Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben.
Die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte ist Generalimporteurin von Neufahrzeugen einer Automarke in Österreich und allein berechtigt, die Marke zu verwenden. Der Vertrieb der Fahrzeuge in Österreich erfolgt über selbständige Händler, mit welchen Händlerverträge abgeschlossen werden. Die Beklagte begann ihre Vertriebstätigkeit in Österreich im Jahre 1992 mit 22 Vertragshändlern, von denen einer der Kläger war. Der zwischen den Streitteilen im Jahr 1992 abgeschlossene Händlervertrag hatte unter anderem folgende Bestimmungen:
"1.2 Vertriebsrecht:
Der Importeur überträgt an den Händler das Recht und dieser übernimmt die Pflicht, die Vertragsware zu den Bedingungen dieses Vertrages im Vertragsgebiet zu vertreiben und den Kundendienst auszuführen.
1.2 Vertragshändler:
Der Händler ist als selbständiger Unternehmer in eigenem Namen, auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung tätig.
2.1 Beschreibung des Vertragsgebiets:
...
2.2 Kundendienstorganisation im Vertragsgebiet: Der Händler ist innerhalb des Vertragsgebietes bei der Organisation des Vertriebes und des Kundendienstes mit der Maßgabe gemäß Punkt 1.4 frei. Er hat jedoch den Importeur von wesentlichen Veränderungen, wie der Einsetzung von neuen Kundendienststellen umgehend schriftlich zu verständigen.
2.3 Tätigkeit außerhalb des Vertragsgebiets:
Außerhalb seines Verkaufs- und Betreuungsgebietes ist es dem Händler untersagt, für Vertragserzeugnisse
a) Niederlassungen oder Auslieferungslager zu errichten oder zu unterhalten,
b) Kunden zu werben - diese müssen sich selbst oder durch einen Vertreter an den Händler gewandt haben,
c) ...
d) sich Dritter zu bedienen, um Vertragserzeugnisse zu vertreiben und/oder für diese Kundendienst zu leisten.
Der Händler wird jedenfalls den Schwerpunkt seiner Verkaufstätigkeit auf sein Vertragsgebiet legen.
2.4 Alleiniges und ausschließliches Niederlassungsrecht im Vertragsgebiet:
...
Der Importeur behält sich vor, weitere Händler zu ernennen oder die Grenzen des Gebietes zu ändern. Der Importeur wird jedoch eine derartige Ernennung oder Änderung nicht vornehmen, ohne sich durch entsprechende Untersuchungen von der Notwendigkeit einer solchen Ernennung oder Änderung überzeugt zu haben.
Der Importeur wird davon nur Gebrauch machen, wenn sachlich gerechtfertigte Gründe für die beabsichtigte Maßnahme vorliegen.
Der Importeur wird dem Händler seine diesbezüglichen Pläne nebst Begründung darlegen und ihm ausreichend Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu der beabsichtigten Ernennung bzw Änderung geben.
2.7 Festlegung von Mindestanforderungen:
Der Importeur kann Mindestanforderungen an den Händler für Kundendienst und Vertrieb sowie Vorausschätzungen für Jahreszielsetzungen, Lagerhaltung und Vorführwagen vornehmen. Der Händler darf durch diese Vorschrift nicht unbillig behindert oder ohne sachlich gerechtfertigte Gründe unterschiedlich behandelt werden.
3. Vertragsdauer:
3.1 Laufzeit:
Dieser Händlervertrag wird auf die Dauer von drei Jahren abgeschlossen.
3.2 Kündigung:
Die Kündigung hat schriftlich zu erfolgen und ist eine einseitige Willenserklärung. Beide Vertragsteile haben das Recht, den Vertrag ohne Angabe von Gründen unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist zum Monatsende aufzukündigen.
3.4 Vorzeitige Auflösung des Vertrages aus wichtigen Gründen:
Der Vertrag kann von beiden Vertragsteilen aus wichtigen Gründen ohne Kündigung mit sofortiger Wirkung vorzeitig aufgelöst werden.
3.4.1 Vorzeitige Auflösung durch den Importeur:
Als wichtige Gründe, den den Importeur zur vorzeitigen Auflösung des Vertrages berechtigen, gelten unter anderem:
...
f) Verstoß gegen wesentliche Vertragsbestimmungen.
...
4. Vertragsware:
4.1 Marktverantwortung des Händlers:
Der Händler vertritt als selbständiger Unternehmer gemeinsam mit dem Importeur in seinem Vertragsgebiet die Interessen der ... (Fahrzeugmarke). Er ist dafür verantwortlich, dass die von ihm durchzuführende Verkaufs- und Kundendiensttätigkeit den berechtigten Verbrauchererwartungen und den vom Importeur empfohlenen Richtlinien für die Verkaufstätigkeit, den Kundendienst, den Teiledienst, den Geschäftsbetrieb und die Werbung entsprechen.
4.6 Wettbewerbsverbot:
Der Händler verpflichtet sich weder direkt noch indirekt, Ersatzteile zu verkaufen, die mit Original-Ersatzteilen im Wettbewerb stehen und den Qualitätsstandard nicht erfüllen.
4.7 Preisgestaltung:
Dem Händler steht als selbständigem Vertragspartner die freie Gestaltung der Verkaufspreise unter Beachtung innerstaatlicher Rechtsvorschriften zu. Als Richtlinie für seine Preisgestaltung gelten die unverbindlich empfohlenen Listenpreise des Herstellers.
5. Gewährleistung:
Gewährleistungsansprüche sind von jedem autorisierten Händler der Vertragsware zu erbringen, ohne Rücksicht darauf, wo das Fahrzeug im Bundesgebiet gekauft wurde.
8. Verpflichtung zur Werbung:
Die Kosten der Werbung für den Vertrieb der Vertragsware im Vertragsgebiet werden vom Händler getragen. Insbesondere verpflichtet sich der Händler zur Teilnahme an den Marketing-Programmen des Importeurs".
Die für das Jahr 1992 und 1993 abgeschlossenen Jahresvereinbarungen enthielten unter anderem neben der pro Fahrzeugtype festgelegten Händlerspanne eine progressiv gestaltete Stückzahlbonusabgeltung.
Wegen des sogenannten "Ostblock-Image" der Fahrzeugmarke wurden in Österreich im Jahre 1992 davon nur 260 PKWs verkauft. Nach Integration in die Gruppe eines großen Fahrzeugherstellers wurden die Autos an den westlichen Standard herangeführt, was zu stark steigenden Verkaufszahlen führte. Sorgten im Jahre 1992 in Österreich 22 Vertragshändler für den Umsatz, so verkauften 1997 bereits 93 Händler ca 13.000 Neufahrzeuge. Mit dem steigenden Marktanteil war es für den Händler möglich, die für ihn notwendigen Stückzahlen auf kleineren Märkten zu lukrieren. Dementsprechend verringerte sich auch für den Kläger im Lauf der Jahre das Marktverantwortungsgebiet, weil es ihm sonst nicht möglich gewesen wäre, die von der Beklagten vorgegebenen Verkaufszahlen zu erreichen. Die Einschränkung des Marktverantwortungsgebiets des Klägers geschah jeweils über Verlangen der Beklagten mit gesonderter Jahresvereinbarung.
Am 24. 6. 1994 unterfertigten die Streitteile eine von der Beklagten zur Anpassung an die EU-Gruppenfreistellungsverordnung Nr 123/85 erstellte Zusatzvereinbarung zum Händlervertrag. Diese enthielt unter anderem folgende hier bedeutsame Bestimmungen:
"2.3 Tätigkeit außerhalb des Vertragsgebietes:
Außerhalb seines Verkaufs- und Betreuungsgebietes ist es dem Händler untersagt, für Vertragserzeugnisse
a) Niederlassungen oder Auslieferungslager zu errichten oder zu unterhalten,
b) aktive Werbe- und Akquisitionstätigkeit zu entfalten,
c) Dritte mit dem Vertrieb und/oder dem Kundendienst für die Vertragsware zu betrauen.
Der Händler wird jedenfalls den Schwerpunkt seiner Verkaufstätigkeit auf sein Vertragsgebiet legen.
2.4 (Neu) Verkauf an Wiederverkäufer:
Der Händler darf allgemein an Wiederverkäufer Vertragswaren nur liefern bzw verkaufen, wenn es sich dabei um Unternehmen des Vertriebsnetzes handelt; ausgenommen davon ist der Verkauf an bzw die Lieferung von Werkstätten mit Ersatzteilen, soweit diese zur Instandsetzung oder -haltung eines Kraftfahrzeuges verwendet werden.
3.2 Kündigung:
Der Vertrag ist vom Generalimporteur und vom Händler jeweils zum Letzten eines Kalendermonats mit 12-monatiger Kündigungsfrist kündbar. Die Kündigung hat mittels eingeschriebenen Briefes zu erfolgen und gilt als rechtzeitig ausgesprochen, wenn sie am letzten Tag vor Beginn der Kündigungsfrist zur Post gegeben wurde und an die zuletzt bekannte Anschrift des Vertragspartners adressiert ist.
12. Teilnichtigkeitsklausel (Neu):
Sollte eine oder sollten mehrere Bestimmungen dieses Vertrages unwirksam sein, berührt dies nicht die Wirksamkeit der restlichen Bestimmungen dieses Vertrages."
Die am 2. 2. 1995 zwischen den Streitteilen abgeschlossene Jahresvereinbarung für 1995 definierte das Marktverantwortungsgebiet des Klägers, setzte die Händlerspannen in Prozentsätzen fest und änderte das Bonussystem grundlegend, wobei insbesondere dem Qualitätsbonus besondere Bedeutung zukam. Es wurde dafür ein eigenes Punktesystem entwickelt, das unter anderem auf das Vorhandensein eines Schauraumes abstellte. Bei den von der Beklagten im Jahr 1995 durchgeführten Überprüfungen der Qualitätserfordernisse zeigte sich, dass der Kläger über keinen Schauraum verfügte.
Ab 1995 kam es zu Spannungen und Meinungsverschiedenheiten zwischen den Streitteilen, die ihren Grund einerseits darin hatten, dass die Beklagte sukzessive das Händlergebiet des Klägers einschränkte und andererseits wegen der rasanten Steigerung der Umsatzzahlen von ihren Händlern eine entsprechende Standardverbesserung des Marktauftritts verlangte. Mitte des Jahres 1996 spitzte sich die Entwicklung insoweit zu, als der Kläger auf den von der Beklagten immer wieder geäußerten Wunsch, den Betrieb zu modernisieren und entsprechende Investitionen vorzunehmen, nur mit vagen und unverbindlichen Erklärungen entgegnete. Nach Vorliegen der neuen Gruppenfreistellungsverordnung Nr 1475/95, die auf bestehende Händlervereinbarungen ab 1. 10. 1996 anzuwenden war und unter anderem eine zweijährige Kündigungsfrist vorsah, durchleuchtete die Beklagte ihr Vertriebshändlernetz, um festzustellen, mit wem eine weitere und längere Zusammenarbeit in Frage komme. Mit Schreiben vom 23. 7. 1996 verlangte die Beklagte vom Kläger mehrere Maßnahmen, darunter die Errichtung eines Betriebsgebäudes mit einem Schauraum in der Größe von 150 m2. Mit Schreiben vom 8. 8. 1996 übersandte die Beklagte dem Kläger ein Blankomuster des neuen Händlervertrags zur Einsichtnahme mit der Bitte, die im Schreiben vom 23. 7. 1996 formulierte Zusatzvereinbarung bis spätestens Ende August unterfertigt zu retournieren. Der Kläger verweigerte wegen der jedenfalls mit einigen Millionen S anzusetzenden Kosten der Investitionen die Zustimmung. Daraufhin kündigte die Beklagte mit Schreiben vom 17. 9. 1996 den bestehenden Händlervertrag zum 30. 9. 1997 auf, ohne dass der neue der Gleichstellungsverordnung Nr 1475/75 angepasste Händlervertrag abgeschlossen worden wäre.
Trotz des Verbots, an nicht zum Vertriebsnetz der Beklagten gehörende Wiederverkäufer Vertragsware zu liefern oder zu verkaufen, verkaufte der Kläger Fahrzeuge "über" zwei zu einem anderen Markenvertriebsnetz gehörende Autohändler. Dies geschah ohne Wissen und Zustimmung der Beklagten. Ende 1996 beschwerte sich ein dem Kläger benachbarter Vertragshändler über diesen Umstand bei der Beklagten. Ein Testkäufer bestellte im Februar 1997 bei einem der beiden nicht an die Beklagte vertraglich gebundenen Autohändler ein Fahrzeug der von der Beklagten vertriebenen Marke. Der Autohändler gab diese Bestellung an den Kläger weiter, der am 17. 2. 1997 das gewünschte Fahrzeug bei der Beklagten unter Anführung des Namens des Letztabnehmers bestellte. Am 24. 3. 1997 wurde dieses Fahrzeug an den Kläger ausgeliefert. Leute des Autohändlers holten das Fahrzeug vom Kläger ab, bezahlten den vereinbarten Kaufpreis und erhielten vom Kläger eine an die Firma des Autohändlers adressierte Rechnung. Der Autohändler verkaufte im eigenen Namen und auf eigene Rechnung sodann das Fahrzeug an den Letztabnehmer und entrichtete auch selbst die Normverbrauchsabgabe. Vertragspartner des Autokäufers war der nicht in das Vertriebssystem der Beklagten eingebundene Autohändler, der auch selbst auf eigene Rechnung über die Höhe des Rabatts entschied.
Nach Erhalt der Unterlagen über diesen Fahrzeugverkauf sprach die Beklagte mit Schreiben vom 5. 6. 1997 gegenüber dem Kläger die fristlose Kündigung des Händlervertrages mit der Begründung aus, dass durch den Verkauf an einen nicht autorisierten Autohändler eine wesentliche Bestimmung des Händlervertrags verletzt worden sei. Zur Aufrechterhaltung des selektiven Vertriebssystems dürften Neufahrzeuge unter keinen Umständen an gewerbliche Wiederverkäufer veräußert werden.
Mit seiner am 17. 7. 1997 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrte der Kläger, die Beklagte in analoger Anwendung des § 24 HVertrG zur Zahlung eines Ausgleichs- bzw Schadenersatzanspruchs in der Gesamthöhe von zuletzt S 1,316.274,20 schuldig zu erkennen. Er sei in die Vertriebsorganisation der Beklagten integriert und mit der Zuführung von Kunden befasst gewesen. Die fristlose Beendigung des Händlervertrags sei unberechtigt erfolgt, weil der nicht in das Vertriebssystem der Beklagten eingebundene Autohändler lediglich als Vermittler im Vertragsgebiet des Klägers tätig geworden sei. Gemäß Art 7 der Gruppenfreistellungsverordnung Nr 1475/95 wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, mit dem Kläger einen neuen angepassten Händlervertrag abzuschließen. In dem ihm zugesandten "Blanko-Muster" dieses neuen Händlervertrages wäre im Punkt 1.7 vorgesehen gewesen, dass ein Verstoß gegen das Verbot des Vertriebs an Wiederverkäufer dann einen wichtigen Grund für eine fristlose Auflösung des Händlervertrages durch den Generalimporteur darstelle, wenn dieser Verstoß einerseits trotz schriftlicher Abmahnung des Generalimporteurs und andererseits schuldhaft erfolgt sei. Mangels Verschuldens sowie mangels schriftlicher Abmahnung hätte der Händlervertrag des Klägers daher nicht fristlos gekündigt werden dürfen. Auch seien mangels Anpassung des Händlervertrages dessen wettbewerbsbeschränkende Klauseln nichtig. Dies gelte insbesondere für Punkt 2.3d des Vertrags, wonach es dem Kläger untersagt sei, sich außerhalb des Vertragsgebietes Dritter zu bedienen, um Vertragserzeugnisse zu vertreiben. Auf Grund der marktbeherrschenden Stellung der Beklagten werde der Kläger im Verhältnis zu den übrigen österreichischen Vertragshändlern der Beklagten dadurch diskriminiert, dass die fristlose Auflösung des Vertrages nicht von einer vorherigen schriftlichen Abmahnung abhängig gemacht worden sei. Die Beklagte habe dadurch gegen § 35 KartG und Art 86 des EG-Vertrags iVm den §§ 1 und 9 UWG verstoßen.
Die Beklagte wendete dagegen ein, der Kläger habe die Auflösung des Vertragsverhältnisses durch sein Verhalten veranlasst, indem er die an ihn gestellten Mindestanforderungen im Hinblick auf Vertrieb und Kundendienst nicht erfüllt, Neufahrzeuge zu nicht autorisierten Vertriebspartnern verbracht, bei Unternehmen außerhalb des Vertragsgebiets gelagert und an Wiederverkäufer veräußert habe.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt und darüber hinaus fest, dass der Kläger einen weiteren (dritten) Autohändler als Vermittler beauftragt habe. Dies mit Zustimmung der Beklagten, allerdings nur für die Zeit bis zur Einführung neuer Fahrzeugmodelle. Trotz dieser zeitlichen Beschränkung habe der Vermittler über den vereinbarten Zeitpunkt (Frühjahr 1995) hinaus bis ins Frühjahr 1997 über den Kläger ohne Wissen der Beklagten Fahrzeuge bezogen.
Rechtlich folgerte das Erstgericht, dass in Anbetracht der Ausgestaltung der vertraglichen Verpflichtungen des Klägers und dessen straffer Einbindung in die Verkaufsorganisation der Beklagten die Bestimmungen über den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters analog anzuwenden seien. Die Tatsache, dass der Kläger nicht den von der Beklagten geforderten Schauraum errichtet habe, könne in Anbetracht der Entwicklung des Vertragsverhältnisses nicht als schuldhafte Vertragsverletzung gewertet werden. Hingegen stelle der Verkauf eines Neufahrzeuges an einen nicht in das Vertriebssystem der Beklagten eingebundenen Autohändler eine Vertragsverletzung dar. Von einer bloßen Vermittlungstätigkeit dieses Händlers könne nicht gesprochen werden. Die Gruppenfreistellungsverordnung Nr 1475/95 sei keine zivilrechtliche Regelung, sodass sie weder die Änderung des Inhalts einer Vereinbarung noch deren Nichtigkeit bewirken könne, wenn nicht alle Voraussetzungen der Verordnung erfüllt seien. Mangle es an den in der Freistellungsverordnung vorgesehenen Voraussetzungen, so falle der Händlervertrag nur dann unter das Verbot des Art 85 Abs 1 EG-Vertrag, wenn dadurch eine spürbare Einschränkung des Wettbewerbs innerhalb des gemeinsamen Markts bezweckt oder bewirkt werde, oder wenn die Vereinbarung geeignet sei, den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen. Im Zeitpunkt des Ablaufs der durch Art 7 der Gruppenfreistellungsverordnung Nr 1475/95 eingeräumten Übergangsfrist sei das Vertragsverhältnis der Streitteile bereits gekündigt gewesen. Selbst wenn man der Beklagten eine marktbeherrschende Stellung gegenüber ihren Vertragshändlern zuschriebe, könne man jedenfalls dann von keinem Missbrauch sprechen, wenn für einen gekündigten Vertragshändler dessen Vertragsverhältnis in absehbarer Zeit ende, andere Bestimmungen angewendet würden als für die anderen Händler. Es sei davon auszugehen, dass die Beklagte auf Grund der bereits ausgesprochenen Kündigung sachlich gerechtfertigte Gründe gehabt habe, einen neuen Vertragsabschluss zur Anpassung an die neue Gruppenfreistellungsverordnung abzulehnen. Das vorliegende Vertragsverhältnis sei nicht geeignet, sich negativ auf den Markt auszuwirken, sodass schon aus diesem Grund kein Platz für die Anwendung des § 35 KartG bleibe. Der Kläger habe den ihm gemäß § 1298 ABGB obliegenden Beweis, dass ihn an der Nichteinhaltung des Verbots des Weiterverkaufs von Fahrzeugen an nicht autorisierte gewerbliche Wiederverkäufer kein Verschulden treffe, nicht erbracht. Es bleibe die Frage zu klären, ob ein während der ordentlichen Kündigungsfrist gesetzter wichtiger Grund zur fristlosen Auflösung den Ausgleichsanspruch nach § 24 HVertrG zur Gänze vernichte oder erst ab Ausspruch der fristlosen Auflösung. In diesem Zusammenhang spiele die Geschäftsbeziehung des Klägers zu dem mit ursprünglicher Bewilligung der Beklagten als Vermittler auftretenden Autohändler eine Rolle. Spätestens ab Frühjahr 1995 habe der Kläger auch in diesem Fall gegen den Händlervertrag verstoßen, und zwar vor dem Ausspruch der ordentlichen Kündigung. Der, wenn auch der Beklagten erst nachträglich bekannt gewordene, Vertragsverstoß rechtfertige es, einen Ausgleichsanspruch des Klägers zur Gänze abzulehnen.
Das Gericht zweiter Instanz gab der dagegen erhobenen Berufung des Klägers nicht Folge. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichts ausgenommen jene über die nach Ansicht des Erstgerichtes unberechtigte Betrauung eines Vermittlers in der Zeit von Frühjahr 1995 bis Frühjahr 1997, welche es für rechtlich unerheblich hielt. Zur Rechtsrüge führte es aus, dass nach den vom Obersten Gerichtshof entwickelten Grundsätzen die analoge Anwendung der Bestimmungen des Handelsvertretergesetzes auf die Ansprüche des Klägers zulässig sei. Beim Auflösungstatbestand der Verletzung wesentlicher Vertragsbestimmungen des § 22 Abs 2 Z 3 zweiter Fall HVertrG habe der Unternehmer das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die vorzeitige Auflösung konkret zu behaupten und zu beweisen. Gelinge ihm dieser Beweis, so liege es § 1298 ABGB zufolge nun an dem Vertragshändler zu behaupten und zu beweisen, dass ihn an der Nichteinhaltung der Vertragsbestimmungen kein Verschulden treffe. Die dem Kläger nach den Feststellungen auferlegten Verbote, insbesondere jenes des Verkaufs an nicht autorisierte Wiederverkäufer, beschränkten den Kläger beim Absatz der Vertragsware. Auch wenn der gegenständliche Händlervertrag nicht sämtliche Voraussetzungen der ab 1. 10. 1996 auch auf Altverträge anwendbaren Gleichstellungsverordnung Nr 1475/95 erfülle, seien die im Vertrag enthaltenen wettbewerbsbeschränkenden Klauseln dennoch nicht von der Nichtigkeitssanktion des Art 85 EG-Vertrag erfasst. Der Kläger erkenne selbst, dass der Vertrag für sich allein nicht geeignet gewesen sei, den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten spürbar zu beeinträchtigen, habe doch selbst die Jahresvereinbarung für das Jahr 1997 nur ein Verkaufsziel von insgesamt 92 PKWs und 8 leichten Nutzfahrzeugen bis 2 Tonnen vorgesehen. Auch der Hinweis auf die sogenannte "Bündeltheorie" schlage nicht durch, weil nach den unwidersprochen gebliebenen Behauptungen der Beklagten die Verträge aller anderen Händler an die neue Gleichstellungsverordnung angepasst und damit vom Verbot des Art 85 Abs 1 EG-Vertrag freigestellt worden seien. Auch könne eine Abschottung des relevanten Marktes nicht gesehen werden, weil sich weder der Kläger verpflichtet habe, Vertragsware ausschließlich bei der Beklagten zu beziehen, noch die Beklagte die Verpflichtung übernommen habe, im Vertragsgebiet ausschließlich den Kläger zu beliefern. Ein Verstoß gegen die Anzeigepflicht vertikaler Vertriebsbindungen des § 30b KartG stelle eine bloße Ordnungsvorschrift dar, deren Verletzung die Beantwortung der Frage nach der zivilrechtlichen Wirksamkeit von Verträgen nicht beeinflussen könne. Die Berufung des Klägers auf den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung könne nicht auf Art 86 EG-Vertrag gegründet werden, weil die Möglichkeit, den Vertrag wegen Verstoßes gegen wesentliche Vertragsbestimmungen ohne vorherige schriftliche Abmahnung fristlos aufzukündigen, keine Auswirkungen auf den zwischenstaatlichen Handel haben könne. Auch Art 35 KartG sei nicht anwendbar, weil die Vereinbarung unterschiedlicher Bedingungen für eine vorzeitige Vertragsauflösung nicht geeignet sei, die Vertragspartner im Wettbewerb zu benachteiligen, zumal nur der redliche Wettbewerb geschützt werden solle. Auch fehle der notwendige Zusammenhang zwischen Marktbeherrschung und angeblich missbräuchlichem Verhalten. Die mehrfachen Verstöße des Klägers gegen wesentliche den selektiven Vertrieb der Fahrzeuge und den Qualitätsstandard sichernde Vertragsbestimmungen habe der Beklagte eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unzumutbar gemacht. Auf Grund dieses die vorzeitige Vertragsauflösung rechtfertigenden Verhaltens des Klägers sei ein allfälliger Ausgleichsanspruch verwirkt. Habe der Handelsvertreter einen verschuldeten wichtigen Grund nach der erfolgten ordentlichen Kündigung durch den Unternehmer noch vor Vertragsbeendigung gesetzt und sei dies dem Unternehmer bekannt, könne dieser sich darauf zum Ausschluss eines vom Handelsvertreter geforderten Ausgleichsanspruch dann berufen, wenn er - wie im vorliegenden Fall - zum Anlass einer neuen außerordentlichen Kündigung gemacht werde.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist im Sinne des gestellten Aufhebungsantrages berechtigt.
Die Beklagte kommt auf ihren im Verfahren erster Instanz erhobenen Einwand, auf die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche seien die Bestimmungen des Handelsvertretergesetzes nicht analog anzuwenden, in ihrer Revisionsbeantwortung nicht mehr zurück, sodass insoweit auf die Ausführungen der Vorinstanzen verwiesen werden kann. Wie insbesondere in den Entscheidungen EvBl 1998/104 und RdW 1998, 674 hervorgehoben wurde, spricht der im EG-Recht noch deutlicher als bisher normierte Händlerschutz dafür, die bisherige von der Lehre überwiegend gebilligte Rechtsprechung zur analogen Anwendung von Handelsvertreterrecht auf sogenannte Vertragshändler beizubehalten (zuletzt etwa auch 6 Ob 247/99p). Den Vorinstanzen ist auch darin beizupflichten, dass der Kläger derart in die Absatzorganisation der Beklagten eingegliedert war, dass er wirtschaftlich in erheblichem Umfang dem Handelsvertreter vergleichbare Aufgaben zu besorgen und seinem Vertragspartner bei Vertragsbeendigung seinen Kundenstamm zu überlassen hat (EvBl 1998/104 mwH). Es entspricht ebenso gesicherter Rechtsprechung, dass bei der Prüfung der Frage, ob ein wichtiger Grund für die Auflösung eines Dauerschuldverhältnisses vorliegt, auf den Zeitpunkt der Abgabe der Auflösungserklärung abzustellen ist (EvBl 1987/176; JBl 1993, 592; RdW 1998, 674) und dass auch hinsichtlich eines noch unter der Herrschaft des HVG 1921 abgeschlossenen Vertrages die Bestimmungen des Handelsvertretergesetzes 1993 (HVertrG) für die Beurteilung der Beendigungsansprüche dann anzuwenden sind, wenn die Auflösungserklärung nach dem 31. 12. 1993 (§ 29 Abs 2 HVertrG) abgegeben wurde (RdW 1998, 674; ecolex 1999, 322).
Voraussetzung des Zurechtbestehens der vom Kläger geltend gemachten Ansprüche ist das Fehlen eines wichtigen Grundes für die von der Beklagten vorgenommene vorzeitige Auflösung des Händlervertrages im Sinn des § 22 HVertrG sowie überdies das Vorliegen der besonderen Voraussetzungen des § 24 HVertrG. Ein derartiger wichtiger Auflösungsgrund liegt gemäß § 22 Abs 2 Z 3 HVertrG unter anderem dann vor, wenn der Handelsvertreter wesentliche Vertragsbestimmungen verletzt. Für die Verwirklichung dieses Auflösungsgrundes ist im Lichte des § 24 Abs 3 Z 2 HVertrG, nach dem der Ausgleichsanspruch unter anderem dann nicht besteht, wenn der Unternehmer das Vertragsverhältnis wegen eines schuldhaften, einen wichtigen Grund nach § 22 darstellenden Verhaltens des Handelsvertreters gekündigt oder vorzeitig aufgelöst hat, schuldhaftes Verhalten erforderlich. Gelingt dem Unternehmer der Beweis des Vorliegens eines wichtigen Grundes im Sinne des § 22 Abs 2 Z 3 HVertrG, so liegt es § 1298 ABGB zufolge nun am Vertragshändler, zu behaupten und unter Beweis zu stellen, dass ihn an der Nichteinhaltung der Vertragsbestimmungen kein Verschulden trifft (RdW 1998, 674). Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers kann auch der Entscheidung 2 Ob 275/98z nichts Gegenteiliges entnommen werden, war doch dort der in mehrfacher Hinsicht nicht vergleichbare Fall der Auflösungserklärung gemäß § 22 Abs 2 Z 5 HVertrG, somit wegen Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Handelsvertreters, zu beurteilen. Wie bereits in RdW 1998, 674 ausführlich dargelegt, setzt die außerordentliche Aufkündigung nicht immer ein Verschulden des anderen Vertragsteiles voraus. Als ein derartiger Fall wurde auch der Auflösungsgrund der Konkurseröffnung in 2 Ob 275/98z beurteilt und ausdrücklich darauf verwiesen, dass die für den Fall der Verletzung wesentlicher Vertragsbestimmungen bei Beurteilung des Ausgleichsanspruchs angenommene Umkehr der Beweislast gemäß § 1298 ABGB in einem derartigen Fall nicht Platz greifen könne.
In diesem Zusammenhang ist klarzustellen, dass der Kläger im Falle gerechtfertigter ihm als Verschulden anzurechnender vorzeitiger Vertragsauflösung seines Ausgleichsanspruchs gemäß § 24 Abs 3 HVertrG zur Gänze verlustig ginge. Die vom Erstgericht in Diskussion gezogene Möglichkeit, der Anspruch könnte für die Zeit zwischen Kündigung und Auflösungserklärung zu Recht bestehen, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen und würde zudem einen Wertungswiderspruch zu jenen Fällen darstellen, in denen das Vertragsverhältnis ohne vorhergehende Kündigung vorzeitig aufgelöst wird.
Gemäß Art 81 EG (früher Art 85 EG-Vertrag) sind mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken, insbesondere a) die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung des An- oder Verkaufspreises oder sonstiger Geschäftsbedingungen; b) die Einschränkung oder Kontrolle der Erzeugung des Absatzes, der technischen Entwicklung oder der Investitionen; c) die Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen; d) die Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber Handelspartnern, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden; e) die an den Abschluss von Verträgen geknüpfte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen, die weder sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung auf den Vertragsgegenstand stehen. Gemäß Abs 2 sind die nach diesem Artikel verbotenen Vereinbarungen oder Beschlüsse nichtig. Auf Grund der Ermächtigung des Abs 3 des Art 81 EG (früher Art 85 EG-Vertrag) ergingen die Verordnung (EWG) Nr 123/85 der Kommission vom 12. Dezember 1984 über die Anwendung von Art 85 Abs 3 des Vertrages auf Gruppen von Vertriebs- und Kundendienstvereinbarungen über Kraftfahrzeuge (Gruppenfreistellungsverordnung KFZ 1985; kurz GVO-KFZ 1985) und die diese mit 30. September 1995 ersetzende Verordnung (EG) Nr 1475/95 der Kommission vom 28. Juni 1995 über die Anwendung von Art 85 Abs 3 des Vertrages auf Gruppen von Vertriebs- und Kundendienstvereinbarungen über Kraftfahrzeuge (Gruppenfreistellungsverordnung KFZ 1995; kurz GVO-KFZ 1995), mit denen bestimmte Gruppen von Vereinbarungen durch generellen Akt vom Kartellverbot des Art 81 Abs 1 EG (früher Art 85 Abs 1 EG-Vertrag) freigestellt wurden. Der Oberste Gerichtshof judiziert seit seiner Entscheidung EvBl 1998/104 in nun bereits als ständig zu bezeichnender Rechtsprechung (RdW 1998, 674; 4 Ob 269/98g; ÖBl 1999, 295), dass die genannten Verordnungen rein kartellrechtliche Freistellungsnormen sind, jedoch keine zivilrechtlichen Regelungen enthalten. Gruppenfreistellungsverordnungen bestimmen nur, unter welchen Voraussetzungen das Kartellverbot des Art 85 Abs 1 EG-Vertrag (nunmehr: Art 81 Abs 1 EG) auf bestimmte Gruppen von Vereinbarungen nicht anwendbar ist. Sie stellen keine zwingenden Vorschriften auf, die die Gültigkeit oder den Inhalt von Vertragsbestimmungen unmittelbar berühren oder die Vertragsparteien zur Anpassung des Vertragsinhalts verpflichten. Wollmann hebt in seiner Glosse ÖBl 1996, 206 dazu hervor, dass nach der Rechtsprechung des EuGH die genannten Verordnungen kein Sonderprivatrecht für bestimmte Typen von Verträgen schaffen wollten und dass die Konsequenz des Nichterfüllens von Freistellungsvoraussetzungen lediglich in der Nichtigkeit der wettbewerbsbeschränkenden Elemente dieses Vertrages liege. Knöbl stellt in RdW 1999, 389 ("Geltungsbereich der Kfz-Gruppenfreistellungsverordnung") die dargestellte Rechtsprechung in Frage und vermeint, dass diese in den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs keine Stütze finden könne. Entgegen diesen Ausführungen hat der Europäische Gerichtshof sowohl in seinem Urteil C-226/94 (EuGHSlg 1996 I-0651) als auch in der Rechtssache 10/86 (EuGHSlg 1986 S 4071) völlig unzweifelhaft klargemacht, dass die hier in Rede stehenden Gruppenfreistellungsverordnungen keine zwingenden Vorschriften aufstellen, die die Gültigkeit oder den Inhalt von Vertragsbestimmungen unmittelbar berühren oder die Vertragsparteien zur Anpassung des Vertragsinhalts verpflichten. Sie legten vielmehr nur Voraussetzungen fest, bei deren Erfüllung bestimmte Vertragsbestimmungen vom Verbot und damit von der Nichtigkeit nach Art 85 Abs 1 und 2 EWG-Vertrag ausgenommen seien. Entgegen der Ansicht Knöbls aaO ist daher die Einholung einer Vorabentscheidung über die Frage der unmittelbaren Anwendbarkeit der Gruppenfreistellungsverordnungen auf Verträge nicht erforderlich.
Aus der dargestellten Rechtsprechung ergibt sich entgegen der vom Kläger vertretenen Ansicht, dass eine Pflicht zur Anpassung des Händlervertrages an die Gruppenfreistellungsverordnung Nr 1475/95 nicht bestand. Deren Art 7 legt lediglich eine Übergangsfrist vom 1. Oktober 1995 bis 30. September 1996 für Vereinbarungen fest, die am 1. Oktober 1995 bereits bestanden und die die Voraussetzungen für eine Freistellung gemäß der Verordnung (EWG) Nr 123/85 erfüllten. Mangels einer aus dieser oder sonstigen Bestimmungen der Verordnung ableitbaren Pflicht zur Vertragsanpassung kann daher nicht gesagt werden, der hier strittige Vertrag sei schon wegen Verstoßes gegen eine derartige Pflicht nichtig.
Darüber hinaus hat sich der Kläger lediglich darauf berufen, dass das Verbot gemäß Punkt 2.3d, sich Dritter zu bedienen, um Vertragserzeugnisse zu vertreiben und/oder für diese Kundendienst zu leisten, der Freistellungsverordnung widerspreche. Dies ist unzutreffend, normiert doch die Verordnung Nr 1475/95 in Art 3 Punkt 6. und 9., dass die Freistellung auch dann gelte, wenn der Vertrag die Verpflichtung des Händlers enthalte, ohne Zustimmung des Lieferanten mit innerhalb des Vertragsgebietes tätigen Unternehmen keine Vertriebs- und Kundendienstvereinbarungen über Vertragswaren und ihnen entsprechende Waren zu schließen und getroffene Vereinbarungen dieser Art nicht zu ändern oder zu beenden sowie Dritte nicht damit zu betrauen, außerhalb des Vertragsgebiets Vertragswaren und ihnen entsprechende Waren zu vertreiben oder Kundendienst für sie zu leisten. Auch das Verbot des Verkaufs von Vertragswaren an nicht gebundene Wiederverkäufer ist der Freistellung nicht schädlich, weil Art 3 Z 10. die Verpflichtung des Händlers, an einen Wiederverkäufer a) Vertragswaren und ihnen entsprechende Ware nur zu liefern, wenn dieser ein Unternehmen des Vertriebsnetzes ist, oder b) Ersatzteile des Vertragsprogramms nur zu liefern, soweit dieser sie bei der Instandsetzung oder -haltung eines Kraftfahrzeugs verwendet, als zulässig erachtet.
Auf dem Boden des klägerischen Vorbringens ist daher ein Verstoß gegen die Gruppenfreistellungsverordnung Nr 1475/95 nicht zu erkennen. Weiterer Erwägungen zur Frage der grundsätzlichen Anwendbarkeit von Art 81 Abs 1 EG (früher: Art 85 Abs 1 EG-Vertrag) bedarf es daher auch unter dem Gesichtspunkt der sogenannten "Bündeltheorie" (vgl dazu SZ 69/238; 6 Ob 290/99m) nicht.
Auch unter dem Gesichtspunkt innerstaatlichen Kartellrechts ist die Vorgangsweise der Beklagten, dem Kläger, dessen Vertrag bereits aufgekündigt war, keinen neuen Vertrag und damit - wie von ihm behauptet - die Auflösungsmöglichkeit erst nach Abmahnung angeboten zu haben, nicht zu beanstanden. Die Beklagte ist nach den Feststellungen Alleinimporteurin für ganz Österreich. Maßgebend für die Beurteilung der Frage nach der marktbeherrschenden Stellung eines Unternehmens ist immer die Sicht der Marktgegenseite, das sind im vorliegenden Fall die ins Vertriebsnetz der Beklagten eingebundenen Vertragshändler. Sie können ihren Bedarf nur bei der Beklagten decken, weil ein Markenwechsel für sie mit schwerwiegenden betriebswirtschaftlichen Nachteilen verbunden wäre. Aus der Sicht der Vertragshändler ist daher der relevante Markt auf die von der Beklagten vertriebenen Fahrzeuge eingeschränkt. Dieser Markt wird von der Beklagten, die dort selbst keinem Wettbewerb ausgesetzt ist, beherrscht (ÖBl 1993, 124 mwH).
Wie Schumacher in WBl 1996, 421 ("Die Kündigung von Kfz-Händlerverträgen als Problem des Kartellrechts") anschaulich darstellt, genießen Vertriebsbindungen im Anwendungsbereich des Art 85 Abs 1 EG-Vertrag (Art 81 EG), die den Anforderungen einer Gruppenfreistellungsverordnung entsprechen, den vollen Schutz des Gemeinschaftsrechts. Das schließe aber die Anwendbarkeit des § 35 KartG in Ansehung freigestellter Vereinbarungen hinsichtlich des Verhaltens des marktbeherrschenden Unternehmens nicht aus. Insoweit bilde das Diskriminierungsverbot des § 35 Abs 1 Z 3 KartG die maßgebliche Verhaltensschranke (aaO 426). Da aber die Gruppenfreistellungsverordnungen nur die Einhaltung einer bestimmten Kündigungsfrist vorsehen, könne sich dieses Diskriminierungsverbot auf die Beendigung von Händlerverträgen nicht in der Form auswirken, dass die Kündigung durch ein aus dem nationalen Recht abgeleitetes Erfordernis eines "sachlichen Grundes" erschwert werde (aaO 427). Im Unterschied zur Kündigung normieren jedoch sowohl die Verordnung (EWG) Nr 123/85 in Art 5 Abs 4 als auch die Verordnung (EG) Nr 1475/95 in Art 5 Abs 3, dass die Voraussetzungen für die Freistellung das Recht eines Vertragspartners auf außerordentliche Kündigung der Vereinbarung nicht berühren. Wenngleich somit die Rechtslage anders sein mag als in den von Schumacher referierten Fällen der ordentlichen Kündigung, kann sich der Kläger dennoch nicht auf ein kartellrechtliches Diskriminierungsverbot berufen, weil es jedenfalls an der Voraussetzung des Vorliegens eines Missbrauchs der marktbeherrschenden Stellung mangelt:
Nach der Rechtsprechung zu Art 86 EG-Vertrag (nunmehr Art 82 EG), welcher § 35 KartG nachgebildet ist, sind die Maßstäbe für die Feststellung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung primär den Funktionsbedingungen und Verhaltensabläufen eines Systems unverfälschten Wettbewerbs zu entnehmen. Als missbräuchlich werden sämtliche Verhaltensweisen eines Unternehmers in beherrschender Stellung bezeichnet, welche die Struktur eines Marktes beeinflussen können, auf dem der Wettbewerb gerade wegen der Anwesenheit des fraglichen Unternehmers beriets geschwächt ist und welche die Aufrechterhaltung des auf dem Markt noch bestehenden Wettbewerbs oder dessen Entwicklung durch die Verwendung von Mitteln behindern, die von den Mitteln eines normalen Produkt- oder Dienstleistungswettbewerbs auf der Grundlage der Leistungen der Marktbürger abweichen. Missbräuchlich können daher nur wettbewerbsschädigende Handlungen sein (ÖBl 1993, 124; 4 Ob 62/98s; 16 Ok 5/98). Davon kann aber hier nach den besonderen Umständen des Einzelfalles schon deshalb keine Rede sein, weil gar nicht vorgebracht wurde, der Bruch zulässigerweise eingegangener vertraglicher Bindungen sei bei den Vertragshändlern der von der Beklagten vertretenen Marke in einem Ausmaß üblich, dass eine strengere Sanktion gegenüber dem Kläger wettbewerbsverzerrend wirken könnte.
Der Kläger hat sein Begehren auch auf die Bestimmungen der §§ 1 und 9 UWG gestützt (AS 128). Verstöße gegen Wettbewerbsvorschriften bewirken aber für sich allein grundsätzlich noch nicht die Nichtigkeit von Rechtsgeschäften, die infolge von oder im Zusammenhang mit wettbewerbsrechtlich relevantem Verhalten geschlossen wurden; Sanktionen sind vielmehr die Verpflichtung zur Unterlassung weiterer Verstöße und zum Schadenersatz. Das gilt auch für Verstöße gegen § 1 UWG, weil sich der dort maßgebliche Sittenwidrigkeitstatbestand mit jenem des § 879 Abs 1 ABGB keineswegs deckt. Die Anforderungen an die guten Sitten können nicht bloß von Verkehrskreis zu Verkehrskreis verschieden sein, sondern es können sich differente Maßstäbe auch aus den unterschiedlichen Normzwecken ergeben. Was zur Begründung eines Unterlassungsanspruchs gegen einen Mitbewerber noch ausreichen mag, muss nicht auch für die Verweigerung der Geltung eines Rechtsgeschäfts genügen (SZ 66/81 mwH). Auch die Berufung auf wettbewerbsrechtliche Vorschriften muss daher - ganz abgesehen von den oben wiedergegebenen Erwägungen - ins Leere gehen.
Der Oberste Gerichtshof hat in seiner Enscheidung EvBl 1998/104 auch klargestellt, dass ein allfälliger Verstoß gegen Art 85 EG-Vertrag (nunmehr: § 81 EG) noch nichts darüber aussagt, ob ein solcher Vertrag auch gegen die guten Sitten im Sinn des § 879 ABGB verstößt, weil dies von anderen Kriterien, zB groben Äquivalenzstörungen, abhängt (in diesem Sinne auch 4 Ob 229/98z). Anhaltspunkte für das Vorliegen unangemessener gröblicher Benachteiligung im Sinn des § 879 ABGB sind im gegenständlichen Fall nicht zu erkennen, muss es doch der Beklagten frei stehen, auf Vertragsbruch auch mit scharfen unverzüglich zu setzenden Sanktionen zu reagieren. Die - möglicherweise - unterschiedliche Behandlung gegenüber anderen Händlern erscheint zudem durch den Umstand, dass der Vertrag des Klägers bereits gekündigt war, ausreichend gerechtfertigt.
Obwohl somit die hier bedeutsamen Teile des zwischen den Parteien abgeschlossenen Händlervertrages weder nach Europarecht noch nach innerstaatlichem Recht zu beanstanden sind und der Kläger auch nicht unter Beweis gestellt hat, es treffe ihn an der ihm vorgeworfenen Vertragsverletzung kein Verschulden, ist die Sache dennoch noch nicht spruchreif. Wie bereits in der Entscheidung 2 Ob 275/98z dargestellt, ist die Frage der vorzeitigen Auflösung des Vertragsverhältnisses gemäß § 22 HVertrG von jener zu trennen, ob dem Handelsvertreter ein Ausgleichsanspruch nach § 24 HVertrG zukommt. Neben der Frage des Verschuldens ist daher zu prüfen, ob die Auflösung gemäß § 22 HVertrG zu Recht erfolgte. Voraussetzung für die Wirksamkeit einer vorzeitigen Auflösung ist nämlich das Vorliegen eines wichtigen Grundes. Dieser ist dann gegeben, wenn Umstände eingetreten sind, die es einem Vertragspartner unzumutbar erscheinen lassen, den Vertrag fortzusetzen (EvBl 1980/175; 7 Ob 533/95 ua; Jabornegg, HVG, 450; Feil, Handelsvertretergesetz, 65). Nach dem Vorbringen des Klägers (AS 3) ist in den mit den übrigen Händlern abgeschlossenen Verträgen zwar ebenfalls als Auflösungsgrund der Verstoß gegen das Verbot des Vertriebs an Wiederverkäufer enthalten, jedoch könne dieser nur nach schriftlicher Abmahnung durch die Beklagte zur sofortigen Vertragsauflösung führen. Sollte dieses Vorbringen den Tatsachen entsprechen, würde es indizieren, dass die Beklagte einen einmaligen Verstoß gegen das Verbot des Verkaufs an Wiederverkäufer nicht als derart gravierend erachtet, dass ihr die Vertragsfortsetzung unzumutbar erschiene. Wenngleich der Vertrag des Klägers eine derartige Abmahnung nicht vorsieht, ist doch weder vorgebracht worden, noch sonst zu erkennen, warum gerade bei ihm andere Zumutbarkeitskriterien anzulegen wären. Wenngleich somit der Kläger - wie bereits dargestellt - kein Recht auf vorhergehende schriftliche Abmahnung hat, liegt in der Vertragsgestaltung mit den übrigen Händlern doch ein gewichtiges Indiz für die Beurteilung der Unzumutbarkeit weiterer Zusammenarbeit. Da die Prüfung aber auf dem Boden des Vertrages des Klägers vorzunehmen ist, kann sich dieser nicht darauf berufen, sein Vertrag wäre keinesfalls vorzeitig aufgelöst worden, weil die Abmahnung nach dem zeitlichen Ablauf jedenfalls alle hervorgekommenen Vorfälle erfassen hätte müssen. Vielmehr kann derzeit lediglich gesagt werden, dass - sollten die behaupteten Vertragsbedingungen in den übrigen Händlerverträgen festgestellt werden - jedenfalls eine einzelne Vertragsverletzung keinen hinreichenden Auflösungsgrund bilden könnte.
Die Beurteilung von Auflösungsgründen hat stets unter Berücksichtigung der Umstände des einzelnen Falles zu geschehen, wobei der Bezug zur Frage der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses den entscheidenden Wertungsgesichtspunkt abgibt. Dabei kann auch das Gesamtverhalten des Vertragspartners eine wesentliche Rolle spielen, weil es für die Frage der Unzumutbarkeit einen Unterschied macht, ob nur eine einmalige Vertragsverletzung vorliegt oder ob sich diese als konsequente Fortsetzung einer ganzen Reihe von Verfehlungen darstellt (7 Ob 292/98m; Jabornegg, HVG, 452). Das Erstgericht hat zwar mehrere seiner Ansicht nach vorwerfbare Vertragsverletzungen festgestellt, jedoch hat das Berufungsgericht jene hinsichtlich des ursprünglich mit Zustimmung der Beklagten abgeschlossenen Vermittlungsvertrages ausdrücklich nicht übernommen und hinsichtlich zweier weiterer Verkäufe unter Einschaltung eines Wiederverkäufers ausgeführt, diese wären "über Vermittlung" dieses Unternehmens zustande gekommen. In der Berufungsbeantwortung wird dieses Vorgehen zutreffend als (sekundärer) Mangel gerügt, ist doch gemäß Punkt 2.3c lediglich das Betrauen Dritter mit dem Vertrieb untersagt, nicht jedoch der Direktverkauf an Kunden über einen Vertreter, wie dies im Übrigen auch Art 3 Punkt 11. der Gruppenfreistellungsverordnung Nr 1475/95, allerdings mit der Einschränkung der Schriftlichkeit, entspricht.
Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren einerseits festzustellen haben, ob zwischen der Beklagten und den übrigen Händlern tatsächlich Verträge des vom Kläger behaupteten Inhalts zustande kamen und andererseits ob der Kläger öfter als in dem einen unzweifelhaft festgestellten Mal gegen Vertragsbestimmungen in einer Form verstoßen hat, die ein Aufrechterhalten des Vertrags bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar machte.
Der Revision ist Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.
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