Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Mit Beschluss des Erstgerichts vom 29. 1. 2007, 26 S *****-2, wurde über das Vermögen der Gemeinschuldnerin das Konkursverfahren eröffnet. Über Anregung des Masseverwalters wurde diesem mit Beschluss vom 15. 2. 2007 (ON 8) ein Gläubigerausschuss beigeordnet, dem unter anderem die ***** GmbH angehörte. Am 12. 4. 2010 fand eine Sitzung des Gläubigerausschusses statt, bei dem über ein vom Masseverwalter empfohlenes Vergleichsanbot einer (anderen) Gläubigerin abgestimmt wurde. Das erwähnte Mitglied des Gläubigerausschusses stimmte gegen die Annahme des Anbots.
Mit Beschluss vom 12. 4. 2010 (ON 59) enthob das Erstgericht die genannte Gläubigerin als Mitglied des Gläubigerausschusses. Gegen diesen Beschluss erhob die ***** GmbH fristgerecht Rekurs (ON 63).
Das Erstgericht wies den Rekurs gegen den Enthebungsbeschluss zurück. Die Konkursordnung sehe kein Rekursrecht eines Mitglieds des Gläubigerausschusses gegen dessen Enthebung vor. Außer in den Fällen des § 117 Abs 1 Z 1 und 2 KO habe auch niemand einen Anspruch auf Einrichtung eines Gläubigerausschusses oder auf die Auswahl für dieses Amt. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien aus dem Jahr 1937 (EvBl 1937/1010) beziehe sich auf die alte Rechtslage, nach der der Gläubigerausschuss von den Gläubigern noch gewählt worden sei. Mit dem IRÄG 1982 hätten die Bestimmungen über den Gläubigerausschuss aber eine grundlegende Änderung erfahren. Aus den Aufgaben und Rechten des Gläubigerausschusses folge, dass seinen Handlungen im Gegensatz zu jenen des Masseverwalters nur eine „Innenwirkung“ im Rahmen des Verfahrens zukomme.
Das Rekursgericht hob den Zurückweisungsbeschluss des Erstgerichts ersatzlos auf. Nach der vom Erstgericht zitierten Entscheidung aus dem Jahr 1937 bestehe zwar kein Anspruch auf die Wahl in den Gläubigerausschuss. Durch die Bestätigung der Wahl zum Mitglied erlange dieses allerdings ein Recht auf Ausübung des ihm übertragenen Amts, das ihm nur unter bestimmten Voraussetzungen entzogen werden könne. Aus diesem Grund sei das Mitglied berechtigt, seine Enthebung mit Rekurs anzufechten. Da die Überprüfbarkeit der Enthebung unabhängig von der Frage zu beurteilen sei, ob das Konkursgericht die Bestellung nur bestätige oder selbst vornehme, stehe der Umstand, dass der Gläubigerausschuss im Jahr 1937 gewählt worden sei, der Übertragung der angeführten Entscheidung auf die heutige Rechtslage nicht entgegen. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass die Bestellung und die Enthebung eines Mitglieds des Gläubigerausschusses an unterschiedliche Voraussetzungen geknüpft seien. Die Funktionsenthebung müsse daher einer nachprüfenden Kontrolle unterzogen werden. Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage der Rekurslegitimation eines seiner Funktion enthobenen Mitglieds des Gläubigerausschusses höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Gemeinschuldnerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss ersatzlos zu beheben und den Zurückweisungsbeschluss des Erstgerichts wiederherzustellen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Gemeinschuldnerin erweist sich als nicht zulässig.
1. Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass nach den Übergangsbestimmungen zum IRÄG 2010 (§ 273 IO) auf das vorliegende Verfahren noch § 88 KO anzuwenden ist.
Das Rekursverfahren ist im vorliegenden Fall einseitig (§ 260 Abs 4 iVm § 273 Abs 8 IO).
2.1 Allgemein steht ein Rechtsmittel nur demjenigen zu, der durch die Entscheidung in seinen rechtlich geschützten Interessen beeinträchtigt ist (RIS-Justiz RS0006497). Auch im Rekursverfahren ist für die Bejahung der Rekurslegitimation nach ständiger Rechtsprechung vorausgesetzt, dass der Rekurswerber in seinem Recht verletzt ist; ein bloß wirtschaftliches Interesse genügt nicht (RIS-Justiz RS0065135; 8 Ob 49/08a).
Im Hinblick auf Beschlüsse des Konkursgerichts, mit denen das Konkursverfahren eröffnet oder der Antrag auf dessen Eröffnung abgewiesen wird, sind grundsätzlich der Gemeinschuldner und die Gläubiger bescheinigter Konkursforderungen rekurslegitimiert (§ 71c Abs 1 KO; RIS-Justiz RS0059461). In der Rechtsprechung ist weiters anerkannt, dass dem Gemeinschuldner in Angelegenheiten der §§ 116 und 117 KO ein - aus dem Anhörungsrecht nach § 118 Abs 1 KO abgeleitetes - Rekursrecht zusteht (RIS-Justiz RS0065202; 8 Ob 137/00f mwN), und er ebenso konkursgerichtliche Verfügungen, mit denen das Massevermögen belastende Pflichten auf ihn rückübertragen werden (8 Ob 163/99z: Ausscheidung nach § 119 Abs 5 KO) oder sein konkursfreies Vermögen durch Einbeziehung von Vermögensteilen in die Masse gemindert wird (8 Ob 27/95), mit Rekurs anfechten kann. In der Entscheidung 8 Ob 49/08a wurde die Rekurslegitimation des Gemeinschuldners gegen die Abweisung seines Antrags auf Enthebung des Masseverwalters bejaht: Die Entscheidung 5 Ob 138/73 sei als überholt anzusehen. Diese Entscheidung gehe im Einklang mit der früheren Lehre und Rechtsprechung davon aus, dass dem Gemeinschuldner im Zusammenhang mit der Überwachung (und Enthebung) des Masseverwalters ein Antrags- und damit ein Rekursrecht nicht zustehe. Durch die Insolvenznovelle 2002 (BGBl I 2002/75) sei § 87 Abs 2 KO aber dahin novelliert worden, dass er erstmalig auch dem Gemeinschuldner ein ausdrückliches Antragsrecht und somit implizit ein Rekursrecht im Verfahren zur Enthebung des Masseverwalters zugestehe. Die Insolvenznovelle 2002 stärke so die Rechtsstellung des Gemeinschuldners dem Masseverwalter gegenüber. Werde der vom Gesetz ausdrücklich vorgesehene Antrag des Gemeinschuldners abgewiesen, so würden die Voraussetzungen für die Erhebung des Rekurses zweifellos vorliegen.
2.2 Aus der dargestellten Rechtsprechung kann abgeleitet werden, dass die Rechtsmittellegitimation des Gemeinschuldners in Angelegenheiten, die den Gang des Verfahrens oder die Mitwirkung am Verfahren betreffen, grundsätzlich dann anzuerkennen ist, wenn ihm ein entsprechendes Antragsrecht oder zumindest ein Anhörungsrecht zusteht. Die Möglichkeit zur Anregung einer gerichtlichen Maßnahme oder Verfügung genügt zur Begründung der Rechtsmittellegitimation im Allgemeinen hingegen nicht.
2.3 Dieses Ergebnis steht auch mit der Rechtsprechung zur Rekurslegitimation eines Konkursgläubigers im Einklang. In der der Entscheidung 8 Ob 281/01h zugrunde liegenden Konkurssache beantragte ein Gläubiger nach bereits erfolgter Bestellung des Gläubigerausschusses die Aufnahme in diesen Ausschuss. Der Oberste Gerichtshof bestätigte die Zurückweisung des Rekurses des gescheiterten Gläubigers und hielt dazu fest, dass die Beiordnung eines Gläubigerausschusses und die Enthebung von Mitgliedern des Ausschusses von Amts wegen oder auf Antrag der Gläubigerversammlung erfolgen könne. Dem einzelnen Konkursgläubiger gebe das Gesetz in beiden Fällen kein Antragsrecht; er könne entsprechende Maßnahmen nur anregen. Aus der gesetzlichen Beschränkung des Antragsrechts auf die Gläubigerversammlung in § 88 Abs 1 und Abs 3 KO und der Beschränkung der Konkursgläubiger in Bezug auf die Auswahl der Ausschussmitglieder auf ein bloßes Repräsentationsrecht ergebe sich, dass ein einzelner Gläubiger die Änderung der Zusammensetzung des Gläubigerausschusses - und somit auch dessen Erweiterung - nicht beantragen könne. Fehle daher dem Rechtsmittelwerber die Legitimation zur Stellung des Antrags, ihn in den bereits bestehenden Gläubigerausschuss aufzunehmen, so stehe ihm auch ein Rekursrecht gegen die den Antrag ablehnende Entscheidung des Konkursgerichts nicht zu.
2.4 Der Grundsatz, dass eine bloße Anregungslegitimation keine Rechtsmittellegitimation verschafft, ist im Übrigen auch für andere Verfahrensarten anerkannt. In diesem Sinn sprach der Oberste Gerichtshof etwa aus, dass im Hinblick auf die Mitwirkung an einem Verfahren auf Bestellung eines Abwesenheitskurators einem (aus welchem Grund immer) Interessierten, dem (nur) eine Anregungslegitimation zugebilligt werde, keine Rechtsmittellegitimation zukomme (8 Ob 92/09a mwN).
3.1 Nach § 88 Abs 1 KO hat das Konkursgericht von Amts wegen oder auf Antrag der Gläubigerversammlung einen Gläubigerausschuss zu bestellen, wenn dies die Eigenart oder der besondere Umfang des Unternehmens des Gemeinschuldners für geboten erscheinen lässt. In dieser Hinsicht kommt den Gläubigern, den bevorrechteten Gläubigerschutzverbänden, den gesetzlichen oder freiwilligen Interessenvertretungen der Gläubiger sowie den im Unternehmen errichteten Organen der Belegschaft ein Vorschlagsrecht (Präsentationsrecht) zu. Die Vorschläge binden das Gericht aber nicht. Ein darüber hinausgehender Einfluss auf die Zusammensetzung des Gläubigerausschusses besteht nicht (8 Ob 281/01h; Bartsch/Heil, Grundriss des Insolvenzrechts4 Rz 276; Chalupsky/Duursma-Kepplinger in Bartsch/Pollak/Buchegger 4 § 88 KO Rz 8 und 17; vgl Hierzenberger/Riel in Konecny/Schubert § 88 KO Rz 6).
3.2 Gemäß § 88 Abs 3 KO hat das Konkursgericht Mitglieder des Gläubigerausschusses von Amts wegen oder auf Antrag der ersten oder einer späteren zur Verhandlung dieses Gegenstands einberufenen Gläubigerversammlung aus wichtigen Gründen zu entheben. Die übrigen Verfahrensbeteiligten und insbesondere der Gemeinschuldner haben kein Recht zur Stellung eines Antrags auf Enthebung eines Ausschussmitglieds; allerdings können sie eine solche Maßnahme anregen (8 Ob 281/01h; Bartsch/Heil aaO Rz 277; Chalupsky/Duursma-Kepplinger aaO Rz 30; Hierzenberger/Riel aaO Rz 12).
4. Wendet man die dargestellten Grundsätze auf die zugrunde liegende Enthebung eines Mitglieds des Gläubigerausschusses an, so mangelt es der Gemeinschuldnerin an der Rekurslegitimation. Dies entspricht auch der heute herrschenden Meinung (Chalupsky aaO § 88 Rz 31; Hierzenberger/Riel aaO Rz 12). Die gegenteilige Ansicht von Pollak (in Bartsch/Pollak I3 434; vgl auch Petschek/Reimer/Schiemer, Das österreichische Insolvenzrecht 215 iVm 194), wonach der Enthebungsbeschluss vom Masseverwalter, vom Gemeinschuldner und „von jeder konkurrierenden Person, der das Gläubigerstimmrecht zustehe“, bekämpft werden könne, beziehen Chalupsky/Duursma-Kepplinger (aaO Rz 31) zutreffend auf die damalige Rechtslage, weshalb dieser Ansicht seit Abschaffung der Wahl des Gläubigerausschusses nicht mehr zu folgen ist.
Zusammenfassend ergibt sich: Nach § 88 Abs 3 KO kommt nur der Gläubigerversammlung, nicht aber den übrigen Verfahrensbeteiligten und insbesondere auch nicht dem Gemeinschuldner das Recht zu, die Enthebung eines Mitglieds des Gläubigerausschusses zu beantragen; die übrigen Verfahrensbeteiligten können eine solche Maßnahme nur anregen. Fehlt dem Rechtsmittelwerber aber das Recht zur Stellung eines Antrags auf Enthebung eines Ausschussmitglieds, so steht ihm auch kein Rekursrecht im Zusammenhang mit der Enthebungsfrage zu.
Der Rekurs der Gemeinschuldnerin war daher zurückzuweisen.
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