OGH 9ObA168/88 (RS0050859)

OGH9ObA168/8831.8.1988

Rechtssatz

Zur dynamischen Verweisung in KollV: Die Delegation der den Kollektivvertragsparteien durch das ArbVG - bezüglich des normativen Teiles des KollV - übertragenen Rechtssetzungsbefugnis an von ihnen verschiedene Rechtssubjekte - hier die Verfasser einer Vertragsschablone - im Wege der dynamischen Verweisung ist unzulässig. Wird der Inhalt der rezipierten, nicht entsprechend kundgemachten Regelung im KollV nicht wiedergegeben, dann kann die Verweisung mangels Erfüllung der auch der Informationschance der Normadressaten dienenden Formvorschriften für die Regelung des kollektiven Arbeitsrechtes auch nicht in eine - an sich zulässige - statische Verweisung umgedeutet werden.

Normen

ArbVG §2
ArbVG §11
ArbVG §14

9 ObA 168/88OGH31.08.1988

Veröff: SZ 61/181 = RdW 1989,71 = Arb 10727

9 ObA 215/89OGH30.08.1989
9 ObA 38/91OGH10.04.1991

Vgl auch; Beisatz: Hier: (§ 48 ASGG) Verweisung auf die Dienstdauervorschrift für das Personal der ÖBB, eingeführt mit Erlaß Zl. P/800/3/66. (T1)

9 ObA 166/95OGH11.10.1995

Auch; Beisatz: Hier: Betriebsvereinbarung (T2)

9 ObA 202/00xOGH07.06.2001

Vgl auch; Beisatz: Eine dynamische Verweisung bei normativen Regelungen (Gesetz, Kollektivvertrag, Betriebsvereinbarung) ist aus dem Grund der unstatthaften Delegation der Normsetzungsbefugnis auf andere Rechtssetzungsautoritäten grundsätzlich unzulässig. Zu diesen normativen Regelungen ist auch der Mindestlohntarif, bei dem es sich um eine Verordnung handelt, zu zählen. Den im ArbVG genannten Betriebsparteien kommt eine Rechtssetzungsbefugnis nur bezüglich der dort genannten Angelegenheiten zu; eine Delegation dieser Rechtssetzungsbefugnis im Wege einer dynamischen Verweisung an andere Rechtssubjekte kommt ebensowenig in Frage, wie die Delegation der den Kollektivvertragsparteien für einen räumlichen, fachlichen und persönlichen Zuständigkeitsbereich zugewiesenen Rechtssetzungsbefugnisse an andere auf Grund ihres Zuständigkeitsbereiches nicht zur Rechtssetzung in diesen Angelegenheiten berufene Rechtssubjekte. (T3)

9 ObA 108/01zOGH05.09.2001

Vgl auch; Beisatz: Eine unzulässige dynamische Verweisung liegt vor, wenn der Inhalt eines Regelungskomplexes eines anderen Normgebers oder eines Teiles hievon durch bloßes Zitat zum Vollzugsinhalt der eigenen Regelung gemacht werden soll. Keinem Normgeber ist es verwehrt, an die von einer anderen Rechtssetzungsautorität geschaffene Rechtslage anzuknüpfen und sie zum Tatbestandselement seiner eigenen Regelung zu machen und die fremde Rechtsvorschrift, deren Vollzug einer anderen Autorität überlassen ist, einer vorläufigen und daher der Beurteilung einer Vorfrage gleichkommenden Betrachtungsweise zu unterziehen. (T4)<br/>Beisatz: Hier: Art VI Pkt 2 KollV betreffend die Übergangsversorgung für Flugverkehrsleiter vom 30.1.1996 samt Nachträge. (T5) Veröff: SZ 74/144

9 ObA 86/02sOGH02.10.2002

Vgl auch; Beisatz: Hier: Die an sich unzulässige dynamische Verweisung behält als statische Verweisung Gültigkeit, weil die bezogenen Quellen (hier: des ÖBB- Dienst- und Pensionsrechtes) bei Inkrafttreten des KollV öffentlich kundgemacht, somit für die Normunterworfenen einsehbar waren und gleich geblieben sind. (T6)

9 ObA 52/03tOGH08.10.2003

Vgl; nur: Die Delegation der den Kollektivvertragsparteien durch das ArbVG - bezüglich des normativen Teiles des KollV - übertragenen Rechtssetzungsbefugnis an von ihnen verschiedene Rechtssubjekte - hier die Verfasser einer Vertragsschablone - im Wege der dynamischen Verweisung ist unzulässig. (T7)<br/>Beis wie T2; Beisatz: Die Rechtsetzungsbefugnis kommt den im ArbVG genannten Betriebsvereinbarungen bezüglich der dort genannten Angelegenheiten zu; eine Delegierung dieser Rechtsetzungsbefugnis an andere Rechtssubjekte widerspricht der zwingenden Betriebsverfassung. (T8)

8 ObA 76/03iOGH23.01.2004

Vgl; Beis wie T4 nur: Eine unzulässige dynamische Verweisung liegt vor, wenn der Inhalt eines Regelungskomplexes eines anderen Normgebers oder eines Teiles hievon durch bloßes Zitat zum Vollzugsinhalt der eigenen Regelung gemacht werden soll. (T9)<br/>Beisatz: Hier: Regelt der Kollektivvertrag Voraussetzungen und Berechnungsweise der Zuschusspension eigenständig und verweist nur hinsichtlich einer Rechengröße auf gesetzliche Bestimmungen über die Pensionshöhe beziehungsweise deren Valorisierung, wird die zum Tatbestandselement erhobene Norm eines anderen Gesetzgebers nicht im verfassungsrechtlichen Sinn vollzogen, sondern lediglich ihre inhaltliche Beurteilung dem Vollzug der eigenen Norm zugrunde gelegt. (T10)

9 ObA 128/12gOGH29.01.2013

Vgl; Beis wie T4

9 ObA 140/15aOGH26.11.2015

Auch; Beis wie T4

9 ObA 151/16wOGH28.02.2017

Auch;Beisatz: Die Unzulässigkeit dynamischer Verweisungen gilt auch für Betriebsvereinbarungen. (T11); <br/>Beis wie T9; Beis wie T10

Dokumentnummer

JJR_19880831_OGH0002_009OBA00168_8800000_001

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