Spruch:
1) Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
2) Der außerordentlichen Revision der beklagten Partei wird Folge gegeben.
Das Berufungsurteil wird, soweit darin über das in erster Instanz rechtskräftig abgewiesene Klagebegehren auf Zuspruch von S 509.948,08 sA neuerlich entschieden wurde, als nichtig aufgehoben.
Im Übrigen werden die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abgeändert, dass sie einschließlich der bereits in Rechtskraft erwachsenen Teile insgesamt wie folgt zu lauten haben:
"Die Klageforderung besteht mit S 1,047.789,24 zu Recht.
Die eingewendete Gegenforderung von S 2,9 Mio. besteht bis zur Höhe der Klageforderung zu Recht.
Das Klagebegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei S 4,009.948,09 sA zu zahlen, wird abgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 332.875,70 (darin S 55.425,95 Umsatzsteuer und S 320,- Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz und die mit S 40.929,- bestimmten Kosten des Verfahrens zweiter Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen."
Die klagende Partei ist ferner schuldig, der beklagten Partei die mit S 23.022,- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 3.837 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Über das Vermögen der B*****AG (in der Folge: AG) wurde mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 26. 5. 1992 der Konkurs eröffnet; zum Masseverwalter wurde der Kläger bestellt.
Der Beklagte, der bis 31. 3. 1992 Vorstandsvorsitzender der AG war, wurde zu 11 d Vr 6749/92, Hv 2488/96 des Landesgerichtes für Strafsachen Wien rechtskräftig des Vergehens nach § 123 GmbHG in der bis 31.12. 1991 geltenden Fassung (Pkt. A des Urteilsspruchs), des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2, zweiter Fall StGB (Pkt. B des Urteilsspruchs) und des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 1 und 2 StGB als leitender Angestellter nach § 161 Abs 1 StGB (Pkt. C des Urteilsspruchs) schuldig erkannt. Nach dem Schuldspruch hat er
A) als Geschäftsführer der B*****gesmbH (Rechtsvorgängerin der AG; in der Folge: GesmbH) in Jahresabschlüssen, Bilanzen und Geschäftsberichten den Vermögensstand der Gesellschaft falsch dargestellt und Tatsachen verschwiegen, deren Verschweigung über den Vermögensstand der Gesellschaft zu täuschen geeignet war, indem er (und ein Mittäter) die Bilanz 1990 durch Aufnahme von fingierten Fakturen, denen keine oder keine entsprechenden Gegenleistungen gegenüberstanden (über insgesamt S 15,328.260,- ) verfälschten und damit eine scheinbare Verbesserung des Bilanzergebnisses bewirkten und darstellten;
B) die ihm durch Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, als
Geschäftsführer der GesmbH und (nach deren Umwandlung) als Vorstandsvorsitzender der AG über fremdes Vermögen zu verfügen oder die Gesellschaft zu verpflichten, wissentlich missbraucht und dadurch der GesmbH bzw. der AG Vermögensnachteile zugefügt, wobei der Schaden S 500.000,- übersteigt, indem er
1) als Mittäter mit Kaufvertrag vom 30. 3. 1992 einen zum Betriebsvermögen der AG gehörenden PKW, dessen Verkehrswert S 280.000.- betrug, um S 170.407,- an Gabriele D***** verkaufte (Schaden der AG S 109.593,-);
2) von Jänner 1991 bis Ende März 1992 eine bei der AG beschäftigte und von ihr bezahlte Reinigungskraft ausschließlich mit der Erbringung von Arbeitsleistungen zugunsten seines Privatbereichs verwendete (Schaden der AG: S 342.515,44);
3) als Mittäter durch 1991 abgeschlossene Vereinbarungen eine Werbeagentur veranlasste, die im Zusammenhang mit Werbeaufträgen der AG von Medien gewährten Provisionen an eine dritte Gesellschaft weiterzugeben (Schaden der AG: S 595.680,80);
C) als Vorstandsvorsitzender der AG, die Schuldnerin mehrerer
Gläubiger war,
1) im Zeitraum 1990 bis Ende 1991 die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft insbesondere dadurch fahrlässig herbeigeführt, dass er als Mittäter eine unkontrollierte Expansionspolitik ohne ausreichend gesicherte Finanzierung betrieb, überhöhte Investitionen in Beteiligungen vornahm, Verluste erwirtschaftete sowie ungerechtfertigte Aufwandsverrechnungen, Entnahmen und Ausschüttungen vornahm;
2) als Mittäter von Anfang 1992 bis Ende März 1992 in fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft fahrlässig die Befriedigung ihrer Gläubiger insbesondere dadurch geschmälert, dass er den Geschäftsbetrieb fortführte, erhebliche Kreditaufnahmen tätigte, neue Schulden einging, alte Schulden zahlte und ein Insolvenzverfahren nicht rechtzeitig beantragte.
Das Strafgericht ging in seinen Feststellungen ua davon aus, dass der Beklagte mit S 1,870.000,- pro Jahr Bezüge vereinnahmt habe, die in keiner Relation zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der AG gestanden seien und dass sich die Vorstandsmitglieder in Zeiten großer Verluste einen luxuriösen Fuhrpark geleistet hätten. So seien allein dem Beklagten bzw. seiner Gattin drei PKW mit monatlichen Leasingraten von insgesamt S 79.000,- zur Verfügung gestellt worden. Die Kosten für den Erhalt des Fuhrparks hätten 1991 ca S 5,6 Mio. betragen.
Der Kläger begehrte zunächst S 3,726.047,- sA. Über Anweisung des Beklagten habe die AG 1991 bis 1993 auf dessen Rechnung in dieser Höhe Zahlungen geleistet, welche seinen Privatbereich betroffen hätten. In weiterer Folge wurde dieses Begehren "auch auf die deliktische Haftung des Beklagten als bis 31. 3. 1992 verantwortlicher Vorstandsvorsitzender" gestützt.
Der Beklagte bestritt dieses Begehren dem Grunde und der Höhe nach und wendete Verjährung ein.
In der Tagsatzung vom 17. 2. 1998 (ON 18) erklärte der Beklagte, er "rechne(t) auf mit von der beklagten Partei zugunsten der klagenden Partei bezahlten Bankkrediten, wozu die beklagte Partei als Bürgin verpflichtet gewesen sei, in der Größenordnung von zusammen S 2,9 Mio." Ferner brachte er vor, dass der "streitgegenständliche" vom ihm benützte PKW "praktisch" als sein Privatfahrzeug anzusehen gewesen sei, obgleich Leasingnehmerin die AG gewesen sei. Diese habe es aber unterlassen, den Leasingvertrag auf den Beklagten zu überbinden, sodass durch die Auflösung des Vertrages hohe Belastungen aufgelaufen seien, die nunmehr ihm angelastet werden sollten. Tatsächlich hätten sie den Kläger - "zumindest aus dem Titel des Schadenersatzes" - zu treffen.
In der Tagsatzung vom 23. 4. 1998 (ON 21) schränkte der Kläger aufgrund eines mittlerweile eingeholten Sachverständigengutachtens das Klagebegehren auf S 509.948,08 sA ein und dehnte es unter einem um S 3,500.000,- aus. Er stützte dieses zuletzt genannte Begehren "auf deliktische Haftung des Beklagten als vormaliger Vorstand der Gemeinschuldnerin, welcher ... wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida nach § 159 Abs 1 Z 1 und 2 StGB verurteilt" worden sei. "Infolge Verletzung von Schutzgesetzen zugunsten der Gläubiger, insbesondere auch wegen Verletzung des § 69 KO, wegen Konkursverschleppung" habe der Beklagte "insbesondere auch den Neugläubigern nach Erkennbarkeit der Zahlungsunfähigkeit ab spätestens 31. 12. 1991 den Gläubigern einen Schaden zumindest in Höhe von S 3,5 Mio. schuldhaft verursacht".
In der Tagsatzung vom 1. 3. 1999 erklärte der Kläger, dass seine Schadenersatzansprüche den Betrag von S 3,5 Mio. weit übersteigen und dass er die Gegenforderung des Beklagten auf den nicht eingeklagten Betrag aufrechne, sodass lediglich der eingeklagte Betrag verbleibe. Hinsichtlich des eingeklagten Betrages werde auf das bindende und in seinen Feststellungen schlüssige rechtskräftige Strafurteil verwiesen, in dem insbesondere folgende vom Beklagten zu vertretende Schäden ziffernmäßig genannt seien: S 109.593,-, S 342.515,44 und S 595.680,- (Anm: dem Vorwurf der Untreue zugrunde liegende Fakten) sowie "allgemeiner Gläubigerschaden Bilanzverfälschungen 1990 und unter Vortäuschung einer nicht entsprechenden Kreditwürdigkeit zumindest S 100 Mio.", "unnotwendiger Fuhrpark" S 5,6 Mio und ungerechtfertigte Bezüge für zwei Jahre von insgesamt S 3,740.000,-. Das Klagebegehren werde auf jeden erdenklichen Rechtsgrund gestützt, insbesondere "auf Verletzung von Schutzgesetzen gemäß §§ 1293, 1311 ABGB, 159 StGB, 15 HGB, 67, 69 KO und 84 Abs 5 Aktiengesetz".
Dem hielt der Beklagte entgegen, dass der Masseverwalter die auf Delikt beruhenden Ersatzansprüche von Gesellschaftsgläubigern gegenüber Organen der Gesellschaft nicht geltend machen könne. Ferner erklärte er, vorsichtshalber mit einem vertraglichen Abfertigungsanspruch gegen die AG von S 4 Mio. aufzurechnen.
Der Kläger erwiderte ua, er werde "vorsorglich auch Zessionen der betroffenen Gesellschaftsgläubiger" einholen. Die Abfertigungsansprüche des Beklagten weise er im Hinblick auf die ihm zur Last gelegte Untreue zurück.
In der Tagsatzung vom 19. 4. 1999 brachte der Kläger vor, dass die "originären Ansprüche der Konkursmasse" höher seien als der Klagebetrag, sodass aus gebührenrechtlichen Gründen keine schriftliche Abtretungsanzeige hinsichtlich der weiteren Forderungen, insbesondere über S 100 Mio., vorgelegt werde. Der abgeleitete Gläubigerschaden von rd S 100 Mio. sei durch die Forderungsanmeldung einer Bank gedeckt. "Sollte es das Gericht für erforderlich halten", werde dafür, "dass der Kläger auch hinsichtlich dieser Ansprüche legitimiert sei" die Einvernahme des Leiters der Rechtsabteilung der Bank beantragt.
Das Erstgericht sprach aus, dass die Klageforderung mit S 3,500.000,-
(ohne Zinsen) zu Recht und mit S 509.948,08 nicht zu Recht bestehe; die Gegenforderungen bestünden nicht zu Recht; der Beklagten sei schuldig, dem Kläger S 3,500.000,- zu zahlen. Das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer S 509.948 sA wurde abgewiesen.
Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, dass der Beklagte mit seiner Gegenforderung von S 2,9 Mio. nur gegen die ursprüngliche, letztlich eingeschränkte Klageforderung aufgerechnet habe, nicht aber gegen die erst später geltend gemachte Klageforderung von S 3,5 Mio. Die noch verbleibende ursprüngliche Klageforderung sei durch Aufrechnung mit der vom Kläger anerkannten Gegenforderung getilgt. Sie wäre auch verjährt, zumal sie nicht auf deliktische Haftung, sondern auf nützliche Verwendung der AG für Aufwände des Beklagten gestützt worden sei. Eine Unterbrechung der Verjährung durch Vergleichsverhandlungen sei nicht eingetreten. Die ursprüngliche Klageforderung habe daher abschließend erledigt werden können. Hinsichtlich der später geltend gemachten Klageforderung ergebe sich aus dem für dieses Verfahren bindenden Strafurteil, dass die AG durch das Verhalten des Beklagten geschädigt worden sei. Dies betreffe die Untreuefakten mit einem Gesamtschaden von S 1,047.789,24. Das Vergehen der fahrlässigen Krida nach § 159 StGB stelle üblicherweise "den deliktischen Tatbestand für Gläubigerschutzbestimmungen und Durchgriffsrechte auf die Vorstandsmitglieder bzw. Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften dar". Der Kläger sei nicht legitimiert, ohne weiteres die Ansprüche der verkürzten Gläubiger geltend zu machen. Zur behaupteten Zession sei das Beweisverfahren nicht abgeschlossen. Jedenfalls hätten die ungerechtfertigt hohen Bezüge von zweimal S 1,870.000,- zum Ruin der Gesellschaft beigetragen. Dies bewirke einen entsprechenden Schadenersatzanspruch der AG. Schon dadurch sei die Klageforderung von S 3,5 Mio. gedeckt, sodass es keiner weiteren Erhebungen bedurft habe. Gegen diese Forderung habe der Beklagte nur mit seinen Abfertigungsansprüchen aufgerechnet. Diese bestünden jedoch im Hinblick auf seine massiven strafbaren Handlungen nicht zu Recht.
Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil über Berufung des Beklagten dahin ab, "dass es einschließlich der in Rechtskraft erwachsenen Abweisung des Zinsenbegehrens insgesamt zu lauten habe:
Die Klageforderung besteht mit S 4,009.948.08 zu Recht.
Die Gegenforderung besteht mit S 2,900.000,- zu Recht.
Der Kompensationseinwand hinsichtlich der weiteren Gegenforderung in der Höhe von S 4,000.000,- wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei S 1.109.948,08 binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei S 2,900.000,- samt 12 % Zinsen aus S 509.948,08 seit 1. 1. 1994 sowie 4 % Zinseszinsen ab Klagstag zu bezahlen, wird abgewiesen".
Ferner sprach das Berufungsgericht aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, dass die Aufrechnungserklärung des Beklagten betreffend die Forderung von S 2,9 Mio. nach ihrem Inhalt und den unmittelbar vorher und nachher abgegebenen Erklärungen des Beklagten als prozessualer Aufrechnungseinwand zu werten sei. Die Ausführungen des Erstgerichtes zu dieser Gegenforderung seien widersprüchlich, weil zum einen von der Tilgung der (ursprünglichen) Klageforderung durch die Gegenforderung ausgegangen, zum anderen aber die Meinung vertreten werde, die (ursprüngliche) Klageforderung sei verjährt. Für den Fall der Annahme der Tilgung dieser Forderung durch die Gegenforderung hätte das Erstgericht auch diese Forderung, aber auch die Gegenforderung als zu Recht bestehend feststellen und die Kompensation vornehmen müssen. Der tatsächlich gewählte Spruch entspreche hingegen der nur hilfsweisen Darlegung des Erstgerichtes, die (ursprüngliche) Klageforderung sei verjährt. Diese Annahme treffe jedoch nicht zu (siehe dazu im Detail die Ausführungen des Berufungsgerichtes S 18 ff).
Die aus den im Strafurteil bindend festgestellten Untreuehandlungen erwachsenden Klageforderungen von S 1,047.789,24 bestreite der Beklagte nicht mehr. Aber auch der restliche Teil der erst im Laufe des Verfahrens geltend gemachten Klageforderung bestehe zu Recht. Der Beklagte behaupte gar nicht, dass er die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters iS des § 84 Abs 2 AktG angewendet habe, als er die Anschaffung des luxuriösen Fuhrparks veranlasst habe. Die Verurteilung wegen fahrlässiger Krida hindere die zivilrechtliche Beurteilung, dass er dadurch der Gesellschaft Schaden verursacht habe, nicht. Er sei verpflichtet, der Gesellschaft den durch seine sorgfaltswidrigen Handlungen verursachten Schaden zu ersetzen. Da bereits die aus der Anschaffung eines luxuriösen Fuhrparks resultierende Forderung von S 5,9 Mio. die Klageforderung mehr als abdecke, müsse auf die übrigen geltend gemachten Ansprüche nicht mehr eingegangen werden.
Die vom Beklagten eingewendete Gegenforderung von S 2,9 Mio. habe der Masseverwalter anerkannt. Entgegen der Meinung des Erstgerichtes sei der entsprechende Aufrechnungseinwand des Beklagten auch auf die erst später geltend gemachten Klageforderungen zu beziehen, weil sich ein derartiger Einwand seinem Wesen nach auf alle im Verfahren geprüften Klageforderungen beziehe. § 20 KO stehe der Aufrechnung nicht entgegen, weil der Beklagte als Bürge zur Forderungsübernahme verpflichtet gewesen und nicht behauptet worden sei, dass er bei Eingehen der Verpflichtung von der Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin Kenntnis gehabt habe oder hätte haben müssen.
Da bei einem dreigliedrigen Spruch weder der Ausspruch über die Klageforderung noch jener über die Gegenforderung der Rechtskraft fähig sei, sei auch der Bestand der weiters eingewandten Gegenforderung in Höhe von S 4 Mio. (Abfertigung) zu prüfen. Nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten sei dieser Anspruch jedoch erst am 26. 3. 1992 - also erst sechs Monate vor Konkurseröffnung - entstanden; er sei - wie sich aus dem Strafurteil ergebe - in fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit erworben worden. Gemäß § 20 Abs 1 KO sei daher die Aufrechnung unzulässig.
Der Versuch des Klägers, die anerkannte Gegenforderung durch Aufrechnung "auf den nicht eingeklagten Betrag" seiner Klageforderung abzuwehren, gehe fehl. Der Beklagte bestimme durch die Aufrechnungserklärung, gegen welche Forderungen aufgerechnet werde. Die Aufrechnungserklärung habe nur Eventualcharakter; die Tilgung trete erst ein, wenn die Klageforderung zu Recht bestehe. Eine nicht klagegegenständliche Forderungen betreffende Gegenaufrechnungseinrede des Klägers sei ausgeschlossen.
Die ordentliche Revision sei nicht zuzulassen, weil es sich um eine Entscheidung im Einzelfall handle und das Berufungsgericht nicht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen sei.
Gegen dieses Urteil richten sich die außerordentlichen Revisionen beider Parteien.
Der Kläger bekämpft es in seinem das Klagebegehren abweisenden Teil wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung und beantragt, es im Sinne der Ab- bzw. Zurückweisung der gesamten Gegenforderung und der gänzlichen Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise stellt er einen Aufhebungsantrag.
Der Beklagte bekämpft die Berufungsentscheidung in ihrem dem Klagebegehren stattgebenden Teil wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und beantragt, sie im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern. Hilfsweise wird beantragt, dem Klagebegehren lediglich im Umfang von S 600.000,- stattzugeben.
Der Kläger beantragt in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung, der Revision des Beklagten nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
1) Die außerordentliche Revision des Klägers ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iS des § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig.
Im Gegensatz zur Meinung des Revisionswerbers hat das Berufungsgericht keine "Zweifelsregel" aufgestellt, dass "im Zweifel" eine undeutliche Aufrechnungserklärung nicht als Erklärung der außergerichtlichen, sondern als Erklärung der gerichtlichen Aufrechnung zu werten sei. Vielmehr hat das Berufungsgericht ausführlich begründet, warum seiner Ansicht nach "kein Zweifel" daran bestehen könne, dass die entsprechende Erklärung des Beklagten nur als gerichtliche Aufrechnungserklärung aufgefasst werden könne. Dem ist zuzustimmen, weil - wie im Berufungsurteil zutreffend ausgeführt - der Beklagte unmittelbar vor und unmittelbar nach der Aufrechnungserklärung die Klageforderung bestritten hat. Dies lässt sich aber mit der Annahme einer außergerichtlichen Aufrechnung, welche die Anerkennung der Hauptforderung voraussetzt (RIS-Justiz RS0033970; zuletzt 8 ObA 293/99t), nicht vereinbaren. Welche "Beweisaufnahmen" oder "Erhebungen" durch das Berufungsgericht zu einem anderen Auslegungsergebnis hätten führen können, ist nicht ersichtlich.
Dass das Berufungsgericht die Gegenforderung des Beklagten von S 2,9 Millionen als zu Recht bestehend erachtet habe, bestreitet der Kläger mit dem Einwand, diese Forderung nur deshalb anerkannt zu haben, weil er eine außergerichtliche Aufrechnungserklärung abgegeben habe und diese notgedrungen die Anerkennung vorausgesetzt habe. Damit bestreitet er gar nicht, die in Rede stehende Gegenforderung anerkannt zu haben. Statt dessen macht er geltend, dass diese Forderung durch die von ihm (dem Kläger!) erklärte Aufrechnung mit seiner nicht eingeklagten Schadenersatzforderung von mehr als S 100 Mio. getilgt sei. Damit ignoriert der Revisionswerber die Ausführungen des Berufungsgerichtes, wonach seine Erklärung, mit nicht eingeklagten Forderungen gegen die vom Beklagten eingewendete Gegenforderung aufzurechnen, im Sinne der ständigen Rechtsprechung als unzulässige Gegenaufrechnungseinrede zu qualifizieren sei (vgl die schon vom Berufungsgericht zitierten Belegstellen). Dass diese Ausführungen unrichtig sein sollen, behauptet er gar nicht.
Die Ausführungen des Revisionswerbers zu § 20 KO sind unverständlich. Sie befassen sich nämlich ausschließlich mit dem Abfertigungsanspruch des Beklagten. Die darauf gerichtete Gegenforderung des Beklagten wurde vom Berufungsgericht ohnedies zurückgewiesen (und ist im Übrigen - wie noch zu zeigen sein wird - im Revisionsverfahren nicht mehr von Bedeutung).
2) Die außerordentliche Revision des Beklagten ist zulässig, weil er einen Umstand aufzeigt, der die teilweise Nichtigkeit der Berufungsentscheidung bewirkt (1 Ob 2093/96t; RZ 1994/45; 10 Ob 13/97b; 8 Ob 369/97s). Sie ist auch berechtigt.
Dem Beklagten ist zuzustimmen, dass das Berufungsgericht neuerlich über das (ursprüngliche) Klagebegehren von S 509.948,08 entschieden hat - es stellte diese Klageforderung im ersten Teil des dreigliedrigen Spruchs als berechtigt fest und berücksichtigte sie bei der im dritten Teil des Spruchs zum Ausdruck gebrachten Kompensation mit der als zu Recht bestehenden Gegenforderung - obwohl das Erstgericht diesen Teil der Klageforderung abgewiesen hat und diese Abweisung als unbekämpft in Rechtskraft erwachsen ist. Zwar trifft es zu, dass nach der Rechtsprechung die Entscheidung über die Klageforderung für sich allein nicht in Rechtskraft erwachsen kann (Rechberger in Rechberger, ZPO**2, Rz 14 zu § 411); unzweifelhaft rechtskräftig geworden ist aber die vom Erstgericht vorgenommene Abweisung dieses Teils der Klageforderung, die somit einer neuerlichen Entscheidung darüber entgegenstand.
Dabei verkennt der Oberste Gerichtshof nicht, dass die Entscheidung des Erstgerichtes über diesen Teil der Klageforderung widersprüchlich ist, weil einerseits - wie schon vom Berufungsgericht dargelegt - von der Tilgung der ursprünglichen Klageforderung durch die compensando eingewendete Gegenforderung, andererseits aber von der mangelnden Berechtigung dieser Forderung ausgegangen wird. Dies hat zur Folge, dass nach der Urteilsbegründung nicht restlos klar ist, ob nun der auf diesen Teil der Klageforderung entfallende Teil der Gegenforderung durch Aufrechnung "verbraucht" ist, oder nicht. Dies ändert aber nichts daran, dass die Klageforderung von S 509.948,08 vom Erstgericht mit seinem (wie zu zeigen sein wird: widerspruchsfreien) Urteilsspruch unbekämpft und daher rechtskräftig abgewiesen wurde. Durch seine neuerliche Entscheidung über diese Klageforderung hat das Berufungsgericht in die Rechtskraft des entsprechenden Teils des Ersturteils eingegriffen, sodass das Berufungsurteil in diesem Umfang als nichtig aufzuheben war (vgl Rechberger in Rechberger, ZPO**2, Rz 2 zu § 411).
Die vom Berufungsgericht aufgezeigten Widersprüche in der Urteilsbegründung ändern nicht nur nichts daran, dass die Klageforderung von S 509.948,08 vom Erstgericht abgewiesen wurde, sie erlauben es auch nicht, den an sich klaren und unmissverständlichen Urteilsspruch im Hinblick auf die (hier nicht zu überprüfende) Unrichtigkeit einer von mehreren Urteilsbegründungen umzuinterpretieren. Zwar ist richtig, dass bei der Auslegung der Tragweite des Urteilsspruchs die Entscheidungsgründe zur Auslegung des Urteilsspruchs heranzuziehen sind (SZ 49/81; RIS-Justiz RS0000300; RS0000315). Ist aber - wie hier - der Wortlaut des Spruches völlig klar, können Widersprüche in der Urteilsbegründung nicht zu einer von seinem eindeutigen Wortsinn abweichenden Auslegung des Urteilsspruchs führen (SZ 41/103). Nach dem unmissverständlichen Wortlaut des Spruchs der erstgerichtlichen Entscheidung wurde aber die Klageforderung (nur) als mit S 3,500.000,- zu Recht bestehend festgestellt, was noch durch den (überflüssigen) Ausspruch verdeutlicht wurde, dass die Klageforderung mit S 509.948,08 nicht zu Recht bestehe. Damit ist aber klar, dass das Erstgericht im Spruch seiner Entscheidung die Berechtigung dieser Klageforderung verneinte - dies steht auch im Einklang mit den umfangreichen Ausführungen zur Verjährung - und dass daher die Gegenforderung von S 2,9 Mio. (die im Spruch als nicht berechtigt erachtet wird) nicht durch Aufrechnung mit dem in Rede stehenden Teil der Klageforderung verbraucht wurde. Dieses unmissverständliche Ergebnis des Ersturteils hätte der Kläger bekämpfen müssen, er hat dies aber nicht getan.
Auf die umfangreichen Ausführungen in der Revision zur Klageforderung von S 509.948,08 braucht daher nicht mehr eingegangen zu werden.
Die verbleibende Klageforderung ist im Umfang von S 1.047.789,24 (Untreuefakten) nicht mehr strittig; in diesem Umfang besteht die Klageforderung daher zu Recht. Dem Beklagten ist aber beizupflichten, dass die darüber hinausgehende Forderung des Klägers nicht zu Recht besteht.
Der klagende Masseverwalter stützte in erster Instanz - soweit er nicht den aus den Untreuehandlungen resultierenden Schaden geltend machte - die noch offene Klageforderung inhaltlich zunächst ausschließlich auf eine deliktische Außenhaftung des Beklagten gegenüber den Gesellschaftsgläubigern. Er verwies zunächst nur auf die Verurteilung des Beklagten nach § 159 StGB und auf den Charakter dieser Bestimmung als Gläubigerschutzvorschrift sowie auf einen den Gläubigern dadurch erwachsenden Schaden von S 3,5 Mio. Erst in der Tagsatzung vom 1. 3. 1999 verwies er auch auf einen "Allgemeinen Gläubigerschaden durch Bilanzverfälschung" - also abermals auf einen den Gläubigern erwachsenden Schaden - und erklärte im Übrigen, das Klagebegehren auf jeden erdenklichen Rechtsgrund, insbesondere auf Verletzung von Schutzgesetzen gemäß §§ 1293, 1311 ABGB, § 159 StGB, § 15 HGB, §§ 67, 69 KO und § 84 Abs 5 AktG zu stützen.
Die Vorschriften des § 159 Abs 1 Z 1 und 2 StGB, nach denen der Beklagte rechtskräftig und für das Zivilgericht bindend verurteilt wurde, sind Schutzgesetze zugunsten der Gläubiger und nicht der Gesellschaft (SZ 63/124; SZ 62/160; ecolex 1998, 772; zuletzt 1 Ob 228/99g uva). Daraus abgeleitete deliktische Schadenersatzansprüche der Gläubiger der Gesellschaft gegen deren Organe sind nicht Bestandteil des Vermögens der Gesellschaft. Daher ist nach stRspr zur Geltendmachung solcher Schadenersatzansprüche der Gläubiger gegen das Organ der insolvent gewordenen Gesellschaft deren Masseverwalter nicht legitimiert (SZ 60/151; SZ 63/124 mit ausdrücklicher Ablehnung gegenteiliger deutscher und österr. Lehrmeinungen ua, zuletzt ecolex 1998, 772).
Im Gegensatz zur Meinung des Erstrichters hat der Kläger eine Zession dieser Ansprüche durch die betroffenen Gläubiger an ihn nicht behauptet. Er hat lediglich vorgebracht, er werde vorsorglich solche Zessionen einholen (ON 32). In der Tagsatzung vom 19. 4. 1999 erklärte er, aus Gebührengründen keine schriftliche Abtretungsanzeige vorzulegen (ON 33). Dass eine Zession tatsächlich erfolgt ist, hat er niemals behauptet. Aus eben diesem Grund ist es auch ohne Bedeutung, dass er - für den Fall, dass es vom Gericht für erforderlich gehalten werde - die Einvernahme eines Zeugen "zur Frage, dass der Kläger auch hinsichtlich dieser Ansprüche legitimiert ist", beantragt hat. Bei diesem Beweisthema handelt es sich um eine rechtliche Wertung; Tatsachenbehauptungen, die diese Wertung rechtfertigen könnten, hat der Kläger aber nicht aufgestellt. Dieser Beweisantrag steht daher der sofortigen Entscheidung nicht entgegen.
Ansprüche der Gesellschaft, die der Kläger als Masseverwalter geltend machen könnte, hat er nicht schlüssig behauptet. Zwar ist richtig, dass die Verurteilung des Klägers eine ihm anzulastende Verletzung der Pflichten als Organ der Gesellschaft voraussetzt und daher bindend feststellt. Dessen ungeachtet trug der Masseverwalter die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass das Verhalten des Beklagten einen konkret zu bezeichnenden Schaden der Gesellschaft zu Folge gehabt habe (vgl 1 Ob 228/99g). Konkrete Tatsachenbehauptungen in diesem Sinne hat er aber nicht aufgestellt. Den im Zusammenhang mit der behaupteten Bilanzfälschung ohne jede Konkretisierung genannten Schaden bezeichnet er selbst als Gläubigerschaden; die mehr als dürftigen Behauptungen im Zusammenhang mit "unnotwendigem Fuhrpark" bzw. "ungerechtfertigten Bezügen" mögen im Zusammenhang mit dem Vorwurf der fahrlässigen Krida plausibel erscheinen, lassen aber für sich allein nicht erkennen, in welchem Umfang dadurch der Gesellschaft selbst ein Schaden entstanden ist. Dass der bloße Hinweis auf die durch Fuhrpark und Bezüge entstandenen Kosten dazu nicht ausreicht, ergibt sich schon daraus, dass ja wohl nicht gesagt werden kann, dass der Kläger überhaupt keine Bezüge erhalten hätte dürfen bzw. dass überhaupt kein Fuhrpark notwendig gewesen wäre. Für den Fuhrpark wird dies noch dadurch unterstrichen, dass sich die vom Berufungsgericht als Schaden genannte Zahl von S 5,9 Millionen nach dem Inhalt des insofern maßgebenden erstinstanzlichen Strafurteils offenkundig auf den gesamten Fuhrpark des Unternehmens bezieht. Die vom Berufungsgericht wiedergegebene anderslautende Formulierung, wonach die Kosten in dieser Höhe nur für die dem Kläger und seiner Gattin zur Verfügung gestellten Fahrzeuge aufgelaufen seien, entstammt dem im Strafverfahren ergangenen Berufungsurteil, in dem die Formulierung des erstinstanzlichen Urteils ungenau wiedergegeben wurde. Nun kann aber nicht ernsthaft behauptet werden, dass die Gesamtkosten des Fuhrparks des Unternehmens als vom Beklagten zu tragender Schaden zu werten seien. Jegliches Tatsachenvorbringen des Masseverwalters, aus dem entnommen werden könnte, in welchem Umfang der GesmbH tatsächlich durch das Verhalten des Klägers ein Schaden erwachsen ist, fehlt aber völlig.
Daraus ergibt sich, dass die noch offene Klageforderung nur im Umfang der nicht bestrittenen S 1.047.789,24 zur Recht besteht. Darüber hinausgehende Ansprüche wurden weder schlüssig geltend gemacht noch bewiesen.
Dass das Berufungsgericht zu Recht die Erklärung des Beklagten, mit seiner Gegenforderung von S 2,9 Mio. aufzurechnen, als gerichtliche Aufrechnungseinwendung wertete, wurde bereits anlässlich der Behandlung der Revision des Klägers ausgeführt. Ebenso ist dem Berufungsgericht beizupflichten, dass sich dieser Aufrechnungseinwand auf die gesamte Klageforderung bezieht; also auch auf jenen Teil, um den der Kläger sein Begehren erst nach der Aufrechnungserklärung ausgedehnt hat. Diese Auffassung erweist sich jedenfalls im vorliegenden Fall als zutreffend, weil der Beklagte seine Aufrechnungserklärung unmittelbar nach der Ankündigung der Ausdehnung des Klagebegehrens abgegeben hat. Es kann daher nicht zweifelhaft sein, dass er seine Gegenforderung der gesamten Klageforderung - unabhängig von Einschränkungen und Ausdehnungen - entgegenhalten wollte.
Dass dem Kläger die geltend gemacht Forderung von S 2,9 Mio zusteht, ist (wie schon oben gezeigt) im Revisionsverfahren ebensowenig strittig, wie die vom Berufungsgericht ausführlich begründete Zulässigkeit der Aufrechnung mit dieser Forderung trotz der Eröffnung des Konkurses.
In Stattgebung der Revision des Beklagten waren daher die Entscheidungen der Vorinstanzen wie im Spruch ersichtlich abzuändern.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens aller Instanzen gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die vom Beklagten für das Berufungs- und das Revisionsverfahren verzeichneten Gerichtsgebühren waren ihm nicht zuzusprechen, weil er aufgrund der ihm bewilligten Verfahrenshilfe von deren Entrichtung befreit war und sie demgemäß auch nicht beigebracht hat.
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