European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:009OBA00011.21I.0324.000
Spruch:
Dem Rekurs der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rekurses selbst zu tragen.
Begründung:
[1] Der Kläger begehrt vom Beklagten Leistung (168.390,21 EUR sA), Rentenzahlung und Feststellung aus einem 2010 erlittenen Arbeitsunfall. Soweit im vorliegenden Berichtigungsverfahren von Interesse, sprach ihm das Erstgericht (Urteil vom 12. 12. 2017, ON 128) bezüglich des Leistungsbegehrens unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens von 50 % und anzurechnender Leistungen ausgehend von folgender Bruttoentschädigungssumme
| Nettodifferenzschaden 2010–2017 | Rentenzahlung 2018 | abgezinste Abfertigung | Summe Verdienstentgang |
Verdienstentgang Steuer auf Verdienstentgang | 51.111,38 45.701,26 | 3.428,00 3.065,15 | 34.360,75 30.723,68 | 88.900,13 79.490,08 |
| 9.6812,64 | 6.493,15 | 65.084,43 | 168.390,21 |
[2] 161.897,06 EUR sA zu und wies das Mehrbegehren von 6.493,15 EUR sA (Rentenzahlung 2018) ab.
In seiner dagegen erhobenen Berufung war der Beklagte der Ansicht, dass die Bruttoentschädigungssumme wie folgt zu errechnen sei:
| Nettodifferenzschaden 2010–2017 | Rentenzahlung 2018 | abgezinste Abfertigung | Summe Verdienstentgang |
Verdienstentgang Steuer auf Verdienstentgang | 5.955,40 4.565,44 | 0,00 0,00 | 34.360,75 26.341,14 | 40.316,15 30.906,58 |
| 10.520,84 | 0,00 | 60.701,89 | 71.222,73 |
[3] Der darüber hinausgehende Betrag von (richtig:) 90.674,33 EUR (diesbezügliches Berufungsinteresse) werde daher bekämpft.
[4] Das Berufungsgericht folgte mit Teilurteil und Beschluss vom 15. 2. 2019 (ON 139, idF: Teilurteil) inhaltlich den Rechtsauffassungen des Beklagten und legte die der Rechtsprechung entsprechende Berechnungsweise dar (S 54), wonach vom Schadensbetrag unter dem Gesichtspunkt der Vorteilsausgleichung alle sonstigen dem Geschädigten zugeflossenen adäquaten Leistungen abzuziehen seien, die verbleibende Differenz um die dem Geschädigten zuzuordnende Mitverschuldensquote zu kürzen und erst vom so errechneten Betrag die Leistungen der Legalzessionare in voller Höhe zum Abzug zu bringen seien. Die Vorgangsweise des Erstgerichts sei davon nicht gedeckt.
[5] Davon ausgehend ermittelte das Berufungsgericht
- bezüglich der kapitalisierten Verdienstentgangsentschädigung ohne Abfertigung für den Zeitraum Juni 2010 bis 31. 12. 2017 einen Nettodifferenzschaden an kapitalisiertem Verdienstentgang (exklusive Abfertigung) von 5.955,40 EUR (anstatt vom Erstgericht ermittelter 51.111,38 EUR). Da sich der Nettoschadensbetrag zuzüglich der vom Geschädigten davon zu entrichtenden Abgaben (Steuern) zusammensetze, bedürfe es aber noch ergänzender Feststellungen zur diesbezügliche Abgabenbelastung (ausführlich S 55 f).
- bezüglich der Abfertigungsentschädigungsdifferenz gehe der Beklagte von einem urteilsfremden Abgabenbetrag (26.341,14 EUR) aus. Der erstgerichtliche Zuspruch des Brutto‑Abfertigungsverdienstentgangsbetrags von 65.084,43 EUR sei daher mit Teilurteil zu bestätigen (Teilurteil S 57).
[6] Im fortgesetzten Verfahren fasste das Berufungsgericht aus Anlass des gegen die Kostenentscheidung des erstgerichtlichen (End‑)Urteils (ON 157) gerichteten Kostenrekurses des Klägers den folgenden, hier rekursgegenständlichen Berichtigungsbeschluss (ON 162):
„A. Die Entscheidung (Teilurteil und Beschluss) des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 15. 2. 2019, 15 Ra 28/18g (= 47 Cga 148/10p‑139) wird aus Anlass des Rekurses der klagenden Partei nunmehr dahingehend berichtigt , dass
a. der Spruch dieser Entscheidung insgesamt, wie folgt, zu lauten hat:
'I. Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.
Das hinsichtlich der Zuerkennung des Betrags von EUR 71.222,73 brutto (darin enthalten EUR 5.955,40 netto zuzüglich EUR 4.565,44 an Steuern = EUR 10.520,84 brutto an Verdienstentgangsentschädigung für den Zeitraum 17. 6. 2010 bis 31. 12. 2017 sowie EUR 34.360,75 netto zuzüglich EUR 26.341,14 an Steuern = EUR 60.701,89 brutto an Abfertigungsverdienstentgang) samt 4 % Zinsen aus … sowie hinsichtlich der Abweisung von EUR 6.493,15 und der stattgebenden Entscheidung über das Feststellungsbegehren, gegenüber der beklagten Partei werde festgestellt, dass diese der klagenden Partei für allfällige Folgen aus dem Unfall vom ***** zu 50 % zu haften habe, in Teilrechtskraft erwachsene Ersturteil wird darüber hinausgehend
1. im Umfang des Zuspruchs weiterer EUR 4.382,54 brutto an Abfertigungsverdienstentgang sowie der Abweisung von EUR 86.291,79 brutto abzüglich des auf EUR 5.955,40 netto an Verdienstentgangsentschädigung für den Zeitraum 17. 6. 2010 bis 31. 12. 2017 entfallenden, EUR 4.565,44 übersteigenden Steuerbetrags als Teilurteil bestätigt ;
2. im Umfang der Zuerkennung einer monatlichen (Verdienstentgangs‑)Rente mit Teilurteil dahin abgeändert , dass …
3. im Umfang des auf EUR 5.955,40 netto an Verdienstentgangsentschädigung für den Zeitraum 17. 6. 2010 bis 31. 12. 2017 entfallenden, EUR 4.565,44 allenfalls übersteigenden Steuerbetrags sowie im Kostenpunkt aufgehoben und die Arbeitsrechtssache insoweit zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen .
II. Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten erster Instanz.
III. Der (ordentliche) Rechtszug gegen das Teilurteil des Berufungsgerichts ist nicht zulässig.';
b. in Seite 57 der letzte Absatz ersatzlos entfällt;
c. Pkt I.C.3. der Entscheidungsbegründung in Seite 59 insgesamt wie folgt zu lauten hat:
'Im Ergebnis war der Berufung daher ein Teilerfolg zu bescheiden und die im Spruchpunkt I. ersichtliche Entscheidung zu treffen. Dabei war im Rahmen des ad Spruchpunkt I.1. zu fällenden, das Ersturteil bestätigenden Teilurteil insbesondere Folgendes zu berücksichtigen:
Dass es beim Zuspruch von EUR 4.382,54 brutto an Abfertigungsverdienstentgang bleiben muss, resultiert daraus, dass dem Kläger aus diesem Titel – wie bereits erläutert – insgesamt EUR 65.084,43 brutto (= EUR 34.360,75 netto zuzüglich EUR 30.723,68 an Steuern) gebühren und ihm aus diesem Titel bereits EUR 60.701,89 brutto (= EUR 34.360,75 netto und EUR 26.341,14 an Steuern) rechtskräftig zuerkannt wurden.
Auch der erstgerichtliche Teilzuspruch von EUR 10.520,84 brutto an Verdienstentgangsentschädigung für den Zeitraum 17. 6. 2010 bis 31. 12. 2017, der sich aus EUR 5.955,40 netto und EUR 4.565,44 an Steuern zusammensetzt, ist in Teilrechtskraft erwachsen. Nur noch die diesen Titel betreffende Restforderung, die sich auf den, auf die Nettoverdienstentgangsentschädigung für den Zeitraum 17. 6. 2010 bis 31. 12. 2017 von EUR 5.955,40 entfallenden, EUR 4.565,44 allenfalls übersteigenden Steuerbetrag beläuft, ist im Weg der ad Spruchpunkt I.3. auszusprechenden Urteilsaufhebung einer Klärung zuzuführen und somit aus dem bestätigenden Teilurteil auszuklammern.'
B. Mit ihrem Kostenrekurs und ihrer Kostenrekursbeantwortung werden die Parteien auf den im vorstehenden Spruchpunkt A. ersichtlichen Berichtigungsbeschluss verwiesen.
Die Kosten des Rekursverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten erster Instanz.
Der Revisionsrekurs ist gemäß § 528 Abs 2 Z 3 ZPO jedenfalls unzulässig .“
[7] Zusammengefasst führte das Berufungsgericht aus, aus der Entscheidungsbegründung gehe klar hervor, inwieweit das erstgerichtliche Urteil (ON 128) in Ermangelung einer Anfechtung in Teilrechtskraft (Pkt I.A.) erwachsen sei. Mit der Entscheidungsbegründung sei auch unmissverständlich klargestellt worden, dass in Bezug auf den letztlich begehrten kapitalisierten Abfertigungsverdienstentgang im Berufungsverfahren nur noch der aus diesem Titel erfolgte erstgerichtliche Zuspruch von 4.382,54 EUR brutto strittig verblieben sei, dieser Zuspruch aber letztlich nicht zu beanstanden und daher mit Teilurteil zu bestätigen sei. Im Weiteren gehe aus der Entscheidungsbegründung klar hervor, dass sich die dem Kläger nach Auffassung des Berufungsgerichts für den Zeitraum 17. 6. 2010 bis 31. 12. 2017 gebührende Verdienstentgangsentschädigung (exklusive Abfertigungsverdienstentgang) aus ausführlich dargelegten Erwägungen auf 5.955,40 EUR netto zuzüglich des darauf entfallenden, aber noch nicht ermittelten bzw bezifferbaren Steuerbetrags belaufe, der aus diesem Titel erfolgte Zuspruch von 10.520,84 EUR brutto (= 5.955,40 EUR netto zuzüglich 4.565,44 EUR an Steuer) jedoch bereits in Teilrechtskraft erwachsen sei. Damit sei auch klargestellt worden, dass sich der dem Kläger an Verdienstentgangsentschädigung für den Zeitraum 17. 6. 2010 bis Ende 2017 allenfalls noch gebührende Betrag auf den auf 5.955,40 EUR netto entfallenden, 4.565,44 EUR übersteigenden, jedoch noch unbezifferbaren allfälligen weiteren Steuerbetrag beschränke und auch nur insoweit eine Urteilsaufhebung geboten sei. Der Entscheidungsbegründung sei der eindeutige dahingehende Entscheidungswille des Berufungsgerichts zu entnehmen, dass es die erstgerichtliche Abweisung des noch streitverfangenen kapitalisierten Leistungsbegehrens im Betrag von 86.291,79 EUR brutto abzüglich des auf 5.955,40 EUR netto an Verdienstentgangsentschädigung für den Zeitraum 17. 6. 2010 bis 31. 12. 2017 entfallenden und 4.565,44 EUR an Steuern allenfalls übersteigenden Steuerbetrags mit Teilurteil zu bestätigen und das Ersturteil ausschließlich im Umfang des auf 5.955,40 EUR netto an Verdienstentgangsentschädigung für den Zeitraum 17. 6. 2010 bis 31. 12. 2017 entfallenden, 4.565,44 EUR allenfalls übersteigenden Steuerbetrags sowie im Kostenpunkt aufzuheben sowie die Arbeitsrechtssache nur insoweit zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückzuverweisen gedacht habe. In den Spruchpunkten I.1. und 3. ebenso wie in der unter Pkt I.C.3. erfolgten bloßen Begründungs‑ zusammenfassung spiegle sich der Entscheidungswille aufgrund eines offensichtlichen Versehens nicht bzw nicht unmissverständlich wider.
[8] In seinem dagegen gerichteten Rekurs beantragt der Kläger, den Beschluss ersatzlos zu beheben; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
[9] Der Beklagte hat keine Rekursbeantwortung erstattet.
Rechtliche Beurteilung
[10] Der Rekurs ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.
[11] I. Fasst das Berufungsgericht seinen Berichtigungsbeschluss – wie hier – nach Eintritt der Rechtskraft seines Urteils, demnach nach Abschluss und somit außerhalb des Berufungsverfahrens, dann unterliegt der Berichtigungsbeschluss nicht den Zulässigkeitsbeschränkungen des § 519 Abs 1 ZPO (RS0042846 [T2, T3] = 5 Ob 217/09m). Das Oberlandesgericht wird insofern funktionell als Erstgericht tätig (s RS0128301; 7 Ob 125/12a). Der Rekurs des Klägers ist daher zulässig.
[12] II. Inhaltlich macht der Kläger Aktenwidrigkeiten geltend. Auch habe das Berufungsgericht die Grenzen zulässiger Berichtigung überschritten. Der Urteilsspruch im Urteil vom 15. 2. 2019 sei klar durch die Urteilsbegründung gedeckt, ein anderer Entscheidungswille sei nicht erkennbar. Es werde daher unzulässig in die bereits eingetretene Rechtskraft des – auch bereits erfüllten – Berufungsurteils eingegriffen.
[13] Dazu war zu erwägen:
[14] II.1. Die Urteilsberichtigung findet nach der Lehre ihre theoretische Grundlage in der Tatsache, dass der materielle Gehalt der Entscheidung durch den Entscheidungswillen des Gerichts bestimmt wird. Die offenbare Unrichtigkeit, welche einer Berichtigung im Sinne des § 419 Abs 1 ZPO zugänglich ist, darf daher nur die Wiedergabe des zur Zeit der Entscheidung bestehenden Entscheidungswillens des erkennenden Richters nach außen betreffen, es muss sich also um eine Diskrepanz zwischen Gewolltem und Erklärtem handeln (RS0041489). Im Sinne des § 419 ZPO (für Beschlüsse: § 430 ZPO) muss der Irrtum offenkundig sein, sich also aus dem ganzen Zusammenhang ohne weiters erkennbar ergeben, und zwar muss offensichtlich sein, dass das, was ausgesprochen wurde, nicht dem Willen des Gerichts zur Zeit der Fällung der Entscheidung entsprochen hat. Handelt es sich um eine Unrichtigkeit des Spruchs der Entscheidung, so muss sich aus den Entscheidungsgründen ergeben, dass der Spruch in diesem Punkte nicht dem Willen des Gerichts entsprochen hat. Eine Berichtigung einer Entscheidung ist aber dann nicht möglich, wenn es sich um eine rechtlich unrichtige, aber so gewollte Entscheidung handelt (RS0041362; vgl auch RS0041519). Die einer Berichtigung zugänglichen „offenbaren Unrichtigkeiten“ dürfen also nicht den Inhalt des Entscheidungswillens, sondern nur die Wiedergabe des zur Zeit der Entscheidung bestehenden Entscheidungswillens nach außen betreffen ( M. Bydlinski in Fasching/Konecny 3 III/2 § 419 ZPO Rz 6).
[15] § 419 ZPO unterscheidet nicht zwischen Spruch und Entscheidungsgründen, sodass grundsätzlich auch eine Berichtigung des Urteilstenors in Betracht kommt. Eine solche ist jedoch nur dann zu rechtfertigen, wenn sich bereits aus den Gründen der Entscheidung selbst die Unrichtigkeit im Sinn einer unabsichtlichen Irrigkeit des Spruchs ergibt. Sobald der Urteilsspruch allerdings – wenn auch aufgrund unrichtiger Tatsachenschlüsse oder unrichtiger Rechtsanwendung – durch die Gründe gedeckt erscheinen könnte, ist eine Urteilsberichtigung ausgeschlossen; eine Korrektur solcher Urteilssprüche kann nur im Rechtsmittelweg erfolgen (RS0041517; M. Bydlinski in Fasching/Konecny 3 aaO Rz 3).
[16] Die Berichtigung kann von Amts wegen erfolgen, wobei sie an keinen Zeitpunkt gebunden ist, also insbesondere auch nicht durch den Eintritt der Rechtskraft begrenzt ist ( M. Bydlinski in Fasching/Konecny 3 aaO Rz 5; RS0041613 [an keine Frist gebunden]; RS0041550 [von Amts wegen und nach Rechtskraft]). Die Berichtigung löst jedoch, soweit sie nicht bloß offensichtliche Schreib- oder Rechenfehler oder gänzlich nebensächliche Aspekte betrifft, den Lauf einer neuen Rechtsmittelfrist gegen die berichtigte Entscheidung aus (vgl RS0114097; RS0041797).
[17] II.2. Davon ausgehend liegt hier ein Berichtigungsfall vor:
[18] - Zum Abfertigungsverdienstentgang (Auf ‑ schlüsselung des rechtskräftig zuerkannten Betrags von 71.222,73 EUR brutto sA in Spruchpunkt I.; Berichtigung in Spruchpunkt I.1.)
[19] Der Beklagte hatte die Zusammensetzung des von ihm unbekämpften und daher in Rechtskraft erwachsenen Betrags von 71.222,73 EUR brutto sA im Detail aufgeschlüsselt. Wie auch vom Berufungsgericht (Teilurteil S 45) wiedergegeben, enthielt diese Aufschlüsselung eine abgezinste Abfertigung in Höhe von 60.701,89 EUR (34.360,75 EUR Verdienstentgang; 26.341,14 EUR Steuern), die der Beklagte also unbekämpft ließ. In der Folge erachtete das Berufungsgericht die Berechnungsweise des Beklagten zur Verdienstentgangsentschädigung des Klägers als richtig und folgte ihr. Wenn es in Spruchpunkt I des Teilurteils den in Teilrechtskraft erwachsenen Betrag von 71.222,73 EUR brutto sA wiedergab, ist danach nicht zweifelhaft, dass davon auch der unbekämpft gebliebene Abfertigungsbetrag von 60.701,89 EUR brutto (einschließlich 26.341,14 EUR an Steuern) umfasst war. Die klarstellende Aufschlüsselung des Betrags 71.222,73 EUR brutto sA im Berichtigungsbeschluss ist insofern nicht zu beanstanden.
[20] Strittig war damit lediglich die vom Beklagten bezüglich der abgezinsten Abfertigung bekämpfte Abgabenlast in Höhe weiterer 4.382,54 EUR an Steuern, deren Bekämpfung das Berufungsgericht aber als nicht gerechtfertigt erachtete (Teilurteil S 57). Die folgende Ausführung des Berufungsgerichts, „dass der erstgerichtliche Zuspruch des Brutto‑Abfertigungsverdienstentgangsbetrags von 65.084,43 EUR vom Berufungsgericht mit Teilurteil zu bestätigen ist“, bedeutet danach nichts anderes, als dass das Berufungsgericht den gesamten Betrag an Brutto‑Abfertigungsverdienstentgang als berechtigt ansah. Daraus folgt aber zwangsläufig ein Korrekturbedarf von Spruchpunkt I.1. im Sinn eines weiteren Zuspruchs von (nur) 4.382,54 EUR brutto (anstatt des dort offenkundig irrig zugesprochenen gesamten Betrags von 65.084,43 EUR brutto), käme es sonst doch zu einem doppelten Zuspruch der Differenz. Dem trägt auch die Berichtigung der Begründung Rechnung.
[21] - Zur Verdienstentgangsentschädigung (weitere Aufschlüsselung des Betrags von 71.222,73 EUR brutto sA in Spruchpunkt I; Berichtigung in Spruchpunkt I.1. und I.3.).
[22] Wie aus der dargestellten Aufschlüsselung des Beklagten hervorgeht, blieb auch der aufgeschlüsselte Nettodifferenzbetrag 2010 bis 2017 in Höhe von 5.955,40 EUR (Verdienstentgang) zuzüglich 4.565,44 EUR (Steuern) = 10.520,84 EUR brutto von ihr unbekämpft. Das Berufungsgericht folgte, wie dargelegt, der Berechnungsweise des Beklagten und ermittelte den Nettodifferenzschaden ebenfalls in der Höhe von 5.955,40 EUR (Teilurteil S 55 f). Es konnte lediglich die Abgabenlast dafür nicht beziffern. Auch hier kann daher kein Zweifel bestehen, dass der vom Erstgericht zugesprochene und vom Beklagten unbekämpft gebliebene Betrag von 71.222,73 EUR brutto diesen unbekämpften Betrag von 5.955,40 EUR netto an Verdienstentgangsentschädigung zuzüglich des ebenfalls unbekämpft gebliebenen Betrags von 4.565,44 EUR an Steuern umfasste und folglich von der Teilrechtskraft des Ersturteils erfasst war. Als Entscheidungswille des Berufungsgerichts ist damit zwanglos erkennbar, dass es über die Steuerlast nur in einem allfälligen, über 4.565,44 EUR hinausgehenden Umfang noch nicht absprechen wollte (und nicht, wie in Spuchpunkt I.1. und I.3. des Teilurteils ursprünglich irrig formuliert, „im Umfang der Zuerkennung der 5.955,40 EUR netto entsprechenden Bruttoverdienstentgangsentschädigung“). Ein rechtskräftiger Zuspruch von 4.565,44 EUR Steuern unter gleichzeitiger Aufhebung des Ersturteils in diesem Umfang (Spruchpunkt I.3.) wäre offenkundig widersprüchlich. Auch die Berichtigung dieses Spruchpunktes ist danach nicht korrekturbedürftig.
[23] In Summe hat das Berufungsgericht daher die Berufung des Beklagten in dem von ihm bekämpften Umfang von 90.674,33 EUR brutto
- hinsichtlich eines Betrags von 4.382,54 EUR brutto (Abfertigungsverdienstentgang) als nicht berechtigt erachtet,
- hinsichtlich eines auf 5.955,40 EUR netto (Verdienstentgangsentschädigung 17. 6. 2010 bis 31. 12. 2017) entfallenden, 4.565,44 EUR übersteigenden Steuerbetrags als klärungsbedürftig erachtet
- und hinsichtlich des restlichen Betrags von 86.291,79 EUR brutto abzüglich eines auf 5.955,40 EUR netto entfallenden, 4.565,44 EUR übersteigenden Steuerbetrags als berechtigt erachtet.
[24] Dies hat es nun mit dem bekämpften Berichtigungsbeschluss in Entsprechung seines im Teilurteil ausführlich dargelegten Entscheidungswillens zum Ausdruck gebracht. Da damit aber nur die Konkordanz zwischen dem geäußerten Entscheidungswillen und dem Spruch der Entscheidung des Berufungsgerichts hergestellt wurde, ging die Berichtigung nicht über die Grenzen des § 419 ZPO hinaus. Dementsprechend liegen auch die vom Kläger vorgebrachten Aktenwidrigkeiten nicht vor.
[25] II.3. Dass das Berufungsgericht in Spruchpunkt A.I.1. das Ersturteil auch im Hinblick auf den klagsabweisenden Teil des Spruchs „als Teilurteil bestätigt“, wird im Rekurs nicht gerügt und ist auf das Verständnis dieses Spruchteils als Klagsabweisung ohne Einfluss.
[26] Gegenstand der Überprüfung der Berichtigung ist auch nicht, dass die Aufhebung in Spruchpunkt A.I.3. in einem betragsmäßig unbezifferten Umfang („… EUR 4.565,44 allenfalls übersteigenden Steuerbetrags“) erfolgt und, davon abhängig, auch der Umfang des abgewiesenen Betrags (Spruchpunkt A.I.1.) nicht beziffert ist. Entscheidungswille des Berufungsgerichts war eine Aufhebung zur Ermittlung einer allenfalls über 4.565,44 EUR hinausgehenden Abgabenlast zum Nettobetrag von 5.955,40 EUR sowie zur Klärung des Kostenpunktes. Dass nur noch die Steuerfrage zu diesem Nettobetrag und die Kostenfrage zu klären waren, entsprach in der Folge auch dem Verständnis der Parteien, wenn sie als verbleibenden Verfahrensgegenstand „die netto 5.955,40 EUR bzw der entsprechende Bruttoverdienstentgangsentschädigungsbetrag samt Kostenentscheidung“ erörterten (Protokoll ON 152 S 2). Eine Aufhebung in einem betragsmäßig bezifferten Umfang war vom Berufungsgericht nicht intendiert und wird vom Kläger auch nicht angestrebt.
[27] Ein Eingriff in die Rechtskraft des Ersturteils vom 31. 7. 2020 liegt entgegen der Ansicht des Klägers schon deshalb nicht vor, weil das Erstgericht damit über jenen Teil des Klagebegehrens abgesprochen hat, um den der Kläger sein Begehren ungeachtet des verbliebenen und erörterten Verfahrensgegenstands ausgedehnt hatte (Protokoll ON 152 S 3).
[28] III. Zusammenfassend liegt hier ein Berichtigungsfall vor. Dem Rekurs des Klägers ist daher keine Folge zu geben.
[29] Der Kläger hat dessen Kosten selbst zu tragen (§§ 40, 50 ZPO).
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