Spruch:
Erklärung zur Ferialsache wirkt auch für spätere Gerichtsferien und bedarf keiner über den Spruch hinausreichenden Begründung.
Entscheidung vom 16. Jänner 1963, 1 Ob 281/62.
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien.
Text
Das Erstgericht gab dem auf Zahlung eines Betrages von 37.686 S 67 g s. A. gerichteten Klagebegehren hinsichtlich eines Betrages von 18.527 S 92 g s. A. Folge, wies das Mehrbegehren hingegen ab.
Der Beklagte focht dieses Urteil mit Berufung an.
Das Berufungsgericht wies die Berufung des Beklagten in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß als verspätet deshalb zurück, weil die gegenständliche Rechtssache vom Erstgericht mit Beschluß vom 7. Juli 1960 zur Ferialsache erklärt worden war und demzufolge nach Zustellung des Ersturteils an den Beklagtenvertreter am 11. August 1962 die am 8. September 1962 überreichte Berufung als verspätet anzusehen ist.
Gegen diesen Beschluß des Berufungsgerichtes richtet sich der Rekurs des Beklagten, in dem die Aufhebung des Beschlusses und die Zurückverweisung an die zweite Instanz zur weiteren Verhandlung und Entscheidung beantragt wird.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Auszugehen ist von der vom Berufungsgericht festgestellten Tatsache, daß die gegenständliche Rechtssache vom Erstgericht mit Beschluß vom 7. Juli 1960 zur Ferialsache erklärt worden ist und daß eine Aufhebung dieses Beschlusses nicht erfolgt ist; ferner davon, daß der Inhalt dieses Beschlusses den Parteien, wie es der Beklagte in seinem Rekurs selbst zugibt, auf der Vorladung zur mündlichen Streitverhandlung für den 29. Juli 1960 mitgeteilt worden ist; schließlich davon, daß nach erfolgter Zustellung des Ersturteils an den Beklagtenvertreter am 11. August 1962 die von diesem verfaßte Berufungsschrift erst am 8. September 1962, somit nicht innerhalb der 14tägigen Berufungsfrist des § 464 (1) ZPO., eingebracht worden ist. Legt man diese Tatsachen dem angefochtenen Beschluß des Berufungsgerichtes zugrunde, dann erweist sich der vom Berufungsgericht eingenommene Standpunkt, daß die Berufung verspätet eingebracht worden ist, als richtig. Die Erklärung einer Rechtssache zur Ferialsache gilt entgegen der vom Rekurswerber vertretenen Ansicht für die ganze Dauer des Verfahrens, also auch für spätere Gerichtsferien, es muß nicht vor jedem Beginn von Gerichtsferien eine neuerliche Erklärung der Sache zur Ferialsache erfolgen (SZ. XIX 329, AnwZ. 1936 S. 79, ebenso Fasching II S. 1025). Ebenso unzutreffend ist das weitere Vorbringen im Rekurs, daß es, um die Erklärung zur Ferialsache den Parteien gegenüber wirksam zu machen, erforderlich gewesen wäre, ihnen dies durch Zustellung der schriftlichen Ausfertigung eines Beschlusses bekanntzugeben, wobei dieser Beschluß auch eine Begründung dafür hätte enthalten müssen, warum die Sache zur Ferialsache erklärt worden ist, und daß die Verständigung der Parteien darüber, daß die Sache zur Ferialsache erklärt worden ist, durch Aufnahme eines Beisatzes auf der Vorladung nicht ausreiche. Der Beschluß, eine Sache zur Ferialsache zu erklären, kann - wie es im gegenständlichen Fall geschehen ist - auch in Form eines Beisatzes in der Vorladung wirksam zugestellt werden (JBl. 1956 S. 319, ebenso Fasching II S. 1024). Auch der Hinweis im Rekurs schließlich, daß der Beschluß des Erstgerichtes, die Rechtssache zur Ferialsache zu erklären, einer Begründung bedurft hätte, um rechtswirksam zu sein, und daß ein Beschluß ohne vorhandene Begründung unbeachtlich sei, da ihm die gesetzlichen Voraussetzungen des § 224 (2) ZPO. überhaupt fehlen, ist nicht stichhältig. Das Gericht kann gemäß § 224 (2) ZPO. eine Sache, soweit sie einer schleunigen Erledigung bedarf, von Amts wegen oder auf Parteienantrag zur Ferialsache erklären. Hat es einen solchen Beschluß gefaßt, so wurde dadurch unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, daß das Gericht die schleunige Erledigung der Sache ohne Rücksicht auf den Bestand von Gerichtsferien für erforderlich hielt. Einer über diesen Spruch hinausgehenden Begründung, warum das Gericht dieser Überzeugung gewesen ist, bedarf es nicht "umso weniger, als mangels Bestehens einer Anfechtungsmöglichkeit eines solchen Beschlusses auch keine Notwendigkeit für eine Rechtmittelinstanz besteht, die Gründe, welche das Gericht zu einer Entscheidung im Sinne des § 224 (2) ZPO. veranlaßt haben, einer Untersuchung und Überprüfung zu unterziehen. Davon, daß ein solcher vom Gericht gefaßter Beschluß der Rechtswirksamkeit entbehrt und unbeachtlich ist, ist somit keine Rede, der vom Gericht gefaßte Beschluß auf Erklärung der Rechtssache zur Ferialsache ist den Parteien gegenüber vielmehr durch Zustellung der diesen Beschluß enthaltenden Vorladung wirksam geworden und muß von den Parteien beachtet werden.
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