Gesetze nichts anderes bestimmen, auch die Verwaltungsbehörden. Leistungsklagen über solche Forderungen bleiben zulässig; jedoch sind dem unterlegenen Beklagten die Prozesskosten zu ersetzen, es sei denn, er hat die Abweisung des Klagebegehrens beantragt oder der Kläger benötigt das Urteil zur Zwangsvollstreckung in einem Staat, der Auszüge aus dem Anmeldungsverzeichnis eines österreichischen Gerichts nicht als Exekutionstitel anerkennt.
Zu dieser Bestimmung wurde ausgeführt, dass die Feststellung nach § 109 KO (IO) eine streitabschneidende Wirkung äußert, die sich nach Konkursaufhebung bei Nichtbestreiten durch den Gemeinschuldner zur Bindungswirkung verdichtet. Die Feststellung zieht keine volle Rechtskraftwirkung nach sich, doch ergibt § 60 Abs 2 KO (IO), dass sie einer der Rechtskraftwirkung nahekommende Tragweite hat (RIS‑Justiz RS0064720; zB 8 ObA 285/01x; 4 Ob 240/04d; Jelinek/Nunner‑Krautgasser in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze § 60 Rz 40 ff mwN).
Zur Frage, ob die Bindungswirkung auch die Qualifikation einer als Insolvenzforderung angemeldeten Masseforderung erfasst, zeigt sich in der Judikatur folgendes Bild:
Bereits in der Entscheidung 1 Ob 940/35, JBl 1936, 171, wurde ausgesprochen, dass das, was eine Masseforderung ist, eine Masseforderung bleibt, selbst wenn sie der Gläubiger irrtümlich als eine Konkursforderung angemeldet hat.
Nach dem zur Entscheidung 4 Ob 44/53 entwickelten Rechtssatz RIS‑Justiz RS0000139 erstreckt sich die mit der amtlichen Eintragung in das Anmeldungsverzeichnis verknüpfte Eigenschaft eines Exekutionstitels iSd § 1 Z 7 EO nicht auf die Beurteilung der Eigenschaft der vollstreckbaren Forderung als Masseforderung. Eine Forderung bleibt auch dann Masseforderung, wenn sie der Gläubiger in Unkenntnis dieses Charakters anmeldet und sie als festgestellte Konkursforderung in das Anmeldungsverzeichnis eingetragen wird oder wenn der Bestand einer bestrittenen Forderung im Prozess festgestellt wird.
In der Entscheidung 5 Ob 301/76 (RIS‑Justiz RS0064829) wurde wiederholt, dass die Anerkennung einer Konkursforderung durch den Masseverwalter allein diese nicht zur Masseforderung macht.
Die Entscheidung 4 Ob 30/81 betont, keinesfalls komme die mit der Eintragung festgestellter und vom Gemeinschuldner nicht bestrittener Konkursforderungen in das Anmeldungsverzeichnis gemäß § 61 KO verbundene Eigenschaft eines Exekutionstitels nach § 1 Z 7 EO auch den dort allenfalls verzeichneten Masseforderungen zu. Das Anerkenntnis einer Masseforderung durch den Masseverwalter sei keine „Feststellung“ iSd § 109 Abs 1 KO; vielmehr habe es die Bedeutung eines privatrechtlichen Anerkenntnisses.
In der Entscheidung 8 Ob 22/94 wurde festgehalten: „Durch die neue Fassung der §§ 54 Abs 4 AO und 60 Abs 2 KO im IRÄG 1982 wird eine Leistungsklage auf Bezahlung der Forderung, für die im Anmeldungsverzeichnis bereits ein Exekutionstitel geschaffen wurde, nicht mehr ausgeschlossen; es treten lediglich Kostenfolgen zugunsten des passiv bleibenden Beklagten ein. … Daher begegnet es keinen Zweifeln, dass eine Leistungsklage für eine behauptete Masseforderung zulässig ist, wenn diese Forderung als Konkursforderung festgestellt wurde, denn dadurch wird dem Kläger ein Konkursteilnahmeanspruch in einem weitergehenden Ausmaß zuerkannt, indem Masseforderungen vor Konkursforderungen zu berichtigen sind (§ 47 Abs 1 KO).“
In der Literatur führen Lovrek in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze, § 156 KO Rz 7 f, und Kodek in Bartsch/Pollak/Buchegger, Insolvenzrecht IV4 § 124 Rz 24, aus, dass sich die rechtskraftähnliche Wirkung der Forderungsfeststellung auch auf die Eigenschaft als Konkursforderung beziehe. Kodek meint aber, dass die Feststellung als Konkursforderung der Geltendmachung als Masseforderung nicht entgegenstehe. Dies lasse sich durch die Annahme deuten, die Geltendmachung einer Konkursforderung stelle ein „minus“ gegenüber einer Geltendmachung als Masseforderung dar, weil die Forderung in ihrer Eigenschaft als Konkursforderung nur ein Recht auf quotenmäßige Befriedigung, als Masseforderung hingegen grundsätzlich zur vollen Befriedigung berechtigte. Lovrek erachtet dies als zweifelhaft, gesteht aber zu, dass der Gläubiger einer Forderung, deren Rang nicht unzweifelhaft ist, damit zur Klagsführung auf Feststellung des Rangs genötigt ist.
Nach Ansicht des erkennenden Senats besteht auch unter dem Regime der IO kein Grund, von der bisherigen Rechtsprechung abzugehen:
Das Berufungsgericht meint, jener Rechtssatz, wonach die Anmeldung einer Masseforderung durch den Massegläubiger als Insolvenzforderung und deren Feststellung als Insolvenzforderung den Massegläubiger dennoch nicht hindere, volle Befriedigung zu verlangen, könne nur bis zur ‑ die Bindungswirkung des § 60 Abs 2 IO auslösenden - rechtskräftigen Aufhebung des Insolvenzverfahrens Geltung haben. Dies erscheint zumindest widersprüchlich, weil die Bindungswirkung erst mit Rechtskraft des Konkursaufhebungsbeschlusses eintritt (Jelinek/Nunner-Krautgasser, aaO Rz 43; s auch Konecny in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze § 109 Rz 14), sodass sich die Frage nach ihrer Reichweite überhaupt erst bei rechtskräftiger Aufhebung des Insolvenzverfahrens stellen kann. Vielmehr ist Folgendes zu erwägen:
Masseforderungen sind Forderungen eigener Art, nicht bloß besonders bevorrechtete Insolvenzforderungen (vgl RIS‑Justiz RS0041008; RS0064002). Sie sind nicht Gegenstand des zur Feststellung der Ansprüche vorgesehenen Anmeldeverfahrens nach den §§ 102 ff IO, sind ohne Rücksicht auf den Stand des Insolvenzverfahrens zu befriedigen, sobald sie feststehen und fällig sind und können bei Leistungsverweigerung oder ‑verzögerung mittels Abhilfeantrag oder Klage gegen den Insolvenzverwalter durchgesetzt werden (§ 124 IO).
Alleine durch die Mechanismen des Insolvenzverfahrens ändert eine als Insolvenzforderung angemeldete Masseforderung nicht ihre Rechtsqualität:
Die Forderungsfeststellung, die aus der Anerkennung der Forderung durch den Insolvenzverwalter resultiert (§ 109 Abs 1 IO), wird verfahrensrechtlich lediglich als konkursintern bindende Erledigung der Forderung eines Konkursgläubigers gedeutet, an die Teilnahmerechte in Form von Tatbestandswirkungen geknüpft sind (Konecny, aaO Rz 14). Materiell‑rechtlich könnte die Frage aufgeworfen werden, ob in der Anerkennung der Forderung durch den Insolvenzverwalter ein konstitutives Anerkenntnis liegt (vgl 4 Ob 30/81), das auch die Forderungsqualität erfasst. Davon könnte jedoch nur dann ausgegangen werden, wenn die Anmeldung einer Masseforderung als Insolvenzforderung zugleich als Verzicht des Gläubigers auf eine vorrangige Befriedigung zu deuten wäre. Das ist weder bei einer irrtümlich noch bei einer vorsichtshalber als Insolvenzforderung angemeldeten Masseforderung der Fall.
Aber auch die Abstimmung über den Sanierungsplan (bzw seine gerichtliche Bestätigung) ist ungeeignet, materiell‑rechtlich eine entsprechende Bindungswirkung im Sinne einer Anerkennung der Forderungsqualität zu entfalten, treten doch die Rechtswirkungen des Sanierungsplans gemäß § 156 Abs 1 IO auch für jene Gläubiger ein, die am Insolvenzverfahren oder an der Abstimmung über den Sanierungsplan nicht teilgenommen haben, die gegen den Sanierungsplan gestimmt haben oder denen ein Stimmrecht überhaupt nicht gewährt wurde.
Dass dem Gläubiger mit der Feststellung seiner Forderung als Insolvenzforderung ein Konkursteilnahmeanspruch zukommt und er damit den Gang und das Ergebnis des Insolvenzverfahrens beeinflussen könnte, während ihm dies als Massegläubiger nicht zustünde, kann nicht schaden. Denn die Situation stellt sich insofern nicht anders als bei einem Gläubiger dar, der durch die Feststellung einer überhaupt nicht existenten Forderung einen solchen Teilnahmeanspruch am Insolvenzverfahren erwirkt hat.
Für die Insolvenzgläubiger resultiert aus der nach rechtskräftiger Bestätigung eines Sanierungsplans fortbestehenden Klagbarkeit einer Masseforderung kein Nachteil, wenn ihre Forderungen nach Maßgabe des Sanierungsplans weiterhin erfüllbar bleiben. Sie sind aber auch in keinem schützenswerten Interesse beeinträchtigt, wenn der Sanierungsplan nur deshalb nicht in der vorgesehenen Weise erfüllbar ist, weil nun vorrangig der Entgeltanspruch zu befriedigen ist. Da nämlich auch bei korrekter Geltendmachung des Anspruchs als Masseforderung der jeweilige Massegläubiger voll zu befriedigen gewesen wäre (§ 124 Abs 1 IO), wäre es für die Insolvenzgläubiger ebenso zur entsprechenden Schmälerung der Insolvenzmasse gekommen. Muss vor vollständiger Erfüllung des Sanierungsplans neuerlich ein Insolvenzverfahren eröffnet werden, ohne dass die Voraussetzungen des § 158 IO (Nichtigkeit des Sanierungsplans) vorliegen, so schützt § 163 Abs 1 IO die Insolvenzgläubiger vor einer Rückerstattung des im guten Glauben Bezogenen.
Dass eine ungerechtfertigte Bereicherung des Massegläubigers eintreten könnte, ist nicht ersichtlich, wenn ‑ wie hier ‑ die Forderung um die bereits erhaltenen Zahlungen eingeschränkt wird.
Nicht zuletzt hätte ‑ worauf auch Lovrek aaO hinweist ‑ die Praxis, eine in ihrer Qualifikation als Masseforderung strittige Forderung „vorsorglich“ als Konkursforderung anzumelden, im Falle der Forderungsfeststellung für den Gläubiger nachteilige Folgen für die spätere Geltendmachung dieser Forderung als Masseforderung.
Insgesamt bestehen daher keine hinreichenden Gründe, von der dargelegten Rechtsprechung abzuweichen, sodass daran festzuhalten ist, dass eine Forderung auch dann Masseforderung bleibt, wenn sie der Gläubiger in Unkenntnis dieses Charakters anmeldet und sie als festgestellte Insolvenzforderung in das Anmeldungsverzeichnis eingetragen wird. Die Forderungsfeststellung entfaltet in Hinblick auf den Grund und die Höhe der Forderung, nicht aber bezüglich ihrer Rechtsqualität Bindungswirkung.
Dennoch kann die Rechtssache nicht abschließend erledigt werden, weil sich aus den Feststellungen nicht zweifelsfrei ergibt, ob mit den verfahrensgegenständlichen Überstunden zur Gänze ein nicht abgebautes Zeitguthaben von 82,5 Überstunden angesprochen wird oder ob damit schlicht offene Überstunden gemeint sind (vgl die Forderungsanmeldung: „Überstunden 50 % [1. 11. 2010 ‑ 30. 11. 2010] 82,85 Stunden“), die nach Pkt 6.5. der Vereinbarung nur zur Hälfte auf ein Zeitguthabenkonto zu verrechnen gewesen wären. Was zum Schicksal und zur Fälligkeit der anderen Hälfte von (unter 100 Stunden liegenden) Überstunden dem Willen der Parteien entsprach, ist den Feststellungen aber nicht abschließend zu entnehmen.
Der Revision ist danach Folge zu geben. Die Entscheidungen des Berufungsgerichts sind daher im Sinne einer Aufhebung des Ersturteils abzuändern. Die Rechtssache ist zur Entscheidungsfindung über die Berechtigung des Klagsanspruchs an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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