Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1189,44 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 198,24 EUR Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist seit 1. 4. 1988 bei der beklagten Partei beschäftigt. Auf sein Dienstverhältnis ist die Dienstordnung A für die Angestellten bei den Sozialversicherungsträgern Österreichs (DO.A) anwendbar. Gemäß § 22 DO.A ist der Kläger unkündbar. Die Dienstnehmer der beklagten Partei sind - neben ihrer ASVG-Beitragspflicht - gemäß der DO.A verpflichtet, besondere Pensionsbeiträge zu entrichten. Gemäß § 101 Abs 2 Z 1 DO.A betrug dieser zuletzt bei Bezügen bis zur Höchstbeitragsgrundlage gemäß § 45 ASVG 0,5 %. Für die diese Höchstbeitragsgrundlage bis zum Zweifachen übersteigenden Bezüge betrug der Pensionsbeitrag gemäß § 101 Abs 2 Z 2 DO.A im Jahr 2000 9 %, im Jahr 2001 9,25 %, im Jahr 2002 9,5 % und ab 1. 1. 2003 9,75 % (Art XLIX Z 4 der Übergangsbestimmungen zu § 101 Abs 2 Z 2 DO.A). Die zum Abschluss der DO.A berechtigten Kollektivvertragsparteien haben keine im Sinn des § 589 Abs 2 ASVG den §§ 460b und 460c ASVG idF BGBl I 142/2000 "gleichwertige" Regelung getroffen. Der Kläger begehrt die Zahlung von der Höhe nach unstrittigen 217,68 EUR brutto und die Feststellung, dass die von ihm nach der DO.A zu bezahlenden besonderen Pensionsbeiträge auch über den 1. 3. 2001 hinaus für jene Bezugsteile, die unter der sozialversicherungsrechtlichen, Höchstbeitragsgrundlage liegen, 0,5 % betragen, für jene Bezugsteile, die über der sozialversicherungsrechtlichen Höchstbeitragsgrundlage liegen, 9,25 % im Jahr 2001 betragen.
Der Kläger bezieht sich zusammengefasst darauf, dass durch das Budgetbegleitgesetz 2001 die §§ 460b und 460c ASVG eingeführt worden seien, die eine gesetzliche Erhöhung der Pensionsbeitragssätze für die DO.A Pensionen vorschrieben. Die gesetzliche Regelung sei von der Bedingung abhängig gemacht worden, dass sie nur dann mit 1. 3. 2001 in Kraft treten solle, wenn bis zu diesem Zeitpunkt in den Dienstordnungen, so also auch in der DO.A keine "gleichwertigen Regelungen" getroffen worden seien. Das Gesetz verlange also von den Parteien des Kollektivvertrages, dass sie Regelungen eines bestimmten Inhaltes zu treffen hätten, widrigenfalls jede Vertragsmacht durch ein verschlechterndes Gesetz substituiert werde. Diese Vorgangsweise des Gesetzgebers sei aus mehreren Gründen verfassungswidrig. Durch das Gesetz werde in die Normsetzungsbefugnis der Kollektivvertragsparteien eingegriffen, indem sie für den wesentlichen Bereich der Pensionsbeiträge abgeschafft werde. Dem Kläger werde dadurch mittelbar seine für das österreichische Arbeitsrecht typische institutionalisierte Mitwirkungskompetenz durch Belegschaftsvertretungen entzogen. Die Regelung der Pensionsbeiträge, die der Kläger zu leisten habe, sei nicht länger einem Kompromiss zwischen Arbeitgebervertretungen einerseits und Arbeitnehmervertretungen andererseits überantwortet, sondern dem alleinigen Dafürhalten des Gesetzgebers überlassen. Diese Regelungen würden dadurch weniger änderungsresistent, da es der Gesetzgeber in der Hand habe, einseitig verschlechternd in die Rechtsstellung der Beschäftigten einzugreifen. Im Rahmen des privatrechtlichen Dienstverhältnisses sei dem Kläger ein Pensionsanspruch zugesagt worden, der durch die Regelungen der DO.A kollektivrechtlich bestimmt werde. Der Kläger sei also privatrechtlich Herr über seinen Pensionsanspruch. Diese vertragliche Position des Klägers sei rechtlich als Eigentum zu qualifizieren. Die Substituierung dieses privat- und kollektivrechtlich konstituierten Rechtsanspruches durch ein Gesetz stelle eine verfassungswidrige Enteignung dar. Mit einer Angleichung des Pensionsrechtes der beklagten Partei an jenes der öffentlich-rechtlichen Bediensteten könne nicht argumentiert werden. Das privatrechtliche Dienstverhältnis des Klägers könne mit der Rechtsposition eines öffentlich-rechtlichen Bediensteten nicht verglichen werden. Die Position des Klägers sei vielmehr mit jener anderer privatrechtlich beschäftigter Arbeitnehmer zu vergleichen, denen aber im Unterschied zum Kläger - sehe man von den ÖBB-Bediensteten ab - durch Gesetz kein Sonderopfer in Form eines um 0,8 % erhöhten Beitrages zu Betriebspensionen vorgeschrieben worden sei. Eine sachliche Rechtfertigung für diese Ungleichbehandlung - die somit jedenfalls eine Eigentumsbeschränkung darstelle - sei nicht erkennbar. Überdies sei es unzulässig, den Wirksamkeitsbeginn eines Gesetzes von einer durch die Rechtsunterworfenen zu erfüllenden oder bis zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht erfüllten Protestativbedingung abhängig zu machen. Das gelte umso mehr, wenn die Potestativbedingung mit einem unbestimmten Gesetzesbegriff ("gleichwertige Regelung") verbunden sei.
Die beklagte Partei wendet ein, dass weder der Tatbestand der Enteignung noch jener einer wesentlichen Beschränkung des Eigentumsrechtes vorliege. Aus den Gesetzesmaterialien ergebe sich, dass es als Beitrag zur Budgetkonsolidierung zu einer Angleichung des beitragsrechtlichen Teiles des Pensionsrechtes der Sozialversicherungsbediensteten an dasjenige der öffentlich-rechtlichen Bediensteten zu kommen habe, wodurch der Bundeshaushalt im Wege der Reduzierung des erforderlichen Bundesbeitrages zur gesetzlichen Pensionsversicherung entlastet werde. Die Anhebung der Beitragssätze sei entsprechend den Regelungen des Pensionsrechtes für öffentlich-rechtliche Bedienstete erfolgt. Auch die Einwände des Klägers zu dem bedingten Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung träfen nicht zu. Das Gesetz sei ordnungsgemäß zustande gekommen und kundgemacht worden. Überdies stehe außer Streit, dass der in § 589 Abs 2 ASVG angeführte Tatbestand einer "gleichwertigen Regelung" nicht verwirklicht sei. Unzweifelhaft und wohl auch aus der Sicht des Klägers seien damit die hier gegenständlichen Bestimmungen mit 1. 3. 2001 in Kraft getreten. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.
Ausgehend von dem eingangs dargestellten unstrittigen Sachverhalt erachtete das Erstgericht, dass es nicht zur Beurteilung berufen sei, ob und inwieweit die §§ 460b und 460c ASVG verfassungswidrig seien. Hier sei jedenfalls unstrittig davon auszugehen, dass eine "gleichwertige" Regelung im Sinne des § 589 Abs 2 ASVG in der hier anzuwendenden DO.A nicht getroffen worden sei. Die §§ 460b und 460c ASVG seien daher am 1. 3. 2001 in Kraft getreten.
Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung des Klägers nicht Folge, wobei es in den Spruch seiner Entscheidung den Beschluss auf Zurückweisung des Antrages, beim Verfassungsgerichtshof die Überprüfung des § 460b ASVG im Zusammenhang mit § 589 Abs 2 ASVG idF des Budgetbegleitgesetzes 2001 auf ihre Verfassungsmäßigkeit anzuregen, aufnahm. Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision zulässig sei, weil zur Frage der Substituierung eines privatrechtlichen bzw kollektivvertraglich gesicherten Pensionsanspruches durch ein Gesetz Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht vorliege. Rechtlich vertrat das Berufungsgericht die Auffassung, dass dem Kläger zuzugestehen sei, dass der Einbehalt der erhöhten Pensionsbeiträge gemäß den §§ 460b und 460c ASVG de-facto eine Einkommensbuße darstelle. Der Verfassungsgerichtshof gehe jedoch in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass keine Verfassungsvorschrift den Schutz erworbener Rechtspositionen gewährleiste. Es falle in den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, eine einmal geschaffene Rechtsposition auch zu Lasten des Betroffenen zu verändern. Allerdings müsse die Aufhebung oder Abänderung von Rechten sachlich begründbar sein. Der Gleichheitssatz werde dann verletzt, wenn der Gesetzgeber bei Änderung der Rechtslage plötzlich und intensiv in erworbene Rechtspositionen eingreife, wobei dem aus dem Gleichheitssatz erfließenden Vertrauensschutz gerade im Pensionsrecht besondere Bedeutung zukomme. Berücksichtige man, dass ein Großteil der Mittel für die Pensionsleistungen der Dienstordnungspensionen im Wege der allgemeinen Beitragsleistung aus öffentlichen Mitteln bereitgestellt worden seien, erscheine die Anhebung der Beitragssätze um 0,8 %-Punkte zur Erhöhung des Deckungsgrades durch Beiträge der Versicherten als kein so intensiver Eingriff in das Eigentumsrecht der Dienstnehmer, dass dadurch ein sachlich nicht begründbarer Eingriff in erworbene Rechtspositionen bewirkt würde. Das Berufungsgericht sehe sich daher nicht veranlasst, einen Antrag auf Überprüfung des § 460b ASVG in Zusammenhang mit § 589 Abs 2 ASVG auf dessen Verfassungswidrigkeit beim Verfassungsgerichtshof zu stellen.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen vom Kläger erhobene Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig: Schon das bloße Aufzeigen verfassungsrechtlicher Bedenken gegen eine im Prozess anzuwendende Norm kann zentraler Inhalt einer rechtlichen Beurteilung oder einer Rechtsrüge sein, wenn es dabei um die Gültigkeitskontrolle der anzuwendenden Rechtsnorm geht und die Partei des Zivilprozesses nur auf diese Weise die Voraussetzungen für eine Normenüberprüfung über Antrag eines Gerichtes schaffen kann (1 Ob 2/92). Dabei ist das Gericht gemäß Art 89 Abs 2 BVG zur Stellung eines Antrages nicht erst dann verpflichtet, wenn es von der Verfassungswidrigkeit des anzuwendenden Gesetzes überzeugt ist; diese Verpflichtung trifft es vielmehr schon dann, wenn gegen die Verfassungsmäßigkeit (nur) Bedenken bestehen (RIS-Justiz RS0053977). Umgekehrt jedoch besteht nicht schon dann eine Verpflichtung zur Antragstellung an den VfGH, wenn eine Partei Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes äußert. Das anfechtungsberechtigte Gericht hat vielmehr als Vorfrage das Vorliegen solcher Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes selbständig nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen (RIS-Justiz RS0053638). Dabei ist auch die Art der in Frage stehenden Norm und ihre Position im Normenzusammenhang in Betracht zu ziehen und auf die bisherige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes Bedacht zu nehmen (RIS-Justiz RS0108286).
Aus folgenden Überlegungen teilt der Oberste Gerichtshof die vom Kläger geäußerten Bedenken gegen die Verfassungskonformität des § 460b ASVG im Zusammenhang mit § 589 Abs 2 ASVG idF des Budgetbegleitgesetzes 2001 nicht:
Wie die Parteien und die Vorinstanzen zutreffend erkannten, ist das Dienstverhältnis des Klägers zur beklagten Partei privatrechtlicher Natur (SZ 67/32; ZAS 1992/1 [Bydlinski] uva), auf dessen Inhalt die entsprechenden Bestimmungen der Dienstordnung (DO), die ein Kollektivvertrag ist (RIS-Justiz RS0054394; zuletzt 9 ObA 56/00a) unmittelbar einwirken. Die fraglichen Bestimmungen des ASVG, die durch das Budgetbegleitgesetz 2001 BGBl I 2000/142 geschaffen wurden, lauten wie folgt:
"Mittel für Pensionen nach den Dienstordnungen
§ 460b. Zur Deckung des Aufwandes für Leistungen auf Grund des Pensionsrechts nach der Dienstordnung A für die Angestellten bei den Sozialversicherungsträgern Österreichs (DO.A), nach der Dienstordnung
B für die Ärzte und Dentisten bei den Sozialversicherungsträgern Österreichs (DO.B) und nach der Dienstordnung C für die Arbeiter bei den Sozialversicherungsträgern Österreichs (DO.C) haben die Bediensteten sowohl von den monatlich fällig werdenden Bezügen als auch vom Urlaubszuschuss und von der Weihnachtsremuneration außer ihrem Beitrag zur gesetzlichen Pensionsversicherung einen Pensionsbeitrag zu leisten; dieser beträgt
1. von den Bezügen bis zur Höchstbeitragsgrundlage (§ 45)
a) für Bedienstete, die zuletzt nach dem 31. Dezember 1995 in den Dienst eingetreten sind, 1,3 %,
b) für Bedienstete, die zuletzt vor dem 1. Jänner 1996 in den Dienst eingetreten sind und - unter Bedachtnahme auf das Bundesverfassungsgesetz über unterschiedliche Altersgrenzen von männlichen und weiblichen Sozialversicherten, BGBl Nr. 832/1992 - das für den Anspruch auf vorzeitige Alterspension nach § 253b Abs 1 maßgebende Lebensalter nach dem 1. Juni 2021 erreichen werden, 1,3 %,
c) für alle übrigen Bediensteten 2,3 %;
2. von den den Höchstbetrag nach Z 1 übersteigenden Bezügen bis zum Zweifachen dieses Höchstbetrages 10,55 %,
3. von den den Höchstbetrag nach Z 2 übersteigenden Bezügen 10,8 %. Sicherungsbeitrag für Pensionen nach den Dienstordnungen
§ 460c. Bezieher von Leistungen auf Grund des Pensionsrechts nach den Dienstordnungen haben von diesen Leistungen einen Betrag in der Höhe von 2,3 % zu leisten."
§ 589 Abs 2 ASVG regelt unter dem Titel "Schlussbestimmungen zu Art 66 des Budgetbegleitgesetzes 2001 BGBl I Nr 142/2000", dass § 460b und 460c ASVG samt Überschrift idF BGBl I Nr 142/2000 mit 1. März 2001 in Kraft treten, es sei denn, dass bis zu diesem Zeitpunkt in den Dienstordnungen (§ 31 Abs 3 Z 9) den §§ 460b und 460c idF des Bundesgesetzes BGBl I Nr 142/2000 gleichwertige Regelungen getroffen werden. Der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen hat durch Verordnung festzustellen, ob eine derartige Gleichwertigkeit vorliegt, wenn diesbezügliche Änderungen der Dienstordnungen bis zum Ablauf des 28. Februar 2001 nach § 31 Abs 8 vorgelegt werden.
Durch die vom Kläger als verfassungswidrig bezeichneten Bestimmungen der §§ 460b und 460c ASVG werden die bisherigen kollektivvertraglichen Regelungen im § 101 Abs 2 Z 1 und 2 DO.A ersetzt und gleichzeitig eine Erhöhung der Pensionsbeiträge vorgenommen. Insoweit vergleichbar der Situation der ÖBB-Bediensteten im Hinblick auf die Bestimmungen des Bundesbahn-Pensionsgesetzes (BB-PG) bewirken auch hier die in Frage stehenden Neuregelungen im ASVG eine Änderung des vertraglich begründeten, privatrechtlichen Dienstverhältnisses zwischen der beklagten Partei und ihren Bediensteten hinsichtlich der neben den ASVG-Beiträgen zu leistenden Pensionsbeiträge. Insoweit ist dem Kläger darin zu folgen, dass die §§ 460b, 460c ASVG allein schon dadurch in das Eigentumsrecht beider Vertragsteile eingreifen, dass ein Gesetz die aufgrund des Kollektivvertrages geregelten privatrechtlichen Beziehungen der Vertragsparteien unmittelbar verändert. Damit sind auch §§ 460b, 460c ASVG - vergleichbar den Bestimmungen des BB-PG - als Eigentumsbeschränkungen aufzufassen (siehe VfGH G 298/02 ua). Die Auffassung, §§ 460b, 460c ASVG seien als Enteignung zu qualifizieren, ist jedoch im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht zutreffend. In diesem Umfang reicht es, auf das bereits zitierte Erkenntnis G 298/02 des Verfassungsgerichtshofes vom 1. 12. 2003 und die dort wiedergegebene ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen, wonach eine Enteignung (nur) dann vorliegt, wenn eine Sache durch Verwaltungsakt oder unmittelbar kraft Gesetzes dem Eigentümer zwangsweise entzogen und auf den Staat, einer anderen Körperschaft oder einer gemeinnützigen Unternehmung übertragen wird oder wenn daran auf gleiche Weise fremde Rechte begründet werden. Davon kann im hier vorliegenden Zusammenhang ebensowenig die Rede sein wie im Zusammenhang der Rechtsstellung der ÖBB-Bediensteten und deren allfälliger Änderung durch das BB-PG. Auch hier gilt nach wie vor, dass der privatrechtliche Charakter des zwischen der beklagten Partei und ihren Bediensteten bestehenden Dienstverhältnisse als solcher keine Änderung erfährt.
Es ist daher nur zu prüfen, ob ausgehend von der maßgeblichen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes § 460b ASVG (§ 460c ASVG ist nicht präjudiziell) als verfassungsrechtlich bedenkliche Eigentumsbeschränkung aufgefasst werden könnte. Auch hier kann auf das bereits mehrfach genannte Erkenntnis G 298/02a und die dort zitierte Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg 12.227/1989; VfSlg. 14.075/1995) verwiesen werden, wonach der Gesetzgeber verfassungsrechtlich unbedenklich Eigentumsbeschränkungen verfügen kann, soferne er dadurch nicht den Wesensgehalt des Grundrechtes auf Unversehrtheit des Eigentums berührt oder in anderer Weise gegen einen auch ihn bindenden Grundsatz verstößt und soweit die Eigentumsbeschränkung im öffentlichen Interesse liegt; bei der Normierung von im öffentlichen Interesse liegenden Eigentumsbeschränkungen hat der Gesetzgeber den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Auch eine im öffentlichen Interesse gelegene Eigentumsbeschränkung muss somit in einem angemessenen Verhältnis zu dem durch sie bewirkten Eingriff in das Eigentum stehen: Es muss zum einen bei einer Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Regelung und dem Interesse des Betroffenen an der Vermeidung des Eigentumseingriffs das öffentliche Interesse überwiegen und es darf ferner der zur Verwirklichung einer im überwiegenden öffentlichen Interesse getroffenen Regelung vorgenommene Eigentumseingriff nicht weiter gehen, als dies zur Erreichung des Regelungszieles notwendig ist.
311 der BlgNR 21. GP enthält die Erwägungen der Regierungsvorlage zu den vorgeschlagenen Änderungen. Darin ist festgehalten (236 f): "Das Dienst- und Pensionsrecht der Sozialversicherungsbediensteten wird durch privatrechtliche Verträge geregelt, die zwischen dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger und den zuständigen Gewerkschaften abgeschlossen werden. Zur Finanzierung der Zusatzpensionen der Sozialversicherungsbediensteten sehen die Dienstordnungen zwar die Entrichtung von besonderen Beiträgen vor, der Deckungsgrad dieser Pensionen durch Beiträge ist allerdings sehr niedrig. Die Leistungen aufgrund des Pensionsrechtes nach den Dienstordnungen DO.A, DO.B und DO.C werden somit - was die Bediensteten der Pensionsversicherungsträger betrifft - zu einem hohen Ausmaß über die Ausfallshaftung des Bundes aus Steuermitteln finanziert; hinsichtlich der Krankenversicherungsträger erfolgt zwar grundsätzlich keine Finanzierung aus Steuermitteln, die finanzielle Situation dieser Träger ist allerdings angespannt. In Anbetracht dieses erheblichen budgetären Beitrages wird vorgeschlagen, den beitragsrechtlichen Teil des Pensionsrechtes der Sozialversicherungsbediensteten ex lege punktuell an die Regelungen des Pensionsrechtes für öffentlich-rechtliche Bedienstete anzulehnen. Es ist unbestritten, dass das Dienstverhältnis der Sozialversicherungsbediensteten grundsätzlich privatrechtlicher Natur ist; im Hinblick auf die in den Dienstordnungen verankerten besonderen Rechte und Pflichten der Sozialversicherungsbediensteten kommt dieses Dienstverhältnis jedoch dem öffentlich-rechtlichen nahe, sodass eine punktuelle Angleichung durchaus zulässig erscheint. Bemerkt wird, dass das Ziel einer Angleichung des beitragsrechtlichen Teils des Pensionsrechts der Sozialversicherungsbediensteten an dasjenige der öffentlich-rechtlichen Bediensteten durch die vorgeschlagenen Maßnahmen ohnehin nicht zur Gänze erreicht wird, zumal auch nach der neuen Regelung Bedienstete der Sozialversicherungsträger für Bezüge über der Höchstbeitragsgrundlage nur einen Beitrag in Höhe von 10,55 % und für Bezüge über der doppelten Höchstbeitragsgrundlage nur einen Beitrag in Höhe von 10,8 % zu entrichten haben, während der Beitragssatz für Beamte einheitlich 12,55 % beträgt. Damit der Gesetzgeber konforme Regelungen in diesen beiden Bereichen treffen kann, sollen in das ASVG die beitragsrechtlichen Regelungen der §§ 460b und 460c aufgenommen werden, die unmittelbare Wirkung entfalten und die die diesbezüglich bestehenden Vorschriften in den Richtlinien zur Regelung der dienst-, besoldungs- und pensionsrechtlichen Verhältnisse der Bediensteten der Versicherungsträger sowie in den Kollektivverträgen ersetzen. In den §§ 460b und 460c ASVG wird vorgeschlagen, die Beitragssätze zur Deckung des Aufwandes für die Leistungen aufgrund des Pensionsrechtes nach den Dienstordnungen jeweils um 0,8 %-Punkte (entsprechend den Regelungen des Pensionsrechts für öffentlich-rechtliche Bedienstete) anzuheben, die in den Dienstordnungen vorgesehene etappenweise Erhöhung der Beitragssätze nicht erst mit 1. Jänner 2003, sondern bereits mit 1. Jänner 2001 voll wirksam werden zu lassen und analog zum öffentlichen Dienst einen Sicherungsbeitrag vorzusehen. Die vorgeschlagenen Regelungen sollen auch auf die vor dem 1. Jänner 2001 in den Dienst eines Sozialversicherungsträgers (des Hauptverbandes) eingetretenen Bediensteten und auf die vor dem 1. Jänner 2001 angefallenen Leistungen nach dem Dienstordnungs-Pensionsrecht anzuwenden sein. Ein anderer Weg zur Erreichung des vorgegebenen Ziels der finanziellen Entlastung des Bundes wäre gewesen, im Bereich der Zusatzpensionen nach den einschlägigen Dienstordnungen der Sozialversicherungsbediensteten den Bundesbeitrag zu kürzen oder gänzlich einzustellen. Diese Maßnahme wäre weitaus tiefgreifender, insbesondere für Bezieher von Zusatzpensionen, als die im Entwurf vorgesehene gewesen. Was den im Zuge des Begutachtungsverfahrens vorgebrachten Einwand betrifft, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen einen Eingriff in die Vertragsautonomie der Kollektivvertragspartner darstellt, so ist dem entgegenzuhalten, dass der Gesetzgeber bereits im Zuge der 52. Novelle zum ASVG eine vergleichbare gesetzliche Restriktion des Handelns der Kollektivvertragspartner vorgenommen hat. Danach können Sondervereinbarungen über die Höhe von Leistungszulagen von Sozialversicherungsbediensteten ab 1. Jänner 1994 nicht mehr getroffen werden.
In finanzieller Hinsicht wird Folgendes bemerkt:
Von finanzieller Bedeutung sind zwei getrennte Maßnahmen:
- Anhebung des Beitragssatzes für Aktive um 0,8 %-Punkte über alle Beitragsstufen hinweg,
- Einhebung eines Sicherungsbeitrages in Höhe von 2,3 % der Dienstordnungspensionen.
Das Motiv für diese Maßnahmen liegt darin, dass der Deckungsgrad durch Beiträge der Versicherten im Bereich der Dienstordnungspensionen äußerst niedrig ist. Ein Großteil der Mittel für diese Pensionsleistungen wird im Weg der allgemeinen Beitragsleistung aus öffentlichen Mitteln bereit gestellt. Mit der Anhebung des Beitragssatzes um 0,8 %-Punkte, die übrigens in Analogie zu den Regelungen des Pensionsrechts für öffentlich Bedienstete erfolgt, wird einerseits der Deckungsgrad verbessert, andererseits wird ebenfalls in Analogie zum öffentlichen Dienst ein Sicherungsbeitrag von den Leistungsbeziehern verlangt. In der Kranken-Pensions- und Unfallversicherung werden sich durch diese Maßnahmen Einsparungen von rund 160 Mio S pro Jahren ergeben:
Davon entfallen rund 45 Mio S auf die Einnahmen aus dem Sicherungsbeitrag und 115 Mio S auf die Beitragssatzerhöhung für die Aktiven. Auf die Pensionsversicherung entfallen davon rund 50 Mio S, wovon der Bund im Wege der Verringerung des Bundesbeitrags in gleicher Höhe entlastet wird. Weitere 100 Mio S entfallen auf die Krankenversicherung. Um diese Summe wird ebenfalls der Bund beim Bundesbeitrag zur gesetzlichen Pensionsversicherung entlastet...."
Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich somit, dass der Gesetzgeber das Ziel verfolgt, die finanzielle Belastung des Bundes hinsichtlich der Pensionsleistungen zugunsten der Bediensteten der Pensionsversicherungsträger (so auch der Kläger) zu reduzieren. Damit bestehen aber keine Bedenken gegen die Annahme, dass die mit der Schaffung des § 460b ASVG verbundene Eigentumsbeschränkung im öffentlichen Interesse liegt, weil eine Reduktion der hohen Belastungen durch Pensionsverpflichtungen angestrebt wird. Eine Verminderung dieses Kostenaufwandes stellt ein legitimes Eingriffsziel dar (siehe ebenfalls G 289/02).
Dass die in Frage stehenden gesetzlichen Regelungen nach den maßgeblichen Kriterien des Verfassungsgerichtshofes auch inhaltlich keinen Bedenken wegen deren allfälliger Unverhältnismäßigkeit begegnen, ergibt sich ebenfalls aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes G 289/02 ua, in welchem die Erhöhung der Pensionsbeiträge durch das BB-PG für ÖBB-Bedienstete in einer dem vorliegenden Fall vergleichbaren Höhe für verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen wurde. Grundsätzliche Unterschiede in dieser Frage zwischen ÖBB-Bediensteten einerseits und Beschäftigten der Sozialversicherungsträger andererseits, die eine andere verfassungsrechtliche Beurteilung rechtfertigen könnten, sind nicht erkennbar. Die nunmehrige bundesgesetzliche Regelung ist überdies nicht beliebig abänderbar, zumal auch (künftige) Änderungen diese Bundesgesetzes dem aus dem Gleichheitssatz abzuleitenden verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz unterliegen (G 289/02 mH auf G 300/02-Pensionsreform).
Schließlich teilt der erkennende Senat auch die vom Kläger geäußerten Bedenken gegen die ausreichende Bestimmtheit der in Frage stehenden Neuregelungen nicht: Ob überhaupt grundsätzliche Bedenken dagegen bestehen, den Beginn der Verbindlichkeit eines Gesetzes von einem künftigen unbestimmten Ereignis abhängig zu machen (derartige Bedenken verneinend Thienel Art 48, 49 B-VG in Rill/Schäffer BVR Komm Rz 62; Winkler, Zeit und Recht 200f) braucht nicht geprüft werden:
Hier ist unstrittig, dass keine dem § 460b ASVG vergleichbare Regelung durch die Kollektivvertragsparteien getroffen wurde. Es steht vielmehr fest, dass die Kollektivvertragsparteien überhaupt keine entsprechende Regelung (ob "gleichwertig" oder nicht) trafen, weshalb dem letzten Satz des § 589 Abs 2 ASVG und der darin verankerten Feststellungskompetenz des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen keine Bedeutung zukommt. Da somit die im § 589 Abs 2 ZPO genannte Voraussetzung dafür, dass die Neuregelungen nicht in Kraft treten, unstrittig nicht erfüllt ist, war der unberechtigten Revision des Klägers ein Erfolg zu versagen, weil der ausschließliche Gegenstand der rechtlichen Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof, nämlich die vom Kläger relevierte Verfassungswidrigkeit, nicht dazu führte, beim erkennenden Senat Bedenken gegen die Verfassungskonformität des § 460b ASVG iVm § 589 Abs 2 ASVG zu erwecken. Dabei bedarf nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (9 Ob 104/99f ua) ein als Anregung zu einer Gesetzesprüfung zu wertender Parteienantrag keiner besonderen beschlussmäßigen Zurückweisung.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
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