OGH 8Ob13/10k

OGH8Ob13/10k21.12.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner sowie die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D***** L*****, vertreten durch Dr. Bernd Schmidhammer, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei E***** R*****, vertreten durch Dr. Josef Pfurtscheller ua, Rechtsanwälte in Innsbruck, wegen 49.163,10 EUR sA, über die Rekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 4. November 2009, GZ 4 R 210/09b-11, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 27. Mai 2009, GZ 41 Cg 56/09t-7, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Den Rekursen beider Parteien wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Klägerin ist die Tochter des Beklagten. Am 25. 4. 2001 trafen die Streitteile eine Vereinbarung, die auszugsweise lautet:

„I. E***** R***** überweist nach Maßgabe der Rückzahlungsverpflichtung seitens der Firma E*****GmbH & Co. KG an ihn laut unterfertigtem Anerkenntnis über ein Privatdarlehen samt Vereinbarung für die Rückzahlungsverpflichtung im Betrag von ATS 1,980.000 an seine Tochter D***** L*****, beginnend mit Mai 2001, monatlich ATS 15.600 [Anm.: richtig 16.500], jeweils bis zum 15. der Folgemonate auf deren Konto … und zwar für die Dauer von 10 Jahren (120 Monate), sodass sich eine Gesamtsumme von ATS 1,980.000 ergibt.

Der Gesamtbetrag von ATS 1,980.000 ist im Fall des Ablebens des E***** R***** vor D***** L***** von dieser als Teil des ihr gegebenenfalls zustehenden Pflichtteils-/Erbteilsanspruches anzusehen.

Sofern E***** R***** innerhalb der 10 Jahre, gerechnet ab Mai 2001, vorversterben sollte, ist die Firma E*****GmbH & Co. KG bzw deren Rechtsnachfolgerin verpflichtet, den noch ausstehenden Restbetrag an D***** L***** auf ein von dieser namhaft zu machendes Konto zu überweisen.

II. In Kenntnis dieser Vereinbarung verpflichtet sich Frau D***** L*****, geborene R*****, in der dafür vorgesehenen Form eines Notariatsakts einen Vertrag betreffend den Verzicht auf den gesetzlichen Erb- und Pflichtteilsanspruch nach E***** R***** … zu unterfertigen. …“

In einem ebenfalls am 25. 4. 2001 vom Beklagten und der Gesellschaft unterzeichneten „Anerkenntnis“ bestätigte die Gesellschaft, vom Beklagten ein zinsenloses Privatdarlehen in Höhe von 1.957.636 ATS erhalten zu haben. Die Gesellschaft verpflichtete sich, dem Beklagten dieses Darlehen - mit einer einvernehmlich auf 1.980.000 ATS aufgerundeten Summe - in monatlichen Raten von je 16.500 ATS, beginnend ab 10. 5. 2001, über einen Zeitraum von 10 Jahren zurück zu zahlen. Sollte der Beklagte innerhalb dieser 10 Jahre versterben, seien die noch offenen Raten an die Klägerin zu zahlen.

Schließlich schlossen die Parteien am 25. 4. 2001 in Form eines Notariatsakts einen weiteren Vertrag, in dem die Klägerin erklärte, im Fall des Ablebens des Beklagten auf all ihre Ansprüche aus dem Titel des gesetzlichen Erb- und Pflichtteilsrechts zu verzichten; für diesen Erb- und Pflichtteilsverzicht werde ein Entgelt weder begehrt noch gewährt. Entgegen dem letztgenannten Vertragspunkt verstanden die Streitteile diesen Erb- und Pflichtteilsverzicht nicht unentgeltlich, sondern als Gegenleistung für die finanzielle Zuwendung laut der festgestellten Vereinbarung vom selben Tag.

Keine der Vertragsparteien dachte im Zeitpunkt der Vertragsunterfertigung daran, dass die Gesellschaft einmal nicht in der Lage sein könnte, der Rückzahlungsverpflichtung gegenüber dem Beklagten nachzukommen. Die Gesellschaft leistete bis April 2005 Raten an den Beklagten und stellte die Ratenzahlungen wegen finanzieller Schwierigkeiten danach ein. Über das Vermögen der Gesellschaft wurde am 5. 4. 2006 das Konkursverfahren eröffnet; die Schließung des Unternehmens wurde am 12. 4. 2006 bewilligt. Am 7. 4. 2006 wurde die Auflösung der Gesellschaft infolge Konkurseröffnung im Firmenbuch angemerkt; am 16. 1. 2008 wurde die amtswegige Löschung der Komplementärin der Gesellschaft eingetragen.

Mit einer am 24. 10. 2005 beim Bezirksgericht Telfs eingelangten Klage begehrte die Klägerin vom Beklagten die Zahlung der aufgrund der Vereinbarung vom 25. 4. 2001 geschuldeten Raten für den Zeitraum Mai 2005 bis Oktober 2005. Der Beklagte bestritt in diesem Vorverfahren das Klagebegehren im Wesentlichen damit, dass seine Zahlungsverpflichtung aufgrund der Vereinbarung vom 25. 4. 2001 unter der aufschiebenden Bedingung stehe, dass die Gesellschaft ihrerseits ihrer Verpflichtung zur Rückzahlung des Darlehens nachkomme. Die Gesellschaft habe zumindest seit Mai 2005 keine Zahlungen mehr geleistet, weshalb für diesen Zeitraum die vereinbarte Bedingung noch nicht eingetreten sei. Die Klägerin habe darüber hinaus schon früher umfangreiche Leistungen vom Beklagten erhalten; von einer Verkürzung ihres Erb- oder Pflichtteils könne keine Rede sein. Der Klägerin sei die Vereinbarung zwischen dem Beklagten und der Gesellschaft vom 25. 4. 2001 auch bekannt gewesen. Ein näheres Vorbringen zu dem von ihm der Gesellschaft gewährten Darlehen - insbesondere zum Grund dieses Darlehens - erstattete der Beklagte im Vorverfahren nicht.

Im zweiten Rechtsgang des Vorverfahrens brachte der Beklagte ergänzend vor, dass die Parteien den Fall der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft nicht bedacht hätten. Der Beklagte habe sich nie dazu verpflichtet, Zahlungen an die Klägerin auch dann noch zu leisten, wenn er selbst keine Leistungen der Gesellschaft erhalte. Er verfüge auch nur über geringe Mittel. Er habe die Klägerin in der Vergangenheit großzügig unterstützt, sodass auch daher für ihn keine Veranlassung bestanden hätte, sich auf diese Verpflichtung einzulassen. Im Fall der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft entfalle daher die Verpflichtung des Beklagten, der Klägerin weiterhin Raten aus der Vereinbarung vom 25. 4. 2001 zu zahlen. Im Übrigen trete diese Situation auch im Fall des Ablebens des Beklagten ein: Auch dann hätte die Klägerin nur einen Anspruch gegen die Gesellschaft. Hätte die Klägerin die Vertragsbestimmung, dass Zahlungen nur nach Maßgabe der Zahlungsverpflichtung der Gesellschaft zu leisten seien, abgelehnt, wäre die strittige Vereinbarung nie zustandegekommen. Dem Einwand der Klägerin, dass sie in diesem Fall einen Erb- und Pflichtteilsverzicht nicht abgegeben hätte, trat der Beklagte mit dem Vorbringen entgegen, dass auch ein allfälliger Wegfall des Erb- und Pflichtteilsverzichts nicht zu einem Anspruch der Klägerin auf Zahlung nach der Vereinbarung vom 25. 4. 2001 führen könne.

Das Landesgericht Innsbruck gab als Berufungsgericht im Vorverfahren dem Klagebegehren rechtskräftig statt. Die Parteien hätten die Möglichkeit der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung vom 25. 4. 2001 nicht bedacht. Wäre dies der Fall gewesen, so hätten sie die Vereinbarung in anderer Form abgeschlossen und zB auf den tatsächlichen Eingang der Zahlungen der Gesellschaft an den Beklagten, nicht aber auf eine bloß bestehende Rückzahlungsverpflichtung abgestellt. Unzweifelhaft stehe der Erb- und Pflichtteilsverzicht der Klägerin im Zusammenhang mit der Vereinbarung vom 25. 4. 2001. Entgegen dem Wortlaut des Notariatsakts, wonach dieser unentgeltlich sei, sei er in Wirklichkeit als Gegenleistung der Klägerin für die gemäß der Vereinbarung vom 25. 4. 2001 vom Beklagten bereits zu Lebzeiten zugesagten monatlichen Zahlungen anzusehen. Damit habe der Beklagte Erbstreitigkeiten nach seinem Tod, insbesondere auch zwischen der Klägerin und seinem Sohn, ihrem Bruder, vermeiden wollen. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Raten entsprechend der Vereinbarung vom 25. 4. 2001 bestehe solange, wie der damit in untrennbarem Zusammenhang stehende Erb- und Pflichtteilsverzicht der Klägerin aufrecht sei. Der Beklagte sei daher zur Zahlung der Raten aufgrund der Vereinbarung vom 25. 4. 2001 ungeachtet der eingetretenen Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft verpflichtet. Die einvernehmliche Neuregelung dieser Angelegenheiten bleibe den Parteien unbenommen.

Mit ihrer nunmehrigen Klage begehrt die Klägerin, wiederum gestützt auf die Vereinbarung vom 25. 4. 2001, die Zahlung weiterer Raten ab November 2005. Das Berufungsgericht sei im Vorverfahren im Wege einer Vertragsergänzung zum Ergebnis gelangt, dass der von der Klägerin abgegebene Erb- und Pflichtteilsverzicht im Zusammenhang mit der Vereinbarung vom 25. 4. 2001 stehe, sodass die mittlerweile eingetretene Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft an der der Klägerin gegenüber bestehenden Verpflichtung des Beklagten nichts ändere.

Der Beklagte wandte dagegen im Wesentlichen ein, dass die Gesellschaft untergegangen sei und daher keine Zahlungsverpflichtung der (nicht länger existierenden) Gesellschaft mehr bestehe. Seine nur nach Maßgabe der Rückzahlungsverpflichtung der Gesellschaft bestehende Verpflichtung der Klägerin gegenüber sei daher erloschen. Eine Bindungswirkung zur Entscheidung im Vorverfahren bestehe nicht.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die Vereinbarungen vom 25. 4. 2001 seien in einem genetischen Synallagma verknüpft, sodass der Beklagte verpflichtet sei, Ratenzahlungen an die Klägerin zu leisten, solange der damit im untrennbaren Zusammenhang stehende Erb- und Pflichtteilsverzicht der Klägerin aufrecht bestehe. Dazu sei der Beklagte unabhängig davon, dass er seinerseits von der Gesellschaft keine Zahlungen mehr erhalte, verpflichtet.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil über Berufung des Beklagten auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung zurück. Auch bei mangelnder Identität der Klagebegehren könne das Urteil eines Vorprozesses zufolge seiner materiellen Rechtskraft zur Bindung des später entscheidenden Gerichts führen, wenn die Parteien und der rechtserzeugende Sachverhalt identisch seien und beide Prozesse in einem so engen Zusammenhang stünden, dass die Gebote der Rechtssicherheit und der Entscheidungsharmonie eine widersprechende Beantwortung derselben in beiden Fällen entscheidenden Rechtsfrage nicht gestatten. Grundsätzlich wäre daher hier die Bindungswirkung des im Vorprozess ergangenen Urteils zu bejahen. Dennoch bestehe hier keine Bindung, weil sich der maßgebende Sachverhalt geändert habe: Im Vorprozess sei von finanziellen Schwierigkeiten der Gesellschaft ausgegangen, jedoch auf den Unterschied zwischen einer Zahlungsverpflichtung und deren tatsächlicher Erfüllung verwiesen worden. Nach der Vollbeendigung der Gesellschaft und ihrer Komplementärgesellschaft durch deren Löschung im Firmenbuch existiere die Gesellschaft nicht mehr, sodass nicht einmal die theoretische Möglichkeit mehr bestehe, dass der Beklagte Zahlungen der Gesellschaft erlange. Ausgehend davon sei im nunmehrigen Verfahren eine selbständige (und bindungsfreie) Auslegung der Vertragswerke vom 25. 4. 2001 vorzunehmen.

Zwischen der Vereinbarung vom 25. 4. 2001 und dem von der Klägerin abgegebenen Erb- und Pflichtteilsverzicht bestehe ein synallagmatischer Zusammenhang, weil der Erb- und Pflichtteilsverzicht als Gegenleistung für die finanzielle Zuwendung des Beklagten anzusehen sei. Daraus müsse zwingend der Schluss gezogen werden, dass auch die Vereinbarung vom 25. 4. 2001 nicht in der vorliegenden Form abgeschlossen worden wäre, wenn die Streitteile den Fall der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft bedacht hätten. Die daher vorliegende Vertragslücke sei im Weg der ergänzenden Vertragsauslegung zu schließen. Könne der hypothetische Wille der Parteien nicht ermittelt werden, sei unter Berücksichtigung der übrigen Vertragsbestimmungen und des Vertragszwecks jene Regelung zu ergänzen, die vernünftige und redliche Parteien gewollt hätten. Was die Parteien gewollt hätten, könne sich aus der Natur und dem Zweck des Vertrags, aus Vorverhandlungen oder aus anderen Umständen des Geschäfts ergeben. Insofern reiche der festgestellte Sachverhalt für eine abschließende Beurteilung nicht aus. Zweck der Vereinbarung vom 25. 4. 2001 sei es offensichtlich gewesen, die Pflichtteilsansprüche der Klägerin nach dem Ableben des Beklagten im Voraus zu regeln. Dies sei geschehen, um den Erhalt des in Form der Gesellschaft betriebenen Bauunternehmens, das vom Bruder der Klägerin übernommen werden sollte, nicht zu gefährden. Maßgeblich sei das Verhältnis zwischen der zu erwartenden Höhe der Pflichtteilsansprüche der Klägerin und der Höhe des „Entgelts“, das sie für deren Verzicht erhalten sollte. Dazu fehlten jedoch Feststellungen insbesondere über das Vermögen, das der Beklagte als künftiger Erblasser hinterlassen werde. Zu klären sei in diesem Zusammenhang der seinerzeit angenommene Wert der Gesellschaftsanteile des Beklagten am Bauunternehmen sowie die Frage, ob und in welcher Höhe die Klägerin „Vorausempfänge“ vom Beklagten erhalten habe. Um beurteilen zu können, ob der Beklagte sich auch unabhängig von Leistungen der Gesellschaft an ihn gegenüber der Klägerin verpflichten wollte, sei es erforderlich, eine Relation zwischen der Höhe des „Entgelts“, das die Klägerin für ihren Erb- und Pflichtteilsverzicht erhalten sollte, und der Höhe der für sie zu erwartenden Pflichtteilsansprüche herzustellen. Erst bei Kenntnis dieser Umstände könne beurteilt werden, welche Vereinbarung die Streitteile getroffen hätten, wenn sie die Möglichkeit einer künftigen Insolvenz der Gesellschaft (noch zu Lebzeiten des Beklagten) und damit auch den Ausfall von deren Rückzahlungsverpflichtung gegenüber dem Beklagten bedacht hätten.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil zur Frage, ob bei einer Konstellation wie der vorliegenden eine Bindungswirkung anzunehmen sei, Rechtsprechung fehle.

Gegen diesen Beschluss richten sich die Rekurse beider Parteien.

Die Parteien beantragen in ihren Rekursbeantwortungen, dem Rekurs der jeweiligen Gegenseite nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Beide Rekurse sind im Ergebnis nicht berechtigt.

A) Zum Rekurs der Klägerin:

Die Klägerin wendet sich zusammengefasst gegen die Annahme des Berufungsgerichts, dass infolge der „Vollbeendigung“ der Gesellschaft und ihrer Komplementärgesellschaft ein neuer Sachverhalt vorliege, weshalb von der an sich gegebenen Bindungswirkung der Entscheidung im Vorverfahren nicht mehr ausgegangen werden könne. Nach Meinung der Klägerin fordere schon der Grundsatz der Entscheidungsharmonie die Annahme einer solchen Bindungswirkung.

1. Bei der Bindungswirkung handelt es sich ebenso wie bei der Einmaligkeitswirkung um einen Aspekt der materiellen Rechtskraft (2 Ob 10/96 = SZ 69/54; RIS-Justiz RS0102102, 17 Ob 28/09f). Das Ausmaß der Bindungswirkung wird grundsätzlich nur durch den Urteilsspruch bestimmt (RIS-Justiz RS0041331; RS0041357); für dessen Auslegung sind erforderlichenfalls die Entscheidungsgründe heranzuziehen (RIS-Justiz RS0043259, RS0041357, RS0000300). Nach dem herrschenden zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff liegt der gleiche Streitgegenstand nur dann vor, wenn sowohl der Entscheidungsantrag (Sachantrag) als auch die zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen (rechtserzeugender Sachverhalt, Klagegrund) dieselben sind (RIS-Justiz RS0039347, RS0039179 ua), sodass beide Begehren zwangsläufig dieselbe rechtliche Beurteilung zur Folge haben müssen (RIS-Justiz RS0041229). Dies ist hier schon deshalb nicht der Fall, weil die Ratenzahlungen im Vorverfahren für andere Zeiträume begehrt wurden als im nunmehrigen Verfahren, das daher einen anderen Streitgegenstand hat (zur fehlenden Bindungswirkung im Fall von Begehren für jeweils unterschiedliche Zeiträume 2 Ob 84/04y = SZ 2006/26, 7 Ob 56/06w; für Mietzinsperioden vgl 5 Ob 274/01g; 5 Ob 12/99x). Die Entscheidung im Vorverfahren ist daher für das vorliegende Verfahren nicht bindend.

2. Die Klägerin meint, dass dessen ungeachtet die Bindungswirkung der Entscheidung im Vorverfahren nach den Grundsätzen der Rechtsprechung zur „Entscheidungsharmonie“ anzunehmen sei. Dies trifft jedoch nicht zu: Zwar hat der Oberste Gerichtshof mehrfach trotz fehlender Identität der Begehren eine inhaltliche Bindung im Folgeprozess an die Entscheidung im Vorprozess angenommen, wenn beide Prozesse in einem so engen inhaltlichen Zusammenhang standen, dass die Gebote der Rechtssicherheit und der Entscheidungsharmonie eine widersprechende Beantwortung derselben, in beiden Fällen entscheidenden Rechtsfrage nicht gestatteten (RIS-Justiz RS0041157). Die ganz überwiegende jüngere Rechtsprechung nimmt eine Bindungswirkung aber nur an die im Vorprozess entschiedene Hauptfrage an, nicht aber an eine dort beurteilte Vorfrage (6 Ob 248/03v = SZ 2003/160 mwN; 5 Ob 12/99x; RIS-Justiz RS0039843 [T19]; RS0041567 [T8]; RS0042554 [T8]). Allein das Bedürfnis an Entscheidungsharmonie kann die Grenzen der materiellen Rechtskraft nicht ausweiten (RIS-Justiz RS0102102; 5 Ob 12/99x mwN). Die Auslegung der zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarung stellte bereits im Vorverfahren nur eine Vorfrage dar. Für das Bestehen einer Bindungswirkung reicht es aber nicht aus, dass eine im Vorprozess relevante Vorfrage auch eine solche des späteren Prozesses ist (RIS-Justiz RS0041157 [T15]; RS0042554 [T6]; RS0039843 [T23]). Auch eine Bindung an die im Vorverfahren erfolgte Vertragsauslegung besteht daher nicht.

Dem Rekurs der Klägerin war daher nicht Folge zu geben.

B) Zum Rekurs des Beklagten:

1. Die vom Beklagten im Rekurs behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor. Das Berufungsgericht hat nachvollziehbar dargelegt, warum es nicht von einer gesetzmäßig ausgeführten Beweisrüge ausgeht. Diese Ausführungen sind nicht zu beanstanden (§ 510 Abs 3 ZPO).

2. Die im Rekurs bestrittenen Ausführungen des Berufungsgerichts, wonach die Vereinbarung vom 25. 4. 2001 in einer synallagmatischen Beziehung zum von der Klägerin abgegebenen Erb- und Pflichtteilsverzicht stehen, sind zutreffend, sodass auf diese gemäß § 510 Abs 3 ZPO verwiesen werden kann. Der dagegen erhobene Einwand, mangels Einhaltung der Notariatsaktsform sei die Klägerin nicht wirksam zum Abschluss des Erb- und Pflichtteilsverzichts verpflichtet worden, ist von vornherein verfehlt. Abgesehen davon, dass die Klägerin diesen Verzicht ohnedies abgegeben hat, ignoriert der Rekurswerber damit die Feststellungen, wonach die Parteien den Erb- und Pflichtteilsverzicht als Gegenleistung für die finanzielle Zuwendung verstanden haben.

3. Im Übrigen versucht der Rekurswerber darzulegen, dass die Sache im Sinne seines Prozessstandpunkts spruchreif sei. Auch dazu kann auf die umfangreichen Ausführungen des Berufungsgerichts verwiesen werden, mit denen zu Recht dargelegt wird, dass der bisher festgestellte Sachverhalt zur abschließenden Beurteilung der Sache nicht ausreicht (§ 510 Abs 3 ZPO). Was die Parteien mit den in Rede stehenden Vereinbarungen und den darin enthaltenen Formulierungen beabsichtigt und angestrebt haben, wird erst nach Durchführung der vom Berufungsgericht aufgetragenen Verfahrensergänzung beurteilbar sein. Dass die von den Parteien verfolgte Absicht ohnedies „evident“ sei, trifft nicht zu. Überdies wird es zur Erkundung der Parteienabsicht auch notwendig sein, die Entstehungsgeschichte des Vertrags zu klären. Vor allem fehlen Feststellungen über den genauen Zeitpunkt und den Grund für das vom Beklagten der Gesellschaft gewährte Privatdarlehen. Die Parteien haben dazu weder im Vorverfahren noch im nunmehrigen Verfahren ein näheres Vorbringen erstattet. Das Darlehen wurde der Gesellschaft „im Jahr 2000“, also zumindest einige Monate vor Abschluss der Vereinbarung vom 25. 4. 2001, gewährt. Es steht bisher auch nicht fest, ob und in welchem Ausmaß die Klägerin Kenntnis über die näheren Hintergründe des vom Beklagten der Gesellschaft schon im Jahr 2000 gewährten Darlehens im Zeitpunkt des Abschlusses der Vereinbarung am 25. 4. 2001 hatte.

4. Nähere Feststellungen zu den Umständen und dem Hintergrund der Gewährung des Darlehens sind zur Beurteilung der Absicht der Parteien im Zeitpunkt der Vereinbarung vom 25. 4. 2001 schon deshalb erforderlich, weil bisher unklar bleibt, ob das Darlehen (nur) in einem Zusammenhang mit dieser Vereinbarung der Gesellschaft gewährt wurde (der Kläger daher nur, wie er in seinem Rekurs ausführt, „Zahlstelle“ oder „Mittelsmann“ war), oder ob ein solcher Zusammenhang gar nicht bestand. Diente das Darlehen dem Zweck der Erfüllung der Vereinbarung vom 25. 4. 2001, so wird zu klären sein, aus welchen Gründen der Beklagte diese Konstruktion wählte und ob der Klägerin diese bekannt waren. Hatte das Darlehen hingegen einen von der Vereinbarung vom 25. 4. 2001 (ursprünglich) losgelösten Zweck, der etwa im Verhältnis des Beklagten zur Gesellschaft lag, so wird wiederum dieser zu klären sein und ob er der Klägerin bekannt war. Im fortzusetzenden Verfahren werden daher die Parteien anzuleiten sein, ein entsprechendes Vorbringen zu erstatten, aus dem sich der Grund und die näheren Umstände über die Darlehensgewährung des Beklagten an die Gesellschaft ergibt.

Auch dem Rekurs des Beklagten war daher ein Erfolg zu versagen.

C) Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 Satz 2 ZPO.

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