OGH 10Ob13/97b

OGH10Ob13/97b27.3.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kropfitsch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer, Dr.Ehmayr, Dr.Steinbauer und Dr.Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Alice K*****, Landwirtin,***** und 2. Oliver M*****, Angestellter, ***** beide vertreten durch Dr.Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in Bregenz, wider die beklagte Partei Sofie M*****, Gastwirtin, ***** vertreten durch Dr.Adolf Concin und Dr.Heinrich Concin, Rechtsanwälte in Bludenz, wegen Feststellung (Streitwert 80.000 S), infolge außerordentlicher Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgerichtes vom 19.November 1996, GZ 1 R 451/96y-17, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Bezau vom 17.Juli 1996, GZ 3 C 195/96t-10, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Aus Anlaß der außerordentlichen Revision der klagenden Parteien werden das Urteil des Berufungsgerichtes und das diesem vorangegangene Verfahren zweiter Instanz als nichtig aufgehoben und die Berufung der klagenden Parteien gegen das Urteil der ersten Instanz zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens und des Revisionsverfahrens werden gegenseitig aufgehoben.

Text

Begründung

Das auf Feststellung der Ungültigkeit eines Testamentes gerichtete Klagebegehren wurde mit Urteil des Erstgerichtes abgewiesen. Dieses Urteil wurde dem Klagevertreter am 29.Juli 1996 zugestellt.

Dagegen erhoben die beiden Kläger eine mit 23.September 1996 datierte und an diesem Tag zur Post gegebene Berufung, mit der sie die Abänderung des Ersturteils im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens beantragten.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung nicht Folge. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision der Kläger ist zulässig, weil - wie noch darzustellen sein wird - aus Anlaß dieses Rechtsmittels eine Nichtigkeit von Amts wegen wahrzunehmen ist und dieser Frage immer erhebliche Bedeutung zur Wahrung der Rechtssicherheit zukommt (1 Ob 2093/96t, RZ 1994, 138/45 mwN ua).

Die gegenständliche Rechtssache wurde mit Beschluß des Erstgerichtes vom 2.Juli 1996 zur Ferialsache erklärt. Bereits dem Protokoll über die mündliche Streitverhandlung vom 25.Juni 1996 ist zu entnehmen, daß die Parteien unter der Voraussetzung, daß "noch im Juli verhandelt wird", keinen Einwand gegen die Erklärung der Sache zur Ferialsache erhoben haben. Die Tagsatzung zur fortgesetzten mündlichen Streitverhandlung wurde daraufhin für den 17.Juli 1996 anberaumt. Der Beschluß auf Erklärung der Sache zur Ferialsache wurde den Parteien auf der Ladung zu dieser Tagsatzung bekanntgegeben, was nach herrschender Rechtsprechung (4 Ob 502/96, 3 Ob 624/79, SZ 39/221, SZ 36/7, JBl 1956, 319) und Lehre (Fasching, Kommentar II 1024; zweifelnd Gitschthaler in Rechberger, ZPO Rz 2 zu § 224) zulässig und wirksam ist. Der am 2.Juli 1996, also außerhalb der erst am 15.Juli beginnenden Gerichtsferien gefaßte Ausspruch, durch den die Sache zur Ferialsache erklärt wurde, bezog sich nach § 224 Abs 2 ZPO auf die nächstfolgenden Gerichtsferien (15.Juli bis 25.August 1996). Das Urteil erster Instanz wurde dem Klagevertreter während der Gerichtsferien zugestllt; diese hatten aber auf die Rechtsmittelfrist keinen Einfluß (§ 225 Abs 2 ZPO).

Das Berufungsgericht hat nicht beachtet, daß es sich um eine Ferialsache kraft richterlichen Beschlusses handelte und die erst am 23. September 1996 zur Post gegebene Berufung wegen Ablaufes der hierfür offenstehenden Frist verspätet war. Es hat anstelle eines Zurückweisungsbeschlusses eine Sacherledigung getroffen und damit gegen die Rechtskraft des Ersturteils verstoßen, die mit Ablauf des letzten Tages der gesetzlichen Notfrist am 26.August 1996 eingetreten war. Das Urteil und das diesem vorangegangen Verfahren der zweiten Instanz leiden daher an einer Nichtigkeit, die vom Obersten Gerichtshof nach § 411 Abs 2 ZPO aus Anlaß eines zulässigen Rechtsmittels auch von Amts wegen aufzugreifen ist (10 Ob 2215/96z, 1 Ob 2093/96t, 1 Ob 49, 54/95, JBl 1985, 630 ua). Die verspätete Berufung war demzufolge zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 51 Abs 2 ZPO. Die beklagte Partei hat auf die Verspätung der Berufung nicht hingewiesen.

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