Spruch:
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Der Kläger begehrte in seiner Klage, die am 24. 1. 2008 ausgesprochene Entlassung „bzw" die an diesem Tag zwischen den Streitteilen vereinbarte einvernehmliche Lösung des Arbeitsverhältnisses für rechtsunwirksam zu erklären. Die beiden Klagebegehren schließen einander aus, weil das Arbeitsverhältnis nur auf eine Art - also durch Entlassung oder einvernehmliche Auflösung - wirksam beendet worden sein kann. Offenbar soll mit dem Ausdruck „bzw" ein Eventualverhältnis zwischen den Begehren zum Ausdruck gebracht werden. Da im Rubrum der Klage als Streitgegenstand nur die „Anfechtung wegen Entlassung" genannt wird, ist davon auszugehen, dass es sich dabei um das Hauptbegehren des Klägers, bei der Anfechtung der einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses hingegen um ein Eventualbegehren handelt.
Vom Erstgericht wurde festgestellt, dass keine Entlassung des Klägers erfolgt ist. Seit der Berufung gegen das Ersturteil verfolgt der Kläger das Hauptbegehren der Entlassungsanfechtung nicht mehr, sondern beschränkt sich auf das Eventualbegehren. Dieses Begehren begründete der Kläger in erster Instanz damit, dass er von der Beklagten mit der Androhung der Entlassung und einer Anzeige sowie der Ankündigung, dass er „nirgendwo mehr einen Job bekäme", bei der einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses „unter massivsten psychischen Druck" gesetzt worden sei. Er bekämpfe daher die Wirksamkeit der einvernehmlichen Auflösung, weil sie sittenwidrig gewesen „bzw" der Kläger im Zeitpunkt der Unterfertigung „derart psychisch beeinträchtigt" gewesen sei, dass er „in diesem Moment nicht geschäftsfähig" gewesen sei.
Die behauptete psychische Ausnahmesituation konnte vom Erstgericht nicht festgestellt werden. Dem Kläger wurde von der Beklagten weder mit einer Anzeige gedroht, noch wurde die Aussicht auf einen anderen Job in Frage gestellt. Von den Klagebehauptungen war lediglich objektivierbar, dass der Geschäftsführer der Beklagten dem Kläger die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ankündigte, weil er mit dessen Leistungen unzufrieden war. Er warf dem Kläger auch vor, als Filialleiterstellvertreter einen Warendiebstahl weder dem Filialleiter noch der Geschäftsführung gemeldet zu haben. Dieser Sachverhalt würde sogar eine Entlassung rechtfertigen; er schlage dem Kläger eine einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses vor. Vereinbarungen über die einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses zur Vermeidung einer Entlassung werden in der Praxis häufig zur Risikovermeidung im Hinblick auf die bei einem oder beiden Teilen gegebene Unsicherheit über die Richtigkeit des eigenen Standpunkts geschlossen. Die Einschätzung der Beurteilung einer Entlassung betrifft das Motiv der Auflösungsvereinbarung. Ein allfälliger Motivirrtum ist unbeachtlich, wenn das Motiv - wie auch im vorliegenden Fall - nicht zur Bedingung des Geschäfts gemacht wurde (vgl RIS-Justiz RS0110660 ua).
Der Kläger stützt die Zulässigkeit der außerordentlichen Revision nun darauf, dass es keine gesicherte Rechtsprechung zur Annahme des Berufungsgerichts gebe, wonach der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber „alle" Umstände, die die wirtschaftlichen und betrieblichen Interessen des Arbeitgebers betreffen, melden müsse. Diese „Undifferenziertheit" begründe eine unbillige Härte. Eine Undifferenziertheit ist in diesem Zusammenhang nicht zu erkennen, denn es geht gerade nicht darum, dass vom Arbeitnehmer „alle" Umstände gemeldet werden müssen. Es geht auch nicht, obwohl dies in den Revisionsausführungen immer wieder durchklingt, um die Rechtfertigung einer Entlassung des Klägers. Die einvernehmliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses bedarf keines Entlassungsgrunds. Die hypothetische Frage, ob eine Entlassung des Klägers gerechtfertigt gewesen wäre, wurde von der Bereinigungswirkung der einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsverhältnisses erfasst und ist damit erledigt. Hier geht es - von einer angeblichen Sittenwidrigkeit der Vereinbarung ist in der Revision keine Rede mehr - nur mehr darum, ob der Kläger bei der einvernehmlichen Auflösung von der Beklagten einem unerlaubten Zwang im Sinn des § 870 ABGB ausgesetzt wurde, sodass die getroffene Auflösungsvereinbarung mit einem Willensmangel behaftet ist, der den Kläger zur Anfechtung der Vereinbarung berechtigen könnte.
Eine Drohung mit einem Übel (hier: einer Entlassung), durch dessen an sich erlaubte Zufügung der Drohende seine Interessen wahrt, ist grundsätzlich keine ungerechte. Eine Widerrechtlichkeit der Drohung wäre dann gegeben, wenn durch die Zufügung eines an sich erlaubten Mittels nicht die eigenen Interessen gewahrt werden, sondern in Wahrheit bloß mit einem Übel gedroht wird, um den anderen Teil in seinen Interessen zu verletzen (8 ObA 2/99y; 9 ObA 271/01w ua). Dies war hier aber nicht der Fall. Schließt der Arbeitnehmer unter dem Eindruck der Ankündigung des Arbeitgebers, ihn zu entlassen, eine Auflösungsvereinbarung, so kommt es darauf an, ob für den Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Androhung der Entlassung plausible und objektiv ausreichende Gründe für deren Ausspruch gegeben waren. Ist dies der Fall, dann kann sich der Arbeitnehmer nicht mit Erfolg darauf berufen, es sei auf ihn ungerechtfertigter Druck ausgeübt worden (vgl 9 ObA 205/99h; RIS-Justiz RS0014873, RS0014878 ua). Ob diese Voraussetzungen vorliegen, kann nur nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalls beurteilt werden (9 ObA 117/04b ua).
Auch der Revisionswerber räumt ein, dass den Arbeitnehmer eine Interessenwahrungspflicht gegenüber dem Arbeitgeber trifft (vgl RIS-Justiz RS0021406 ua). Darunter fällt es auch, insbesondere im Fall eines leitenden Angestellten, den Arbeitgeber von der Wahrnehmung wichtiger Umstände zu informieren. In der Auffassung des Berufungsgerichts, dazu gehöre auch die Information der Geschäftsleitung, dass am Betriebsgelände gestohlene Waren offenbar zur „Abholung" bereitgestellt wurden, kann keine unvertretbare rechtliche Beurteilung erblickt werden. Die Überlegung, dass ein derartiger Sachverhalt Anlass zu internen Nachforschungen geben könnte, ist nicht von der Hand zu weisen. Die Geschäftsleitung kann sich dieser Frage allerdings nur stellen, wenn sie von ihren leitenden Angestellten darüber informiert wird. Ob eine diesbezügliche Verletzung der Informationspflicht im Einzelfall eine die Entlassung rechtfertigende Vertrauensunwürdigkeit im Sinn des § 27 Z 1 AngG begründet, braucht hier - wie bereits vorstehend dargelegt - nicht geprüft zu werden. Der Kläger wurde ohnehin nicht entlassen. Die rechtliche Beurteilung, die Beklagte habe im Zeitpunkt der Androhung der Entlassung jedenfalls Gründe für eine derartige Annahme gehabt und daher dem Kläger nicht bloß mit einem Übel gedroht, um allein dessen Interessen zu verletzen, ist vertretbar (vgl RIS-Justiz RS0029606 ua). Auch die Beurteilung der Vertrauensunwürdigkeit hängt von den Umständen des Einzelfalls ab (RIS-Justiz RS0029547, RS0103201 ua) und begründet daher in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO. Die außerordentliche Revision des Klägers ist daher zurückzuweisen.
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