OGH 5Ob138/73

OGH5Ob138/7311.7.1973

SZ 46/75

Normen

KO §84
KO §176
KO §84
KO §176

 

Spruch:

Gemeinschuldner, Konkursgläubiger und andere am Verfahren beteiligten Personen sind zwar berechtigt, Maßnahmen des Konkurskommissärs oder des Konkursgerichtes nach § 84 KO anzuregen, ein Antrags- oder Rekursrecht steht ihnen aber in diesem Zusammenhang nicht zu

OGH 11. Juli 1973, 5 Ob 138/73 (OLG Wien 3 R 35/73; LGZ Wien S 46/71)

Text

Über das Vermögen des Gemeinschuldners Walter H wurde mit Beschluß des Erstgerichtes vom 19. März 1971 auf Antrag von Gläubigern der Konkurs eröffnet; zum Masseverwalter wurde Rechtsanwalt Dr. Franz A bestellt.

Am 5. November 1971 beantragte der Gemeinschuldner die sofortige Enthebung des Masseverwalters, weit dieser bei seiner Geschäftsführung die gebotene Sorgfalt vernachlässigt und überdies den äußeren Anschein eines Handelns zu seinem persönlichen Vorteil nicht vermieden habe. Der Gemeinschuldner wiederholte diesen Enthebungsantritt am 25. Feber 1972, am 6. Juli 1972 und am 2. Oktober 1972.

Das Erstgericht holte eine Stellungnahme des Masseverwalters ein und vernahm am 1. September 1972 mehrere Auskunftspersonen über das Vorbringen des Gemeinschuldners. Hierauf wies es mit Beschluß vom 23. Jänner 1973 den Enthebungsantrag des Gemeinschuldners ab, weil die vom Antragsteller behaupteten Pflichtverletzungen des Masseverwalters nicht erwiesen seien, der Masseverwalter vielmehr nach wie vor das volle Vertrauen des Konkursgerichtes genieße.

Infolge Rekurses des Gemeinschuldners enthob das Rekursgericht den Masseverwalter seines Amtes. Dr. A habe anläßlich der Sperre des Tischlereibetriebes des Gemeinschuldners im Frühjahr 1971 den Vorarbeiter Josef K für den Tischlereibetrieb seiner Schwiegermutter angeworben; damit habe er die für die sachgerechte Ausübung seines Amtes unentbehrliche Vertrauensgrundlage beeinträchtigt, weil Grund zur Besorgnis bestehe, daß er bei seiner Amtsfuhrung seine eigenen Interessen nicht gänzlich außer acht lasse. Das rechtfertige aber die Enthebung des Masseverwalters gemäß § 84 Abs. 4 KO.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Masseverwalters Folge und änderte den Beschluß des Rekursgerichtes dahin ab, daß der Rekurs des Gemeinschuldners gegen den Beschluß des Erstgerichtes zurückgewiesen wurde.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Gemäß § 84 Abs. 4 KO kann das Konkursgericht den Masseverwalter aus wichtigen Gründen nach Anhörung des Konkurskommissärs und nötigenfalls des Gläubigerausschusses entheben; zuvor ist, wenn tunlich, auch der Masseverwalter einzuvernehmen. Ebenso wie die in Abs. 1 bis 3 des § 84 KO vorgesehenen Maßnahmen, beruht auch die Befugnis zur Enthebung des Masseverwalters "aus wichtigen Gründen" - anders als bei der Enthebung auf Antrag der Gläubigerversammlung nach § 87 KO (vgl. Rintelen, Handbuch des österreichischen Konkurs- und Ausgleichsrechtes, 73) - auf der allgemeinen Aufsichts- und Überwachungspflicht des Gerichtes gegenüber dem Masseverwalter (vgl. die Überschrift des § 84 KO: "Überwachung des Masseverwalters"). Die dem Konkurskommissär und dem Konkursgericht gemäß § 8 KO zur Kontrolle des Masseverwalters obliegenden, von Amts wegen wahrzunehmenden Verpflichtungen (Bartsch - Pollak, KO, AO und AnfO[3] I, 415 § 84, KO Anm. I) sind im einzelnen der Disposition der übrigen Konkursbeteiligten entzogen. Gemeinschuldner, Konkursgläubiger und andere am Verfahren beteiligte Personen sind infolgedessen zwar berechtigt, Maßnahmen des Konkurskommissärs oder des Konkursgerichtes im Sinne des § 84 KO "anzuregen" (Bartsch - Pollak I, 415), einen "Anstoß" zu solchen Handlungen zu geben (so Petschek - Reimer - Schiemer, Das österreichische Insolvenzrecht, 166); ein Antrags- und Rekursrecht steht ihnen aber im Zusammenhang mit der Überwachung des Masseverwalters durch das Gericht nach Lehre (Petschek - Reimer - Schiemer, Insolvenzrecht, FN 47) und Rechtsprechung (SZ 32/70; SZ 39/183) nicht zu.

Der Gemeinschuldner war demnach nicht berechtigt, die Abweisung seines Antrages auf Enthebung des Masseverwalters durch das Erstgericht mit Rekurs anzufechten. Der Beschluß des Rekursgerichtes, mit dem über sein Rechtsmittel dennoch sachlich entschieden wurde, mußte deshalb im Sinne einer Zurückweisung dieses unzulässigen Rechtsmittels abgeändert werden.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte