OGH 6Ob247/99p

OGH6Ob247/99p15.12.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Herbert H*****, Rechtsanwalt, ***** als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der T*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Friedrich H. Knöbl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei F***** Gesellschaft mbH, (früher F***** KG), ***** vertreten durch Salpius & Partner, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen 1,920.000,-- S, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Teilzwischenurteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 14. Juli 1999, GZ 2 R 244/98k-33, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die klagende Vertragshändlerin war bis 1992 30 Jahre Vertragshändler für Re*****fahrzeuge in Wien-Heiligenstadt gewesen. Sie schloss am 1. 1. 1992 mit der beklagten Generalimporteurin einen Händlervertrag, der sie zu umfangreichen Investitionen an der bestehenden Betriebsanlage verpflichtete. Die Klägerin nahm für den Umbau ihres Betriebsgeländes einen Kredit von 25 Mio S auf. Am 20. 2. 1992 wurde das renovierte Betriebsgelände der Klägerin eröffnet. Sie erreichte die von der Beklagten erwarteten Umsatzziele nicht. Der Händlervertrag wurde von der Beklagten am 28. 2. 1995 zum Kündigungstermin 29. 2. 1996 aufgekündigt.

Über das Vermögen der Klägerin wurde am 21. 11. 1997 der Konkurs eröffnet.

Der klagende Masseverwalter begehrt eine auf die analoge Anwendung des § 24 HVertrG gestützte Ausgleichszahlung. Die Klägerin habe davon ausgehen können, dass es zu einer langjährigen Zusammenarbeit kommen werde. Sie habe sich um die Erreichung der von der Beklagten vorgegebenen Absatzziffern bemüht, diese aber aus nicht von ihr zu vertretenden Gründen nicht erreichen können.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Klägerin habe schuldhaft die im Händlervertrag definierten Verkaufsziele nicht erreicht. Sie habe nach Beendigung des Vertragsverhältnisses das Markenzeichen der Beklagten weiterverwendet und damit einen allfälligen Ausgleichsanspruch verwirkt. Die Beklagte wandte eine Gegenforderung von mehr als 11 Mio S ein. Dieser Betrag entspreche der Bruttosumme, die bei Einhaltung der vertraglich geschuldeten Verkaufsbemühungen erwirtschaftet hätte werden können.

Das Erstgericht stellte die Klageforderung mit 1,920.000 S als zu Recht bestehend und die Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend fest und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 1,920.000 S.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten teilweise Folge und sprach mit Teilzwischenurteil aus, dass die Klageforderung dem Grunde nach zu Recht bestehe. Hinsichtlich der Entscheidung über die Höhe der Klageforderung und über die Gegenforderung hob das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Die außerordentliche Revision der Beklagten ist unzulässig.

Die Vorinstanzen gingen von folgendem wesentlichen Sachverhalt aus:

Rechtliche Beurteilung

Der Händlervertrag normiert zahlreiche (auf den S 8 bis 25 in ON 20 festgestellte) Verpflichtungen der Vertragsparteien zur Erreichung des gemeinsamen Ziels einer Absatzsteigerung der Fahrzeuge der Beklagten im geschützten Marktverantwortungsgebiet der Händlerin. Es sollten zufriedenstellende Verkaufsergebnisse nach den von der Beklagten gesetzten Zulassungszielen erreicht werden. Grundlage für diese Ziele sollten die für Österreich ermittelten statistischen Zulassungsanteile an Neufahrzeugen sein. Der Händlervertrag sieht eine Kündigungsmöglichkeit bei Vertragsverletzungen vor. Die Klägerin konnte in ihrem Verkaufsgebiet das Ziel eines dem österreichischen Durchschnitt entsprechenden Marktanteils nicht erreichen. Die Gründe hiefür waren: Der Marktanteil der Fordprodukte war in der "noblen" Wohngegend gegenüber dem österreichischen Durchschnitt von Anfang an gering und nicht steigerungsfähig; der sofortige Ankauf von 100 Neufahrzeugen durch die Klägerin verursachte eine hohe Zinsenbelastung; auf Anraten der Beklagten hatte die Klägerin ein zu großes Ersatzteillager angeschafft; das Rabattsystem der anderen größeren F*****händler in Wien (es wurden Rabatte bis zu 17 % gewährt) wirkte sich für die Klägerin negativ aus; der Geschäftsführer der Klägerin erlitt einen tödlichen Verkehrsunfall. Durch die angeführten Schwierigkeiten ist es zu Zahlungsverzögerungen auf Seiten der Klägerin gekommen. Der Umsatzrückgang 1995 ist auf die Kündigung des Händlervertrages zurückzuführen.

Die analoge Anwendung des Handelsvertreterrechts auf Vertragshändler (Eigenhändler) ist im Revisionsverfahren nicht mehr strittig. Sie entspricht der ständigen oberstgerichtlichen Judikatur (1 Ob 251/98p; 4 Ob 79/99t mwN). Vertragsverletzungen können einen wichtigen Grund zur vorzeitigen Auflösung des Händlervertrags darstellen. Dem Vertragshändler steht aber der Beweis offen, dass ihn an der Nichteinhaltung der Vertragsbestimmungen, etwa an der Nichterreichung eines vereinbarten Mindestumsatzes, kein Verschulden trifft (1 Ob 342/97v). Das Berufungsgericht ist von dieser Vorjudikatur nicht abgewichen. In der Zulassungsbeschwerde releviert die Beklagte zunächst unzulässigerweise Rechtsfragen, die ausschließlich die Höhe der Klageforderung betreffen, nämlich ob in die Berechnung des Ausgleichsanspruchs auch Ersatzteilumsätze einzubeziehen sind und welchen Einfluss die "Sogwirkung" der Marke hat. Die dazu überbundenen Rechtsansichten des Berufungsgerichtes sind nicht revisibel, weil der Aufhebungsbeschluss keinen weiteren Rechtszug gestattet. Die von der Beklagten relevierten Themen betreffen nicht den Revisionsgegenstand, der in der Bejahung des Klageanspruchs dem Grunde nach besteht.

Mit den übrigen Revisionsausführungen bekämpft die Revision die Rechtsansicht der Vorinstanzen über ein fehlendes Verschulden der Klägerin an den festgestellten Vertragsverletzungen. Ob das Verhalten eines Vertragspartners gegen den Vertrag verstößt und ob dies als wichtiger Grund für die Auflösung des Dauerschuldverhältnisses ausreicht und ob weiters ein Verschulden an der Vertragsverletzung gegeben ist, hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab. Nur eine krasse rechtliche Fehlbeurteilung des Sachverhalts wäre aus dem Grund der Rechtssicherheit und der Einzelfallgerechtigkeit wahrnehmbar (9 Ob 32/99t). Die Revision vermag keine derartige Fehlbeurteilung aufzuzeigen. Sie geht teilweise nicht vom festgestellten Sachverhalt aus, teils wird unzulässig die Beweiswürdigung der Vorinstanzen angegriffen. Die gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Stichworte